Der Begriff des Change Agents lässt sich als Veränderungsbeauftragter übersetzen. Dementsprechend leitet der Change Agent – im Rahmen des Change Managements – die Veränderungsprozesse. Wie im weiteren Verlauf näher ausgeführt wird, kann der Change Agent Teil des Unternehmens (interner Change Agent) oder eine außen stehende Person (externer Change Agent) sein. Change Agents nehmen eine Steuerungs- und Beratungsfunktion, jedoch keine klassische Leitungsfunktion ein. So geben sie Anregungen für Veränderungen, üben aber keine Führung im hierarchischen Sinn aus.[86] Ein Change Agent gibt „keine Prozesse und Maßnahmen zur Veränderung vor, sondern er unterstützt die Einrichtungen dabei, Ziele zu identifizieren und Veränderungsstrategien zu erarbeiten“.[87] Gleichsam ist er für das Zustandekommen der Veränderung verantwortlich, wobei übergeordnete Stellen die Kontrolle über die Initiative haben. Idealerweise hat der Change Agent ein tiefes Verständnis über die geplanten Veränderungen und ist sich über die Auswirkungen des Change - Projektes, sowohl für das Unternehmen an sich, als auch für die Mitarbeiter, im Klaren.[88] Obwohl die Change Agents eigentlich nicht zur Zielgruppe des Change Managements gehören, sind sie teilweise selbst von den betrieblichen Veränderungsmaßnahmen betroffen.[89] Change Agents entstammen oftmals den Bereichen „Organisationsentwicklung“ und „Human Ressource“, teilweise aber auch dem Marketing-, Produktions- oder Customer - Service - Bereich.[90]
Bokler (2004) definiert den Change Agent als einen „Katalysator, Moderator, Konfliktmanager und Prozessberater in einem partizipativ angelegten Prozess der Unternehmensentwicklung“.[91] Insofern erstreckt sich sein Aufgabengebiet auf die Individual-, Gruppen- und Gesamtorganisationsebene. Die Beschreibung des Change Agents als Katalysator ist dahin gehend zu verstehen, dass der Change Agent häufig weniger Macher als vielmehr Möglichmacher ist. So entwickeln Change Agents oftmals keine Lösungsvorschläge, sondern unterstützen das Unternehmen dabei, neue Lösungen zu suchen und zu finden.[92]
In der Literatur wird der Begriff des Change Managers häufig synonym zum Begriff des Change Agents verwendet. Allerdings gibt es auch Autoren, die mit dem Begriff des Change Managers zum Ausdruck bringen möchten, dass diese Person dem (mittleren oder oberen) Management angehört.[93] Weitere gängige Begriffe, die die Person bezeichnen, die den Veränderungsprozess im Unternehmen aktiv begleitet, sind Prozessberater oder Veränderungsbegleiter. Faul (2010) führt die verschiedenen Bezeichnungen auf Unterschiede auf die jeweiligen theoretischen und praktischen Perspektiven und inhaltlichen Schwerpunktsetzungen zurück. Zwar sei die Wahl einer bestimmten Bezeichnung bzw. eines bestimmten Titels nicht von entscheidender Bedeutung, doch sei es ratsam, dass der Titel zur vorherrschenden Unternehmenskultur und betrieblichen Semantik passt.[94]
Im Folgenden werden die spezifischen Aufgaben, Stärken und Schwächen von Change Agents, die aus dem eigenen Unternehmen entstammen, untersucht.
Interne Change Agents können aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen und –ebenen entstammen. In diesem Zusammenhang kann zwischen Abteilungsleitern, Projektmanagern und sonstigen Mitarbeitern differenziert werden. Wenn ein Angehöriger des Top Management eine aktive Rolle im Change Management einnimmt, wird diese Person häufig auch als Change Leader bezeichnet. Im Gegensatz zu einem Change Agent muss ein Change Leader Führungskompetenzen aufweisen, wenngleich die Anforderungen und Aufgaben vergleichbar zu denen des Change Agents sind.[95]
Interne Change Agents zeichnen sich zudem dadurch aus, dass sie den innerbetrieblichen Wandel üblicherweise längerfristig begleiten und unterstützen.[96]
Zu den Stärken und potenziellen Chancen des internen Change Agents gehört, dass er über die Strukturen und Probleme des Unternehmens Bescheid weiß.[97] So haben interne Change Agents detaillierte Kenntnisse über das gelebte Führungsverständnis und die sozialen Geflechte im Betrieb. Insbesondere sind interne Change Agents sehr mit der Unternehmenskultur vertraut, da sie schließlich ein Teil derer sind. Somit ist es ihnen möglich, sich rasch und intensiv in die Sichtweisen der Beteiligten hineinzuversetzen. Durch das unternehmensinterne Netzwerk, über das interne Change Agents typischerweise verfügen, können sie oft weiterführende Informationen generieren, da sie teilweise auf die Einhaltung formeller Kommunikationswege im Unternehmen verzichten können.[98] Dabei verfügen interne Change Agents oftmals über einen guten Zugang zu den verschiedenen Hierarchieebenen, also auch zum Top Management.[99]
Ein weiterer Vorteil ist darin zu sehen, dass die Kompetenzen und bisherigen Leistungen der internen Change Agents den Führungskräften und oftmals auch den Prozessbeteiligten bekannt sind. Auch bleiben interne Change Agents dem Unternehmen im Abschluss an den Veränderungsprozess erhalten. So bleibt deren Wissen nach Projektende verfügbar und kann beispielsweise für Folgeprojekte genutzt werden. In dieser Hinsicht spielen interne Change Agents eine wichtige Rolle im betrieblichen Wissensmanagement, sofern sie das hinzugewonnene Wissen anderen Mitarbeitern oder auch Vorgesetzten zugänglich machen.[100] So ist es beispielsweise möglich, interne Change Agent nach Beendigung des aktuellen Change Projekts dauerhaft in ein Change Management einzubinden, umso dem temporären Projektzweck Dauerhaftigkeit zu verleihen.[101]
Für das Unternehmen können interne Change Agents auch dahin gehend vorteilhaft sein, als dass deren Leistung meist verhältnismäßig kostengünstig ist.[102] So werden interne Change Agents des Öfteren vor dem Hintergrund herangezogen, dass damit externe Beratungskosten eingespart werden sollen. Die niedrigeren Kosten für interne Change Agents resultieren vor allem aus der schnelleren Einarbeitungszeit.[103]
Gleichsam können mittels interne Change Agents „interne Grundsätze und Strategien (z. B. Führungsgrundsätze, Magamenent - Leitlinien) im Change Projekt berücksichtigt werden, ohne dass ein zeitaufwendiges und teures Briefing des Externen erfolgen muss“[104]. Darüber hinaus verfügen interne Change Agents über Kenntnisse des Veränderungstempos im Unternehmen. Sie kennen die Anzahl und die Taktung der Veränderungsvorhaben, sind über vergangene Veränderungsprojekte informiert und können die Einstellungen und das Verhalten der Mitarbeiter in Change - Projekten einschätzen.[105]
Ferner bieten sich interne Change Agents dann an, wenn im Kontext des Change Management sensible Daten erhoben werden, die unter keinen Umständen das Unternehmen verlassen dürfen.[106]
Eine Schwäche bzw. ein Risiko des internen Change Agents kann darin bestehen, dass dieser nicht völlig objektiv an den Veränderungsprozess herantritt und eine gewisse Voreingenommenheit hat.[107] So neigen interne Change Agents verhältnismäßig häufig zur viel zitierten Betriebsblindheit, die auch damit zusammenhängt, dass die Mitarbeiter, die als Change Agents fungieren, eine zu starke Fokussierung auf die Branche haben, in der das Unternehmen tätig ist.[108] Die Betriebsblindheit ist dabei auch mit fehlenden Ideen von außen verknüpft.[109]
Ein großes Risiko, das mit internen Change Agents verknüpft ist, besteht darin, dass deren faktische Stellung in der Unternehmenshierarchie und / oder deren konkrete Stellung im Change - Prozess nicht geklärt ist. In der empirischen Praxis ist häufig vorherrschend, dass die Befugnisse interner Berater weder „nach oben“ noch „nach unten“ eindeutig definiert und transparent sind. Ein weiterer Nachteil interner Change Agents kann in ihrem ausgeprägten Wissen über das Unternehmen gesehen, was eigentlich ein typischer Vorteil eines internen Change Agents gegenüber einem externen darstellt. So kann sich ein großes Wissen über das Unternehmen nachteilig auf die Akzeptanz von Seiten der Mitarbeiter auswirken. Demnach können die Change Agents - aufgrund ihrer detaillierten Kenntnisse über betriebliche Abläufe - von den Mitarbeitern als Gefahr angesehen werden.[110]
Problematisch kann auch beim Einsatz interner Change Agents sein, dass...