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Die Bilanzierung von Vorräten nach HGB und IAS

Darstellung, Vergleich und kritische Würdigung (Stand 2004)

AutorUlrich Bergmann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl87 Seiten
ISBN9783638858632
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1,7, FernUniversität Hagen (Betriebswirtschaftliche Steuerlehre), 75 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Nach der EU-Verordnung vom 19.07.2002 müssen ab 2005 alle EU-Unternehmen des geregelten Marktes Konzernabschlüsse nach IAS vorlegen. Konzernabschlüsse nach IAS sollen die Anforderungen des Kapitalmarkts besser erfüllen als solche nach HGB. HGB-Vorschriften werden vom IASB nicht als 'High Quality Standards' eingestuft. Trotz Kritik plant der deutsche Gesetzgeber eine restriktive Umsetzung der EU-Verordnung vor allem im Hinblick auf Erweiterungen des IAS-Anwenderkreises. Es wird erwartet, dass mittelfristig nur noch Kleinunternehmen ohne wesentlichen Finanzierungsbedarf am HGB ausgerichtete Einheitsbilanzen aufstellen werden. Sind demnach die IAS/IFRS grundsätzlich den HGB-Vorschriften überlegen? Bei einem Vergleich der Rechnungslegungsvorschriften geht es zunächst um die Frage, wie sich die Zwecke der Rechnungslegung beider Systeme unterscheiden. Im zweiten Schritt sind die aus den Abweichungen resultierenden Gewinnwirkungen und ihre Auswirkung auf die Zwecke der Rechnungslegung zu diskutieren. Der Vergleich der Bilanzansatz-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften nach HGB und IAS wird am Beispiel der Vorräte vorgenommen. Die bilanzierten Vorräte der Aktiengesellschaften des verarbeitenden Gewerbes machten in den Jahren 1967 bis 1970 ungefähr das 6fache des Jahresüberschusses aus. Ein Bewertungsfehler von 1% verändert den Jahresüberschuss zweier Geschäftsjahre um 6%, verständlich, warum Wirtschaftsprüfer oft zuerst die Bilanzierung des Vorratsvermögens überprüfen. Am Beispiel der langfristigen Auftragsfertigung werden Sonderprobleme behandelt, die sich durch den Zeitpunkt der Realisierung und die Höhe des Wertmaßstabs bei Teilgewinnen ergeben. Die zusammenfassende Gegenüberstellung der Unterschiede bei der Bilanzierung und Bewertung des Vorratsvermögens nach HGB und IAS soll auch eine Gewichtung unter dem Gesichtspunkt der Praxisrelevanz solcher Differenzen vornehmen und letztendlich Aufschluss darüber geben, in welchen Bereichen beide Rechnungslegungssysteme kompatibel sind bzw. ob sie sich jeweils voneinander ableiten lassen.

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Leseprobe

3 Bilanzierung und Bewertung des Vorratsvermögens nach HGB und IAS

 

3.1 Begriff, Klassifizierung und bilanzieller Ansatz der Vorräte


 

3.1.1 Handelsrechtliche Regelungen


 

Der Begriff des Umlaufvermögens, unter den auch die Vorräte subsumiert werden, ist gesetzlich nicht definiert.[28] Nach § 247 Abs. 2 HGB ergibt sich im Umkehrschluss, dass zum Umlaufvermögen diejenigen Vermögensgegenstände gehören, die nicht dazu bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb dauernd zu dienen.

Der Begriff „Vorräte“ umfasst erstens Vermögensgegenstände, die zum Verkauf im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bestimmt sind, zweitens Vorprodukte, aus denen Verkaufsgüter hergestellt werden und drittens Güter, die im Rahmen der Herstellung eines Verkaufsgutes oder der Erbringung von Dienstleistungen verbraucht werden.[29]

 

Das HGB gliedert die Vorräte gemäß § 266 Abs. 2 in vier Positionen, die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die unfertigen Erzeugnisse und Leistungen, die Fertigerzeugnisse und Waren sowie die geleisteten Anzahlungen.[30]

 

Rohstoffe und Hilfsstoffe gehen unmittelbar in ein Fertigprodukt ein. Während erstere (z. B. Grundstoffe, Basisprodukte, Anbauteile) den Hauptbestandteil eines Fertigprodukts bilden, spielen letztere (z.B. Schrauben, Klebstoff) in der Produktion nur eine untergeordnete Rolle. Betriebsstoffe werden für die Produktion gebraucht und ver-braucht (z.B. Schmiermittel), sie sind aber kein Bestandteil des Fertigprodukts, auch fallen Vermögensgegenstände hierunter, die nicht unmittelbar der Fertigung dienen (z.B. Brennstoffe, Büromaterial).[31]

 

Kriterium für den Ansatz eines Vermögensgegenstandes als unfertiges Erzeugnis ist, dass dieser noch nicht verkaufsfähig ist.[32] Das kann selbst nach beendeter Herstellung der Fall sein, wenn Produkte (z.B. Wein) erst nach weiterer Reifung verkauft werden können. Sofern fertige und unfertige Erzeugnisse nicht gemäß § 266 Abs. 1 S. 3 HGB zusammengefasst werden dürfen, können Abgrenzungsprobleme dann entstehen, wenn ein selbst hergestelltes Vorprodukt nicht zum Verkauf sondern zur Weiterverarbeitung in einer höheren Produktionsstufe vorgesehen ist.[33] Auch Abfallstoffe zählen zu den unfertigen Erzeugnissen, sobald durch Bearbeitung Aufwand entstanden ist und die Abfallstoffe der Produktion wieder zugeführt werden, im Falle des Weiterverkaufs gehören sie hingegen zu den Fertigerzeugnissen.[34]

 

Zu den unfertigen Leistungen gehören langfristige Fertigungsaufträge, insbesondere die in Arbeit befindlichen Aufträge der Baufirmen, genauso wie die zum Abschlussstichtag quantifizierbaren unfertigen Leistungen auf Einzelaufträge der Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen.[35] Die Bilanzierungsfähigkeit ist abhängig vom Bestehen eines Anspruchs auf Vergütung des schon angefallenen Aufwands, aber unabhängig davon, ob tatsächlich ein materieller Vermögensgegenstand entsteht.[36] Eine Aktivierungspflicht ergibt sich deshalb, weil es sich bei unfertigen Leistungen um schwebende Geschäfte handelt, die erfolgsneutral zu behandeln sind.[37]

 

Fertigerzeugnisse sind dadurch gekennzeichnet, dass sie durch das Unternehmen selbst erstellt und zum Absatz bestimmt sind sowie im Gegensatz zu unfertigen Erzeugnissen verkaufs- oder versandfertig sind. Sind diese Kriterien auch für Vorprodukte (z. B. Ersatz- oder Zubehörteile) gegeben, gehören auch diese zu den Fertigerzeugnissen.[38]

 

Waren sind zugekaufte Vorräte, die i.d.R. ohne wesentliche Bearbeitung weiterveräußert werden. Auch für sie gilt das Kriterium, dass sie zum Absatzprogramm gehören müssen, sonst wären sie unter den sonstigen Vermögensgegenständen zu bilanzieren.[39] Ein getrennter Ausweis von Fertigerzeugnissen und Waren ist nicht erforderlich.[40]

Im Rahmen des Operating-Leasing vermietete Gegenstände können - sofern nicht im Anlagevermögen bilanziert - als zusätzliche Position „Vermietete Erzeugnisse“ nach den Fertigerzeugnissen ausgewiesen werden.[41]

 

Erhaltene Anzahlungen auf Vorräte, die ein Unternehmen noch liefern muss, dürfen gemäß § 268 Abs. 5 S. 2  HGB offen von den Vorräten abgesetzt werden. In diesem Fall entfällt die Passivierung als Verbindlichkeiten.[42] Geleistete Anzahlungen auf Vorräte, die ein Unternehmen noch geliefert bekommt, werden unter der gleichnamigen Position auch bilanziert. Eine Umbuchung auf ein Vorratskonto erfolgt erst ab dem Zeitpunkt des Gefahrübergangs.[43]

 

3.1.2 Regelungen nach IAS


 

Im IAS/IFRS-Regelsystem gibt es in Bezug auf das Gliederungsschema des § 266 Abs. 2 HGB gleich vier Standards, die für die Bilanzierung und Bewertung der Vorräte in Betracht kommen, nämlich IAS 2 Vorräte, IAS 11 Fertigungsaufträge, IAS 18 Erträge und IAS 41 Branchespezifische Regelungen zur Landwirtschaft.[44] Die weitere Betrachtung bezieht sich nachfolgend auf die Vorschriften des IAS 2 (revised 2003) als allgemeinen Standard zur Bilanzierung und Bewertung des Vorratsvermögens. Dieser Standard wurde im Rahmen des Improvement-Projects überarbeitet und im Dezember 2003 vom IASB verabschiedet. Er gilt für alle Jahresabschlüsse ab 2005.[45] [46]

 

Da es für Vorräte (inventories) keine näheren Ansatzvorschriften gibt, ist der Begriff des Vermögenswertes (asset)  nach IAS heranzuziehen. Gemäß IASC-Framework, F.49a sind assets in der Verfügungsmacht des Unternehmens stehende Ressourcen, die das Ergebnis der Vergangenheit sind und mit deren Einsatz ein künftiger wirtschaftlicher Nutzenzufluss erwartet wird.[47] Nach den allgemeinen Ansatzvorschriften muss für die Aktivierung eines Vermögenswertes in der Bilanz sowohl die abstrakte als auch die konkrete Bilanzierungsfähigkeit vorliegen. Erstere liegt vor, wenn die Merkmale der Vermögenswertdefinition erfüllt sind, letztere ist im Sinne einer Ansatzpflicht nur dann gegeben, wenn der Vermögenswert zuverlässig bewertbar und ein möglicher erwarteter Nutzenfluss auch wahrscheinlich ist.[48]

 

Vorräte werden gemäß IAS 1.57 den kurzfristigen Vermögensgegenständen (current assets) zugeordnet, also den Vermögenswerten, die voraussichtlich innerhalb eines Jahres oder einer üblichen operativen Geschäftsperiode verbraucht oder verkauft werden.[49]

 

Eine Definition der Vorräte erfolgt in IAS 2.6. Vorräte sind Vermögenswerte, die zum Verkauf im normalen Geschäftsgang gehalten werden, die sich in der Herstellung für einen solchen Verkauf befinden oder die als Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe dazu bestimmt sind, bei der Herstellung oder der Erbringung von Dienstleistungen verbraucht zu werden.[50] Ein Gliederungsschema ist nach IAS in der Bilanz nicht explizit vorgeschrieben, eine zweckmäßige Klassifizierung, die ungefähr den Vorschriften des HGB entspricht, wird nach IAS 2.37 nur im Anhang verlangt. Danach wird das Vorratsvermögen in Handelswaren (merchandise), Rohstoffe (materials), Hilfs- und Betriebsstoffe (production supply), unfertige Erzeugnisse und Leistungen (work in progress) und  Fertigerzeugnisse (finished goods) untergliedert.[51]

 

Im Gegensatz zum HGB dürfen erhaltene Anzahlungen nicht offen von den Vorräten abgesetzt werden, denn nach IAS besteht generell ein Saldierungsverbot. Somit müssen sie als kurzfristige Verbindlichkeiten passiviert werden. Ausnahmen von dieser Regelung sind nur möglich, wenn ein IAS dieses konkret erlaubt. Eine solche Saldierung von erhaltenen Anzahlungen mit Vorratsvermögen wird nur im Rahmen der in IAS 11 geregelten langfristigen Fertigungsaufträge durch IAS 1.36 ermöglicht.[52] Geleistete Anzahlungen hingegen werden ebenso im Umlaufvermögen aktiviert, jedoch nicht unter der Position Vorräte, sondern in einem separaten Posten (prepaid expenses).[53]

 

In Bezug auf den Bilanzansatz gibt es somit Unterschiede zwischen den Rechnungslegungssystemen im Bereich der Anzahlungen. Bei der sonstigen Abgrenzung des Vorratsvermögens werden die Unterschiede für so marginal gehalten, dass in der Literatur überwiegend von „keinen“ Unterschieden zwischen HGB und IAS gesprochen wird. Abweichungen gibt es z.B. bei den Betriebstoffen. Während nach IAS nur solche Betriebsstoffe zum Vorratsvermögen zählen, die auch innerhalb der Produktion verbraucht werden, werden gemäß HGB auch solche Betriebstoffe unter den Vorräten ausgewiesen, die auch anderen betrieblichen Bereichen dienen.[54] Nach HGB werden Fertigerzeugnisse und Waren sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe jeweils in einem gemeinsamen Posten ausgewiesen, wogegen nach IAS der Ausweis der Waren sowie der Rohstoffe jeweils als eigenständiger Posten vorgeschlagen wird.[55]

 

Allerdings ist der Begriff des Vermögenswerts, auf den ja bei der Definition der Vorräte nach IAS zurückgegriffen wird, weiter...

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