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Die geplünderte Republik

Wie uns Banken, Spekulanten und Politiker in den Ruin treiben

AutorThomas Wieczorek
VerlagVerlagsgruppe Droemer Knaur
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783426400579
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Unfassbare Summen werden in das wankende Finanzsystem gepumpt, aberwitzige Milliardenbeträge für Wirtschaftshilfen bereitgestellt, und die Schuldigen an der Krise machen einfach weiter wie bisher - während gleichzeitig immer mehr Arbeitsplätze wegbrechen, Kommunen und Bürger in die Pleite rutschen. Selbst unsere Kinder werden noch für die Gier der Banker und Wirtschaftslenker und die Unfähigkeit willfähriger Politiker zahlen müssen. Gewohnt scharfzüngig deckt Thomas Wieczorek auf, wer von der Krise profitiert, wie tief der Graben in unserer Gesellschaft bereits geworden ist und wie gefährlich das für uns alle noch werden kann. Die geplünderte Republik von Thomas Wieczorek: im eBook erhältlich!

Thomas Wieczorek (1953 - 2013) war Journalist und Parteienforscher. Nach einem VWL-Studium an der Freien Universität Berlin arbeitete er u.a. für die dpa und Reuters und als freier Journalist für die Frankfurter Rundschau, den Deutschlandfunk, den Südwestfunk sowie den Eulenspiegel. Thomas Wieczorek, der über 'Die Normalität der politischen Korruption' promovierte, war Autor mehrerer politischer Debattenbücher, darunter die Bestseller 'Die Dilettanten', 'Die verblödete Republik' und 'Die geplünderte Republik'.

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Leseprobe

Vorwort


Auch wenn es Vertreter von Politik, Medien und Wirtschaft ständig behaupten und Hinz und Kunz es nachbeten: Die vermeintliche »Weltfinanzkrise« ist keinesfalls eine globale Krise. Sie betrifft die großen westlichen Industrienationen und ihre Finanzmetropolen wie Frankfurt, Zürich, New York, London und Tokio. Andere, teils noch viel größere Volkswirtschaften wie Indien oder China, brachen zwar bei ihren Exporten und als Folge davon auch im Wachstum ein, aber im Vergleich mit den gigantischen Crashs im Westen war dies geradezu harmlos. Ähnliches gilt auch für andere »Schwellenländer« wie Argentinien, Australien, Brasilien, Indonesien, Saudi-Arabien und Südafrika. In vielen dieser Staaten und in den meisten Ländern dieser Welt geht es gar nicht oder nur ganz am Rande um Finanzkrise, Börsenabstürze, Bankenzusammenbrüche, Managergehälter oder Boni, sondern um unvorstellbare Armut, um verhungernde Kinder oder um Aids.

Deshalb kommt es keineswegs unerwartet, dass seit dem G-20-Gipfel von Pittsburgh Ende 2009 vor allem die großen Staaten wie Brasilien, China und Indien sehr selbstbewusst und vor allem einheitlich auftraten. »Wir hatten es diesmal mit einer Wand zu tun«, klagte man in der deutschen Delegation. Die Drohung: »Entweder ihr macht große Konzessionen bei der Reform der internationalen Organisationen, oder wir lassen den Gipfel platzen.« [1]

Hier findet die wahre Globalisierung statt, ob es den reichen Nationen nun passt oder nicht. Und nur wer dies zumindest im Hinterkopf hat, kann sich mit dem nationalen Problem Geplünderte Republik seriös auseinandersetzen.

 

Wer aber sind nun eigentlich die wahren Plünderer der Republik, die wirklichen Schmarotzer und Parasiten, das »arbeitsscheue Gesindel«?

Diejenigen, die 30 Jahre lang ehrliche Arbeit geleistet haben, um sich dann von den häufig geistig-moralisch oder fachlich minderbemittelten »Dienstleistern« der Arbeitsagentur beschimpfen und niedermachen zu lassen?

Oder diejenigen, die ihr Vermögen geerbt haben und sich auch und gerade während der Wirtschaftskrise ein schönes Leben machen, sich mit Glamour-Girls oder mit Gigolos vergnügen, denen sie mal eben fünf Millionen Euro rüberschieben können? Oder warum sonst frohlockt Welt Online am 21. Juli 2009: »Luxusmode: Die Haute Couture trotzt der Wirtschaftskrise«? Und die Baseler Zeitung titelt am 10. August 2009: »Ferraris neuer Flitzer gegen die Krise«.

All dies ginge in Ordnung, hieße es in Artikel 1 des Grundgesetzes: »Die Rechte der Erben, Spekulanten, Aktionäre und anderer Bezieher leistungsloser Einkommen sind unantastbar.« Stattdessen heißt es dort aber: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Ebenso verhält es sich mit dem Sozialstaat. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat, steht in Artikel 20, womit das Einstehen der Starken für die Schwachen keine Frage von Lust, Laune oder Mildtätigkeit ist. Und dass Eigentum verpflichtet, ist durch den Artikel 14 Verfassungsgebot: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Und der Artikel 15 geht noch weiter: Der Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.

Vor diesem Hintergrund bedeutet die Frage nach den Ursachen der geplünderten Republik, inwieweit und ob überhaupt die Starken ihren verfassungsmäßigen Pflichten gegenüber dem Gemeinwesen nachkommen. Insofern mutet es geradezu skurril an, dass ausgerechnet die Superreichen in Form der Rettungsschirme zwei- bis dreistellige Milliardenbeträge forderten und auch erhielten, während für die Renovierung von Schulen und die Einstellung von Lehrern oder Erziehern kein Geld da ist.

Fast erinnert das Ganze an die letzten Tage von Pompeji oder den Untergang des Römischen Reiches: Man greift ab, was nur abzugreifen ist, wohl wissend, dass sowieso bald alles vorbei ist.

Nun führen nicht nur viele Wege nach Rom, sondern auch zur Plünderung unserer Republik. Der nach wie vor beliebteste ist die Privatisierung. Der Staat verscherbelt im wahrsten Sinne des Wortes »alles Mögliche«, und die Zeche zahlt – wer auch sonst? – die Bevölkerung: Ob irrwitzige Preise für Strom, Gas oder Wasser, eine teilweise lebensgefährliche und unzuverlässige Bahn oder indiskutable Zustände in Krankenhäusern – hinterher ist das Geschrei der Politheuchler groß. Dabei ist die Desasterserie kein Wunder: Das hochtrabende Wort Investor bezeichnet ja nur einen Menschen, der Geld irgendwo hineinsteckt und es ohne einen eigenen Handschlag optimal vermehrt haben will: Auch ein Lottospieler ist in diesem Sinne ein Investor.

Unterm Strich bestätigt sich die alte Volksweisheit: Nur die Reichen können in einem armen Staat leben. Während die Supermarktkassiererin Emma Krause und der Möbelpacker Erwin Lehmann kaum die Schulbücher für ihren Nachwuchs bezahlen können, vergnügen sich die Berufssöhne und -töchter der »Besserverdiener« am Swimmingpool Schweizer Elitegymnasien, lassen ihre geistige Unterbelichtung durch Heerscharen von Privatlehrern therapieren und haben ja ohnehin schon eine Lebensstellung als Nachfolger in Papis Firma sicher. Oder?

Hinzu kommt das streng gehütete Mysterium der Gläubiger des hochverschuldeten Staates. Die Antwort auf die Frage, wer am Ende wirklich die Zeche zahlt, lautet nämlich: Da die Staatsschulden vorwiegend aus Staatsanleihen, Bundesschatzbriefen und Ähnlichem bestehen, sind es die Bürger selbst. Wobei wir wieder beim Problem landen, wer denn »die Bürger« überhaupt sind. Besitzt eine alleinerziehende Mutter mit einem Putzfrauenjob genauso viele Staatsanleihen wie ein Milliardenerbe, ein Großkonzern oder eine FDP-Bundestagsabgeordnete? Nimmt man noch die simple Tatsache hinzu, dass Bundesschatzbriefe jeder kaufen kann, also auch russische Wirtschaftskriminelle oder nahöstliche Emirate, wird es vollends undurchsichtig.

Was dem Normalbürger bleibt, ist die Gewissheit, letztendlich auf der Rechnung sitzenzubleiben und sie begleichen zu müssen.

Die besondere Pointe dabei ist, dass es sich bei der geplünderten Republik keinesfalls um eine Fehlentwicklung, sondern um die klassische Form unserer innig geliebten Marktwirtschaft handelt. Alle anderen Varianten der Erklärung folgen der Logik: »Wasch mich, aber mach mich nicht nass.«

 

Den inneren – und auch logischen – Zusammenhang von Marktwirtschaft und Ausplünderung der Gesellschaft erhellte im Sommer 2009 der große Skandal um die Halbgötter in Weiß. »Ärzte sahnen bei Klinik-Einweisungen ab«, gab der der Focus preis. [2] So bezahlten Kliniken nach Insider-Angaben immer öfter Ärzte, wenn sie ihnen Kranke zur Behandlung schicken. Medizinische Gründe stehen dabei offenbar kaum im Vordergrund. Krankenhäuser zahlen nach Recherchen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für einen Patienten, der eine neue Hüfte bekommt, bis zu eintausend Euro. Und mittlerweile sei dies in allen Fachrichtungen üblich. »Dass niedergelassene Ärzte von Krankenhäusern Prämien für die Einweisung von Patienten erhalten, ist ein unfassbarer Skandal«, moniert der Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch.

Ebenso kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU), vor allem in Ballungsräumen sei die Konkurrenz unter den Kliniken groß. Die Häuser gingen zunehmend dazu über, Ärzte für Patienten mit bestimmten Diagnosen zu bezahlen. Laut DGU handelt es sich um Summen, die das 10- bis 20-Fache des normalen Honorars für Urologen pro Quartal und Patient ausmachen. Dabei ist die DGU noch eher höflich: »Ob die Zuweiser die Prämie fordern oder annehmen – es bleibt ein juristisch und ethisch überaus fragwürdiges Prozedere.« Deutlicher wird da schon Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe. Geld für eine Einweisung zu nehmen, sei »total verboten«. Doch die Medizin sei in hohem Maß kommerzialisiert. »Da halten die Ehrenkodexe nicht mehr.«

Patientenschützer Brysch nennt auch »die Opfer solcher Machenschaften«, nämlich »in erster Linie die Schwerstkranken und Sterbenden«. In ihren letzten Lebensmonaten würden sie im Schnitt fünfmal zwischen Pflegeheim und Krankenhaus hin und her überwiesen.

Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass trotz des Ansteigens der Arbeitsproduktivität und des gesamtgesellschaftlichen Reichtums neben dem Einkommen auch die Lebensqualität der Normalbürger rapide abnimmt und dass dies offenbar ein Grundgesetz der Marktwirtschaft ist.

 

Die Plünderung der Gesellschaft hat viele Gesichter unterschiedlichster Größe und Qualität, wobei den Rettungsschirmen für Banken und die Realwirtschaft der eindeutige Spitzenplatz zukommt. Den Staat wegen seiner »Einmischung« beschimpfen, in der selbstverschuldeten Not aber Geld von ihm nehmen und dann noch dreister weitermachen als zuvor: So lautet die wahre neoliberale Logik.

Man darf gespannt sein, wie lange die Bürger sich das bieten lassen. 28,8 Prozent Nichtwähler und eine Kanzlerin, der nicht einmal jeder fünfte Wahlberechtigte seine Stimme gab, sprechen eine deutliche Sprache. [3] Die Bundestagswahl 2009 brachte der FDP, die in den Augen der Bevölkerungsmehrheit...

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