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Deutschland und Frankreich: Geschichte einer Hassliebe

Vom deutsch-französischen Freundschaftsvertrag bis zum gemeinsamen Jugendwerk

AutorAlexander Stock, Carolin Behrens, Florian Kreier, Johannes Müller
VerlagScience Factory
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl137 Seiten
ISBN9783656578086
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Deutschland und Frankreich haben ihre konfliktbeladene Geschichte in eine Staats-Freundschaft verwandelt, die weltweit ihres Gleichen sucht. Der steinige Weg dorthin war vom Friedenswillen und der Durchsetzungskraft französischer Präsidenten und deutscher Bundeskanzler geprägt. Dieses Buch fasst die wichtigsten Meilensteine zusammen: Angefangen beim deutsch-französischen Freundschaftsvertrag von 1963, unterschrieben von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle, über die Amtszeiten von Willy Brandt und Georges Pompidou sowie Helmut Kohl und François Mitterand. Abgerundet wird das Buch mit einer Betrachtung des deutsch-französischen Jugendwerks als Vermittler im europäischen Einigungsprozess. Aus dem Inhalt: Der Deutsch-Französische Freundschaftsvertrag vor dem Hintergrund der Persönlichkeiten Konrad Adenauer und Charles de Gaulle Die deutsch-französischen Beziehungen von 1969-1974 Die Rolle von Helmut Kohl und François Mitterrand Das deutsch-französische Jugendwerk

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Leseprobe

Einleitung


In der vorliegenden Arbeit soll analysiert werden, welche internationalen und nationalen Gründe und Hintergründe für die ‚Neue Ostpolitik’ der Regierung Brandt bestanden und welche neuen politischen Aspekte die außenpolitische Arbeit der sozialliberalen Koalition in Deutschland und ihr französisches Pendant in der ‚Ära Brandt-Pompidou’ kennzeichneten.

Dabei richtet sich das Hauptaugenmerk einmal auf das Verhältnis zwischen der Außenpolitik der deutschen Regierungen bis 1969 und der von SPD und FDP bestimmten Außenpolitik vom Regierungswechsel 1969 bis zum Übergang zu Helmut Schmidt im Jahre 1974, und zweitens vorrangig auf die Frage, wie die westdeutsche Ostpolitik und die damit verbundenen Fragen vom Nachbarland Frankreich aufgenommen wurden.

Es wird interessant zu beobachten sein, wie sich die selbst gesetzten Ziele innerhalb des europäischen Staatensystems auf die Entwicklung der Außenpolitik auswirkten, welche verändernden außenpolitischen Elemente ab 1969 die deutliche Abtrennung sichtbar machten und vor allem welche Auswirkungen auf die deutsch-französischen Beziehungen bzw. die französische Außenpolitik bemerkbar wurden.

Zuerst wird die Arbeit speziell auf die Rahmenbedingungen und zu Grunde liegenden Gegebenheiten eingehen, mit denen sich die Bundesrepublik bezüglich der Außenpolitik konfrontiert sah und welche eigenen Akzente bis 1969 selber gesetzt wurden. Adenauers, Erhardts und Kiesingers außenpolitischen Ziele werden kurz herausgearbeitet, um abschließend analysieren zu können, ob die Regierung Brandt außenpolitischen Neuorientierungen und Umbrüchen unterworfen war oder sich doch eher in einer außenpolitischen Kontinuität befand.

Des Weiteren soll auf den langsamen Übergang von einer internationalen Konfrontationspolitik zu einer Entspannungspolitik aufmerksam gemacht werden. Hier kann besonders die Ostpolitik de Gaulles vor 1969 als Beispiel von Entspannungsbemühungen herausgehoben werden.

Darauf folgt eine genauere Betrachtung der Außenpolitik Brandts und seines Außenministers Scheel. Es wird die Frage gestellt, welche Relevanz und Bedeutung ihre außenpolitisch gesteckten Ziele hatten, welche Hintergründe und Notwendigkeiten einer Ostpolitik bestanden und wie sich die Politik in den internationalen Kontext einordnen lässt. Eine besondere Rolle sollen in diesem dritten Kapitel die französischen Positionen zur neuen westdeutschen Politikorientierung spielen, vor dem Hintergrund der voneinander unterscheidenden politischen Führungsstile und der durchaus unterschiedlichen Auffassungen, Interessen und Erwägungen.

Um die Abläufe und das Ergebnis dieser Brandt’schen Außenpolitik mitsamt der Reaktionen aus Paris ersichtlicher erscheinen zu lassen, soll in einzelnen Kapiteln genauer auf die Verträge von Moskau und Warschau sowie den Grundlagenvertrag und das Viermächteabkommen eingegangen werden. Neben den wichtigsten Ergebnissen und Hintergründen kann besonders in diesen Unterkapiteln deutlich gemacht werden, in welcher Weise Frankreich die eigenen Interessen berührt sah, welche Konsequenzen die Ostpolitik aus französischer Sicht mit sich zogen und inwiefern die deutsche Politik befürwortet, gefürchtet oder abgelehnt wurde.

Ferner soll in einem vierten Kapitel der Blick auf die Folgen der Brandt’schen Ostpolitik und auf mögliche Auswirkungen der Entspannungspolitik nach 1974 geworfen werden.

Abschließend wird im Fazit eine Synthese erstellt, die die zuvor ausgearbeiteten Ergebnisse zusammenfügt, um zu einem klaren und endgültigen Urteil zur Ostpolitik, der deutsch-französischen Beziehungen zwischen 1969-1974 und der französischen Haltung gegenüber der ‚Neuen Ostpolitik’ zu gelangen.

Übergang von der Konfrontationspolitik zur Entspannungspolitik vor 1969


Vorfeld und Rahmenbedingungen


Nach dem verlorenen zweiten Weltkrieg versuchte zunächst Konrad Adenauer die außenpolitischen Geschicke der Bundesrepublik in die Hand zu nehmen. Seine Hauptsorge galt der Gefahr einer Ost-West-Verständigung zu Ungunsten Deutschlands. Adenauer war somit bestrebt, der in jeder Hinsicht noch ungefestigten Bundesrepublik durch Zugehörigkeit zur westlichen Gemeinschaft zunächst Sicherheit, dann Souveränität zu verschaffen. Zur Westintegration gab es für Bundeskanzler Adenauer keine Alternative, so dass er die Beziehungen zur USA und insbesondere zu Frankreich pflegte. Mit der Gründung der Montanunion, dem Beitritt zur Westeuropäischen Union und zur NATO hatte die Außenpolitik der Bundesrepublik endgültig westlichen Kurs genommen. Die Westintegration der Bundesrepublik verfestigten später noch die Römischen Verträge (EWG und Euratom) [141], die nach Meinung von Wilfried Loth als „zweiter Teil der deutsch-französischen Friedensfindung verstanden werden“ [142] können. Nicht zu Unrecht kann Adenauer durch diese deutsch-französischen Initiativen und die starke europapolitische Kooperation untereinander „mit wechselnden französischen Partnern als Gründungsvater des deutsch-französischen Bündnisses“ bezeichnet werden. [143] Wiedervereinigung durch Westintegration lautete die allgemeine Formel der adenauerschen Politik, wobei der Kanzler stets als Hauptziel vor Augen hatte, die „Bundesrepublik Schritt für Schritt zu einem gleichberechtigten, wirtschaftlich und später auch militärisch starken Partner innerhalb des westlichen Bündnisses zu machen.“ [144]

Neben der Wiederbewaffnung und dem Beitritt zu den westlichen Staatenbündnissen suchte er aber gleichwohl ab 1955 das Gespräch mit der UdSSR. Doch spätestens mit der Einführung der ‚Hallstein-Doktrin’ wurden noch im selben Jahr diese ersten Ansätze von Ost-Diplomatie zerstört. Seitdem betrachtete die Bundesregierung „die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der DDR durch all jene Staaten, mit denen sie selbst solche unterhielt, als unfreundlichen Akt.“ [145] So blieb man noch bis in die 60er Jahre hinein in der Ostpolitik bei einer „inflexiblen, dogmatischen und konzeptionell unterkomplexen Politik“ [146], während Adenauer in der Westpolitik „flexibel, geschickt und undogmatisch“ [147] agierte und im Verhältnis zum französischen Nachbarn mit seltenem deutschen „genuinem Verständnis für französische Sicherheitsbedürfnisse“ [148] handelte. Es stellte sich ein eindeutiges Spannungsverhältnis zwischen erfolgreicher Westorientierung und sehr schwacher und erfolgloser Ostpolitik ein, die stärker unter Außenminister Schröder zu Beginn der 60er Jahre angegangen wurde. [149]

In Zeiten von weltpolitisch schwierigen Konstellationen und Konflikten, Eisenhowers Politik des ‚Roll-back’, dem Bau der Berliner Mauer 1961, der Kuba-Krise 1962 und dem amerikanischen Engagement in Vietnam, begann in der Bundesrepublik der Prozess einer vorsichtigen „Demontage der hinderlichen ‚Hallstein-Doktrin’.“ [150] Spätestens „der Mauerbau, der das Scheitern der vorherigen Ostpolitik sichtbar gemacht hatte“ [151] , zeigte die Belastung der ‚Hallstein-Doktrin’ für die Ostpolitik der Bundesrepublik und machte die Pflicht deutlich, sich aus der „ostpolitischen Selbstlähmung“ [152] zu lösen.

Trotz der vielfältigen Konflikte und Rückschläge war weltpolitisch in den 60er Jahren bereits ein Übergang von der Konfrontationspolitik zur Entspannungspolitik erkennbar. Bereits in der Kuba-Krise hat das nukleare Gleichgewicht der Weltmächte eine weitere Eskalation verhindert, das auch ein Beispiel „für den unaufhaltsamen Fortschritt der Entspannungspolitik“ war. [153] 1963 wurde zwischen den USA und der Sowjetunion ein Atomteststopp vereinbart, de Gaulle betrieb eine französische Entspannungspolitik im Ostblock, Adenauer und Brandt empfingen den amerikanischen Präsidenten Kennedy in West-Berlin und für Berlin konnte das erste Passierscheinabkommen unterzeichnet werden und „erst später [wurde den deutschen Politikern] klar, daß sie mit dem Passierschein-Abkommen ein Modell für die spätere Ostpolitik geschaffen hatten.“ [154] Des Weiteren schritt die Integration Europas voran, die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich waren erstmals ohne Ressentiments. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft waren beide Länder, besonders aufgrund der sehr guten Beziehungen zwischen Adenauer und de Gaulle, zu Partnern geworden. Sie waren sich in ihrer damaligen Funktion des Motors Europas bewusst und hatten seit den 50er Jahren die Aussöhnung vorangetrieben. Nicht erst seit dem 22.01.1963, dem Abschluss des deutsch-französischen ‚Elysée-Vertrages’ über die gemeinsame Zusammenarbeit, war für beide Länder die „enge politische und wirtschaftliche Kooperation zu einem Grundelement ihrer auswärtigen Beziehungen geworden“. [155] Schließlich erwuchsen „während der ’begrenzten Entspannung’ zwischen 1963 und [1973] … die Umrisse eines Rüstungskontrollregimes zwischen USA und UdSSR.“ [156]

Durch eine verstärkte Handelspolitik von...

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