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Die geheimen Zeichen der Natur lesen

Wie man sich in der Wildnis orientiert, Wasser findet, Spuren liest - und andere längst vergessene Fähigkeiten

AutorTristan Gooley
Verlagriva Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl450 Seiten
ISBN9783959712460
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Wir nutzen beinahe täglich unsere Wetter-Apps oder das Navigationssystem im Auto. Auch beim Wandern verlassen sich viele Menschen mittlerweile weniger auf ihren Orientierungssinn als das GPS, um auf dem richtigen Weg zu bleiben. Dabei hält die Natur alles bereit, um uns auf die richtige Fährte zu bringen. Dieses Buch offenbart längt vergessenes Wissen unserer Vorfahren und hilft dem Leser dabei, allein durch das Deuten natürlicher Zeichen das Wetter vorherzusagen, Spuren zu lesen oder sich im Freien zu orientieren. So öffnen sich die Blüten einiger Blumen zuerst an der südlichen Seite, Zirruswolken gefolgt von Zirrostratus kündigen eine Warmfront mit Regen an und nachts zeigt die Sichel des Mondes die Himmelsrichtung an. Zusätzlich gibt dieses Buch verblüffende Einblicke in die Auswirkungen natürlicher Vorgänge auf die Kultivierung unserer Landschaft und den Bau beziehungsweise die Planung unserer Städte.

Tristan Gooley ist Autor und Naturexperte. Er schrieb bereits für die New York Times, das Wall-Street-Journal und BBC. Gooley hat Expeditionen auf fünf Kontinenten geleitet, Berge bestiegen, in einem kleinen Flugzeug Afrika und die Arktis überquert und die Verhaltensweisen von Nomadenvölkern in den entlegensten Winkeln der Erde studiert. Er lebt im Süden Englands.

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Leseprobe

3

Boden


Was verrät uns die Farbe des Schlamms?

Gewöhnen Sie sich an, zu Beginn einer Wanderung alle Erhebungen und Täler, alle Senken und Linien ringsum zu betrachten und nach Formen und Mustern zu suchen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob Sie über sanfte Hügel spazieren oder aber eine Trekkingtour im Himalaja unternehmen. Hinweise kann man in einer Landschaft nur dann finden, wenn man sie gründlich studiert. Anfangs fällt es vielen leichter, sich die Landschaft im Vergleich mit der Karte anzuschauen. Doch eigentlich sollte nicht die Karte die Landschaft erklären, sondern die Landschaft sollte für uns zu einer Karte werden. Schließlich wanderten die Menschen jahrtausendelang zu Fuß und ohne Karte über die Erde.

In meinen Kursen erkläre ich gerne anhand einer Übung, wie wichtig es ist, sich die Umgebung genauer anzusehen. Auf einer
Hügelkuppe frage ich die Kursteilnehmer, welches wohl die auffallendste Veränderung sein wird, die wir auf unserer Wanderung erleben werden. Stets drehen sich ein paar besorgte Gesichter zum Himmel und suchen ihn nach Anzeichen für einen bevorstehenden Wetterwechsel ab, finden aber keine. Danach bitte ich die Gruppe um eine Liste der Landschaftsmerkmale, die sie ringsherum ausmachen können.

»Ein Bauernhof, der Waldrand, zwei Gipfel, die Küste, ein ferner Radiomast, drei Wege, von einem Feuer aufsteigender Rauch, der Stadtrand, eine Straße, eine Mauer …« Die Liste wird immer länger.

Anschließend gehen wir zehn Minuten lang weiter, und weil wir auf der Hügelkuppe waren, führt unser Weg uns zwangsläufig nach unten. Sobald wir die bewaldete Talsohle erreicht haben, bitte ich die Gruppe erneut, alle Landschaftsmerkmale zu nennen, die sie in diesem Moment sehen.

»Es geht in alle Richtungen bergauf … Bäume …. Ähm, das ist alles.«

In nur zehn Minuten haben wir den Wechsel vom Überfluss zum Mangel vollzogen, wenngleich der Begriff »Mangel« hier wohl etwas übertrieben ist, denn auch Kleinigkeiten zählen (wie wir noch sehen werden, wenn wir später den Dayak auf Borneo begegnen). Jetzt aber geht es dar­um zu verstehen, dass eine schöne Aussicht nicht nur hübsch ist, sondern auch eine Quelle zahlreicher Informationen. Höhe bietet Perspektive, und das ist ein sehr wertvolles Geschenk. Landvermesser wissen das schon lange: Wenn man an einem Triangulationspunkt steht, sollte man in der Ferne mindestens zwei weitere davon ausmachen.

Immer wenn wir eine Aussicht haben, sollten wir uns die dominanten Landschaftsmerkmale einprägen. Wenn eine Landschaft sehr auffällig oder ungewöhnlich ist, geschieht das automatisch, und die betreffenden Landmarken tragen meist auch Namen, die man nicht so schnell vergisst, wie z. B. »Zuckerhut« oder »Alpspitze«. Leider aber übersieht man beim Betrachten der auffälligen Landmarken nur allzu leicht die weniger auffälligen. Stellen Sie sich eine Aussicht vor, die Sie gut kennen, und zählen Sie alle Landmarken darin auf, an die Sie sich erinnern können. Wenn Sie das nächste Mal mit anderen dort sind, sagt jeder nacheinander seine Liste auf; machen Sie ein lustiges Quiz daraus. Sie werden feststellen, dass auf einmal auch von Mauerresten, Felsen und Graten die Rede ist.

Die Angewohnheit, auch weniger auffällige Landmarken zu bemerken, erwirbt man nicht von heute auf morgen. Am ehesten erwarten kann man sie bei drei Gruppen von Leuten, mit denen ich gewandert bin: von Künstlern, erfahrenen Soldaten und Ureinwohnern. Es kommt mir vor, als würde es modernen Menschen schwerfallen, den Charakter einer Landschaft eingehender zu studieren. Wenn das auch auf Sie zutrifft, kann ich Ihnen zwei Methoden empfehlen, sich diese Fähigkeit anzueignen. Entweder Sie leben lange Zeit in sehr abgelegenen Gegenden, in denen es weder moderne technische Errungenschaften noch Karten und Kompasse gibt, oder Sie nehmen sich auf Ihren Wanderungen die Zeit, Landschaften zu skizzieren. Nur einer dieser beiden Tipps ist praktisch durchführbar. Der künstlerische Wert Ihrer Skizzen ist dabei zweitrangig; wichtig ist, dass Sie beim Zeichnen wirklich zu sehen lernen.

Die geistige Beschäftigung mit dem Aussehen einer Landschaft macht wesentlich mehr Spaß, wenn man sich mit Perspektive auskennt, sowie mit der Wirkung von Licht auf Landschaften. Wenn Sie das nächste Mal eine schöne Aussicht über sanfte Hügel genießen, halten Sie nach etwas Ausschau, das Sie schon tausendmal gesehen, aber niemals wirklich bemerkt haben.

Achten Sie darauf, dass Objekte umso heller zu sein scheinen, je weiter entfernt sie sind. Der nächstgelegene Hügel ist wesentlich dunkler als der dahinter, und dessen hinterer Nachbar sieht noch heller aus. Dieser atmosphärisch-optische Effekt, den man als Rayleigh-Streuung bezeichnet, ist der Grund dafür, dass der Himmel blau erscheint und der Horizont selbst an wolkenlosen Tagen immer um eine Nuance näher an Weiß ist als der Himmel.

Wer sich mit Licht und Kontrasten auskennt, kann vielleicht sogar etwas vorhersagen. Haben Sie schon einmal frühmorgens oder spät am Nachmittag auf einen Hang geschaut und dabei gedacht, wie außergewöhnlich und beinahe leuchtend die Farben wirken? Dieser Effekt entsteht jedes Mal, wenn wir mit der niedrig stehenden Sonne im Rücken auf einen Hügel oder Berg blicken, hinter dem der Himmel dunkel ist. Wenn die Sonne in der letzten Stunde vor Sonnenuntergang die Wolkendecke durchbricht, kehren Sie ihr den Rücken zu und betrachten das Panorama. Die Farben der Landschaft werden Ihnen sehr satt und leuchtend vorkommen. Ich mache das gerne am Ende einer Wanderung bei leicht bedecktem Himmel.

Unabhängig vom Wetter sehen Berge immer heller aus, je weiter sie weg sind.

Es gibt da allerdings noch etwas, das Sie über Perspektiven wissen sollten. Wenn wir an einem Hang stehen, verwirrt das ein bisschen unser Gehirn. Beim Bergauf- oder Bergabgehen verändert das Gehirn laufend in minimalem Maß die Perspektive: Es korrigiert das Gesehene, indem es alles mehr nach der Waagerechten ausrichtet. Das aber wirkt sich darauf aus, wie wir Steigungen und Gefälle wahrnehmen. Beim Bergabgehen wirkt ein steilerer Hang weniger steil, als er tatsächlich ist. Laufen wir schräg bergab, empfinden wir eine ebene Fläche vor uns als leicht ansteigend und eine sanfte Steigung als steil. Weil wir Wanderer zu Fuß langsamer unterwegs sind, ist das für uns kein großes Problem, doch Motorradfahrer und
Radfahrer fallen regelmäßig darauf herein und müssen dann bei starkem Gefälle wesentlich stärker bremsen, als sie zunächst angenommen hatten.

Diese Gefälle-Illusion ist Teil eines größeren Komplexes, der von Wanderern stets unterschätzt wird. Unsere momentane Perspektive beeinflusst all unsere Wahrnehmungen. Schauen Sie deshalb, wenn Sie auf einem schmalen Grat balancieren, niemals auf etwas, das sich bewegt. Sollten Sie jemals über einen schmalen Steg oder einen Baumstamm gehen müssen, dann schauen Sie dabei nicht auf das fließende Wasser, denn das würde Ihnen das Balancieren so gut wie unmöglich machen.

Erst wenn wir uns selbst dazu erzogen haben, unsere Umgebung aufmerksam zu betrachten, können wir das lustige Spiel der Schlussfolgerungen spielen. Beginnen wir zunächst mit allgemeineren Beobachtungen. Die Nordseiten und die Südseiten von Bergen führen ein sehr unterschiedliches Leben, das von verschiedenen Ausmaßen an Sonnenbestrahlung bestimmt wird. Wind und Niederschläge können die Auswirkungen verändern, doch gewöhnlich ist die Vegetation an der nach Süden ausgerichteten Seite üppiger, während man an der nach Norden ausgerichteten Seite eher Spuren von Gletschern entdecken kann. Schneegrenzen, Baumgrenzen und menschliche Siedlungen liegen an den Südseiten stets etwas höher als an den Nordseiten, und die Pflanzen des Südhangs sind ihren Artgenossen am Nordhang beim Austreiben und Blühen stets einige Tage voraus.

Hänge, die dem in der Region vorherrschenden Wind ausgesetzt sind, weisen gewöhnlich eine dünnere Erdschicht und niedrigere Bäume als windgeschützte Bereiche auf. Asymmetrien deuten stets darauf hin, dass sich hier Hinweise verbergen.

Sobald Sie sich angewöhnt haben, aufmerksam zu sein und Zeichen zu bemerken, werden Sie in der Lage sein, sich auf Feinheiten zu konzentrieren. Selbst einem ungeübten Auge fallen die Wälle oder Hecken rings um eine Wiese herum auf, der aufmerksame Wanderer aber bemerkt das Tor an einer Ecke der Weide. Wo hat sich der doppelte Hinweis versteckt? Wenn Sie weiterlesen, werden Sie es erfahren.

Mit SORTED ordnen Sie Ihre Beobachtungen


Durch das Skizzieren einer Landschaft lernt man, sie effektiver zu betrachten. Es gibt jedoch auch eine fortgeschrittenere Technik, die ich Get Sorted nenne, nach dem Akronym, das sich aus den Anfangsbuchstaben der Bezeichnungen für die Dinge ergibt, auf die Sie achten sollten.

S – Shape = Landschaftsform, Relief

O – Overall character = allgemeiner Charakter

R – Routes = Straßen

T – Tracks = Spuren

E – Edges = Ränder

D – Detail = Einzelheiten

Wenn Sie sich an diese sechs Schritte halten, finden Sie mehr nützliche Hinweise, als wenn Sie versuchen, alles gleichzeitig aufzunehmen. Über jeden einzelnen Schritt könnte ich ein ganzes Buch schreiben, doch hier geht es mir darum, Ihnen die Methode zu erklären, jeden Schritt zu erläutern, und Ihnen einige unterhaltsame und nützliche Beispiele zu liefern. Außerdem sollten Sie auch wissen, dass es zwei Phasen gibt: Durch SOR machen Sie sich ein Bild Ihrer Umgebung, mittels TED finden Sie die versteckten Hinweise – und an diesem Punkt angelangt, beginnt es...

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