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Die Freiheit ist ein Kind der Liebe - Die Liebe ist ein Kind der Freiheit

Eine Naturgeschichte unserer menschlichsten Sehnsüchte - Eine Geistesgeschichte unserer menschlichsten Sehnsüchte

AutorMaik Hosang, Prof. Gerald Hüther
VerlagVerlag Herder GmbH
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl180 Seiten
ISBN9783451802898
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Jeder will sie: Nichts ist schöner als die Liebe! Alle suchen sie: Nichts ist berauschender als Freiheit! Geht beides zugleich? Wie die Sehnsucht nach Unabhängigkeit und der Wunsch nach Zugehörigkeit erfüllt werden, zeigen der bekannte Neurobiologe Gerald Hüther und der praktische Philosoph Maik Hosang. Neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse schärfen den Blick auf unsere Sehnsüchte. Von zwei Seiten zu lesen, führt das Buch in die Mitte einer wunderbaren Geschichte.

Dr. rer. nat. Dr. med. habil. Gerald Hüther leitet die Abteilung für Neurobiologische Grundlagenforschung an der Psychiatrischen Klinik der Universität Göttingen und die Zentralstelle für Neurobiologische Präventionsforschung der Universitäten Göttingen und Mannheim/Heidelberg. Maik Hosang, Dr. phil., habil. Sozialökologe, Mitgründer des Modellprojekts LebensGut Pommritz, wo er auch lebt. Autor zahlreicher Bücher.

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Leseprobe

2. Wie wir Menschen wurden


Evolution: Der freie Blick und das Gefühl der Verbundenheit

 

Die Geschichte von Freiheit und Verbundenheit beginnt mit der Menschwerdung. Anthropologen machen für die Entstehung des Menschen verschiedene Entwicklungen verantwortlich. Insbesondere werden meist folgende hervorgehoben:

  • Die Herausbildung des aufrechten Ganges, damit auch das Freiwerden der Hände und die Erweiterung des Blickfeldes;

  • die Herausbildung von Großhirn und Sprachhirn als Grundlagen für Denken und Sprechen;

  • die Verzögerung organismischer Reifeprozesse und damit eine gewisse Verjugendlichung (»Juvenilisierung«) der gesamten menschlichen Existenz. Das führte neben der längeren Kindheit und Lernfähigkeit dazu, dass sich angeborene Verhaltensinstinkte nicht mehr wie im Tierreich verfestigen, sondern zum Teil lebenslang formbar bleiben.

Diese Entwicklungen – die Öffnung der Instinkte zur Lernfähigkeit, die vergrößerten Hirnbereiche fürs Denken und Sprechen sowie das Freiwerden der Hände und des Blickfelds – trugen alle zur Herausbildung dessen bei, was wesentlich zur Freiheit gehört: Menschen können sich einen Überblick über Situationen verschaffen und darüber nachdenken, welches Verhalten jeweils am sinn- und freudvollsten wäre. Und Menschen sind nicht an ihre Gefühle, Ziele und Gewohnheiten gebunden; sie haben die Fähigkeit, sie zu verändern, wenn sich andere Gefühle, Ziele und Gewohnheiten als sinn- und freudvoller herausstellen.

Für den Zusammenhang, den wir in den Blick nehmen, ist die Tatsache interessant, dass sich diese Voraussetzungen und Fähigkeiten für freies Entscheiden und Handeln in dem Maße entwickelten, in dem auch Potenziale der gegenseitigen Verbundenheit entstanden. Die wichtigsten Facetten der evolutionären Herausbildung dieses Aspektes sind folgende:

  • Die Brunftzyklen im Tierreich, die die Möglichkeiten zur Fortpflanzung auf einen kurzen Zeitraum begrenzten, wurden zur ganzjährigen sexuellen Bereitschaft bei Menschen. So konnte sich die Sexualität und der mit ihr verbundene körperliche Kontakt über ihre bloße Fortpflanzungsfunktion hinaus zu einem Medium ganzheitlicher und gegenseitiger Kommunikation, Wertschätzung und Verbundenheit entwickeln.

  • Die Brutpflege, also ein Instinkt dafür, den eigenen Nachwuchs bis zu einem bestimmten Reifegrad zu behüten und mit allem Lebensnotwendigen zu versorgen, ist bei Tieren unterschiedlich ausgeprägt. Bei der Entwicklung der Säugetiere zum Menschen haben die Eltern ihre Kinder für immer längere Zeiten umsorgt. Die vielgerühmte »Mutterliebe« wurde Ausgangspunkt einer der wichtigsten Schritte der Menschwerdung. Die besondere Qualität dieser Emotion, für das konkrete Wohlergehen anderer und nicht nur des eigenen Organismus zu fühlen und zu handeln, blieb nicht auf die biologischen Mütter beschränkt: Auch andere Verwandte des Nachwuchses entwickelten die Fähigkeit, sich fürsorgend um die Kinder der Sippe zu kümmern. Ein entscheidender Schritt dabei war die Aktivierung dieser Gefühlshaltung auch bei Männern. Ein weiterer evolutionärer Schritt war es, diese Haltung der Empathie und die praktische Fürsorge nicht mehr nur den Kindern gegenüber aufzubringen, sondern auch andere Wesen einzubeziehen: Erwachsene, Tiere, Pflanzen. So können Menschen auf einer weiteren Abstraktionsebene für Stammesverbände, Nationen, die gesamte Menschheit und die Existenz insgesamt fühlen und sich für ihr Wohlergehen engagieren.

  • So wurden Menschen gemeinschaftliche Kinderhüter. Ein wesentlicher Grund dafür waren das größere Hirn und die längere Kindheit. Bei Menschenaffen war es angesichts der zwei bis drei Jahre währenden Reifezeit des Nachwuchses machbar, dass die Mutter sich diesem fast ausschließlich selbst widmete. Es blieb noch genug Zeit für weiteren Nachwuchs. Bei einer Reifezeit von 14 bis 16 Jahren, wie Menschenkinder sie aufgrund ihrer größeren Ausdifferenzierung haben, ist das jedoch uneffektiv. Eine Sippe, deren Frauen im besten Alter sich jeweils 16 Jahre lang vorwiegend um ein Kind kümmern, würde bald mangels Nachwuchs aussterben. Auch braucht das große und sehr variabel entwickelbare menschliche Gehirn viel mehr Reifeimpulse in Form liebevoller Zuwendung und Anregungen als nur die einer einzigen Bezugsperson.

So zeigt sich, dass die Menschwerdung des Affen viele verschiedene Veränderungen des Körpers, des Verhaltens, der Umwelt- und Selbstwahrnehmung umfasste. Und unter der Oberfläche zufälliger evolutionärer Entwicklungen und Umstände dieser Vorgeschichte erscheint ein erstaunliches Muster: es sieht danach aus, als ob die Evolution (oder die Schöpfung, oder wie immer wir diese Menschwerdung bezeichnen mögen) uns vor allem dazu befähigen wollte, sowohl freie als auch miteinander verbundene Wesen zu werden.

 

Die geschilderte Entstehung unserer Fähigkeiten zur Freiheit und Verbundenheit ist in gewisser Weise nur der Ausgangspunkt der Geschichte. Diese im Prozess des Übergangs vom Tier zum Menschen herausgebildeten Potenziale wurden erst in dem Maße praktisch wirksam, in dem sie sich dann kulturell selbst verstärkten. Dies soll anhand von zwei entscheidenden Kulturleistungen der frühen Menschheitsgeschichte kurz nachvollzogen werden: der Herausbildung erster menschlicher Gesellschaften und der Entwicklung der menschlichen Sprache.

 

Machtdominanz oder Verbundenheit – was setzt sich durch?

 

Lebewesen, die nicht als Einzelne, sondern in Rudeln, Herden oder Horden leben, brauchen dazu eine Organisationsform, die dafür sorgt, dass nicht inneres Chaos die Herde schwächt, sondern möglichst geordnetes Verhalten bei der Nahrungsfindung und der Verteidigung gegenüber Feinden sie stärkt. Noch bei den Menschenaffen sind es fast immer männliche Wesen, welche die Horde dominierten und dadurch organisierten. Eine Ursache dafür, dass noch heute Männer eher dazu neigen, mit Dominanz-, Droh- und Machtritualen zu reagieren, findet sich in den biologischen Unterschieden zwischen Männern und Frauen und hat unter anderem mit dem männlichen Sexualhormon Testosteron zu tun. Ein Nachteil der auf ihre Weise Ordnung schaffenden Dominanzhierarchien besteht darin, dass das dominante Männchen instinktiv bestrebt ist, gleichwertige Stärke bei anderen Mitgliedern der Horde zu verhindern. Bei der Entwicklung zur Menschwerdung hat die oben bereits genannte Öffnung der Instinkte auch die Dominanzinstinkte relativiert. Zusammen mit der Ausformung der ebenfalls genannten Potenziale der Verbundenheit auch in Männern bewirkte dies, dass eine ganz neue Art und Weise sozialer Organisation entstehen konnte; erst jetzt verdient sie den Namen »sozial«. In den frühen Blütezeiten menschlicher Geschichte waren es nicht zufällig oft Frauen, welche Gemeinschaften vorstanden, die statt eindimensionaler Hierarchien eine vielseitige Entwicklung aller Gemeinschaftsmitglieder ermöglichten. Die unten noch näher ausgeführten wichtigen Kulturleistungen waren vermutlich nur dort möglich, wo ein dominanzfreies, kooperatives, fast liebevolles soziales Klima vielen Einzelnen eine relativ freie Entfaltung ihrer kreativen Potenziale ermöglichten. Dementsprechend waren auch die als große Vorbilder – später als »Göttinnen« oder »Götter«– verehrten Gestalten dieser frühen Blütezeiten menschlicher Geschichte meist weiblich. Die Bücher Marija Gimbutas’ über »Die Zivilisation der Göttin« und »Die Sprache der Göttin« oder Sarah Blaffer Hrdys: »Mothers and Others: The Evolutionary Origins of Mutual Understanding« geben dazu nähere Auskunft.

So kann also gesagt werden: Primär...

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