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Die Bildung der Gesamtpersönlichkeit in der Montessori-Pädagogik und der Theaterpädagogik. Gemeinsamkeiten und Unterschiede

AutorLea Sophie Irmer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl111 Seiten
ISBN9783668482555
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Pädagogik - Medienpädagogik, Note: 2,52, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Sprache: Deutsch, Abstract: In dieser Arbeit wird die Pädagogik Maria Montessoris betrachtet und mit den theaterpädagogischen Grundlagen verglichen. Die Theorie Maria Montessoris und die theaterpädagogischen Theorien in ihren Grundzügen werden in dieser Arbeit umfassend erörtert, insbesondere auf deren Implikationen auf das Schultheaters hin. Anhand Montessoris Vorstellung der Bildung der 'Gesamtpersönlichkeit' soll anhand der vier Kompetenzen - Methoden- und Fachkompetenz, Personal- und Sozialkompetenz - die Grundzüge der Montessori- Pädagogik herausgearbeitet werden, für die Theaterpädagogik übertragen und miteinander verglichen werden. Abschließend wird die praktische Anwendung der Verknüpfung von Montessori- und Theaterpädagogik aufgezeigt.

Lea Sophie Irmer hat einen Bachelor of Arts in Pädagogik und Geschichte sowie einen Master of Arts Abschluss in Theaterpädagogik. Zudem ist sie eine zertifizierte Montessori-Pädagogin spezialisiert auf die Sekundarstufe. Über sechs Jahre sammelte sie Praxiserfahrung als Pädagogin in verschiedenen bayrischen Schulen und pädagogischen Einrichtungen und hat die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen aus diversen Blickwinkeln erfahren. In London unterrichtet sie nun Deutsch und coached Schüler für ihre Abschlussprüfungen. Eine besondere Leidenschaft von Lea Sophie Irmer ist das Theater. Sie genießt klassische Inszenierungen ebnso wie moderne Performances. So unterrichtete sie Theater in der Sekundarstufe mit selbstentwickelten Materialien und theaterpädagogischen Übungen in Anlehnung an pädagoische Konzeptionen Montessoris. Die Bildung einer Gesamtpersönlichkeit im Sinne Montessoris ging Hand in Hand mit der eigenständigen Erarbeitung eines Theaterstückes.

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Leseprobe

III. Kulturelle Bildung als Referenzrahmen Ästhetischer Bildung


 

Da die Verknüpfungspunkte beider pädagogischer Methoden in der Kulturellen beziehungsweise Ästhetischen Bildung liegen, sollen beide Begriffe im Folgenden kurz in ihren Grundzügen dargestellt werden.

 

III.1. Kulturelle Bildung


 

Die Kulturelle Bildung bildet den Referenzrahmen Ästhetischer Bildung. Die Basis Kultureller Bildung sollten stets die freien Künste sein, da sie die Außenwelt wie auch die Innenwelt und die „symbolische Welt“ umfassen und erkunden.[29] Als Ziel Kultureller Bildung kann somit die Bildung der „Gesamtpersönlichkeit“ betrachtet werden.

 

Um Kulturelle Bildung als Referenzrahmen Ästhetischer Bildung begreifen zu können, soll der Begriff „Kultur“ vorab expliziert werden. „Kultur“ leitet sich ursprünglich vom lateinischen Wort „cultura“ ab, was die Tätigkeit des Ackerbaus bezeichnet. Wie der Begriff heutzutage verwendet wird, setzt sich, nach S. v. Pufendorf aus drei lateinischen Begriffen zusammen. Diese sind „socialis vita“ (gesellschaftlich gebundenes Leben), sowie „vitae cultura“ (Pflege des Lebens) als auch „cultura animi“ (Pflege des Geistes). W. v. Humboldt ist in diesem Kontext einer derjenigen Pädagogen, die diesen Gedanken der Kultur als einen Zweck der Bildung ansehen. Er geht noch einen Schritt weiter, nämlich, dass nur durch die „Überwindung“ der Natur Bildung überhaupt erst hervortreten kann.[30] Für ihn gilt das Ziel, Bildung als eine (Gesamt-) Bildung des Menschen zu erachten.[31]

 

Der Begriff „Kultur“ lässt sich in diesem Zusammenhang in fünf Kulturbegriffe unterteilen. Einmal der anthropologische Kulturbegriff, bei dem Kultur als das durch den Menschen „Gemachte“ betrachtet wird. Hier fungiert dieser als Gestalter seiner Welt. Die Auffassung, Kultur als Lebensweise aufzufassen, wird durch den ethnologischen Kulturbegriff differenziert. Hierbei wird jedoch ausschließlich die Betrachtung der Lebensweise einer bestimmten Gruppe vorgenommen. Die Entwicklung und die „Veredelung“ des Individuums werden hingegen ausgehend vom normativen Kulturbegriff erfasst. Der soziologische Kulturbegriff befasst sich mit den (Macht-) Mechanismen, die in der Kultur beziehungsweise der Gesellschaft vorherrschen wie die Religion oder die Wissenschaft. Zuletzt sei der „enge Kulturbegriff“ erwähnt, der sich ausschließlich mit den Künsten befasst.[32]

 

Der Begriff „Bildung“ bezieht sich, im Gegensatz zu „Erziehung“, nicht auf pädagogisch implizierte Inhalte, Ziele und Handlungsmethoden, sondern ausschließlich auf das sich bildende Subjekt selbst. Die Lern- und Wissensinhalte werden durch die eigentätige Aktivität und Leistung des Subjekts selbst erworben. Dies zeigt aber gleichzeitig die sich überschneidenden Aspekte von Bildung und Erziehung, da sie unterschiedliche Perspektiven pädagogischer Sachverhalte einnehmen. Bei dem Begriff „Bildung“ geht es um den eigentätigen Umgang mit dem Vermittelten und somit der Auseinandersetzung mit sich selbst. Also steht hier der Prozess des Wissenserwerbs im Vordergrund. Bildung ist daher mit einer „selbstbestimmten Selbstbildung“ gleichzusetzen und vollzieht sich anhand von Gegenständen in ihrer Auseinandersetzung. Dieser Aspekt zeigt nun deutlich den Verknüpfungspunkt der Montessori- Pädagogik mit der Theaterpädagogik, nämlich, dass man sich anhand dessen entwickelt, wer und was einen umgibt. In der Theaterpädagogik ist es in diesem Kontext sowohl die Mimesis als auch die Differenzerfahrung. Die Montessori- Pädagogik fördert Bildung und Selbsttätigkeit durch die vorbereitete Umgebung und ihrer Materialien, die den Bildungsprozess unterstützen sollen. Im theaterpädagogischen Handeln geschieht diese Unterstützung durch den Theaterpädagogen. Diese „Hilfen“ können aber nicht aus jedem sozusagen ein „Genie an Wissen“ machen, da der Wissenserwerb stets von persönlichen Anlagen und der Selbsttätigkeit des Subjekts abhängt. Somit können sowohl die Montessori- Pädagogen als auch die Theaterpädagogen bloße Anregungen zum Ästhetischen Erleben beziehungsweise zur (Ästhetischen) Bildung geben. Ästhetische Bildung vollzieht sich demnach nur von einem selbst aus.[33]

 

Kulturelle Bildung umfasst im Rahmen dieser Arbeit

 

„[…] die ganze Bandbreite der jedermann und jederfrau zugänglichen freien und der praktischen Künste, also [um] die Pflege und Entwicklung der individuellen, der subjektiven Wahrnehmungs-, Denk-, Urteils-, Handlungs-, Ausdruck- und Darstellungsformen in ihrer gesamten Vielfalt.“[34]

 

„Kulturelle Bildung bedeutet, sich mit Unterschieden auseinanderzusetzen, Scheingewissheiten und Täuschungen aufzudecken, an Dialoge und Diskurse rückzubinden. Zur Kulturellen Bildung zählen die Reflexion und die Fähigkeit, zu verstehen und zu gestalten. […] Kulturelle Bildung kommt nicht wie ein Menü auf den Tisch, sondern setzt einen produktiven und kreativen Aneignungsprozess voraus. Bildung zeigt sich in dem, was sich ein Mensch in der erforschenden und gestaltenden Auseinandersetzung mit Wissens- Ideen- und Kulturwelten kompetent angeeignet und zwar so, dass Bildungssinn entsteht.“[35]

 

In den 60’ern und 70’ern Jahren der Emanzipationsbewegung des 20. Jahrhunderts wurde der Weg einer Kulturellen Bildung hin zu einer ästhetischen Bildung bereitet. Die Kulturpädagogik jener Zeit versuchte Kultur für alle zugänglich zu machen. Es stand

 

„[…] die Orientierung am individuellen und kollektiven kulturellen Lernen, an Kreativität und sinnlicher Wahrnehmung, an Subjektivität und expressiver Aktivität in den verschiedensten kulturellen Feldern und Medien […]“[36]

 

im Vordergrund. Die Prozess- und Produktorientiertheit waren gleichbedeutend. Zentral waren die individuellen Wahrnehmungs- und Ausdrucksformen, die nicht an kulturgesellschaftliche „Zwänge“ gebunden waren. Somit ist die Förderung der individuellen Kreativität seit den 1970’ern zentral. Heute werden die meisten Aspekte der Kulturpädagogik im Zusammenhang mit dem Stichwort „Ästhetischer Bildung“ in Relation gesetzt. Wenn nun von Kulturpädagogik gesprochen wird, meint diese in einem weiteren Sinne die Kultivierung der alltäglichen Lebenspraxis. Für die Kulturpädagogik spielen die fünf Dimensionen Leiblichkeit, Sozialität, Kulturalität, Historizität und Subjektivität des Menschen eine bedeutende Rolle. Hierbei stellt die Dimension der Leiblichkeit als pädagogisches Fundament ebenso diese in der Ästhetischen Bildung dar.[37] Auch historisch nach Pestalozzi betrachtet, kann der Bildungsprozess nur durch das Zusammenspiel von „Kopf, Herz und Hand“[38] sein. Dies ist mit den zentralen Leitgedanken Kultureller aber auch Ästhetischer Bildung zu vergleichen.

 

III.2. Ästhetische Bildung


 

In der Ästhetischen Bildung geht es nicht nur

 

„[…] um die Entwicklung der Person, sondern es geht um die gleichzeitige Bildung der Person und der Welt. Nur in Wechselwirkung kommt Bildung zustande, nur durch Einwirkung auf mich und durch meine Einwirkung auf die Welt entsteht etwas, das den unabschließbaren und auch in seinem Ergebnissen offenen Bildungsprozess in Gang setzt und in Gang hält.“[39]

 

Das heißt also, dass dem Individuum nur durch eine Auseinandersetzung mit sich und der Welt und dem Bewusstsein über diese gegenseitige Beeinflussung, möglich ist, ästhetische Bildungsprozesse zu vollziehen und sich im Prozess seiner Bildung der „Gesamtpersönlichkeit“ voranzubringen.

 

Um einen Beitrag zur Kulturellen beziehungsweise Ästhetischen Bildung zu leisten, hat die Pädagogik die Aufgabe, Heranwachsenden Raum zu geben, in dem sie Ästhetische Erfahrungen machen, diese auch begreifen, nachvollzeihen und für sich selbst einordnen können. Ästhetische Bildung fördert daher auch die Fähigkeit, sich mit denen von der Gesellschaft vorgegeben und tradierten „Codes“ zu befassen und diese bestmöglich als solche zu begreifen. Diese Fähigkeit soll weiter befähigen, in der Welt zu handeln und vor allem ein reflektiertes Handeln zu vollziehen. Die Erfahrungen eines Menschen führen für ihn zum Erkennen neuer Zusammenhänge und so zu einer Erweiterung und stetigen Neuordnung der von ihm erfahrenen Welt. Durch die Selbsttätigkeit tragen die Erfahrungen eines Subjekts bedeutend zur Bildung des Subjekts bei, wobei, im Kontext dieser vorliegenden Arbeit gesehen, die ästhetische Erfahrung zentral ist. Somit sind in diesem Kontext Prozesse ästhetischer Bildung nicht nur bloße Produktion sondern auch Rezeption.[40] So befasst sich Ästhetische Bildung mit Fragen, wie sich ein ästhetischer Weltzugang konstruieren und ausdifferenzieren lässt. Dies stützt sich auf anthropologische Grundlagen eines Kindes, nämlich den stetigen Versuch, die eigenen Wahrnehmungen selbsttätig zu organisieren und Empfindungen auszudrücken in einer kulturell konstituierten und ästhetisch beziehungsweise...

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