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E-Book

Deutschlandsafari

15 Reisen zu wilden Tieren

AutorRalf Stork
VerlagHaffmans Tolkemitt Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783942989831
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Nach dem Bestseller 'Cool Camping Deutschland' erkundet nun 'Deutschlandsafari' die unbekannten Ecken unseres Landes. Ralf Stork hat sich auf die Reise gemacht zu den wilden Tieren Deutschlands und zeigt, dass die Tierwelt vor unserer Haustür viel spektakulärer ist als wir es für möglich halten: Wildpferde, Kraniche, Wisente, Robben, Murmeltiere, freilebende Flamingos und viele andere wilde Tierarten leben in unserem Land. Dazu gibt es riesige Wanderbewegungen, durchchoreographiertes Imponiergehabe und dramatische Kämpfe um Leben und Tod. Das Tolle dabei: Viele der Tiere kann man bequem mit der ganzen Familie und aus unmittelbarer Nähe beobachten - und ganz nebenbei faszinierende Landschaften entdecken. Ein Titel aus unserer Erfolgsreihe 'Cool Camping'! Mit vielen Karten und Informationen zu den Tieren, zur Anfahrt, Übernachtungsmöglichkeiten, Reisezeiten u.v.m.

Ralf Stork (*1973 in Hannover) hatte als Kind den Traum, Tierfilmer zu werden. Stattdessen studierte Stork Germanistik und arbeitet mittlerweile als Redakteur in Brandenburg, wo er nun regelmäßig über Tierthemen schreibt. Auf der Suche nach den wilden Tieren Deutschlands war Ralf Stork im ganzen Land unterwegs. Deutschlandsafari ist sein erstes Buch.

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Leseprobe

KLEIN,
ABER OHO

RINGELGÄNSE AUF DER HALLIG HOOGE


Die Entschleunigung setzt schon ein ganzes Stück vor dem Zielort ein. Sogar noch deutlich vor dem kleinen Anleger der Fähre, die uns auf die Hallig bringen wird, jenes kleine Fleckchen Land im Meer, das partout nicht Insel genannt werden will. Je näher wir der nordfriesischen Küste kommen, desto urtümlicher werden die Namen der Orte: Bordelum, Büttjebüll, Ockholm.

Auf den letzten paar Kilometern wird die Aussicht immer tierischer. Auf dem Deich zur Linken Schafe mit frisch geborenen Lämmern. Auf der rechten Seite saftige Wiesen, auf denen Graugänse mit ihren Gösseln bis dicht an die Straße kommen. Im Hintergrund große Wasserflächen, über die Gänsescharen ziehen. Dann ist die Straße plötzlich zu Ende und man ist da. In Schlüttsiel. Das ist kein Ort, sondern ein kleiner Verkehrsknoten am Ende der Welt – und eine Verheißung. Schlüttsiel, wie das schon klingt, nach Platt und Watt. Da kann man das Platschen und Schlürfen der nackten Füße im Schlick fast schon hören.

Wir stellen unseren Wagen auf dem Dauerparkplatz ab und gehen die paar Schritte zur Fähre. Wir, das sind Elisabeth, ich und Felix, unser zweijähriger Sohn. Wenn es möglich ist, gehen wir gemeinsam auf Recherchereise. Denn zum einen sind die meisten Safari-Orte so schön, dass man dort gerne ein paar Tage Urlaub macht. Zum anderen ist damit auch gleich ein kritisches Testpublikum zur Stelle, das mir zeigt, ob sich auch notorische Kulturmenschen aus der Großstadt und Kinder für das große Naturschauspiel begeistern lassen. Ohne den schützenden Deich pfeift uns der Wind um die Ohren. Das wird sich in den nächsten Tagen kaum ändern. Felix stört das nicht. Er hat seine dicke Wintermütze auf. Es gibt Möwen, die wollen gefüttert werden, und dann parkt auf der Halligfähre auch noch ein großer Trecker.

Die Überfahrt dauert eine gute Stunde. Die Fähre ist eine richtige Fähre, kein Ausflugsdampfer. Statt Oberdeck mit Panoramaglas gibt es unten im Schiffsbauch den »Salon«. Aus ein paar Bullaugen kann man von dort direkt auf Augenhöhe in die kabbelige See gucken. Das Interieur ist nicht wirklich schön, trotzdem finden wir es hier von Minute zu Minute gemütlicher. Das genaue Gegenteil von überkandidelt. Auf dem Deck riecht es nach Diesel und im »Salon« nach Bockwurst. Und egal wen man trifft – alle sind unglaublich freundlich. Die Leute von der Fähre, die Leute im Hafen, selbst die anderen Touristen. Alle.

Felix will das Meer sehen. Also gehen wir an den Autos und Traktoren vorbei bis zur Bugklappe. Da weht der Wind zwar heftig, aber der Blick auf das Meer und Hallig Hooge, die langsam am Horizont erscheint, ist unverstellt. Von einer Insel kann man wirklich nicht reden. Aus den Wellen vor uns ragen zehn kleine Hügel, die zusammen ein winziges Archipel ergeben. Die Hügel sind die Warften, von Menschenhand aufgeworfen (daher der Name). Auf ihnen stehen dicht gedrängt die Häuser. Sie bieten Schutz vor der Nordsee, die das umliegende Land jedes Jahr ein paarmal unter Wasser setzt. Das übrige Land der Hallig ist so flach, dass es erst kurz vor der Ankunft im Hafen aus den Fluten auftaucht.

Wo bitte schön ist das Empfangskomitee der Ringelgänse? 30 000 und mehr, heißt es, sollen sich im April und Mai auf dem Eiland tummeln. Aber ich sehe nur eine kleine Schar, die sich recht weit entfernt in den Windschatten einer Baracke drückt. Doch der Schein trügt. Hooge ist zwar klein, hat aber mit seinen fünf, sechs Quadratkilometern genügend Fläche zu bieten, auf der die Gänse sich verteilen können. Die Ringelgänse sind da. Überall. Aber sie drängeln sich nicht in den Vordergrund. Das hat den schönen Nebeneffekt, dass sie der Hallig genügend Raum geben, um selbst mit ihrer Schönheit zu glänzen.

Wir werden mit dem Auto abgeholt. Auf der kurzen Fahrt vom Hafen im Norden zu unserer Ferienwohnung auf der Ockenswarft ganz im Südosten der Hallig lassen wir die eigentümliche Landschaft auf uns wirken. Links und rechts der schmalen Straße Wiesen in verschiedenen Grüntönen, von schmalen und breiteren Kanälen durchzogen. Kein Baum, so weit das Auge reicht. Noch haben Gänse und andere Vögel die Fennen für sich. Das Pensionsvieh – Rinder, die wie die Badetouristen im Sommerhalbjahr auf die Hallig verschifft werden – kommt erst Ende April, Anfang Mai. Egal in welche Richtung man aus dem Fenster guckt, mal näher, mal weiter weg, am Himmel oder am Boden, überall sieht man Ringelgänse und dazu noch ein paar Feldlerchen, Rotschenkel, Seeschwalben oder Stockenten, die sich wegen des kräftigen Windes hinter hohe Grasbüschel ducken.

Wir fahren an der Backenswarft, Kirchwarft und Hanswarft vorbei. Die meisten Häuser sind ziemlich wuchtig. Ein jedes eine starke Einheit ganz für sich. Viele sind mit Reet gedeckt. Weil die Häuser auf ihnen so dicht an dicht stehen, sehen die Warften aus wie Wagenburgen. Der Hauptfeind, dem so tagtäglich getrotzt werden soll, ist nicht nur das Meer, sondern auch der Wind. Wie die Inuit, die angeblich 70 verschiedene Wörter für Schnee haben, hätten sich die Halligbewohner an langen, einsamen Winterabenden lässig 100 Wörter für die verschiedensten Luftbewegungen ausdenken können. Andererseits -bei der Allgegenwart des Windes auf dem flachen, baumlosen Land reichen auch die paar, die man an einer Hand abzählen kann: Wind, Sturm, Orkan. »Im vergangenen Jahr hatten wir in der Saison genau fünf Tage, an denen die Sonne schien und es nicht so wehte«, sagt unsere Fahrerin. Sie kommt aus Rumänien und arbeitet seit vielen Jahren regelmäßig von April bis September als Saisonkraft auf Hooge.

Wir laden nur schnell unser Gepäck ab, dann gehen wir gegen eine steife Brise an zurück zur Hanswarft. Der Wind zerrt an den Kleidern, der Weg ist einsam, der Horizont weit, und auf den Wiesen rufen die Gänse ihr charakteristisches »Rott, rott«. Wir brauchen für den Weg nicht länger als zehn Minuten und haben am Ende das Gefühl, eine kleine Wildnis durchquert zu haben.

Nach so viel elementarer Natur im Schnelldurchlauf folgt auf der Warft das kulturelle/zivilisatorische Kontrastprogramm: Rathaus, Wattenmeerstation, Heimatmuseum, Königspesel, Tante-Emma-Laden, mehrere Restaurants und eine Teestube – alles auf einem Fleck. Mit ihren gerade mal 15 Häusern ist die Hanswarft unbestrittene Hauptstadt des Archipels. Nur einen Bankautomaten suchen wir vergebens. Den gibt es auf ganz Hooge nicht. Die Auswahl des passenden Restaurants fällt deshalb leicht. Wir nehmen einfach das, das auch EC-Karten akzeptiert, und landen im »Seehund«, der für die nächsten Tage zu unserem Stammlokal wird.

Obwohl die Hauptsaison mit ihren vielen hundert Tagestouristen erst in zwei Monaten beginnt, ist der »Seehund« so gut besucht wie eine angesagte Bar in Berlin-Mitte. Fast jeder Tisch ist besetzt, der Lärmpegel ist ordentlich, und keine Sekunde hat man das Gefühl, in einem schnöden Ausflugslokal für Touristen gestrandet zu sein. Denn neben den Gästen aus der ganzen Republik sitzen auch Einheimische an den Tischen.

Eine Prise Internationalität kommt noch durch die polnisch-rumänischen Köche und Kellner hinzu. Und durch die Wirtin. Ursprünglich stammt sie aus dem Libanon. Vor Jahrzehnten ist sie ihrem friesischen Mann auf die Hallig gefolgt.

Wenn man will, kommt man mit jedem der Anwesenden zwanglos ins Gespräch. Vermutlich rührt die Offenheit und Herzlichkeit auf Hooge aus dem Bewusstsein, dass man in einem so kleinen und fragilen Gemeinwesen ganz besonders stark Zusammenhalten muss. Und wer weiß, vielleicht überlegt es sich ja einer der so herzlich empfangenen Besucher und lässt sich dauerhaft oder zumindest für eine Zeit auf Hooge nieder. Denn Verstärkung, vor allem von jungen Familien, kann die Gemeinde jederzeit gut gebrauchen.

Auf unserem Weg zurück zur Ockenswarft sind wir alle drei bereits große Hooge-Fans, wenn auch nicht ganz aus den gleichen Gründen. Felix ist zufrieden, weil er im Restaurant herumlaufen konnte und auch aus der Küche nicht gleich rausgeschmissen wurde. Darüber hinaus hat er völlig neue visuelle Eindrücke zu verarbeiten: Erst ist die weite Fläche des Himmels leer, dann plötzlich sind große Gänsescharen in wechselnden Formationen darauf zu sehen. Elisabeth hat sich in den Ort als Ganzes verliebt. Das mit den Gänsen ist für sie nicht das Entscheidende. Ich finde auch das Gesamtpaket toll, kann mir ein Hallig-Leben ohne die Gänse aber schon jetzt nicht mehr richtig vorstellen. »Rott, rott« ruft es von links und rechts. Wieder fliegt eine Formation über unsere Köpfe hinweg. Die Ringelgänse, die noch auf den Fennen stehen und fressen, heben misstrauisch die Köpfe, als wir Vorbeigehen. Ein paar Schritte weichen sie vor uns zurück, dann fressen sie ruhig weiter. Sie sind wie gute Bassisten in...

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