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Die Geschichte der BSG 'Aufbau Börde' Magdeburg von 1949-1955 unter besonderer Berücksichtigung ihres Förderers Hermann Erdwig

AutorSebastian Knobbe
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl133 Seiten
ISBN9783638498463
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Gesundheit - Sport - Sportgeschichte, Note: 1,5, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (Institut für Sportwissenschaft), 42 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: In der DDR reichte der totalitäre Herrschaftsanspruch der SED bis in alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Dieses 'Hineinregieren' der Staatspartei schloss eine Selbstbestimmung von Organisationen und sozialen Gruppen weitestgehend aus. Dabei wurde der Bereich des Sports von den SED-Funktionären keinesfalls ausgeklammert. Im Gegenteil, der Sport und die ihm zugedachte Rolle im Staat und in der Gesellschaft sind historisch ohne Pendant. Laut Krüger (1993) war der Sport nie zuvor von einem Staat so stark gefördert worden, und noch nie hatte er so ausgeprägt als Stütze eines Regimes gedient, wie dies in der DDR der Fall war (S.173). Für Gallinat (1997) war die politisch instrumentalisierte Körperkultur das am weitesten entwickelte Subsystem der DDR (S.11). Der Untergang der DDR im Jahre 1990 bedeutete auch für das Subsystem Sport das abrupte Ende seiner Existenz. Seitdem bildete die Geschichte des DDR-Sports mehr als nur einmal den Gegenstand von mal mehr und mal weniger wissenschaftlichen Publikationen. Die Öffnung der ostdeutschen Archive und das gewachsene öffentliche Interesse am DDR-Sport sorgten nach 1989/90 für eine regelrechte Flut von Veröffentlichungen zum DDR-Sportsystem. Drohte dabei zunächst eine Verengung auf die medial reüssierenden Themen 'Doping' und 'Stasi', so gelang es nicht zuletzt durch die Bereitstellung öffentlicher Mittel, eine breitere Forschung zu initiieren. Auf diese Weise konnten gerade in den letzten Jahren auch weniger medienbelastete Bereiche des DDR-Sports (etwa der Alltags- oder der Schulsport) thematisiert werden. Dennoch weist auch der derzeitige Forschungsstand noch unverkennbare Lücken auf. Insbesondere regionale und biografische Arbeiten sowie Forschungen zur Geschichte einzelner Institutionen stehen überwiegend aus. Ein weiteres Defizit besteht u.a. darin, dass neuere Forschungen zum gesamten Komplex des Betriebssports fehlen (vgl. Becker 2001b, S.51-52). Genau diese Bereiche der DDR-Sportgeschichte bilden die Eckpfeiler der vorliegenden Arbeit: Es wird die Entwicklung einer Magdeburger Betriebssportgemeinschaft (BSG) in den ersten Jahren ihres Bestehens untersucht. In diesem Zusammenhang wird ein besonderes Augenmerk auf den ersten 1. Vorsitzenden der BSG, Hermann Erdwig, gelegt. Den zeitlichen Rahmen der Arbeit bilden im Großen und Ganzen die Jahre 1949 und 1955.

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Leseprobe

1     Einleitung 


 

In der DDR reichte der totalitäre Herrschaftsanspruch der SED bis in alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Dieses „Hineinregieren“ der Staatspartei schloss eine Selbstbestimmung von Organisationen und sozialen Gruppen weitestgehend aus. Dabei wurde der Bereich des Sports von den SED-Funktionären keinesfalls ausgeklammert. Im Gegenteil, der Sport und die ihm zugedachte Rolle im Staat und in der Gesellschaft sind historisch ohne Pendant. Laut Krüger (1993) war der Sport nie zuvor von einem Staat so stark gefördert worden, und noch nie hatte er so ausgeprägt als Stütze eines Regimes gedient, wie dies in der DDR der Fall war (S.173). Für Gallinat (1997) war die politisch instrumentalisierte Körperkultur das am weitesten entwickelte Subsystem der DDR (S.11).

 

Der Untergang der DDR im Jahre 1990 bedeutete auch für das Subsystem Sport das abrupte Ende seiner Existenz. Seitdem bildete die Geschichte des DDR-Sports mehr als nur einmal den Gegenstand von mal mehr und mal weniger wissenschaftlichen Publikationen. Die Öffnung der ostdeutschen Archive und das gewachsene öffentliche Interesse am DDR-Sport sorgten nach 1989/90 für eine regelrechte Flut von Veröffentlichungen zum DDR-Sportsystem. Drohte dabei zunächst eine Verengung auf die medial reüssierenden Themen „Doping“ und „Stasi“, so gelang es nicht zuletzt durch die Bereitstellung öffentlicher Mittel, eine breitere Forschung zu initiieren. Auf diese Weise konnten gerade in den letzten Jahren auch weniger medienbelastete Bereiche des DDR-Sports (etwa der Alltags- oder der Schulsport) thematisiert werden. Dennoch weist auch der derzeitige Forschungsstand noch unverkennbare Lücken auf. Insbesondere regionale und biografische Arbeiten sowie Forschungen zur Geschichte einzelner Institutionen stehen überwiegend aus. Ein weiteres Defizit besteht u.a. darin, dass neuere Forschungen zum gesamten Komplex des Betriebssports fehlen (vgl. Becker 2001b, S.51-52).

 

Genau diese Bereiche der DDR-Sportgeschichte bilden die Eckpfeiler der vorliegenden Arbeit: Es wird die Entwicklung einer Magdeburger Betriebssportgemeinschaft (BSG) in den ersten Jahren ihres Bestehens untersucht. In diesem Zusammenhang wird ein besonderes Augenmerk auf den ersten 1. Vorsitzenden der BSG, Hermann Erdwig,  gelegt. Den zeitlichen Rahmen der Arbeit bilden im Großen und Ganzen die Jahre 1949 und 1955. Während das Jahr 1949 das Gründungsjahr der BSG markiert, bringt das Jahr 1955 durch die Einrichtung des SC Aufbau Magdeburg eine wesentliche Zäsur mit sich. Durch die Herauslösung des Leistungssports aus der BSG begann für die Sportgemeinschaft in diesem Jahr ein neuer Entwicklungsabschnitt. Angemerkt sei noch, dass die zeitlichen Grenzen im Folgenden nicht immer dogmatisch eingehalten werden können. So ist es z.B. selbstverständlich, dass auch die Zeit unmittelbar vor der BSG-Gründung mit berücksichtigt werden muss. Nur so ist es möglich, sowohl den Zeitpunkt als auch die Ursachen für die Gründung verständlich zu machen.   

 

Um die Geschichte der BSG im besagten Zeitraum angemessen und nachvollziehbar aufarbeiten zu können, ist es nicht damit abgetan, einen chronologischen Werdegang der BSG zu liefern. Eine solche Vorgehensweise korrespondiert weder mit dem Charakter und schon gar nicht mit dem Ziel dieser Arbeit. Will man die Geschichte der BSG von Grund auf erarbeiten – und genau darum soll es ja gehen – so darf sie nicht für sich betrachtet werden. Ihre Entwicklung kann nur vor dem Hintergrund der allgemeinen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnisse sowie unter besonderer Berücksichtigung der Sportentwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bzw. in der DDR gesehen werden. Nur mit Rücksichtnahme auf die gesellschaftshistorischen Implikationen kann es gelingen, eine BSG-Geschichte zu verfassen, deren Aussagewert über die Aneinanderreihung der erreichten sportlichen Erfolge hinausreicht. Dennoch darf dabei nicht der Fehler begangen werden, die BSG Aufbau Börde aus dem Focus der Betrachtungen zu verlieren. Um diesem Anspruch zu genügen, wird in der Arbeit folgendermaßen verfahren:

 

Bevor im Speziellen auf die BSG Aufbau Börde eingegangen werden kann, gilt es zunächst der Frage nachzugehen, wieso es gerade im Jahre 1949 zu deren Gründung kommen konnte. In diesem Zusammenhang wird die Aufmerksamkeit auf die Sportentwicklung in der SBZ gerichtet. Das Anliegen dieses Kapitels besteht darin, einen Abriss über die strukturelle Sportentwicklung in der SBZ bis zur Gründung des Deutschen Sportausschusses im Oktober 1948 zu geben. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die institutionelle Entwicklung des Magdeburger Sports gelegt, da diese einige Besonderheiten aufzuweisen hat. Nur auf der Grundlage dieser Kenntnisse ist es möglich, die Gründung der BSG im Jahre 1949 nachzuvollziehen, welche den Gegenstand des dritten Kapitels bildet. Neben der Gründung der BSG Börde – Alte Neustadt (die Umbenennung in die BSG Aufbau Börde erfolgte erst später) wird auch deren Aufbau und ihre Entwicklung unter ihrem 1. Vorsitzenden Hermann Erdwig bis zum Ende des Jahres 1949 untersucht. Dabei wird gezeigt, welchen Weg die BSG in den ersten Monaten ihres Bestehens einschlug und mit welchen Problemen man sich hier konfrontiert sah. Im vierten Kapitel wird der Blickwinkel der Untersuchungen erneut ausgeweitet, wobei der Bezug zur BSG gewahrt bleibt. Im Mittelpunkt steht hier die DDR-Sportpolitik zwischen 1950 und 1955. Es gilt zu verdeutlichen, welche Ziele mit der Reorganisation des Sports auf Produktionsbasis, der Gründung des Staatlichen Komitees für Körperkultur und Sport und der Bildung von Schwerpunkten des Leistungssports bzw. der Errichtung von Sportclubs verfolgt wurden. Des Weiteren werden die sich aus diesen Beschlüssen für die BSGen der DDR ergebenden Konsequenzen analysiert. Die so gewonnenen Erkenntnisse besitzen dann speziell für das fünfte Kapitel Voraussetzungscharakter. In diesem umfangreichsten Teil der Arbeit wird sich mit verschiedenen Indikatoren der BSG-Entwicklung bis zum Jahre 1955 auseinandergesetzt. Zu Beginn wird hier ein Blick auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen und der Sektionen geworfen. Im Anschluss daran wird die Arbeitsweise der BSG-Leitung und der Sektionen kritisch betrachtet. Zudem werden jene Konsequenzen diskutiert, die sich für die BSG infolge der Gründung des SC Aufbau Magdeburg ergaben. Ganz besonderes Interesse wird außerdem der Sportstättensituation bei der BSG entgegengebracht. Diesbezüglich wird danach gefragt, wie sich die Trainings- und Wettkampfbedingungen im untersuchten Zeitraum veränderten und welchen Einfluss Hermann Erdwig hierauf hatte. Das abschließende Kapitel ist dann der erwähnten Tatsache geschuldet, dass die Geschichte der BSG nur mit Rücksicht auf die gesellschaftspolitischen Verhältnisse der Zeit erklärt werden kann. Eingangs soll anhand der Volkskammerwahlen von 1950 und 1954 untersucht werden, wie man seitens der Staatsführung und der ihr untergeordneten Institutionen versuchte, die Mitglieder der BSG im Vorfeld der Wahlen von der richtigen Entscheidung zu „überzeugen“. Anschließend wird danach gefragt, in welcher Weise die Angehörigen der BSG an den Ereignissen des 17. Junis in Magdeburg beteiligt waren. An dieser Stelle wird auch überprüft, ob es innerhalb der BSG schon vor den Geschehnissen eventuelle Hinweise auf die bevorstehende Krise gab. Schließlich werden die Folgen besprochen, die sich aus der Juniereignisse für die BSG ergaben. Im letzten Punkt des sechsten Kapitels geht es dann um die deutsch-deutschen Sportbeziehungen der BSG. Hierbei steht die Entwicklung dieser Kontakte im Mittelpunkt des Interesses. Außerdem gilt es zu ermitteln, ob sich die von der SED-Regierung bzw. von der Sportführung initiierte Politisierung der gesamtdeutschen Sportkontakte bis auf die Ebene der BSG ausgewirkt hat oder nicht. 

 

Hinsichtlich der verfügbaren Literatur muss grundsätzlich zwischen solchen Schriften unterschieden werden, die sich explizit mit der Geschichte der BSG Aufbau Börde befassen und jenen Veröffentlichungen, welche die Sportentwicklung der SBZ bzw. der DDR zum Gegenstand haben. Was den letztgenannten Bereich angeht, der ja auch für die vorliegende Arbeit von Interesse ist, erweist sich die Literaturlage als vergleichsweise gut. Gerade von der neuesten Forschung wurde vorzugsweise die Genese der Sportstruktur in der SBZ und dann in der DDR recht ausführlich behandelt, wobei jedoch die oben genannten Einschränkungen zu berücksichtigen sind. Für die Kapitel zwei, vier und sechs dieser Arbeit werden vornehmlich die Sammelbände von Becker und Buss (2001), Fiebelkorn et al. (2002), Nitsch und Peiffer (1995) sowie die Monografie von Gallinat (1997) herangezogen. Neben diesen und weiteren Publikationen werden punktuell auch die Ergebnisse der älteren Forschung mit berücksichtigt (u.a. Ehmke (1958), Kühnst (1982), Nicklaus (1982)).

 

Zur Geschichte der BSG Aufbau Börde liegen weder von der neueren noch von der älteren Forschung wissenschaftliche Abhandlungen vor. Einzig eine zu Ehren des 40. Geburtstages verfasste Chronik der BSG sowie eine vom MSV Börde herausgegebene Festschrift anlässlich des 50-jährigen Vereinsjubiläums befassen sich mit der Geschichte der Sportgemeinschaft (vgl. „40 Jahre BSG Aufbau Börde“, 1989; „50 Jahre MSV Börde Magdeburg 1949 e.V.“, 1999)[1]. Obwohl diese Arbeiten wissenschaftlichen Kriterien nicht genügen, enthalten sie dennoch die eine oder andere relevante Information. Allerdings hat man sich beim Umgang mit diesen Schriften stets deren...

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