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E-Book

Die Erinnerung bleibt

Vom Leben und Sterben eines Sohnes

AutorBarbara Höfer
VerlagMorawa Lesezirkel
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl200 Seiten
ISBN9783990848838
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR
Bergtouren als Freizeitgestaltung werden immer beliebter. Durch mangelnde Tourenplanung und Selbstüberschätzung bringen Berggeher immer öfter Retter in Gefahr. Unweigerlich drängt sich die Frage auf, was man verhindern kann und was einem im Leben vorbestimmt ist. Sein intensives und ausgefülltes Leben und eine Reihe eigenartiger Vorfälle rund um den Tod von Thomas Höfer lassen den Schluss zu, dass ihm nur eine kurze Schaffensperiode bestimmt war.

Mein Name ist Barbara Höfer, ich bin geboren am 27.6.1965 in Bruck an der Mur und verbrachte mein bisheriges Leben in Tragöß, einem idyllischen Ort in der Obersteiermark am Fuß des Hochschwabgebirges. Ich erlernte den Beruf der diplomierten Kinderkranken- und Säuglingsschwester in Leoben und arbeite seit 1984 im LKH Hochsteiermark Standort Bruck an der Mur. 1987 heiratete ich Heinz Höfer und im August 1988 kam mein Sohn Thomas auf die Welt. 19 Monate später im April 1990 wurde mein 2. Sohn Lukas geboren. Ich verbringe meine Freizeit hauptsächlich in der Natur mit sportlicher Betätigung und Reisen. Nach dem Unfalltod meines Sohnes Thomas ist der Gedanke in mir gereift, ein Buch über sein Leben und Sterben zu verfassen, einerseits um seinen Verlust zu verarbeiten und anderseits Erinnerungen an ihn wach zu halten. Zusätzlich soll es Wanderer und Bergsteiger auf ein verantwortungsvolles Verhalten in den Bergen hinweisen, um damit vermeid-bare Notlagen zu verhindern.

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Leseprobe

Glücksgefühle

Das erste Lebensjahr: 1988 – 1989

Nach errechnetem Geburtstermin mit zwölf Tagen Verspätung, dafür aber gut ausgebacken, entschloss sich mein Kind, am 26.8.1988 dann doch auf die Welt zu kommen.

Nachdem ich bereits zwei Tage in der Klinik verbracht hatte und langsam meine Geduld verlor, hatte es mein Sprössling letztendlich fast zu eilig.

Das Schlüsselbein war gebrochen, aber sonst war er gesund und wohlauf, meinte der Arzt, der meiner Hebamme Gundi Pichler half, mich zu entbinden. Ich hatte zu Beginn meiner Schwangerschaft Bedenken gehabt, ob ich ein gesundes Kind bekommen würde, da meine Schwester Biggi von Geburt an geistig eingeschränkt war. Da ich jedoch das Risiko einer Fruchtwasseruntersuchung nicht eingehen wollte, redete ich mir ein, dass mit meinem Baby bestimmt alles in Ordnung sein würde.

Ein unbeschreibliches Glücksgefühl breitete sich in mir aus, als ich den kleinen Zwerg zum ersten Mal sah, ihn berührte und anschließend in meinen Armen hielt. Ich war unendlich froh und erleichtert, dass alles gut gegangen war. Nachdem mein Neugeborenes einige Zeit auf meiner Brust gelegen war und bereits erste Trinkversuche unternommen hatte, wurde es gewogen, gemessen und versorgt.

Danach kam es zum stolzen Papa, der die Geburt tapfer miterlebt hatte und schon sehnsüchtig darauf wartete, es in den Arm zu nehmen.

Übrigens, ich hatte einem Jungen das Leben geschenkt.

1. Lebenstag

Die Woche im Krankenhaus war ja recht angenehm und wir beide wurden von meinen Arbeitskollegen auch ordentlich verwöhnt, doch danach freuten wir uns darauf, endlich nach Hause zu kommen.

Der erste Weg führte uns zu meinen Eltern, wo sich das neue Familienmitglied zu meiner Freude auf Anhieb wohl fühlte.

Natürlich ohne Hintergedanken beschloss ich, öfters auf Besuch zu kommen.

Der 18. September war ein aufregender Tag für meinen Sohn, oder besser gesagt für uns Angehörige, da er das Ereignis total verschlief.

Er wurde getauft auf den Namen THOMAS HEINZ.

Mit einem Monat hatte Thomas bereits ordentlich zugenommen und gedieh prächtig. Er wurde ausschließlich gestillt, auch deshalb, weil er alles Andere ablehnte. Ich hätte ihm zwischendurch nämlich auch gerne mal etwas Fenchel- oder Kindertee verabreicht.

Ansonsten war er ein braves Baby, vor allem durch die Tatsache, dass er die meiste Zeit schlief. Nur pünktlich alle vier Stunden weckte ihn sein Magen und verlangte nach Zufriedenstellung, was er dann auch lautstark verkündete. Das betraf allerdings nur den Tag. Da er seine Eltern sehr liebhatte, hielt er nachts bereits sechs bis sieben Stunden durch.

Nach weiteren zwei Wochen machte Thomas uns eine besondere Freude. Er lächelte das erste Mal.

Auch sonst wurde er zusehends lebhafter.

Am liebsten beobachtete er bauchliegend keck die Umwelt und betrachtete mit wachsender Neugier alles, was sich bewegte oder Lärm verursachte. Thomas war für mich das süßeste und hübscheste Baby, aber vermutlich denken das alle Mütter über ihr Kind.

Besonders liebte er das allabendliche Bad und das anschließende Zwiegespräch mit Papa. Wurde er müde, ließ er sich von mir, seinem Vater oder sonst jemandem, er war da nicht wählerisch, in den Schlaf schaukeln.

Einen Tag nach Allerheiligen trat Thomas seine erste Reise an.

Wir fuhren mit ihm übers Wochenende nach Wien, um Onkel Hubert und Tante Rosi, die Geschwister von Heinz, zu besuchen.

Eigentlich war die Abfahrt für morgens geplant, doch Heinz wurde in der Früh zu einem Bergrettungseinsatz gerufen.

Am Hochschwab war es zu einer Bergtragödie gekommen, welche die bis dahin größte Suchaktion der steirischen Bergrettung auslöste. Eine siebenköpfige Gruppe war zwei Tage und Nächte bei Stürmen und eisigen Temperaturen in rund 2000 Metern Seehöhe gefangen.

Nach dem Einsatz von 150 Alpingendarmen und Bergrettern sowie fünf Hubschraubern konnten fünf der Personen nur noch tot geborgen werden, die beiden anderen überlebten mit schweren Verletzungen.

Heinz durfte mit an Bord eines Polizeihubschraubers, als eine verstorbene Person ins Tal geflogen wurde, und so traten wir unsere Fahrt in ziemlich getrübter Stimmung an. Heinz konnte zwar mit seinen Bergrettungskameraden eine Person, die in eine Doline gestürzt und daher vor der Kälte geschützt war, retten, andererseits kam für ein junges Mädchen, das am Rande der Doline erfroren war, jede Hilfe zu spät.

Am Einsatz war auch mein Vater beteiligt. Der zweite Überlebende hatte, obwohl er schwerste Erfrierungen erlitten hatte, die Einsatzkräfte alarmieren können. Mein Vater schnitt ihm mit dem Jagdmesser den Schuh herunter, da es nicht mehr möglich war, ihn ihm auszuziehen.

Thomas, der von all dem natürlich nichts mitbekam, war guter Dinge und lenkte uns dadurch etwas ab.

Drei Wochen später führte uns ein Anlass in den sonnigen Süden.

Meine Großeltern aus Kärnten feierten Goldene Hochzeit und da mussten wir natürlich unbedingt dabei sein.

Vorbildlich schlief Thomas nachts durch, lachte viel und weinte wenig und war auch sonst sehr vergnügt. Es machte ihm auch nichts aus, dass er zwischen Onkeln, Tanten und der ganzen Verwandtschaft hin- und hergereicht wurde. Er strahlte alle an, sodass ich mächtig stolz auf ihn war.

Seinen ersten Jahreswechsel verbrachte Thomas, wie könnte es auch anders sein, auf der Alm, in Opas Jagdhütte. Mein Vater hatte bereits am Tag den Kachelofen eingeheizt und es war sehr warm, als wir zur Hütte kamen. Thomas äußerte deshalb starkes Unbehagen und protestierte lautstark. Erst nachdem ich ihn der gutgemeinten warmen Kleidung entledigt hatte, war er zufrieden und schlief noch vor dem Abendessen tief und fest.

Im neuen Jahr kannte seine Neugier keine Grenzen mehr und er wollte immer beschäftigt werden, was meistens ziemlich anstrengend für mich war. Da er noch nicht sitzen und noch weniger laufen konnte, jedoch einen ungewöhnlichen Tatendrang verspürte, hatte ich mich verpflichtet, ihn die meiste Zeit durch die Wohnung oder den Garten zu schleppen, damit er alles kennenlernen konnte.

Er schlief tagsüber kaum mehr und wenn, dann nur beim Spazierengehen. Wenn ich es dabei wagte, kurz stehen zu bleiben, um mich mit jemandem zu unterhalten, ertönte aus dem Kinderwagen eine laute, erboste Stimme, die mich sofort zum Weiterfahren veranlasste.

Als Thomas ein halbes Jahr alt war, stillte ich ab, was ihn nicht im Geringsten störte, da ihm in letzter Zeit die Flasche ohnehin lieber war.

Nachts schlief er bereits durch, bis auf einmal, da schrie er plötzlich mitten in der Nacht ohne Unterlass. Er hatte ein gerötetes, geschwollenes Auge und ich machte mir ziemliche Sorgen.

Nachdem ich das Auge mit Kamillentee gewaschen und ihm den Mund mit Dentinex ausgepinselt hatte, schlief er halbwegs bis zum Morgen. Als ich am Vormittag den Grund für die nächtliche Ruhestörung entdeckte, war für ihn das Ärgste bereits überstanden und wir konnten uns beide über sein erstes „Beißerchen“ freuen.

Besonderen Spaß machte es Thomas, in der Rückentrage auf Entdeckungsreise zu gehen, sodass wir unzählige Wanderungen in der Umgebung von Tragöß unternahmen.

Auch wenn er mich zum Einkaufen nach Bruck begleitete, nahm ich ihn in der Trage mit, was den Vorteil mit sich brachte, dass ich beide Hände frei hatte.

Da er es nur selten akzeptierte, dass ich ihn in die Wippe setzte oder in die Gehschule legte, wenn er munter war, kam es des Öfteren vor, dass Thomas auch in der Rückentrage saß, wenn ich meine Hausarbeit verrichtete, wie etwa beim Staubsaugen oder Geschirr abwaschen.

Thomas bewies auch sonst schon einen starken eigenen Willen.

Er protestierte energisch, wenn man ihm Dinge wegnahm, die er unbedingt haben wollte, wenn man ihm etwas fütterte, was ihm nicht schmeckte, oder ihn ins Bett steckte, er aber überhaupt nicht müde war.

Bei schlechtem Wetter kam es vor, dass ich liebend gerne auf den Spaziergang verzichtet hätte. Auf Grund seiner Durchsetzungskraft gab es jedoch keinen einzigen Tag, an dem wir nicht zumindest eine Stunde draußen waren.

Wanderung in der Rückentrage

Auf das Bad am Abend freute er sich den ganzen Tag.

Er spritzte und planschte mit Begeisterung, sodass manchmal das halbe Badezimmer überschwemmt war. Bis jetzt noch immer etwas schwankend, konnte er nun ganz frei und sicher in der Wanne sitzen.

Durch seine unermüdliche Aktivität tagsüber, bei der er mich völlig in Anspruch nahm, war ich jeden Abend erleichtert, wenn Thomas im Bett war und ich endlich etwas Zeit für mich hatte.

In meiner Badewanne bin ich Kapitän

Besonderes Vergnügen bereitete es ihm, wenn er in die Lauflernschule durfte. Er sauste damit durch die ganze Wohnung und versuchte alles zu entdecken. Eine besondere Leidenschaft von ihm war das Ausräumen von...

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