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E-Book

Die Ergebnisse der PISA-Studie und Wege aus der Bildungsmisere für Migrantenkinder

AutorAli Güngör
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl105 Seiten
ISBN9783638503440
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pädagogik - Schulwesen, Bildungs- u. Schulpolitik, Note: 1,3, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Institut für Bildungswissenschaften - Fakultät für Verhaltens- und empirische Kulturwissenschaften), 84 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Mit der internationalen PISA-Studie werden weltweit die drei Basiskompetenzen Leseverständnis, mathematische und naturwissenschaftliche Grundbildung von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern, die sich am Ende der Pflichtschulzeit befinden, untersucht. Der Schwerpunkt dieser internationalen Vergleichstudie lag im Jahr 2000 bei der Lesekompetenz woran insgesamt 32 Staaten teilnahmen. Am 4. Dezember 2001 wurde von der OECD in Paris und zeitgleich in Berlin der nationale PISA-Bericht über die erste Erhebung vorgelegt. Doch die Ergebnisse waren für Deutschland wenig erfreulich und erregten großes Aufsehen in der Öffentlichkeit. Der sog. PISASchock hielt ganz Deutschland in seinem Bann. Im Durchschnitt erreichten die deutschen Schülerinnen und Schüler im Vergleich zum OECD-Durchschnitt in allen drei Kompetenzbereichen Leistungen, die nur im unteren Mittelfeld der Teilnehmerstaaten lagen. Besonders alarmierend ist dabei gewesen, dass Rund ein Viertel der deutschen Jugendlichen in der Lesekompetenz nicht über die schwächste Stufe hinaus kommt und damit ein wenig erfolgreiches und unbefriedigendes Leben vor sich hat. Das schlechte Abschneiden in der Lesekompetenz hatte dabei auch die Ergebnisse der mathematischen sowie der naturwissenschaftlichen Grundbildung negativ beeinflusst. Doch in Anbetracht der im Jahre1997 veröffentlichten Ergebnisse der TIMS-Studie (Third international math and science study) war das schlechte Abschneiden der deutschen Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich nicht sehr überraschend. Die PISA-Studie jedoch unterscheidet sich deutlich von den vorangegangenen international vergleichenden empirischen Schulleistungsuntersuchungen. 'So wird neben den kognitiven Leistungen die Leistungsdifferenz zwischen guten und schlechten Schülern gemessen, es wird der Frage nach dem Zusammenhang von Migrationshintergrund und Schulleistungen nachgegangen, es werden gemessene Schulleistungen und Beteiligungsquoten an höheren Bildungsabschlüssen thematisiert und last but not least wird untersucht, wie ausgeprägt der Zusammenhang zwischen familiären Lebensverhältnissen der Schülerinnen und Schüler und ihrem Schulerfolg ist' [...]

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Leseprobe

Einleitung


 

Mit der internationalen PISA-Studie werden weltweit die drei Basis-kompetenzen Leseverständnis, mathematische und naturwissenschaftliche Grundbildung von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern, die sich am Ende der Pflichtschulzeit befinden, untersucht. Der Schwerpunkt dieser internationalen Vergleichstudie lag im Jahr 2000 bei der Lesekompetenz woran insgesamt 32 Staaten teilnahmen. Am 4. Dezember 2001 wurde von der OECD in Paris und zeitgleich in Berlin der nationale PISA-Bericht über die erste Erhebung vorgelegt. Doch die Ergebnisse waren für Deutschland wenig erfreulich und erregten großes Aufsehen in der Öffentlichkeit. Der sog. PISA- Schock hielt ganz Deutschland in seinem Bann. Im Durchschnitt erreichten die deutschen Schülerinnen und Schüler im Vergleich zum OECD-Durchschnitt in allen drei Kompetenzbereichen Leistungen, die nur im unteren Mittelfeld der Teilnehmerstaaten lagen. Besonders alarmierend ist dabei gewesen, dass Rund ein Viertel der deutschen Jugendlichen in der Lesekompetenz nicht über die schwächste Stufe hinaus kommt und damit ein wenig erfolgreiches und unbefriedigendes Leben vor sich hat. Das schlechte Abschneiden in der Lesekompetenz hatte dabei auch die Ergebnisse der mathematischen sowie der naturwissenschaftlichen Grundbildung negativ beeinflusst. Doch in Anbetracht der im Jahre1997 veröffentlichten Ergebnisse der TIMS-Studie (Third international math and science study) war das schlechte Abschneiden der deutschen Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich nicht sehr überraschend.

 

Die PISA-Studie jedoch unterscheidet sich deutlich von den vorangegangenen international vergleichenden empirischen Schulleistungsuntersuchungen. „So wird neben den kognitiven Leistungen die Leistungsdifferenz zwischen guten und schlechten Schülern gemessen, es wird der Frage nach dem Zusammenhang von Migrationshintergrund und Schulleistungen nach-gegangen, es werden gemessene Schulleistungen und Beteiligungsquoten an höheren Bildungsabschlüssen thematisiert und last but not least wird untersucht, wie ausgeprägt der Zusammenhang zwischen familiären Lebensverhältnissen der Schülerinnen und Schüler und ihrem Schulerfolg ist“

 

(Loeber u. Scholz, 2003, S.242). Und in Anbetracht dieser untersuchten Fragestellungen ergab sich im internationalen Vergleich gerade für Deutschland ein besonders brisantes Ergebnis. Eckhard Klieme, der dem nationalen Konsortium der PISA-Studie angehört, schreibt in einem Bericht über die PISA-Studie 2000, dass ein „dringender Handlungsbedarf für eine Verbesserung der Bildungssituation in Deutschland besteht“ (1). Denn „(...) der wohl bedenkenswerteste Befund im internationalen Vergleich lautet: In keinem Land sind die Leistungen so eng an die familiäre Herkunft gekoppelt wie in Deutschland“ (1). Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien haben in Deutschland ungleich geringere Chancen auf einen mittleren Bildungs-Abschluss oder auf ein Abitur. Kinder aus Familien der Oberschicht haben in Deutschland 6mal höhere Chancen das Gymnasium zu besuchen als Kinder aus einem Arbeiterhaushalt und das wohl bemerkt bei identischen kognitiven Leistungen. „Auffällig ist auch, das Kinder aus Familien mit Migrations-hintergrund - sofern beide Elternteile im Ausland geboren sind- eine deutlich schwächere Beteiligung an höheren Bildungsgängen und geringere Leistungen aufweisen“ (1). Die internationale PISA-Studie hat festgestellt, dass die Leistungen der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Deutschland besonders schlecht sind. Jugendliche aus Familien mit Migrationshintergrund bleiben in allen drei Kompetenzbereichen im Durchschnitt deutlich unter den Kompetenzniveaus, die 15-Jährige erreichen, deren beide Eltern in Deutschland geboren wurden. 20% der Jugendlichen aus reinen Zuwanderer-familien gehören zu der Gruppe extrem schwacher Leser und 50% überschreiten nicht die erste Kompetenzstufe. Und das obwohl 70% der Schülerinnen und Schüler alle deutschen Bildungseinrichtungen durchlaufen haben. Zudem wurden gravierende Disparitäten in der Bildungsbeteiligung der Jugendlichen aus reinen Zuwandererfamilien festgestellt. Sie besuchen zu 50% die Hauptschule und nur zu 15% das Gymnasium. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kinder mit Migrationshintergrund in der überwiegenden Mehrheit aus sozialschwachen Familien stammen. Fast zwei Drittel der nicht in Deutschland geborenen Bezugspersonen sind als Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt. Soziale Schicht, niedriges Bildungsniveau und Migrationshintergrund der Herkunftsfamilie erhöhen die Wahrscheinlichkeit zu der Risikogruppe von schwachen Lesern zu gehören. Der internationale Vergleich belehrte Deutschland eines besseren. PISA 2000 hat deutlich gemacht, dass andere Länder mit ähnlicher Sozialstruktur und Migrantenkultur wie Deutschland, wie beispielsweise Schweden, herkunftsbedingte Lernnachteile besser abfangen und ausgleichen können. Es ist erschütternd, dass das deutsche Bildungssystem eine soziale Selektion aufzeigt wie sie in keinem anderen westlichen Industrieland vorhanden ist. In Deutschland herrscht eine problematische Bildungslage von sozial und ethnisch benachteiligten Kindern und es ist unzweifelhaft „ein Verdienst dieser internationalen Vergleichsstudie“ dieses „in das öffentliche Bewusstsein gerückt zu haben“ (Ergen, 2005, S.127). Das deutsche Schulsystem reproduziert soziale Ungleichheiten und diese Tatsache ist umso bedauerlicher wenn man sich vor Augen führt, dass die Bildungsexpansion in den 60er Jahren doch gerade das Ziel verfolgte, den Zugang zur Bildung gerechter zu gestalten. PISA 2003 bestätigte nicht nur die sozialen Disparitäten im deutschen Schulsystem sondern zeigte, „(…) dass sich die Lage in unserem Bildungssystem eher verschärft hat. Kinder aus unteren Einkommensschichten haben sehr viel schlechtere Bildungschancen, schwächere Schüler werden an unseren Schulen vernachlässigt“ (2). Die leichten Verbesserungen, die deutsche Schülerinnen und Schüler in PISA 2003 erreicht haben „sind ausschließlich zurückzuführen auf Verbesserungen in den Gymnasien. In den Hauptschulen“ - wo Kinder, aus sozialschwachen Familien und Migranten-kinder überrepräsentiert sind - „wurden dagegen keine Fortschritte erzielt“ (2). Auch wenn mittlerweile Dank der ersten Ergebnisse der PISA-Studie Maßnahmen hinsichtlich der Bildungsbenachteiligung von Kindern aus sozialschwachen Familien mit und ohne Migrationshintergrund ergriffen werden so ist das Ziel der Beseitigung sozialer Ungleichheiten in der Bildungsbeteiligung noch nicht erreicht. Es ist sogar soweit gekommen, dass die UNO einen Bildungsexperten nach Deutschland geschickt hat um die Chancengleichheit an deutschen Schulen zu überprüfen. Und das mit Recht. Der UNO-Sonderberichterstatter, Vernor Munoz, übte nach seiner Informationsreise durch deutsche Kindergärten, Schulen und Hochschulen am 21. Februar 2006 Kritik an dem deutschen Bildungssystem. „Ich habe das Gefühl, dass sich das deutsche Bildungssystem nicht darauf konzentriert, alle einzubeziehen, sondern dass es eher Trennungen schafft“ (3).

 

Diese Magisterarbeit befasst sich mit den Ergebnissen der PISA-Studie 2000 und der problematischen Bildungssituation der Migrantenkinder in Deutschland, sie analysiert die Ursachen der sozialen Ungleichheit in der Bildungsbeteiligung um Wege aus dieser Bildungsmisere aufzuzeigen. Die PISA- Ergebnisse haben gezeigt: „Migrantenkinder schneiden schlechter ab als Muttersprachler. Diese Differenz findet sich in allen Ländern, ist aber in Deutschland besonders hoch ausgeprägt. Es ist dabei zu bedenken, dass Migration und niedriger sozialer Status sich stark überlappen, so dass beide Faktoren für die Erklärung unterdurchschnittlicher Leistungen herangezogen werden können“ (4).Gerade Kinder und Jugendliche mit Migrations-hintergrund sind aufgrund ihrer doppelten Benachteiligung ihres in der Mehrheit bildungsfernen sozioökonomischen Hintergrundes sowie der Sprachproblematik besonders von der selektiven Wirkung des deutschen Schulsystems betroffen. In Deutschland werden - wie noch in kaum einem anderen Land - die Schülerinnen und Schüler bereits nach vier Grundschuljahren auf unterschiedlich anspruchsvolle Bildungsgänge verteilt wodurch eine starke Benachteiligung von Migrantenkindern entsteht. Der Zeitraum für eine Leistungsangleichung an nicht benachteiligte Kinder ist zu kurz und somit wird das Bildungspotential von Migrantenkindern und Kindern aus sozial schwachen Familien nicht ausreichend ausgeschöpft.

 

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage welche besonderen Maßnahmen für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im deutschen Schulsystem und im vorschulischen Bereich ergriffen werden müssen um eine höhere Bildungsaspiration zu erreichen. Das größte Potential zur Verbesserung der Bildungsmisere scheint – wie die PISA-Ergebnisse gezeigt haben - bei der Sprachförderung der Jugendlichen zu liegen, doch auch strukturelle Reformen wie etwa die Verlängerung der Grundschulzeit und der Ausbau von Ganztagsschulen sind wichtige Maßnahmen, um die starke soziale Selektivität des sehr früh differenzierenden deutschen Schulsystems abzumildern.

 

Das erste Kapitel gibt die wichtigsten Merkmale wie Anliegen, Aufbau und Durchführung der PISA-Studie wieder.

 

In Kapitel II wird neben einer Konzeptdarstellung der drei Basiskompetenzen

 

der Versuch unternommen die wichtigsten deutschen Ergebnisse der PISA-Studie 2000 im internationalen Vergleich hervorzuheben. Schwerpunkt ist hierbei die Lesekompetenz. Da das Lesen eine wichtige Schlüsselkompetenz ist wird...

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