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E-Book

Durch die Decke denken

Design Thinking in der Praxis

AutorErik Spiekermann, Juergen Dr. Erbeldinger, Thomas Ramge
VerlagRedline Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783864144134
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Kollektive Kreativität Design Thinking ist eine Innovationsmethode - und zugleich eine Management-Philosophie. Design Thinker spüren Bedürfnisse auf, die der Markt noch nicht bedient. Sie schaffen Produkte, die Kunden fesseln. Und sie verändern die Zusammenarbeit in Organisationen grundlegend. Design Thinking löst kleine Probleme im Unternehmensalltag systematisch, kollektiv und effizient. Auf Führungsebene bietet der Ansatz die Chance, das Management selbst neu zu erfinden. Der Managementberater Dr. Juergen Erbeldinger und der brand eins-Journalist Thomas Ramge stellen die innovative Methode vor. Sie belegen mit vielen Beispielen, wie Design Thinking Unternehmen vorangebracht hat. Sie beschreiben, wie Entscheider die Methode ausprobieren und verankern können. Eine Tool-Box zeigt die konkreten Anwendungen für die Optimierung von Unternehmensabläufen, Produktentwicklung, Customer Journeys, die Verbesserung von Wertschöpfung, das Erkennen von Dogmen in Märkten und die Suche nach Sinn und Bedeutung für die eigene Organisation. Erik Spiekermann, einer der bekanntesten Typografen der Welt, hat den Text illustriert und in eine innovative Form gebracht. Herausgekommen ist ein Buch einer neuen Art: grafisch schön, verständlich und mit praktischem Nutzen für alle, die Neues schneller in die Welt bringen wollen.

Dr. Juergen Erbeldinger ist Volkswirt und einer der führenden Unternehmensberater in Deutschland, die mit Design Thinking arbeiten. Er ist Gründer und CEO von partake, einer Management- und Strategie-Beratung mit Sitz in Berlin. partake berät national und international tätige Unternehmen und Organisationen mit Schwerpunkt auf Innovation von Geschäftsmodellen und -prozessen. Thomas Ramge ist Technologie-Korrespondent des Wirtschaftsmagazins brand eins und schreibt dort regelmäßig über IT-Themen und die Zukunft des Marketings. Zudem arbeitet er als Contributing Editor für The Economist. Für seine Arbeiten wurde er mit diversen Journalistenpreisen ausgezeichnet, darunter dem Herbert Quandt Medien-Preis und dem Deutschen Wirtschaftsbuchpreis. Ramge ist zudem ein gefragter Keynote-Speaker. Prof. Dr. hc Erik Spiekermann ist Typograf, Gestalter und Design-Vordenker mit Weltruf. Er hat Zeitschriften gestaltet (z.B. The Economist), Schriften entworfen (u. a. FF Meta und FF Unit) und das gra fische Erscheinungsbild vieler Weltkonzerne mitgeprägt. 2011 erhielt Erik Spiekermann den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland für sein Lebenswerk.

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Leseprobe

I. Meeting –Design Thinking in zwei Stunden


Sales. Du.


»Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.«

Zugegeben, das ist ein seltsamer Einstieg für ein Buchkapitel, das sich nicht mit Dadaismus beschäftigt. Es fühlt sich aber noch seltsamer an, wenn zu Beginn eines Meetings acht oder zehn Kollegen rund um den Konferenztisch laufen, sich die Hände schütteln, an der Schulter packen, theatralisch das Gesicht verziehen, sich gegenseitig in Gespräche verwickeln und dabei nicht anderes sagen dürfen als die Nonsensvokabeln »Sales. Du«.

For sure, you have to be lost to find a place that can’t be found. Elseways everyone would know where it was!

Captain Barbossain »Fluch der Karibik«

Es gibt ein Theaterstück des Schweizer Objektkünstlers und Schriftstellers Dieter Roth aus dem Jahr 1974 mit dem Titel »Murmel, Murmel«. Das Manuskript hat knapp 200 Seiten, die wiederum mit einer Wiederholungsschleife des Titels gefüllt sind: Murmel, murmel, murmel, murmel, murmel … Sonst nichts. Herbert Fritsch, die Schauspielerlegende der Berliner Volksbühne, hat das Nonsensstück als Regisseur 2012 in Form einer großen Improvisations-Show vor greller Wechselkulisse inszeniert. Damit hat er für den Heiterkeitserfolg der Theatersaison gesorgt. Am Ende grölen Schauspieler und Zuschauer gemeinsam den sinnfreien Schlachtruf »Murmel! Murmel! Murmel!« in den Theatersaal am Rosa-Luxemburg-Platz, und altvordere Theaterkritiker befürchten zu Recht, dass gleich noch die letzte Konvention eines gesitteten Theaterabends fallen könnte: dass die Meute Polonaise tanzend durch die Ränge zieht. Nun war das Brechen von bildungshuberischer Theaterkonvention freilich genau die Intention des Autors. Mit der Befreiung von der Spaßbefreiung brach der Regisseur knapp vier Jahrzehnte später eine weitere. Das ist auch der Punkt bei Warm-ups wie »Sales. Du«.

Design Thinker brechen mit Aufwärmübungen bewusst jene Routinen, die Meetings zu einem Hort von lähmender Unproduktivität und kontraproduktiven Ränkespielen gemacht haben. Bei »Sales. Du« passiert in der Regel Folgendes: Der Leiter des Meetings gibt die Anweisung zum Klamauk, und während die meisten noch irritiert schauen, schüttelt er die ersten Hände: »Sales. Du.« »Sales. Du.« »Sales. Du.« Entscheidend ist, körpersprachlich erst gar keinen Zweifel aufkommen zu lassen, dass es sich hierbei um ein hochgradig sinnhaftes Unterfangen handelt. Die ersten Extrovertierten machen umgehend mit und nach spätestens 30 Sekunden kommen auch die abteilungsbekannten Reichsbedenkenträger und Nachrichtenredakteure des Flurfunks nicht drumherum, beim Improtheater für Anfänger mitzuspielen. Wenn es gut läuft, schaukelt sich die Stimmung nach ein bis zwei Minuten zum echten Eisbrecher hoch und die Teilnehmer beginnen zu spüren, was der eigentliche Sinn der Übung ist: Kommunikationsbarrieren zwischen den Teilnehmern werden körpersprachlich gesenkt. Die Lippen werden weich, wie bei Fernsehsprechern, die ähnliche Übungen machen, bevor sie auf Sendung gehen. Alle Teilnehmer wissen vom ersten Moment an: Dies wird keine Sitzung, bei der ich mich sechzig Minuten zurücklehnen, gelegentlich freundlich nicken und mehr oder weniger unauffällig meine E-Mails checken kann. Dies wird ein Meeting, bei dem mein Beitrag gefragt ist, womit die Brücke von scheinbarem Nonsens-Warm-up und Design Thinking geschlagen wäre.

Design Thinking ist eine Methode, die schöpferischen Ressourcen in interdisziplinären Teams nutzt. Sie ist intuitiv und analytisch zugleich. Sie bringt die linke und die rechte Gehirnhälfte in einem systematischen Ansatz zusammen, und der reflektierte Einsatz einer emotionalen Aufwärmübung ist hierfür ein gutes Beispiel. Das Ziel ist es, Lösungen für ein Problem zu finden, das nicht bereits gelöst wurde. Bei Meetings sollten Design-Thinking-Prinzipien entsprechend immer dann zum Einsatz kommen, wenn bis dato ungelöste Problemstellungen auf der Agenda stehen.

Das Gegenteil von Kuschelkurs


Treten wir einen Schritt zurück und schauen von oben auf die Ziele, Routinen und Rollen bei Sitzungen im Unternehmensalltag. Führungskräfte wie Mitarbeiter erleben Tag für Tag das Meeting als Format der nervtötenden Zeitverschwendung. Das liegt in aller Regel daran, dass die Sitzung selbst eine Routine ist, ein politischer Akt der Legitimation oder im schlimmsten Fall reiner Selbstzweck. Wir berufen Meetings ein, weil andere von uns erwarten, dass wir Meetings einberufen. Eine zentrale Regel im Design Thinking lautet:

Always know in which stage you are.

Mache dir klar, auf welcher Stufe des Prozesses du dich befindest.

Es gibt viele Meetings, die ohne Warm-up auskommen. Es gibt Meetings, bei denen Führungskräfte kommunizieren, was Sache ist, was die Mitarbeiter in den kommenden Stunden, Tagen oder Wochen zu tun haben, weil die Abteilungsleitung, die Geschäftsführung oder der Vorstand dies so beschlossen hat. Solche Meetings sollten kurz sein, einen zeitlich klar definierten Raum für Rückfragen bieten, aber Führungskräfte sollten auf dieser Stufe des Prozesses keinen Platz für scheindemokratische Zeitverschwendung schaffen. Die Lösung des Problems wurde bereits gefunden und nun ist Implementierung gefragt. Punkt.

Es taucht hin und wieder der Verdacht auf, Design Thinking mit seinen kollaborativ-gruppenorientierten Lösungsansätzen sei so etwas wie eine Königsdisziplin des Kuschelkurses. Wenn dies der Fall sein sollte, so liegt das in der Verantwortung einer Führungskraft, die eben nicht weiß, auf welcher Stufe des Prozesses sie sich gerade befindet. Nach unserem Verständnis der Methode ist Design Thinking das Gegenteil von Kuschelkurs. Der österreichische Autor und Chefredakteur des Philosophie-Magazins Hohe Luft, Thomas Vasek, hat in seinem Buch Die Weichmacher – Das süße Gift der Harmoniekultur1 beschrieben, was passiert, wenn sich Führungskräfte vor klaren Entscheidungen drücken. Sie lähmen ganze Organisationen, und zwar besonders, wenn es darum geht, Innovationen voranzubringen. Nicht-innovative Unternehmen, das wissen Volkswirte spätestens seit Schumpeter, verschwinden über kurz oder lang vom Markt. Führungskräfte mit Design-Thinking-Hintergrund treffen hingegen im Vorfeld eines Meetings sehr bewusst eine analytische Entscheidung:

Haben wir es gerade mit ­einer wirklich ergebnisoffenen ­Fragestellung zu tun?

Um es auf den Punkt zu bringen: Führungskräfte sollten bei der Planung und Durchführung eines Meetings in den Methodenkoffer des Design Thinking greifen, wenn sie noch nicht wissen, wie es geht. Im Sinne von: Weder kenne ich die Lösung, noch weiß ich, wie ich sie umsetze. Dann und nur dann ist Design Thinking angesagt.

Im Kleinen findet sich das große Ganze wieder. Design Thinking, das haben wir schon in der Einleitung gesehen, ist eine Methode für »wicked problems«, also für jene in einer komplexen Welt immer öfter auftauchenden Fragestellungen, in denen wir auf Dilemma-Situationen treffen. Auf unterschiedliche Interessenlagen, bei denen die Lösung eben nicht auf der Hand liegt und von einem klugen Kopf an der Spitze einer Organisation per Eingebung erdacht werden kann. Gleichzeitig fällt es Führungskräften in den vielen Situationen des unklaren Wegs nach wie vor ungemein schwer, den einfachen Fünf-Wörter-Satz zu sagen: »Ich weiß es auch nicht.«

Moderieren und ernten, Teil I


Design Thinking hilft Führungskräften dabei, auf die kollektive Kreativität ihres hoffentlich ausreichend vielseitig zusammengesetzten Teams zu vertrauen. Wenn die Grundsatzentscheidung für das nächste Meeting gefallen ist, dass wir uns im Stadium des »Wir-wissen-noch-nicht-so-genau-wie-es-geht« befinden, ist das Warm-up nur der Anfang. Dann greift in der Sitzung ein weiteres wichtiges Prinzip von Design Thinking:

Host and harvest!9

Sei Gastgeber und ernte!

Ein Meeting nach Design-Thinking-Prinzipien zu leiten ist keine Moderations-Raketentechnik. Es ist zunächst eine Haltungsfrage. Die richtige Haltung basiert auf der Fähigkeit, den urmenschlich einprogrammierten Fehler der Selbstüberschätzung zu kompensieren, und auf der Überzeugung, dass in gut moderierten, kollektiven Lösungsansätzen im Durchschnitt bessere Ergebnisse erzielt werden. Der Host, auf Deutsch Gastgeber, erntet mit und für die Gruppe Lösungen, die dem Unternehmen nützen. Kurzum: Es ist die Haltung hinter partizipativer oder postheroischer Führung, bei der Führungskräfte verinnerlicht haben, dass ihnen Lösungen für komplexe Probleme oder Aufgabenstellungen nicht qua Eingebung vom Himmel in den Kopf fallen.2

Partizipative Führung setzt voraus, dass Führungskräfte lernen, selbst mit Unsicherheit zu leben – ein Gedanke, der sich ja bereits wie ein roter Faden durch das Werk des Managementvordenkers Peter Drucker...

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