„Die Tätigkeit der Gemeinschaft (...) umfasst nach Maßgabe dieses Vertrages und der darin vorgesehenen Zeitfolge: (...) Maßnahmen in den Bereichen Energie, Katastrophenschutz, Fremdenverkehr." (Art. 3u, Absatz 1 EG-Vertrag in der konsolidierten Fassung vom 29.12.2006)
In den Verträgen zur Europäischen Gemeinschaft und zur Europäischen Union existieren zum Energiesektor, und somit auch zur Förderung erneuerbarer Energiequellen (EEQ), keine konkreten Formulierungen. Allerdings üben die EU-Organe (EU-Kommission, EU-Rat, EU- Parlament und diverse Generaldirektionen, z.B. GD Energie und Verkehr) im Energiebereich vielschichtigen Einfluss auf die Mitgliedstaaten aus. Für den Bereich der Förderung von erneuerbaren Energien innerhalb der Europäischen Union sind mehrere Generaldirektionen zuständig: die GDXII (Wissenschaft, Forschung und Entwicklung), die GDXI (Umwelt) oder die GDVI (Landwirtschaft) (Espey 2001: 103ff.). Eine wichtige Funktion nimmt zudem die Generaldirektion Wettbewerb ein, da dort die Zuständigkeit für die Liberalisierung des europäischen Energiemarktes verortet ist. Dort getroffene Entscheidungen haben Rückwirkungen auf den Bereich und die Förderung der erneuerbaren Energien. Eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energieträger (EET) wurde vom Rat bereits 1986 als wichtiges energiepolitisches Ziel identifiziert (Rat der Europäischen Gemeinschaften 1986: 1).
Mitte der 1990er Jahre wurden dann im Bereich der EU-Energiepolitik einige Maßnahmen vorgeschlagen, die die Nutzung erneuerbarer Energiequellen fördern sollten. Im Jahre 1995 wurden im Weißbuch „An Energy Policy for the European Union" (EU-Kommission 1995) innerhalb der EU erstmalig langfristige energiepolitische Zielsetzungen formuliert. Im Energiesektor sollen gleichermaßen Wettbewerb, Versorgungssicherheit und Umweltschutz in Einklang gebracht werden. Daraus können sich zu einem gewissen Maße Zielkonflikte entwickeln. Im Weißbuch wird der Umweltschutz in der EU besonders betont. Zentralen Fragen zum Thema Umwelt wird eine hohe Priorität eingeräumt und verstärkt auf die politische Agenda der Europäischen Union gesetzt. Ausdrücklich weist die Europäische Union in diesem Bericht darauf hin, dass der Klimaänderung entgegenzutreten sei. Die konkrete Minderung von Treibhausgasemissionen, so der Ansatz innerhalb der EU, sollte 15 Prozent bis 2010 im Vergleich zum Basisjahr 1990 ausmachen (EU-Kommission 1995: 5). In der Mitteilung schlägt die EU-Kommission auch ein Maßnahmenbündel vor, um die implizierten Ziele zu erreichen. Erneuerbare Energiequellen werden dabei als ein wichtiges Element und Teil der Lösung angesehen. Für diese Zielerreichung wird den erneuerbaren Energien damit eine besonders bedeutende Rolle zugewiesen. Weiterhin müsse dieser Aspekt in eine Gesamtstrategie eingebunden werden (EU-Kommission 1995: 5/8). Diese Entwicklung zeigt, dass der EU-Energiesektor nicht nur in seiner Gesamtheit betrachtet wird, sondern auch die Frage der Förderung der EE in der EU seit Mitte der 1990er Jahre verstärkt auf die energie- und umweltpolitische Agenda gerückt ist.
„Eine beschleunigte Verbreitung erneuerbarer Energieträger ist hinsichtlich der Reduzierung der Kohlenstoffintensität und folglich der CO2-Emissionen von großer Bedeutung, und zwar unabhängig von den konkreten Ergebnissen der Konferenz von Kyoto. [...] Für die erneuerbaren Energieträger entsteht ein neues Umfeld; es bietet mehr Möglichkeiten, kann aber angesichts des Kostenwettbewerbs auch eine Herausforderung darstellen. Deshalb muß die weitere Verbreitung erneuerbarer Energieträger durch geeignete Begleitmaßnahmen gefördert werden. " (EU-Kommission 1995: 6)
Dieser Themenschwerpunkt innerhalb der EU setzte sich mit dem „Weißbuch über erneuerbare Energieträger" aus dem Jahr 1996 fort (EU-Kommission 1996a). Darin wird der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen aus vielfältigen Gründen (Versorgungssicherheit, Diversifizierung der Energieversorgung, Umweltschutz und sozialer sowie wirtschaftlicher Zusammenhalt) eine hohe Bedeutung beigemessen (EU 2001a). Im November 1996 stellte die EU im Grünbuch „Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energiequellen" (EU-Kommission 1996b) eine Empfehlung für eine gemeinsame Strategie der Gemeinschaft zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch dar und verdeutlichte den damaligen Stand der erneuerbaren Energieträger in den EU-Mitgliedstaaten. Zudem forderte die EU-Kommission in diesem Grünbuch dazu auf, ein neues Ziel für den Anteil der EE zu setzen und in einer EU-weiten Diskussion eine Strategie zur Förderung erneuerbarer Energieträger zu formulieren. Das vormalige Ziel beinhaltete, 8 Prozent des Primärenergieverbrauchs bis 2010 aus erneuerbaren Energiequellen zu decken (Espey 2001: 104).
Der politische Problemdruck erhöhte sich im Jahr 1997 mit der Zustimmung auf der internationalen Klimaschutzkonferenz in Kyoto. Dort verpflichteten sich die EU-Staaten zur Umsetzung der gemeinsamen Reduktion von Treibhausgasemissionen in Höhe von 8 Prozent.
Dies mündete schließlich in den Vorschlag des „Weißbuch[s] für eine Gemeinschaftsstrategie und Aktionsplan" (EU-Kommission 1997a). Darin wurde als Richtziel aufgenommen, dass der Anteil der erneuerbaren Energien an der EU-Primärenergieversorgung auf 12 Prozent im Jahr 2010 angehoben werden soll. Der geplante gemeinsame Aktionsplan ist darauf ausgerichtet, Ziele und Strategien für die EE-Förderung festzulegen. Daraus sollten letztlich Maßnahmen entspringen, die in einem engen Zusammenhang mit dem EU-Binnenmarkt stehen. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde über die Implementierung einer EU-Richtlinie für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nachgedacht, die die Gemeinschaftspolitiken und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in diesem Bereich fördert. Eine mögliche EE-Stromrichtlinie fördert das Gesamtziel von 12 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen am Primärenergieverbrauch zu verwirklichen. Um das übergeordnete Ziel der EU, das Entstehen und die Vollendung eines gemeinsamen Binnenmarktes auch im Energiesektor zu erreichen, ist maßgeblich die Öffnung der nationalen Energiemärkte zu nennen. Mit der Inkraftsetzung der Binnenmarktrichtlinie Elektrizität 96/96/EG im Jahre 1997 (EU 1997) wurde mit der Liberalisierung des gemeinsamen europäischen Strommarktes begonnen. Bis Februar 1999 waren die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert, die dort niedergeschriebenen Maßnahmen vollständig umzusetzen. Im Juli 2007 sollte die Liberalisierung des Energiesektors in allen EU-Staaten abgeschlossen sein, um einen vollständig funktionierenden Elektrizitätsbinnenmarkt zu garantieren.
Diese Maßnahmen veranschaulichen aber auch, dass zunächst keine spezifische Richtlinie existierte, die sich mit der Förderung erneuerbarer Energien befasste. Die Diskussion über eine konkrete Formulierung einer europäischen Richtlinie, die erneuerbaren Energien betreffend, gewann mit der Zeit jedoch spürbar an Dynamik, wie die Empfehlungen in dem genannten Grünbuch und den Weißbüchern Mitte der 1990er Jahre deutlich machen. Eine solche Regelung wäre insgesamt viel weitreichender als die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie aus dem Jahre 1997. Außer Vorrangmöglichkeiten in Bezug auf die Aufnahme ins Stromnetz beinhaltete diese Richtlinie keine besondere Regelung für die Nutzung von EEQ (EU 1997, Art. 8 Abs. 3). Aufgrund dieser Tatsache schlugen einige Interessengruppen und EU-Organe eigene Richtlinienentwürfe zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vor. Strittig waren vor allem Fragen nach dem Zeithorizont der Förderregelungen oder der mengenmäßigen Begrenzung (Solarthemen 1999: 3).
Im Jahr 2000 legte die damalige EU-Kommissarin für Energie und Verkehr, Loyola de Palacio, schließlich einen Vorschlag für eine solche Richtlinie vor, die mit der letztlich beschlossenen Richtlinie im Jahr 2001 nahezu deckungsgleich war. Im Vorschlag für die Richtlinie wurde die Beachtung des Subsidiaritätsprinzips hervorgehoben, so dass die Mitgliedstaaten für mindestens weitere sieben Jahre nationale Regelungen umsetzen dürfen. Nach Ablauf des vorher fixierten Zeitraumes soll dann geprüft werden, welches Förderinstrument mit der Zielerreichung und einer gemeinsamen harmonisierten Förderpolitik eher kompatibel erscheint (Espey 2001: 108; EU 2001a).
Im Vorschlag von de Palacio war zudem enthalten, dass jedes Mitgliedsland verbindliche Ziele für die Nutzung von erneuerbaren Energien festlegt. In der Praxis bedeutet dies, dass die bisherigen Ziele, die die Länder bis dato als unverbindlich ausgewiesen haben, bindenden Charakter erhalten sollten (Espey 2001: 108). Diese Formulierung setzte sich nicht durch, da in der Richtlinie von indikativen Zielen gesprochen wird. In diesem Zusammenhang betonte das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 30. März 2000 zur Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen und zum Elektrizitätsbinnenmarkt, dass auf einzelstaatlicher Ebene bindende und ehrgeizige Zielvorgaben für erneuerbare Energien für das Erreichen konkreter Ergebnisse und der Gemeinschaftsziele eine entscheidende Bedeutung haben (EU 2001a: 33).
Im anschließenden Kapitel geht es darum, einen kurzen Überblick zu Elementen der 2001 beschlossenen EU-Richtlinie zu geben.
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