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Die Behandlung der Einkommensteuer im Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren

AutorJuliane Bräutigam
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl82 Seiten
ISBN9783668306622
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1,7, Fachhochschule Erfurt, Sprache: Deutsch, Abstract: Die wichtigsten Probleme, Schnittpunkte und Regelungen zwischen der Insolvenzordnung und dem Einkommensteuergesetz bilden den Hauptbestandteil dieser Arbeit. Die Anzahl der Insolvenzen in Deutschland ist rückläufig. In den Monaten von Januar bis einschließlich Mai 2016 sind insgesamt 10750 Anträge auf die Eröffnung von Unternehmensinsolvenzen gestellt worden. Die Anzahl der Unternehmen, die innerhalb des gleichen Zeitraums im Jahr 2015 Insolvenz anmeldeten, sank im Vergleich zu den Werten des aktuellen Jahres 2016, um rund 800. Die mediale Aufmerksamkeit der Insolvenz der Leipziger Unister Holding GmbH zeigt, dass trotz der rückläufigen Anzahl beantragter beziehungsweise eröffneter Insolvenzverfahren, die Insolvenz ein fester Bestandteil unseres Wirtschaftssystems ist. Die Insolvenzordnung regelt nach dem Eintreten der Insolvenz, d.h. nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die einzelnen Verfahrensschritte. Ein Punkt, den die Insolvenzordnung nicht umfassend regelt, ist die Frage der Besteuerung von natürlichen Personen. Durch die Verzahnung der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und der Insolvenzordnung lässt sich viel Insolvenzmasse verlieren aber auch generieren. Mit eben diesen Berührungspunkten zwischen dem Einkommensteuerrecht und dem Insolvenzrecht befasst sich die nachfolgende Arbeit. Im ersten Teil werden die rechtlichen Grundlagen des Insolvenzverfahrens behandelt. Dies beinhaltet die rechtlichen Bestimmungen der Insolvenzordnung, insbesondere über die Beteiligten des Insolvenzverfahrens, sowie die Arten der Vermögensverwertung und -verteilung werden in kurzer Form dargestellt. Der nachfolgende zweite Teil befasst sich mit dem Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dem sich anschließenden Restschuldbefreiungsverfahren, um im dritten und vierten Teil der Arbeit Rückschlüsse auf die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen ziehen zu können. Die entsprechende Betrachtung der Einkommensteuer erfolgt von den Vorschriften über die Zuständigkeiten der Abgabe der Einkommensteuererklärung, über die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer, bis hin zur Einordung der Einkommensteuerschuld bzw. der Einkommensteuererstattung in die insolvenzrechtlichen Forderungskategorien. Mit einem Fazit über die Besonderheiten der Verzahnung zwischen den behandelten Rechtsgebieten enden die Ausführen.

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Leseprobe

3 Die Verfahrensabschnitte im Überblick


 

3.1 Das Insolvenzverfahren


 

Das Insolvenzverfahren gliedert sich hinsichtlich des Ablaufs in mehrere Teile bzw. Abschnitte.[119] Die nachfolgende Grafik soll einen Überblick über den Regelfall des Insolvenzverfahrens mit dem sich anschließenden Restschuldbefreiungsverfahren geben. Die sich anschließenden Gliederungspunkte geben einen Überblick über das Insolvenzeröffnungsverfahren, den Ablauf des Insolvenzverfahrens und die Beendigung, sowie über die Phasen des Restschuldbefreiungsverfahrens. Für die steuerliche Beratung ist es insbesondere unerlässlich, die möglichen Haftungsrisiken der steuerpflichtigen natürlichen Personen zu erkennen, und die damit zusammenhängenden Grundregeln des Insolvenzverfahrens zu beherrschen.[120]

 

 

Abbildung 2: Die Verfahrensabschnitte eines Insolvenzverfahrens (Quelle: in Anlehnung an Reischl, K., Insolvenzrecht 2016, Rn. 29).

 

3.1.1 Das Insolvenzeröffnungsverfahren


 

Der Zeitraum zwischen der Antragstellung und der Verfahrenseröffnung wird als das „vorläufige Insolvenzverfahren“ oder als das „Insolvenzeröffnungsverfahren“ bezeichnet.[121] Um zu verhindern, dass es in diesem Zeitraum zu einer für die Gläubigergruppen nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners kommt, kann das Insolvenzgericht über Sicherungsmaßnahmen entscheiden.[122] Das Gericht kann zur Sicherung und Erhaltung des Vermögens einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, dessen Rechte und Pflichten danach ausgestaltet werden, ob dem Schuldner ein zusätzliches Verfügungsverbot auferlegt wird. Erlässt das Gericht ein allgemeines Verfügungsverbot, erhält der vorläufige Insolvenzverwalter die uneingeschränkte Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Insolvenzschuldners. In diesem Fall wird der vorläufige Insolvenzverwalter als der „starke Insolvenzverwalter“ bezeichnet, der vergleichbare Kompetenzen des endgültigen Insolvenzverwalters im eröffneten Insolvenzverfahren besitzt.[123] Ergeht kein allgemeines Verfügungsverbot setzt das Gericht einen vorläufig „schwachen Insolvenzverwalter“ ein, der keine Verfügungsmacht über das Schuldnervermögen besitzt. [124] Das Gericht kann ein Vollstreckungsverbot über bewegliche Sachen, Forderungen und sonstige Vermögensrechte des Schuldners erlassen.[125] Durch eine Untersagung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Insolvenzschuldner soll verhindert werden, dass einzelne Gläubiger vor Eröffnung des Insolvenzerfahrens ihre Forderungen aus dem Schuldnervermögen geltend machen.[126]

 

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird in die Register und Handelsbücher eingetragen und im Internet unter der Adresse www.insolvenzbekanntmachungen.de bekanntgegeben.[127]

 

3.1.1.1 Der Eröffnungsantrag

 

Auf einen schriftlichen Antrag[128] des Insolvenzschuldners oder eines Gläubigers kann das Insolvenzverfahren eröffnet werden.[129] Der sog. Eröffnungsantrag ist zulässig, wenn der Gläubiger nach § 14 Abs. 1 S. 1 InsO an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein rechtliches Interesse besitzt, und seine Forderungen glaubhaft macht. Diese Form des Eröffnungsantrags wird als Fremdantrag bezeichnet. Bei der Eigenantragsstellung entfällt die Glaubhaftmachung, weil der Gesetzgeber annimmt, dass sich der Antragsteller nicht ohne ein rechtliches Interesse in die Rolle des Insolvenzschuldners begibt.[130]

 

Das Gericht weist den Eröffnungsantrag ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreicht um die Verfahrenskosten der Insolvenz zu decken.[131]

 

3.1.1.2 Die Eröffnungsgründe

 

Die InsO unterscheidet zwischen drei Eröffnungsgründen: der Zahlungsunfähigkeit, der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung.[132]

 

 

Abbildung 3: Eröffnungsgründe nach der Insolvenzordnung (Quelle: in Anlehnung an Kramer, R./Peter, F. Insolvenzrecht: Grundkurs für Wirtschaftswissenschaftler, 2014, S.22)

 

Die Zahlungsunfähigkeit führt unabhängig von der Rechtsform des Schuldners zu einem Insolvenzverfahren. Wenn der Schuldner innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen nicht in der Lage ist, 90% der fälligen Verbindlichkeiten zu tilgen, ist regelmäßig von der Zahlungsunfähigkeit[133] auszugehen. Innerhalb der dreiwöchigen Frist gewährt der Gesetzgeber eine vorübergehende Zahlungsstockung. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine kreditwürdige Person in der Lage, sich innerhalb der unschädlichen Zahlungsstockung die erforderlichen Mittel am Geldmarkt zu beschaffen.[134] Bei einer geringfügigen, in innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigender Liquiditätslücke von weniger als 10% der fälligen Gesamtverbindlichkeiten des Schuldners, ist nach dem Willen des Gesetzgebers von der Zahlungsfähigkeit auszugehen.[135]Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, greift die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit.[136]

 

Die drohende Zahlungsunfähigkeit stellt einen weiteren gesetzlichen Eröffnungsgrund der InsO dar und kann nur vom Schuldner durch einen Eigenantrag und unabhängig von der Rechtsform nach § 18 Abs. 1 InsO erklärt werden.[137] Im Gegensatz zur Antragspflicht im Falle der Zahlungsunfähigkeit, liegt bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit ein Antragsrecht des Schuldners vor.[138] Dem Schuldner wird die Zahlungsunfähigkeit unterstellt, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen im Zeitraum der Fälligkeit zu erfüllen.[139]

 

Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist von der Zahlungsunfähigkeit hinsichtlich des zugrundeliegenden Zeitraums abzugrenzen. Bei der Zahlungsunfähigkeit wird auf die gegenwärtigen Zahlungsverpflichtungen innerhalb der dreiwöchigen Frist abgestellt, während für die drohende Zahlungsunfähigkeit der Zeitraum nicht begrenzt ist[140] und die zukünftigen Zahlungsverpflichtungen zusätzlich Berücksichtigung finden.[141] Der Gesetzgeber verfolgt das Ziel einer früheren Antragsstellung bei drohender Zahlungsunfähigkeit, um die Chancen einer erfolgreichen Sanierung zu erhöhen. Der Schuldner kann im Rahmen eines Insolvenzplans oder durch die Eigenverwaltung eigene Vorstellungen zur Sanierung des Unternehmens entwickeln. Im Regelfall führt die Antragstellung wegen drohender Zahlungsunfähigkeit dazu, dass die Lieferanten die Bezahlung der Waren gegen eine Vorauszahlung des Kaufpreises verlangen und die Bank ihren Kreditrahmen kündigt.[142] Die Einschätzung in der Literatur führt zu der Erkenntnis, dass der Antragstellung aufgrund von drohender Zahlungsunfähigkeit eine sehr geringe Bedeutung zukommt.[143]

 

Der Eröffnungsgrund der Überschuldung gilt für den Personenkreis der juristischen Personen.[144] Deckt das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr, liegt nach § 19 Abs. 2 S. 1 InsO die Überschuldung vor. Bei einer nach den Umständen überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Fortführung des Unternehmens, sieht der Gesetzgeber eine Einschränkung des Begriffs der Überschuldung vor.[145] Ist die Fortführung des Unternehmens beabsichtigt und wahrscheinlich, erfolgt die Bewertung des Vermögens nach Fortführungsgesichtspunkten. Ist die sog. Fortführungsprognose positiv, ist der Überschuldungstatbestand ausgeschlossen.[146] Fällt die Fortführungsprognose negativ aus, ist von der Liquidation des Unternehmens auszugehen.[147] Die Überschuldung ist in jedem Fall gegeben, wenn das Vermögen geringer ist als die Verbindlichkeiten und führt zu einer Insolvenzantragspflicht des Insolvenzschuldners.[148]

 

Der Antrag seitens des Insolvenzschuldners ist für alle o.g. Eröffnungsgründe zulässig und wird durch ein Gläubiger- bzw. Forderungsverzeichnis schlüssig dargelegt.[149] Legt der Gläubiger dem Gericht Tatsachen dar, aus denen sich die Überschuldung ergibt, ist für die Überschuldung ein Fremdantrag grundsätzlich zulässig.[150] In der Regel liegen den Gläubigern keine Unterlagen, beispielsweise Bilanzen oder Unterlagen ordnungsmäßiger Buchführung vor, um den Überschuldungstatbestand glaubhaft zu machen. Fremdanträge mit dem Eröffnungsgrund der Überschuldung bleiben in der Praxis vorwiegend ohne Bedeutung.[151]

 

3.1.2 Das eröffnete Insolvenzverfahren


 

Liegen die Eröffnungsvoraussetzungen vor und sind die Kosten des Insolvenzverfahrens durch das Schuldnervermögen gedeckt, ergeht ein Eröffnungsbeschluss über das Insolvenzverfahren.[152] Das Gericht bestellt einen...

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