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Die Frauenquote in Deutschland

Eine sinnvolle Maßnahme zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen?

AutorBritta Küthen
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl65 Seiten
ISBN9783656495048
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Soziologie - Familie, Frauen, Männer, Sexualität, Geschlechter, Note: 1,3, Universität Duisburg-Essen (Institut für Soziologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Geschichte der Frauenerwerbstätigkeit in Deutschland ist eng mit der Konstruktion von Zweigeschlechtlichkeit verknüpft. Die Unterscheidung in ein weibliches und ein männliches Geschlecht sowie die Zuschreibung damit einhergehender charakterlicher Eigenschaften und Fähigkeiten sind die Grundlage für eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts vollzieht sich im Deutschen Reich ein Wandel vom 'ganzen Haus', also einer 'sozialen Einheit von Produktions- und Familienleben' im bäuerlichen und handwerklichen Bereich, hin zur bürgerlichen Kleinfamilie. Dieser Wandel begründete sich in der zunehmenden Ausbreitung der kapitalistischen Arbeitsweise im Rahmen der Industrialisierung und der damit einhergehenden Trennung von Arbeits- und Wohnstätte (vgl. ebd.: 18). Im Zuge dieses Wandels entsteht zunächst im wohlhabenden und gebildeten Bürgertum das Idealbild, dass Frauen sich ganz der Hausarbeit und der Kindererziehung zu widmen haben, während der Mann die Rolle des Ernährers und des Familienoberhauptes inne hat (vgl. Rinken 2010: 64; vgl. Peuckert 2008: 18ff.). Das bürgerliche Modell des männlichen Familienernährers wird zwar Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zunehmend auch in Arbeiterschichten populär, eine schichtübergreifende Etablierung und Durchsetzung dieses Familientyps bleibt jedoch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts aus (vgl. Gildemeister/Hericks 2012: 48). Die Mehrheit der Bevölkerung kann aufgrund der schwachen sozio-ökonomischen Lage (niedrige Löhne, hohe Arbeitslosigkeit) nicht auf das Einkommen der Frauen verzichten (vgl. Peuckert 2008: 19, Klenner et al. 2012: 25). [...]

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Leseprobe

2 Frauen und Karriere im Deutschland des 21. Jahrhunderts


 

In der vorangegangenen Einleitung wurde die Geschichte der Frauenerwerbstätigkeit seit Beginn des 19. Jahrhunderts kurz zusammengefasst. Anhand dieses Überblicks ist zu erkennen, dass vorhandene gesellschaftliche Geschlechterunterschiede seit den 1970er Jahren nivelliert wurden und sich die Lebensbereiche von Männern und Frauen, insbesondere in den Bereichen Ausbildung, Lebensplanung, Lebensformen und soziale Sicherung, erheblich verändert haben (vgl. Brettschneider 2008: 55). Bezüglich der Chancengleichheit von Frauen und Männern im Beruf haben politische Maßnahmen, besonders auf EU-Ebene aber auch auf nationaler Ebene, in den letzten drei Jahrzehnten ihren Beitrag zu dieser Entwicklung geleistet (vgl. ebd.). Dennoch spiegelt sich in Deutschland die stark verbesserte Ausbildung und die hohe Erwerbsbeteiligung von Frauen nach wie vor nicht in einer entsprechenden Verteilung der Geschlechter in den Führungspositionen wieder (vgl. Kohaut/Möller 2010: 1). Diese Aussage wird im Folgenden durch entsprechende Studien und Analysen belegt.

 

2.1 Frauen in Führungspositionen – Zahlen und Fakten


 

Führungspositionen in Unternehmen sind auf unterschiedlichen Hierarchiestufen zu finden (vgl. Kleinert et al. 2007: 27). In dieser Arbeit werden die Bezeichnungen „erste Führungsebene“, „Top-Management“ oder „höchste Führungsebene“ synonym benutzt. Zu diesem Bereich zählen Vorstände, Geschäftsleitung, Geschäftsbereichs- und Hauptabteilungsleitung (vgl. ebd.). Die ebenfalls erwähnte zweite Führungsebene umfasst Tätigkeiten des mittleren Managements, wie z. B. Filial- und Abteilungsleitung und die Leitung von Kompetenzzentren (vgl. ebd.).

 

 Das IAB-Betriebspanel hat im Jahr 2008 eine Datenerhebung zum Thema „Frauen in Führungspositionen“ durchgeführt (vgl. ebd.: 2). Demnach wurden zu diesem Zeitpunkt 75 Prozent aller Betriebe der Privatwirtschaft in Deutschland von Männern geleitet (erste Führungsebene) und das bei einem Anteil von durchschnittlich 42 Prozent weiblicher Beschäftigter (vgl. ebd.). In der zweiten Führungsebene sind Frauen mit einem Anteil von 35 Prozent etwas häufiger zu finden (vgl. ebd.). Interessant ist auch, dass mit steigender Betriebsgröße der Anteil weiblicher Führungskräfte deutlich abnimmt (vgl. ebd.).

 

 Die letzte Analyse „Frauen in Führungspositionen“ von Hoppenstedt aus dem Jahre 2010 zeigt ebenfalls, dass Deutschland in diesem Bereich im europäischen Vergleich immer noch zu den „Entwicklungsländern“ gehört (vgl. Hoppenstedt 2010). Hoppenstedt untersucht seit dem Jahr 1995, basierend auf einer Datengrundlage von 300.000 der größten deutschen Unternehmen, den Anteil weiblicher Führungskräfte in der ersten Führungsebene, wobei auch Verbände und Behörden mit einbezogen werden (vgl. Brettschneider 2008: 60). Gemäß dieser Analyse betrug der Anteil von Frauen im Top-Management im Jahr 2010 rund 20 Prozent (vgl. Hoppenstedt 2010). Dies bedeutet einen Anstieg um 12 Prozent seit dem Jahr 1995, welcher allerdings hauptsächlich auf die Zunahme des Frauenanteils in mittleren und kleinen Unternehmen zurückzuführen ist (vgl. ebd.). Betrachtet man nur die Großunternehmen, sind in der höchsten Führungsebene nur 6 Prozent Frauen vertreten (EU-Durchschnitt: 13,7%), allerdings ist auch in diesem Bereich, wenn auch auf niedrigem Level, eine deutliche Steigerung festzustellen (1995: 3%) (vgl. ebd.; vgl. Europäische Kommission 2012: 10).

 

 Die Auswertungen der Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus dem Jahre 2006 kamen zu ähnlichen Ergebnissen, wie die Studien des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und Hoppenstedt (vgl. z. B. Holst 2009: 33 oder Binder 2007: 87-126).

 

 Noch ungünstiger als in der Privatwirtschaft und in öffentlichen Verwaltungen sind die Karrierechancen von Frauen an Hochschulen wie die Daten des Statistischen Bundesamts von 2009 belegen (vgl. Rusconi et al. 2011: 10). Der Anteil von Frauen an Promotionen und Habilitationen und auch der Anteil an Professorinnen ist zwar seit den 1980er Jahren gestiegen, der Anteil an C4/W3-Professuren betrug 2008 jedoch nur 13 Prozent (vgl. CEWS 2010).

 

 Obgleich bei der Bewertung der oben aufgeführten Statistiken zu berücksichtigen ist, dass die zugrundeliegenden Definitionen des Begriffs ‚Führungsposition‘ variieren können, z. B. weil die Hierarchien und die Aufbauorganisation in den befragten Betrieben unter Umständen sehr unterschiedlich sind, untermauern die ermittelten Zahlen die Aussage, dass Frauen in Führungspositionen stark unterrepräsentiert sind.

 

 Stellt man den Frauenanteil an Managementpositionen in der deutschen Privatwirtschaft in den gesamteuropäischen Vergleich, liegt Deutschland im oberen Mittelfeld (vgl. Holst 2009: 152ff.). Betrachtet man jedoch nur börsennotierte Unternehmen, liegt Deutschland im unteren Mittelfeld (vgl. Rusconi et al. 2011: 11). In den Vorständen der zweihundert umsatzstärksten privaten Unternehmen waren Frauen im Jahr 2009 mit einem Prozentsatz von lediglich 2,5 Prozent fast gar nicht präsent (vgl. ebd.).

 

 Die Zahlen überraschen umso mehr, wenn man einen genaueren Blick auf die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte im Bildungsbereich und die Änderungen in der Gesetzgebung in Bezug auf Chancengleichheit von Männern und Frauen wirft. Vormals vorhandene Geschlechterunterschiede in der Bildung und der formalen Qualifikation haben sich in den letzten Jahren angeglichen (vgl. ebd.: 10). Bei den heute 60- bis 65-Jährigen lässt sich noch ein starkes Bildungsgefälle feststellen: 32 Prozent der Männer, aber nur 16 Prozent der Frauen haben einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010: 228). Im Jahr 2008 waren 52 Prozent der Personen, die einen Hochschulabschluss absolviert haben, Frauen (vgl. ebd.: 299). Frauen haben Männer in Bezug auf Bildung also nicht nur eingeholt, sondern überholt. Warum hat diese Entwicklung bisher nicht zu einer stärkeren Repräsentanz von Frauen in Spitzenpositionen in Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft geführt? Was sind die Gründe?

 

2.2 Gründe für den geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen


 

Die Gründe für die immer noch existente Unterrepräsentanz von Frauen in den höchsten Führungsetagen deutscher Betriebe sind vielfältig und komplex und seit einigen Jahren zunehmend Untersuchungsgegenstand unterschiedlichster Forschungsstudien, wie z. B. der Erlanger Längsschnittstudien (vgl. Abele 2002a: 49). Die in den folgenden Unterkapiteln aufgeführten Gründe und Faktoren werden zunächst grob in zwei Gruppen aufgeteilt: zum einen in betriebliche Faktoren, welche in einer engeren Definition auch unter dem „glass-ceiling“-Phänomen zusammengefasst werden und zum anderen in sozialpolitische und gesellschaftliche Faktoren. Diese Zweiteilung soll im weiteren Verlauf die Beurteilung von möglichen Maßnahmen, sowohl durch die Politik als auch durch die Unternehmen, erleichtern.

 

 Zunächst werden sozialpolitische und gesellschaftliche Faktoren näher erläutert und diskutiert. Zu diesen zählen gesellschaftliche Rollenbilder und Geschlechterstereotype, die Vereinbarkeit von Karriere und Kindern und der Einfluss von Partnerschaft auf die Karriere. Anschließend erfolgt mit den Unterkapiteln zu den Themen statistische Diskriminierung, Zugang zu informellen Netzwerken und innerbetriebliche Segmentation eine Konzentration auf betriebliche Faktoren.

 

2.2.1 Geschlechterstereotypen und Geschlechtsrollenorientierung


 

Geschlecht ist zum einen ein biologisches Merkmal („Sex“), zum anderen aber auch ein soziales Merkmal („Gender“), welches in der Gesellschaft kontinuierlich durch ein „Doing Gender“ konstruiert wird (vgl. Binder 2007: 50; vgl. Busch/Holst 2012: 83). Die Unterscheidung zwischen Mann und Frau basiert in ihrer Ursprünglichkeit auf den differierenden, biologischen Merkmalen beider Geschlechter. Die biologische Geschlechtszugehörigkeit einer Person aktiviert jedoch bei anderen Personen eine entsprechende Außenperspektive, welche geprägt ist durch kognitive Strukturen, die sozial geteiltes Wissen über die charakteristischen Merkmale von Frauen und Männern enthalten (vgl. Eckes 2004: 165; vgl. Abele 2002a: 51). Diese kognitiven Strukturen und Eigenschaftszuschreibungen werden als Geschlechterstereotype bezeichnet (vgl. Eckes 2004: 165).

 

Stereotype sind, allgemein ausgedrückt, Verhaltenserwartungen an eine Person, die einer bestimmten sozialen Gruppe – in unserem Falle einem bestimmten Geschlecht – angehören (vgl. Brettschneider 2008: 66). Sie sind ein beständiges menschliches Phänomen, geben Orientierung und Sicherheit und werden auch benutzt, um bestehende soziale Rollenzuschreibungen zu rechtfertigen (vgl. ebd.). Geschlechtsstereotype in Bezug auf Führung beinhalten für Frauen z. B. die Attribute sanft, einfühlsam, abhängig, emotional und reaktiv und für Männer die Attribute dominant, unabhängig, rational, selbstsicher, emotionsarm und konkurrenzfreudig (vgl. ebd.: 67). Mit dem Berufsbild „Manager“ werden immer noch hauptsächlich...

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