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Die 'eigene/ tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit' im Steuerrecht

Substanzanforderungen an ausländische Kapitalgesellschaften im Rahmen der §§ 8 Abs. 2 AStG, 50d Abs. 3 EStG und 42 AO

AutorRoman Deringer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl104 Seiten
ISBN9783656537038
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Jura - Steuerrecht, Note: 1,7, Universität Augsburg (Lehrstuhl für Steuerrecht, Finanzrecht und Öffentliches Recht der juristischen Fakultät), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Frage, ob der Mensch von Natur aus gerne teilt oder nicht, ist wohl eine sehr weite. Was wir jedoch von den ersten geschichtlichen Aufzeichnungen bis zum heutigen Tag beobachten können ist, dass der Mensch eher ungerne (große) Teile seines Vermögens (sei es in Form von Ländereien, Naturalien oder Geldvermögen) ohne Gegenleistung hergibt. Umso erstaunlicher ist die Erkenntnis, dass die für einen jeden funktionierenden Staat überlebenswichtige 'Steuer' in Deutschland auf genau diese ('Negativ-') Definition zurückgreift. Über die Frage, ob Steuern gezahlt werden sollen oder nicht, lässt sich schnell ein zustimmender Konsens finden. Bei der Folgefrage aber, wie viel Steuer gezahlt werden soll, scheiden sich die Gemüter seit je her. Dementsprechend spiegelt sich im Verhalten jedes Steuerpflichtigen weltweit der Versuch seine 'Abgaben' möglichst gering zu halten. Während früher Teile des Vermögens versteckt und verschwiegen wurden, um sich dadurch ärmer zu stellen als man es in Wirklichkeit war, entwickelte sich dieser Trend bis zum heutigen Tag zu kuriosen Auswüchsen in Form von hoch komplexen 'Steuersparmodellen'. Dieses Streben wird in der Bundesrepublik Deutschland auch grundsätzlich anerkannt, denn kein Steuerpflichtiger ist verpflichtet, seine persönlichen Umstände so zu gestalten, dass ein Steueranspruch entsteht. Vielmehr steht es ihm frei, die Steuer zu vermeiden und eine Gestaltung zu wählen, die eine geringere Steuerbelastung nach sich zieht. So berichteten erst vor Kurzem wieder Medien über Konglomerate (auch sog. 'Global Player'), die durch höchst komplizierte und aufwändige Gesellschaftsstrukturen das internationale Steuergefälle sowie die Rechtssysteme verschiedenster Länder auf der ganzen Welt ausnutzen, um die Steuerbelastung für das eigene Geschäft zu minimieren. Die Frage, ob solche Vorgehensweisen moralisch richtig sind oder nicht, möchte ich hier bewusst nicht diskutieren. Die Folgefrage jedoch, ob derartige Gesellschaftsstrukturen 'rechtlich stabil' oder (wie so oft) an der Grenze zum Rechtsmissbrauch verlaufen und damit noch im Bereich der legalen Steuervermeidung oder bereits in der illegalen Steuerumgehung/ -hinterziehung liegen, möchte ich in der vorliegenden Arbeit unter dem Aspekt der 'tatsächlichen bzw. eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit' einer ausländischen Zwischengesellschaft untersuchen. [...]

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Leseprobe

B. Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz


 

I. Allgemeines


 

Im vergangenen Jahr 2012 feierte das Außensteuergesetz (AStG) sein 40-Jähriges Bestehen und verfolgt seit dem das vom Gesetzgeber vorgegebene Ziel, den Verlust von Steuersubstrat durch internationale bzw. grenzüberschreitende Gestaltungen zu verhindern. Seit exakt dem gleichen Zeitraum begründen die Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7-14 AStG) eine Art „Durchbrechung“ der Abschirmwirkung für bestimmte ausländische Kapitalgesellschaften (sog. Zwischengesellschaften), ohne dabei ihre rechtliche Existenz abzuerkennen. Ganz allgemein gesagt werden dem inländischen Steuerpflichtigen die nicht ausgeschütteten (thesaurierten) Gewinne einer ausländischen Gesellschaft fiktiv zugerechnet, sofern es sich um eine deutschbeherrschte ausländische Kapitalgesellschaft ohne einer aktiven Tätigkeit handelt und diese im Ausland einer niedrigeren Ertragsbesteuerung als der hiesigen (unter 25%) unterliegt.[10]

 

Zunächst soll ein kurzer historischer Überblick sowie der Sinn und Zweck der Hinzurechnungsvorschriften erläutert werden, bevor nachfolgend die Gesetzessystematik und Tatbestandsmerkmale ausführlicher dargelegt werden.

 

1. Historischer Überblick


 

In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts gerieten sog. Basisgesellschaften in den Fokus des Fiskus. Vermögende Deutsche gründeten Tochtergesellschaften im niedrigbesteuerten Ausland und pflegten dort Gewinne zu thesaurieren. Bei späterer Veräußerung dieser Gesellschaften fiel entweder keine Steuer oder eine Besteuerung mit einem begünstigten Steuersatz an.[11] Als klassische Steueroasenländer galten früher die Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg, Niederländische Antillen, Bahamas und Bermudas. Seitdem sind weitere Staaten hinzugekommen. Es bestand deshalb schon immer der steuerliche Anreiz, Kapitalgesellschaften (sog. Briefkasten-, Basis-, Oasen- oder Auffanggesellschaften) in einem Niedrigsteuerland zu gründen, um Einkunftsquellen auf diese Gesellschaften zu übertragen und die daraus fließenden Einkünfte einer nur geringen Besteuerung auszusetzen.[12] Im sog. Oasenbericht der Bundesregierung vom 23.06.1964 erlangte das Phänomen so viel Aufmerksamkeit, dass nur ein Jahr später, am 14.06.1965 ländereinheitlich der sog. Oasenerlass[13] erschien, der das Problem über § 6 StAnpG (heute § 42 AO) zu lösen versuchte, jedoch an der Sichtweise der Rechtsprechung scheiterte. Bedingt durch die Rechtsentwicklung in den USA kam es letztendlich im Außensteuergesetz zu einer Sondergesetzgebung in der Form der sog. Hinzurechnungsbesteuerung.[14] Das AStG ist dementsprechend ein sog. Maßnahmegesetz gegen den Wohnsitzwechsel und die Einkünfteverlagerung in niedrigbesteuernde Gebiete.[15] Die Diskussion über das Verhältnis und den Anwendungsvorrang der Missbrauchsvorschriften der Abgabenordnung (AO) zu den Vorschriften im Außensteuergesetz, ist heute noch im Gange, aber dazu später mehr.[16] Im Laufe der Jahre haben die Vorschriften vielfache Änderungen, Ergänzungen und Verschärfungen erfahren.[17] Diese sind nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass sich die Unternehmen immer wieder auf die normierten Voraussetzungen einstellen und immer wieder neue Gestaltungsmöglichkeiten entwickelten, denen der Gesetzgeber entgegentreten wollte.[18] Unter anderem wurde die erforderliche Mindestbeteiligung an Kapitalgesellschaften für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter (§ 7 Abs. 6 AStG) ab 2002 auf 1% abgesenkt und in besonderen Gestaltungen soll eine Mindestbeteiligung überhaupt nicht mehr erforderlich sein.[19] Nicht zuletzt war die Vereinbarkeit der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung mit den europäischen Grundfreiheiten seit dem Ende des letzten Jahrhunderts vertieft diskutiert und zumeist verneint worden.[20] Kritische Stimmen wurden im Schrifttum bereits mit der ICI-Entscheidung[21] des EuGH laut.[22] Konkrete Belege ergaben sich dann mit dem EuGH-Urteil vom 12.09.2006 in der Rechtssache Cadbury Schweppes.[23] Resultierend daraus, wurden europarechtliche Vorgaben durch die Einführung eines neuen § 8 Abs. 2 AStG umgesetzt – dazu gleich ausführlicher.

 

2. Sinn und Zweck der Hinzurechnungsbesteuerung


 

Aus den Leitsätzen der Bundesregierung zum Außensteuerreformgesetz vom 17.12.1970[24] ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Einschaltung sog. Basisgesellschaften als ein Zentralproblem der Steuerflucht ansah. Damit ging auch nach Ansicht des Finanzministeriums das Problem der Sicherung deutschen Steuersubstrats und letztendlich eine Verzerrung der deutschen Steuergerechtigkeit einher.[25] Als Basisgesellschaften wurde solche ausländischen Körperschaften angesehen, die keiner aktiven werbenden Tätigkeit nachgehen und ihr Einkommen im Sitzstaat nicht oder nur gering versteuern. Da auch diese Körperschaften als eigenständige Steuersubjekte zu behandeln sind und von ihren Anteilseignern getrennt stehen, schirmen sie das von ihnen erzielte Einkommen (im Falle der Thesaurierung) gegen die deutsche Besteuerung bei den inländischen Gesellschaftern ab.[26] Eine Besteuerung, welche ohne Einschaltung der Basisgesellschaften bei den inländischen Gesellschaftern einsetzen würde, entfällt bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie das aufgestaute Einkommen der Auslandsgesellschaft an sich ausschütten lassen.[27] Im Jahre 1972 bedient sich der Gesetzgeber einer Methode zur Umsetzung seiner Ziele, indem er sowohl die rechtliche Existenz der Basisgesellschaft, als auch deren Zwischenschaltung als selbstständiges Einkünfteerzielungssubjekt steuerlich anerkennt, dann jedoch bei den unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern eine Ausschüttung fingiert.[28] Aus der Gesetzesbegründung wird deutlich, dass dem Gesetzgeber eine Missbrauchsabwehrregelung vorschwebte.[29] Als missbräuchlich wurde das Verlagern der Einkunftserzielung auf ausländische Kapitalgesellschaften und die dadurch eintretende Abschirmwirkung vor der inländischen Besteuerung angesehen.[30] Jedoch gelingt es dem Gesetzgeber nicht den „Missbrauch“ angemessen zu definieren, so dass die Vorschriften der §§ 7-14 AStG zu weitgehend sind. Lediglich durch die Rechtsprechung des EuGH erfolgte nun eine „erzwungene“ Begrenzung innerhalb Europas auf Sachverhalte ohne wirtschaftliche Substanz bzw. auf reine Missbrauchsfälle.[31]

 

II. System der Einkünftezurechnung von Zwischengesellschaften


 

Wie soeben angedeutet erstrecken die §§ 7-14 AStG die unbeschränkte Steuerpflicht auf bestimmte Einkünfte ausländischer Gesellschaften, so dass diese Einkünfte technisch bereits vor tatsächlicher Ausschüttung als fiktive Gewinnausschüttung beim inländischen Anteilseigner erfasst werden.[32] § 7 Abs. 1 AStG ist als Einstiegsnorm in die Hinzurechnungsbesteuerung anzusehen, welche bestimmt, ob und ggf. wie der inländische Gesellschafter einer Zwischengesellschaft steuerpflichtig ist.[33] Als Voraussetzungen nennt der Wortlaut des § 7 Abs. 1 AStG zum einen, dass ein unbeschränkt Steuerpflichtiger (Steuerinländer) an einer steuerlich subjektfähigen ausländischen Gesellschaft beteiligt sein muss und seine Beteiligung alleine oder zusammen mit den Beteiligungen anderer Steuerinländer über 50% beträgt (sog. persönliche Voraussetzungen). Zum anderen ist das Vorliegen von Einkünften, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, für eine Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Abs. 1 AStG notwendig (sog. sachliche Voraussetzungen).[34] Allerdings entfaltet die Hinzurechnungsbesteuerung nur dann ihre Rechtsfolgen, wenn sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen kumulativ erfüllt sind.[35]

 

1. Unbeschränkt Steuerpflichtige


 

Die Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG findet generell nur auf unbeschränkt Steuerpflichtige Anwendung. Unbeschränkt steuerpflichtig sind sowohl natürliche Personen im Sinne des § 1 EStG, als auch juristische Personen im Sinne des § 1 KStG. Folglich werden die Zwischeneinkünfte der Einkommen- bzw. der Körperschaftsteuer unterworfen. Gehört die Beteiligung an der Zwischengesellschaft zum inländischen Betriebsvermögen, erhöhen die Zwischeneinkünfte auch die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer.[36]

 

Die unbeschränkte Steuerpflicht muss im Zeitpunkt der Hinzurechnung bestehen. Dieser ergibt sich aus § 10 Abs. 2 AStG, so dass es in Verbindung mit § 2 Abs. 7 EStG auf die „logische Sekunde“ nach Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft für das Bestehen der unbeschränkten Steuerpflicht ankommt. Dies folgt aus der inneren Logik der Hinzurechnung.[37]

 

Trotz dessen, dass das Gesetz im § 7 Abs. 1 AStG von „unbeschränkt Steuerpflichtigen“ (Plural) spricht, ist wohl nach h.M.[38] auch der...

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