Die Führungskunst der Jedi besteht aus einem dreiteiligen Entwicklungsweg mit dem Ziel, eine reife, authentische Führungspersönlichkeit auszubilden. Die Jedi beschreiben einen Weg, der mit gutem, solidem Management beginnt. Die zweite Stufe zielt auf die Fähigkeiten einer Führungskraft, die Innovations- und Veränderungsprozesse initiieren und erfolgreich begleiten kann. Auf der dritten Stufe, der Stufe der Jedi-Meister, beginnt das, was wir eine Spitzenführungskraft nennen: ein persönlich gereifter Mensch mit tiefen Erfahrungen, der fest verankert in seiner eigenen Berufung andere Menschen in ihrer Arbeit und persönlichen Entwicklung unterstützen kann und das Unternehmen mit Blick auf gesamtgesellschaftliche und globalökonomische Zusammenhänge in die Zukunft führt.
Hier im ersten Teil erfährst du alles über die Grundlagen, die ein Jedi-Anwärter beherrschen sollte, damit der weitere Entwicklungsweg gelingt. Es sind die Aufgaben eines selbstbewussten Managers, der klare Ziele setzt, deren Verwirklichung plant, Aufgaben zuteilt, Verhandlungen führt und so eine solide Ergebnisleistung erzielt. Mit Hilfe von Leitfragen wirst du deine Grundannahmen erkunden können, die Führungsinstrumente eines Jedi kennenlernen und erfahren, was Jedi-Meister wie Obi-Wan Kenobi und Meister Yoda unter Mentoring verstehen. Darüber hinaus bieten wir dir mit der Analogie zur Star-Wars-Saga einen Erklärungshintergrund für die Herausforderungen heutiger Manager und wie du diese meistern wirst. Wir verknüpfen dazu Aspekte aus Mythologie, Psychologie und Managementlehre zu einem Abenteuer der Persönlichkeitsentwicklung. Das Gerüst dieser dreistufigen Entwicklung vom Manager zum Mentor bilden die Phasen der sogenannten „Heldenreise“, die auch den Star-Wars-Filmen ihre Grundstruktur verleiht: Aufbruch (Management) – Initiation (Change-Management) – Rückkehr (Mentoring). Wir begleiten Luke Skywalker auf seiner Reise zum Jedi und erläutern analog dazu die entsprechenden Bedeutungsebenen für deine Führungsrolle.
In jedem der drei Teile findest du vier sogenannte „Archetypen“, kraftvolle, allgemeingültige Motive oder Urbilder. Du kannst sie als tiefenpsychologische Apps (Anwendungssoftware) betrachten, die dir zur „Lösung von Entwicklungsproblemen und Führungsaufgaben“ dienen, d. h. bestimmte Orientierung- und Handlungskompetenzen deiner Führungs-Betriebssoftware erweitern. In diesem ersten Teil beschreiben wir als Archetypen den Optimisten, den Kamerad, den Krieger und den Geber. Die Eigenschaften aller vier zusammen bilden die Grundlage für eine solide Management-Kompetenz. Sie entfalten allerdings erst ihre volle Wirkung, wenn du dir auch die negativen Ausprägungen bewusst gemacht hast, ansonsten könnte es zu „Programm-Abstürzen“ kommen. Und genau hier beginnt das Abenteuer der Führungskunst der Jedi: Folgst du dem Licht oder doch lieber der dunklen Seite der Macht?
Überblick Entwicklungsweg in drei Phasen
Entwicklungsebenen | Manager | Change-Manager Innovationsmanager | Top-Führungskraft Mentor |
---|
Führungsmodell | Transaktional | Transrational | Transpersonal |
System | Mechanisch | Biologisch | Transformativ |
Führungsaufgabe | Zielsetzung Kontrolle | Erkunden Erschaffen | Erneuern Transformieren |
Ziele | Stabilität Perfektion Kontrolle | Sensitivität Veränderung Kreativität | Agilität Passung Beziehung |
Fokus | Ergebnis | Prozess | Interdependenz |
Star Wars | Jedi-Anwärter | Jedi-Padawan | Jedi-Meister |
Heldenreise | Aufbruch | Initiation | Rückkehr |
Archetypen | Optimist Kamerad Krieger Geber | Suchender Zerstörer Liebender Schöpfer | Herrscher Magier Weiser Narr |
Psychologie (C.G. Jung) | Ich-Stabilisierung | Individuation Selbst-Werdung | Ego-Selbst-Reunion |
Sinndimensionen | Außen | Innen | Verbindend |
Abbildung 1: Luke Skywalkers Phasen der Heldenreise
1.1 Business as usual
Star Wars ist Science Fiction, Abenteuer, Mythologie, weit weg in einer anderen Zeit, in einer anderen Galaxie – Star Wars entspricht trotzdem genau der Welt, in der du lebst. Schon der berühmte Vorspann, der sich als Text langsam von dir weg in den Raum bewegt, gibt dir eine Idee von dem grundsätzlichen Konflikt, um den es hier geht2, und du nimmst an, dass es eine mögliche Hoffnung im Lichte eines Konfliktes von galaktischen Ausmaßen gibt. Bei diesem handelt es sich um einen Bürgerkrieg, Rebellen, Raumschiffe, ein böses Imperium, Spione, Geheimpläne, eine absolut todbringende Waffe von der Größe eines Sterns, finstere Agenten und eine Prinzessin, die ihr Volk retten und den Frieden wieder herstellen will. Zwei Droiden tauchen auf, der eine in humanoider Form, der andere zylindrisch, die wesentlich menschlicher wirken als viele der eher roboterhaft agierenden Menschen in der Story. Die Sturmtruppen des Imperiums hingegen sind maskiert und ausdruckslos, während die Gesichter der Rebellen sichtbar sind und Angst und Anspannung ausdrücken. Zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte wird alles eher schwarz und weiß gehalten. Da sind die weiß gekleidete, anmutig heroische Prinzessin und der männliche, schwarze Antiheld: Darth Vader, der dunkle Lord und Prinzessin Leia, die strahlende Heldin.
Star Wars erzählt hier auf der äußeren Ebene von den allgemeinen Konflikten und Zuständen unserer heutigen Gesellschaft: die Dominanz und Herrschaft des Patriarchats, das als übermächtiger Sternenkreuzer das kleine Rebellenschiff als Symbol für ein prozessorientiertes, lebendiges, soziales System angreift. Auf der psychischen Ebene erzählt der Film von der Überbetonung des Bewusstseins, der Ratio, der Außenorientierung und Kontrolle gegenüber den unbewussten, intuitiven, introvertierten, vielfältigen Aspekten unseres Lebens. Innere und äußere Welt sind sozusagen im Ungleichgewicht.
Diese Dysbalance findest du genauso in den uns so vertrauten ökonomischen Institutionen der Arbeitswelt. Viele Organisationen beharren immer noch darauf, dass die Ursachen und die Lösung ihrer Probleme irgendwo in äußeren Umständen auszumachen sind. Diese Organisationen projizieren unbewusst ihre ungelösten Konflikte und Schwierigkeiten auf ihre Mitarbeiter, Partner oder Kunden. Sie suchen in der äußeren Welt nach Antworten auf die Frage: „Wie werden wir noch bedeutsamer, noch effektiver“, und vergessen dabei, das Innere, sozusagen die menschliche Dimension, zu berücksichtigen.
Die leitenden Köpfe der Organisationen, Männer wie Frauen, verteidigen eine einseitige Sammlung an Glaubenssätzen, was man unbedingt tun oder lassen sollte, um die Firma zu entwickeln und zu erhalten. Zwischenmenschliche Beziehungen werden mit Organigrammen dargestellt und beständiges ökonomisches Wachstum wird als eine kluge Langzeitstrategie für die Gesellschaft gesehen. Es ist das Newtonsche Glaubensmodell von Linearität, simpler Ursache-Wirkungsdynamik und reduktionistischer Logik unserer Technologie-Gesellschaft. Gefüttert wird dieses Denkmodell dadurch, dass es allein eine einzige Sichtweise zulässt. Es versucht, die andere Seite unserer Realität auszublenden: komplexe dynamische Zusammenhänge und Verflechtungen, unendliche Variationen, Vielfalt und synchrone Ereignisse.
Einsicht
Das Drama unserer sogenannten Moderne ist, dass der Geist des naiven Rationalismus die komplexe Wirklichkeit, die wir erschaffen haben, nicht mehr beherrscht.
Wir denken, die Welt sei verstehbar, alles könne geplant und geordnet werden. Mit Hilfe von Statistiken und Zahlen versuchen wir die Welt zu kontrollieren. Wir haben vergessen, dass es Geheimnisse gibt, und verkennen, dass wir die Welt niemals ganz verstehen werden. Früher gab es in allen Kulturen wirksame Lehren über das Göttliche, dem wir einen Teil unserer Macht abtreten konnten, um uns vor unserer Selbstüberschätzung zu bewahren. Ohne unser Eingreifen konnten sich so die Mächte von Selbstorganisation und Selbstregulation frei entfalten. Heute steuern Vertreter der rationalen Ökonomie unsere Geschicke und verlassen sich bei ihren Prognosen auf...