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Die besten Geschichten des Altertums

Alexander der Große und das Weltgriechentum + Frauen der Antike + Zur Kulturgeschichte Roms + Charakterbilder Spätroms und die Entstehung des modernen Europa, Römische Charakterköpfe + Legenden aus verklungenen Zeiten und mehr

AutorTheodor Birt
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9788026814924
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Die besten Geschichten des Altertums: Alexander der Große und das Weltgriechentum + Frauen der Antike + Zur Kulturgeschichte Roms + Charakterbilder Spätroms und die Entstehung des modernen Europa + Römische Charakterköpfe + Legenden aus verklungenen Zeiten und mehr' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Theodor Birt (1852/1933) war ein deutscher Altphilologe und Schriftsteller. Als Pseudonym benutzte er auch den Namen des Humanisten Beatus Rhenanus. Er gehörte dem altphilologischen Zweig des Philologisch-Historischen Vereins an, der später über die wissenschaftlichen Verbindung Hercynia in der Marburger Burschenschaft Rheinfranken aufging. Inhalt: Zur Kulturgeschichte Roms (1909) Römische Charakterköpfe (1913) Charakterbilder Spätroms und die Entstehung des modernen Europa (1919) Alexander der Große und das Weltgriechentum (1924) Das Kulturleben der Griechen und Römer in seiner Entwicklung (1928) Frauen der Antike (1932) Legenden aus verklungenen Zeiten (1916) Von Haß und Liebe (Erzählungen) (1919)

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Leseprobe

II. Im Hause


Griechenland war schon im 3. Jahrhundert v. Chr. wie heute fast vollständig entwaldet. In Italien trat dieselbe Entwaldung erst etwa 500 Jahre später ein. Häuserbau, Heizung und Flottenbau verschlangen auch hier den Wald. Vorläufig aber lieferte der Zimmermann noch für das Haus Dachsparren und Treppenwerk. Die Buche und Linde waren damals noch ein häufiger Baum in Italien. Schrecklich aber fraßen die Feuersbrünste in den Städten. Wie viel bedeuten die Brände für die Stadtgeschichte Roms, wie wenig für die Athens!

Im übrigen war der Häuserbau auch in Italien massiver Steinbau. Die Nachbarhäuser hatten in den Städten stets gemeinsame Zwischenwände. Neben dem Bruchstein diente als Material der gebrannte Ziegel. Mauerziegel, Dachziegel, Stuckbewurf waren vortrefflich und dem modernen an Güte überlegen. Gleichwohl wurde in der Hauptstadt auf das fahrlässigste gebaut. Häusereinsturz war eine ständige Gefahr, und man fuhr in Todesangst zusammen, wenn die Wände knackten.

Wer nach der Kultur eines Volkes fragt, muß vor allem in sein Privathaus eintreten, sei es nun ein Negerzelt oder eine der Villen im Berliner Westend. Immer hat es etwas Intimes, wenn sich ein Privathaus uns öffnet; denn es ist die Muschel, die sich schließt, um das Familienleben zu isolieren. Wie viel Schablone herrscht noch in unseren modernen Häusern! Reichtum tut es nicht. Die wahre Kultur ist da, wo Eigenart herrscht, und schon ein Blick durch die Räume zeigt, ob wir es mit einem Protzen oder einem Gebildeten zu tun haben. Zu den Kulturzwecken des Hauses gehört aber auch dies, daß es das Gemüt nicht beenge, sondern erheitere und freimache.

Ich rede nicht nochmals von den Mietskasernen, die jedenfalls oft ganze Quartiere ausfüllten. Wegen dieser Wohnungsverhältnisse war die Sterblichkeit auch schon damals in den Großstädten verhältnismäßig stark. Nach Cicero sind 46 Jahre das Durchschnittsalter, das der Mensch erreicht. Wer auf einer Etage wohnte, der bewohnte sie eigentlich gar nicht; er lebte meist außer Hause und stand auf den öffentlichen Plätzen herum, wie es noch jetzt überall im Süden geschieht. Solche Riesenhäuser sind wie Columbarien oder Taubenschläge: nur zur Nachtruhe kehren die Flieger heim.7

Wer dagegen im eigenen Hause wohnt, richtet es so ein, daß er die Hilfe der Straße nicht braucht. So liegt das antike Privathaus zugeknöpft und vornehm an der Straße. Das Ziegeldach fällt vom First gelinde nicht nur nach außen ab, sondern auch nach innen und in den Hof des Hauses. Nur im Oberstock sind ein paar Fenster nach vorn, sonst nichts als blinde Wandfläche, in schönen Quadern oder in Stuckbewurf, der die Quadern nachahmt; gelegentlich war die leere Front auch hübsch mit Gemälden, Landschafts- und Tierbildern belebt, von trefflicher Ausführung. Auf alle Fälle aber ist das Privathaus lediglich Innenbau, der Tempel ist Außenbau gewesen; d. h. die Bauform des ersteren war nicht darauf berechnet, die Straße zu schmücken.

Nach der Vorstellung der Alten, die Vergleiche lieben, hat das Haus aber gleichwohl ein Gesicht; die Front die Stirn, die Fenster die Augen, das Gesims die Brauen, die Türe der Mund (ostium).8 Wehe, wenn der Mund des Hauses zu plaudern anfängt! Es ist die Tür, die den Skandal verrät. Wohl dem Haus dagegen, wo die Tür schweigsam ist und ihre Schwelle liebt!9

Und das Gleichnis geht noch weiter; denn wer ins Innere tritt, kommt zunächst in den »Schlund« des Hauses; Schlund heißt der Gang, der ins Innere führt. Die beiden Hauptstuben des Atriums aber heißen die Achseln des Hauses, alae.

Wir rühren den Klopfer (Klingeln sind selten). Die Tür schlägt nach innen; sonst wäre bei offenen Türen der Gehsteig unpassierbar. Der Hausmann kommt aus seinem Kämmerchen und hilft uns gleich das Schuhzeug ablegen, das auf der Straße schmutzig geworden. Abkratzer gibt es nicht.

So stehen wir zunächst in einem quadratischen Hof, dem Atrium. Ursprünglich war es einmal eine gedeckte Diele gewesen. Aber das Dach ist nun in der Mitte durchbrochen, und unter der Öffnung – impluvium – liegt ein Regenwasserbecken. Um dies Becken führt vierseitig ein gedeckter Gang mit anliegenden Stuben.

Und keine Treppen? fragen wir. Bei uns ist doch das Treppenhaus das Zentrum des Baues; der Lichthof nimmt es auf, und unsere Baumeister mühen sich, es möglichst gefällig zu gestalten. Ein antikes Haus war dagegen so gebaut, als wäre es nur Erdgeschoß. Wiederholte sich das Erdgeschoß in einem Oberstock,10 so verkrochen die Stiegen sich in die Winkel, um die schöne Flächenentwicklung der Räume nicht zu stören.

Dies Atriumhaus, so eng es ist, muß nun das ältere römische Wohnhaus und zugleich auch das etruskische gewesen sein. Der Herd stand ursprünglich an der Hinterseite der Halle, der Haustür genau gegenüber; in dem Zimmer aber, das noch weiter hinten den Abschluß gibt und Tablinum heißt, stand damals das Ehebett. Und so wie bei uns die Hexen durch den Schornstein fahren, so fuhren im alten Rom die Gespenster durchs Impluvium. Weil aber dies Haus so eng war, deshalb sehen wir in den alten Lustspielen des Plautus (um 190 v. Chr.) im Familienleben die Straße noch die wichtigste Rolle spielen; vor dem Haus auf der Straße wird da gefrühstückt, gekneipt, wird von den hübschen Mädchen Toilette gemacht in der allerunbefangensten Öffentlichkeit. Ähnliches kann man ja auch noch heute in Neapel sehen.

Hiergegen aber sträubte sich die entwickeltere Kultur. Darum wurde das Haus an Flächengehalt verdoppelt, nach innen mehr Raum geschaffen, und das Atrium sank jetzt zum Vestibül, Empfangsraum oder Arbeitsraum, falls ein Handwerk betrieben wurde, herab. Ein zweiter offener Hof öffnete sich, das längliche Rechteck des Peristyls: ein Stückchen Garten, von schönen gedeckten Säulengängen eingefaßt, auf die wieder die Stuben ringsum sich öffneten. Das Peristyl war griechischem Vorbild entlehnt, und hier hatte nun die Familie Raum, sich auszuleben, abgerückt vom Gassenlärm. Schlafräume, vor allem aber die Speiseräume, liegen jetzt hier.

Dem Üppigeren aber genügte auch das noch nicht. Er dehnte sich noch weiter aus und legte ein doppeltes Atriumhaus vor sein Peristyl oder auch zwei Peristyle hinter das Atrium, so daß nun aus drei Höfen Licht und Luft ins Haus strömte, und ein wundervoll weites Raumgefühl entstand. So kann die Wohnung sich schließlich durch einen ganzen Häuserblock ausdehnen. Sie ist zum Palast geworden.

Solches Haus war also kein Zentralbau; es zerfiel in mehrere aneinandergelegte selbständige Komplexe.

Dabei fehlt meistens ein Keller. Aber die Parterreräume waren kühl genug, um die Vorräte unterzubringen. Wo Villen an Bergabhängen stehen, wie in Antium, finden wir allerdings auch mächtige Kellerwölbungen. Eine geniale Nachlässigkeit aber herrscht in der mangelhaften Ausebnung der Bodenfläche. War der Baugrund uneben, so ließ man einen Teil des Erdgeschosses ruhig um eine oder mehrere Stufen höher liegen als den anderen. Schon der »Schlund«, der Eingangsflur, pflegt in Pompeji anzusteigen.

Alle Stuben öffneten sich immer nach dem Hofe. Im Sommer nahm man sogar die Türen ganz heraus; und eben für die warme Jahreszeit war dies Wohnen gewiß herrlich. Im Dezember bis Februar jedoch muß der antike Mensch in diesen Häusern entsetzlich gefroren haben. Denn der Himmel stand ja über Atrium und Peristyl weit offen. Heizung gab es meist nicht, nicht einmal Kamine,11 höchstens kleine tragbare Herde für Holzkohle oder Pfannen, wie der fröstelnde Italiener sie noch jetzt in der Hand hält. Und der Frost, der in Italien damals nachweislich stärker als heute war, drang, sobald sich nur eine Türritze öffnete, unwiderstehlich herein.

»Bring' Holz, den Frost zu schmelzen und schicht' es breit
Hin über's Feuer; hole mir auch den Wein,
Vierjähr'gen reichlich, Thaliarchos,
Hol' in sabinischen Henkelkrügen.

so singt Horaz, indem er friert und sich in den Herdraum des Hauses zurückzieht. Auch der sabinische Wein hilft dem Dichter, daß er warm wird. Daher kleidet man sich ängstlich in Düffel, auch am Mittagstisch. Kaiser Augustus trug im Winter eine besonders dicke Toga, darunter vier Tuniken übereinander, darunter noch ein wollenes Unterhemd, weiter noch eine wollene Brustbinde und endlich Gamaschen, die hoch über das Schienbein gingen.

Blicken wir indes zu guter Jahreszeit vom Peristyl gemächlich durch die Räume, so faßt uns ein helles Entzücken und Wohlgefühl. Es ist ein Gedicht von Linien und Farben, in dem wir stehen. Die Höhe der Räume 6–7 Meter. Der Fußboden Mosaik. Die 18 Säulen des Peristyls wachsen wie Stämme empor, um das Dach des Säulenumganges wie eine Laube zu tragen. Sie sind orange und purpur-violett bemalt. Zwischen ihnen aber liegt das Gärtchen (viridarium) wie ein Stück eingefangenes Paradies, feines Strauchwerk darin, und ein paar Blumenfelder; und auch die niedere Brüstung, die den Garten umzäunt, ist oben für Pflanzenerde ausgehöhlt und trägt so einen Saum von Blumen. Dies war das Vorbild für die Klostergärten des Mittelalters, die vom Kreuzgang eingefaßt sind. Ebenda ist auch ein Brunnen oder Fischteich. Marmortische und -becken, leicht farbig getönte schlanke Marmorstatuen schimmern als Zierrat zwischen den Säulen – sie fangen im wechselnden Halbschatten die Sonnenstrahlen immer neu und heben sich lichtvoll von den tiefgefärbten Mauern des Peristyls ab, Marmorstuckwänden in karmoisin oder blau oder kohlschwarz, die selbst noch im Schatten...

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