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Die Agnellis

Die heimlichen Herrscher Italiens

AutorVito Avantario
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2002
Seitenanzahl231 Seiten
ISBN9783593402093
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
In Italien sind sie die Agnellis - eine Mischung aus den Kennedys und den Windsors. Der mächtigste Familienclan Italiens ist zugleich auch die stärkste wirtschaftliche Kraft. FIAT, Ferrari, der Fußballclub Juventus Turin und eine weit verzweigte Finanzholding gehören zu ihrem Imperium.

VITO AVANTARIO, wurde 1965 in Hamburg geboren. Seine Kolumnen, Interviews und Reportagen erschienen ua. in der Pop- und Politikzeitschrift Park, dem Magazin der Süddeutschen Zeitung, der Wochenzeitung Die Woche und dem Wirtschaftsmagazin Brand Eins. Nach Reisen durch Italien und Japan und Aufenthalten in Sao Paulo und New York lebt und schreibt er zur Zeit wieder in seiner Geburtsstadt.

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Leseprobe
Das Anwesen der Agnellis thronte abseits des Dorfes auf einem Hügel, zwischen der Via Papacino, dem Corso Oporto und der Via Avogardo. Dort oben genoss Giovanni I. die Ruhe, wenn er nach einem langen Tag von der Arbeit nach Hause kam. In der Zwischenzeit hatte seine Frau Clara jene Dinge im Haus geregelt, die eben Aufgabe einer italienischen Frau waren, während er, der Mann, sich erfolgreich um die Geschäfte gekümmert hatte. In ihrem Haus war es zunächst noch still. Später schenkten ihnen ihre Kinder, Aniceta und Edoardo, zwölf Enkel - und das Haus füllte sich mit Leben und Geschichten. Geschichten, durch die die Agnellis in Italien den Rang einer Königsfamilie einnehmen und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich ziehen sollten, so wie die Kennedys in den USA. Jede Hochzeit, jeder Todesfall und jede Affäre wird von den Menschen seitdem bejubelt, beweint oder beklagt, als ginge es um das Schicksal der befreundeten Nachbarsfamilie. Giovanni Agnellis Ego sollte dabei alle folgenden Generationen prägen. Vor allem die Männer in der Familie wurden an seinen Taten gemessen. Ihnen oblag die Verantwortung für die Fortsetzung der Familiengeschäfte. Seine Botschaft: Setzt mein Werk fort. Sichert das Erbe. Wählt eine Person aus, die die Familie in die nächste Generation führt. So prägte Giovanni I. den Familienmythos: Ein Agnelli kennt kein Mittelmaß und keine Niederlage. Ein Agnelli ist ein Sieger. Vererbte Familienmythen bezeichnen Familienforscher als Delegation. Im positiven Fall werden sie von Generation zu Generation weitergereicht wie Reichtümer, im negativen aber wie Krankheiten. Kinder und Kindeskinder leben häufig unbewusst die Lebensprogramme vorangegangener Generationen weiter. Vor allem Söhne dominanter Väter leiden häufig unter der psychologischen Erblast des Vorfahren. Das Siegen ist in der Familie Agnelli vor allem ein Geschäft der Männer. Frauen hingegen waren lange auf die Rolle der Mutter reduziert und damit für die Innenpolitik des Hauses verantwortlich: Sie sorgten in erster Linie dafür, prächtige Jungs zur Welt zu bringen, denen die Aufgabe aufgebürdet wird, sich wiederum als tüchtige Männer zu erweisen, damit sie eines Tages die Erbfolge des Clans antreten. Tochter Aniceta heiratete in die Familie Nasi hinein. Dem Ingenieur Carlo gebar sie fünf Kinder. Doch obwohl zwei Jungs und potentielle Nachfolger unter ihnen waren, spielte für das Familienoberhaupt der Zweig der Nasi für den Fortbestand der Agnelli-Dynastie keine Rolle. Blut ist dicker als Wasser, fand Giovanni I. Deswegen wollte er, dass eines Tages sein leiblicher Sohn das Erbe antritt und niemand anderes. Nachdem Aniceta an den Folgen einer Frühgeburt gestorben war, verstieß der dominante Patriarch Giovanni den geschwächten Witwer Carlo aus der Familie. In ihrer Autobiografie berichtet Susanna Agnelli, wie sie den Tod ihrer Tante und das Gebaren ihres Großvaters gegenüber dem Witwer erlebte: 'Nach dem Tod wurde Anicetas Mann völlig aus der Familie ausgeschlossen. Das Gericht sprach meinem Großvater die elterliche Gewalt über seine Enkel zu. Der Vater erhielt im selben Haus, in dem seine Kinder wohnten, eine separate Wohnung zugewiesen. Er durfte seine Kinder aber nur alle vierzehn Tage sehen. Als er starb, haben ihn, glaube ich, nicht viele betrauert. Wir haben uns schwarz angezogen und sind hinter dem blumengeschmückten Leichenwagen hergegangen. Das war alles.' Nur zwei Mitglieder der Familie Nasi schafften es in den folgenden Jahrzehnten, das strenge Selektionsverfahren der Familie Agnelli zu überstehen. Giovanni, einer der beiden Söhne von Carlo und Aniceta Nasi, wurde später Vizepräsident von FIAT. 1995 verschwand er allerdings spurlos von der Bildfläche. Niemand weiß bis heute, was mit ihm geschah. Dessen Tochter Tiziana Nasi war die einzige Frau, die in die Männerdomäne der Agnelli-Geschäftswelt eindringen konnte. Sie leitete die Geschäfte von Sestiere S.p.A. Das Unternehmen ist in der Touristikbranche tätig und beschäftigte über 4000 Mitarbeiter. Mit einem Anteil von 70 Prozent war die FIAT-Gruppe 1998 größter Teilhaber des Unternehmens. Als Erbe und Nachfolger hätte Giovanni I. eines Tages am liebsten seinen eigenen Sohn gesehen, Edoardo. Giovannis eigener Sohn und Anicetas Bruder wurde 1892 in Verona geboren. Später studierte er Jura und erhielt eine militärische Ausbildung. Als Offizier zog er mit den italienischen Streitkräften in den Ersten Weltkrieg. Nach seiner Heimkehr heiratete er Virginia Bourbon. Die Trauung fand 1919 in der römischen Kathedrale Santa Maria degli Angeli an der Piazza dell'Estrada statt. Virginia war die Tochter aus der Verbindung des römischen Fürsten Carlo di San Faustino mit der Amerikanerin Jane Allen Campbell aus Orange in New Jersey.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt8
Prolog10
Teil 1 – Die alte Ordnung:1830 bis 194518
1. Giovanni Agnelli – Die Pflicht ruft20
2. Krieg und Liebe – Die verlorene Generation43
Teil 2 – Die neue Ordnung:1946 bis 200290
3. Gianni Agnelli – Frauen und Fußball, Macht und Moneten92
4. Arbeitskampf! – Das Blut fließt, die Geschäfte stocken133
5. La famiglia – Keimzelle des italienischen Kapitalismus168
Epilog215
Zeittafel217
Register224
Literatur und Archive229
Dank231
Bildnachweise232

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