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Die geheime Macht der Düfte

Warum wir unserem Geruchssinn mehr vertrauen sollten

AutorRobert Müller-Grünow
VerlagEdel Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783841906243
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
In allen Bereichen der Wahrnehmung sind wir geschult und aufmerksam. Ob Sehen, Hören oder Schmecken - wir wissen, wie ein Bild, Musik oder ein Geschmack auf uns wirkt. Nur beim Riechen sind wir vergleichsweise unwissend, obwohl dieser Sinn den größten Einfluss auf unsere Emotionen hat. Denn die Nase ist ein organisches Wunderwerk, mit dem wir sehr komplex wahrnehmen können - wenn wir sie nicht vernachlässigen. Duftexperte Robert Müller-Grünow entführt uns auf höchst unterhaltsame und gleichzeitig wissenschaftlich fundierte Weise in die faszinierende Welt des Riechens. Er zeigt uns, wie wir Gerüche wahrnehmen und was sie, bewusst oder unbewusst, für uns und unser Leben bedeuten, wie sie unsere Gefühle beeinflussen und auf welche Weise sie unsere Partnerwahl bestimmen. Mit Riechübungen und zahlreichen Tipps, Sie den eigenen Geruchssinn schulen können!

Robert Müller-Grünow gehört zu den Pionieren im Bereich Duft und Dufttechnologien. 2003 gründete er Scentcommunication, einen der weltweit führenden Anbieter für Dufttechnologien und Duftkonzepte. Die Journalisten Olaf Köhne und Peter Käfferlein haben in verantwortlichen Positionen an vielen TV-Sendungen mitgewirkt. Bis 2014 waren sie Chefredakteure des ARD-Talks Beckmann. Bereits erschienen sind ihre SPIEGEL-Besteller mit Hardy Krüger und Liselotte Pulver.

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Leseprobe

3. Warum wir mehr riechen sollten


Düfte wecken Erinnerungen und Wünsche, die uns und unser Verhalten beeinflussen. Düfte und Aromen erlauben uns, unsere Umwelt und unser Umfeld wiederzuerkennen. Riechen ist der einzige Sinnesreiz, der direkt mit dem limbischen System des menschlichen Gehirns verknüpft ist. In diesem Bereich entstehen Emotionen, und Erinnerungen werden dort gespeichert. Düfte beeinflussen Entscheidungen instinktiv, da diese Informationen nicht rational gefiltert werden. So haben sie unmittelbare Wirkung. Geruchsreize nehmen wir sogar schneller wahr als Seh- oder Hörreize. Und unser Geruchssinn ist enger mit unserem Erinnerungsvermögen verknüpft als jeder andere unserer Sinne.

Unsere Nase und ihre großartigen Fähigkeiten, all das, was sie zu leisten in der Lage ist, wird leider von vielen völlig unterschätzt. Die Nase spielt in unserem Alltag, egal ob privat oder beruflich, kaum eine Rolle. Topmanager, die für die Wahrnehmung ihres Unternehmens verantwortlich sind, haben das Thema Duft oftmals gar nicht erst auf ihrer Agenda. Beispiel Automobilindustrie: Der Kauf eines Autos ist immer eine sehr emotionale Entscheidung, auch wenn wir versuchen, sie rational zu begründen. Egal welche Motorleistung, wie hoch der Benzinverbrauch, wie lange die erwartete Lebensdauer – letztendlich entscheiden wir nach Optik, Image, Gefühl, nach sinnlichen Eindrücken – und das gilt für jede Preisklasse. Dieses Bewusstsein haben viele Unternehmen – noch – nicht. Am wenigsten wird an den Geruch eines Produktes gedacht. Und wenn doch, heißt das noch lange nicht, dass jeder Versuch, der Marke einen Duft zu verleihen, funktioniert. Ein deutscher Automobilkonzern wollte seine Neuwagen beduften lassen. Denn man konnte die Wagen zwar dank Sounddesigns und Haptik als Modelle dieser Marke erkennen, nicht aber aufgrund eines eigenen Markendufts! Das sollte sich ändern. Ein Duft wurde entworfen und die Neuwagenmodelle damit ausgestattet. Und dennoch roch jeder Wagen auch nach der neuen Beduftung völlig anders. Warum? Auch die im Wageninneren verarbeiteten Materialien wie Kunststoffe, Leder oder Hölzer geben alle ihre eigenen Düfte ab. Sie hätten eigens beduftet oder wenigstens in der Verarbeitung olfaktorisch optimiert werden müssen, um am Ende einen Gesamtduft für den Wagen kreieren zu können. Nur hatte daran niemand gedacht.

Aber auch in unserem alltäglichen Leben nutzen wir das vorhandene Potenzial unserer Nase nicht aus. Dabei kann uns der Geruchssinn gute Dienste leisten, die Nase begleitet uns ja stets. Sie kann uns helfen herauszufinden, wie es uns geht und in welcher Umgebung wir uns befinden. Sie kann uns warnen und auch berauschen. Immerhin atmen wir jeden Tag etwa 25 000 Mal ein und aus, mehr als zwölf Kubikmeter Luft saugen wir in die Lungen, und mit jedem Atemzug strömen Millionen Duftmoleküle in unsere Nase. Doch wir haben leider verlernt, uns bewusst riechend durch die Welt zu bewegen. Gleichzeitig aber werden wir in vielen Bereichen unseres Lebens immer häufiger durch Düfte und Gerüche beeinflusst.

Natürlich nehmen wir immer mit allen Sinnen wahr, unseren Geruchssinn schalten wir ja nicht ab, was auch nicht möglich wäre. Wir können unsere Nase schlecht verschließen, außer wir halten sie uns zu. Und wer nicht zu riechen in der Lage ist, der wird schnell feststellen, welche dramatischen Einbußen an Lebensqualität mit dem Verlust des Geruchssinns einhergehen. Unser Handeln wird geprägt und beeinflusst von allem, was wir um uns herum wahrnehmen – über alle Kanäle. Nur über das, was wir riechen, machen wir uns in der Regel nicht allzu viele Gedanken. Dagegen denken wir intensiv über das nach, was wir sehen, hören, fühlen und ertasten, und natürlich auch darüber, was wir schmecken. Schmecken und Riechen sind zwei sehr eng verbundene Sinne, aber das Riechen läuft eigentlich nur so nebenher. Dabei ist unser Geruchssinn der älteste aller Sinne. Die ersten bakteriellen Lebensformen auf der Erde fristeten ihr Dasein in der Ursuppe, wo es still und düster war. Um sich ernähren zu können, und später zur Partnersuche, waren sie auf einen Sinn angewiesen – aufs Riechen!

Kein Land der riechenden Dichter und Denker

Lange Zeit haben Dichter, Denker und Philosophen den Geruchssinn und seine Bedeutung regelrecht diskriminiert und ein Bild erzeugt, das diesem Sinn nicht gerecht wird.

Immanuel Kant fand in seiner „Anthropologie in pragmatischer Hinsicht“, seiner letzten philosophischen Schrift, nur wenig schmeichelhafte Worte:

„Geruch ist gleichsam ein Geschmack in der Ferne, und andere werden gezwungen, mit zu genießen, sie mögen wollen oder nicht, und darum ist er als der Freiheit zuwider weniger gesellig als der Geschmack, wo unter vielen Schüsseln oder Bouteillen der Gast Eine nach seiner Behaglichkeit wählen kann, ohne dass Andere genöthigt werden, davon mit zu genießen …“

Nicht nur sieht Kant den Geruchssinn als der Freiheit zuwiderlaufend an, er geht sogar noch einen Schritt weiter: „Welcher Organsinn ist der undankbarste und scheint auch der entbehrlichste zu sein? Der des Geruchs. Es belohnt nicht, ihn zu cultiviren oder wohl gar zu verfeinern, um zu genießen; denn es giebt mehr Gegenstände des Ekels (vornehmlich in volkreichern Örtern) als der Annehmlichkeit, die er verschaffen kann, und der Genuss durch diesen Sinn kann immer auch nur flüchtig und vorübergehend sein, wenn er vergnügen soll …“ Der Geruchssinn wird also als niederer Sinn eingeschätzt.

Wenig Aufbauendes liest man auch in den Schriften von Sigmund Freud, dem Begründer der Psychoanalyse. Für ihn ging der Bedeutungsverlust des Riechens einher mit der Entwicklung einer kriechenden Kreatur, am Boden schnüffelnd und aufs Riechen angewiesen, zum Menschen mit aufrechtem Gang, für den der Geruchssinn keine lebenswichtige Bedeutung mehr hat. In „Das Unbehagen in der Kultur“ (1930) schreibt Freud vom „Zurücktreten der Geruchsreize“ als Folge der „Abwendung des Menschen von der Erde“ und des „Entschlusses zum aufrechten Gang“. Das Riechen galt als ein Relikt der Vorzeit. Dennoch war Freud der Zusammenhang von Gerüchen und Psyche sehr wohl bewusst.

Auch Georges-Louis Leclerc de Buffon, ein französischer Naturforscher des 18. Jahrhunderts, nannte den Geruchssinn verächtlich einen Sinn der Animalität. Erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts nahm sich die forschende Welt des bis dahin unterschätzten Geruchssinns endlich ernsthaft an.

Von duftenden Banken und fremden Gesichtern

Düfte senden sehr starke Signale, ihre Botschaften gelangen unmittelbar in unser Unterbewusstsein. Das lässt sich beweisen. Setzt man bei einer Testreihe einen Duft ein, zeigen sich gravierende messbare Veränderungen in der Wahrnehmung im Vergleich zu exakt der gleichen Testsituation, bei der kein Duft verwendet wird. Hier das Beispiel einer Untersuchung, welche meine Mitarbeiter und ich im Auftrag einer Bank durchführten, die zu dem Zeitpunkt gerade ein neues Design bekommen hatte, neue Farben und einen neuen Look. Nun sollte ein passender Duft für die Bank kreiert und auf seine Wirkung hin getestet werden. Zunächst haben wir zwei Düfte entwickelt, die einer Reihe von Testpersonen präsentiert wurden. Die Probanden saßen vor einem Monitor, auf dem man ihnen ganz unterschiedliche Bilder – Farbmotive, Architekturfotos und anderes – zeigte. Unter Einfluss der beiden Düfte mussten die Probanden diese Bilder nun bewerten. Der Duft, unter dessen Einwirkung stärkere und positivere Aussagen getroffen wurden, kam in eine zweite Runde. Jetzt wurden Attribute der Bank abgefragt, einmal in einem Raum mit dem Duft und einmal in einem unbedufteten, um herauszufinden, ob der Duft überhaupt zu dem Finanzunternehmen passt. Nachdem der Duft auch diese Hürde genommen hatte, ging es in die dritte und letzte Runde des Tests: Jetzt wurden einige Bankfilialen beduftet, andere nicht. Danach wurden die Kunden aller Filialen Folgendes gefragt: Wie wirkt sich der neue Duft auf Ihre Wahrnehmung und Beurteilung der Bank aus? Hat er Einfluss auf Ihre Kundenzufriedenheit? In welcher Filiale haben Sie einen positiveren Eindruck von den Räumlichkeiten und den Mitarbeitern? Und würden Sie zum Beispiel Wartezeiten in einer bedufteten Filiale eher in Kauf nehmen als in einer ohne Duft? Das Ergebnis war erstaunlich. Bei den Befragungen, die wir mit dem Marktforschungsinstitut „isi“ durchführten, stellten wir fest, dass folgende Begriffe besonderes häufig in den bedufteten Filialen genannt wurden: „vertrauenswürdig“, „sympathisch“, „modern“. Auffallend war zudem, dass sich vor allem Bankkundinnen positiv angesprochen fühlten. Hierzu muss erklärt werden, dass Frauen generell sensibler auf Gerüche reagieren als Männer.

Als ich während der Testreihe eine der Bankfilialen besuchte, war ich selbst überrascht davon, wie sehr der Duft den Räumen einen ganz eigenen Charakter verlieh, obwohl er kaum wahrnehmbar war: sehr transparent und doch gleichzeitig energetisierend. Er vermittelte ein gutes Raumgefühl, ohne aufdringlich zu sein – und genau das ist es, was ein guter Raumduft erreichen sollte.

Auch das Ergebnis einer anderen Versuchsreihe, die wir 2014 ebenfalls mit „isi“ im Auftrag des ARD-Wirtschaftsmagazins „Plusminus“ durchführten, war spannend. Wir wollten der Frage nachgehen, ob ein Duft Auswirkungen darauf hat, ob wir eine fremde Person sympathisch finden oder nicht. 28 Männer und Frauen nahmen als Testpersonen an der Studie teil. Man setzte sie in einen Raum, jeweils in eine Kabine mit einem Computerbildschirm. Auf dem Monitor präsentierte man ihnen jeweils nur zwei Sekunden lang zwanzig Fotos von Gesichtern: zehn Männer und zehn Frauen, alt und jung, in zufälliger...

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