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Die Geschichten des Geldes

Von der Kaurischnecke zum Goldstandard - So entwickelte sich das Finanzsystem

AutorMichael Vaupel, Vivek Kaul
VerlagBörsenbuchverlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783864703287
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Spekulationsblase am Neuen Markt, Bankenkrise 2008 und griechische Schuldenkrise - lauter Themen, die die Finanzmärkte bewegten und bewegen. Doch wer einen Schritt zurücktritt und das große Bild sieht, bemerkt: So neu ist das alles gar nicht! Die Geschichte gibt wertvolle Hinweise zum Verständnis der Gegenwart. Dass sich Geschichte wiederholt, zeigen die beiden Autoren anhand vieler Geschichten des Geldes. Inflation, Deflation, Abwertung, irrationalen Überschwang, Bankenpleiten und -rettungen gab es immer schon: im Spanien des 16. Jahrhunderts, im Großbritannien des 17. Jahrhunderts, im Frankreich des 18. Jahrhunderts und in den USA des 19. Jahrhunderts. Lehr- und anekdotenreich vermitteln die Autoren gewissermaßen nebenbei ein tiefes Verständnis für die Ursprünge des Finanzsystems - und damit auch für seine aktuellen Kapriolen. So zeigt sich: Der Weg von der Kaurischnecke zur Kreditklemme ist nicht weit.

Michael Vaupel ist Finanzjournalist, gefragter Interviewpartner und Autor mehrerer Bücher, darunter ein Standardwerk zur Geldanlage in strategischen Metallen. Vivek Kaul ist ein renommierter indischer Finanzanalyst, der unter anderem für The Times of India sowie Forbes India geschrieben hat.

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Leseprobe

GOLD – NÜTZLICH ODER NUTZLOS?


 

„Du verlangst nach Gold, und Ich
wünsche, dass du dich von ihm löst.
Du wähnst dich reich in seinem Besitz,
wo Ich in der Heiligung davon deinen
Reichtum sehe. Bei Meinem Leben! Dies
ist Mein Wissen, jenes dein Wahn – wie
passt beides zueinander?“

– VERBORGENE WORTE BAHÁ’U’LLÁHS, 1858

Bei Barter-Geschäften wurden Tauschverhältnisse zwischen zwei Gütern angegeben. So konnte ein Pferd 50 Hühner wert sein. Und ein Huhn wiederum konnte für zehn Eier gehandelt werden. Ein Ei wiederum konnte vielleicht für 50 Gramm Zucker eingetauscht werden, diese wiederum gegen eine bestimmte Menge Salz. Auf diese Weise konnte man auch bestimmen, gegen wie viele Kilogramm Zucker oder Salz ein Pferd eingetauscht werden konnte. Das ist aber alles recht verwirrend. Stellen Sie sich vor, Sie müssten sich all diese Tauschverhältnisse merken – und zwar für eine ganze Reihe weiterer Güter. Denn laut Schätzungen sind in Städten wie London oder New York rund zehn Milliarden verschiedene Produkte im Angebot.1 Wenn weltweit Barter- statt Geldgeschäfte stattfinden würden, dann wäre das wahrscheinlich ein großes Durcheinander. Aber dies sind nur theoretische Überlegungen, denn ohne die Einführung von Geld hätten sich die Volkswirtschaften wahrscheinlich gar nicht auf diese Art und Weise entwickelt, welche das Angebot von so vielen unterschiedlichen Gütern ermöglicht.

In einer Wirtschaft, die nur auf Barter-Geschäften beruht, wäre es auch viel schwieriger zu bestimmen, ob ein Unternehmen Verlust oder Gewinn erwirtschaftet. Wenn jemand drei Eimer Weizen, acht Eier und zwei Karpfen erhalten und dafür vier Tongefäße und eine Schüssel Beeren gegeben hat – hat er damit einen „Gewinn“ erzielt oder einen „Verlust“? Der Ökonom Murray Rothbard stellte für diesen Fall die Frage auf: „Wie in der Welt könnte man herausfinden, wie gut man dabei abschneidet?“2 Durch die Einführung von Geld wurde dieses Problem gelöst. Jedes Gut hatte nun einen Preis – statt einer Vielzahl von Tauschverhältnissen, welche man sich sonst hätte merken müssen. Das vereinfachte das Wirtschaftsleben erheblich. Umsätze und Ausgaben konnten nun berechnet werden, was dem menschlichen Unternehmertum wie nichts zuvor einen gewaltigen Schub versetzte.

Außerdem hatten die Rohstoffe, welche zuerst als Geld genutzt wurden, ihre eigenen Probleme. Nehmen wir die Kaurischnecken: Sie waren zerbrechlich und mussten vorsichtig transportiert werden. Trotzdem blieben sie jahrhundertelang „Geld“. Tiere, welche ebenfalls als Geld genutzt wurden (und in manchen Teilen der Welt immer noch genutzt werden), konnten nicht einfach geteilt werden, um kleinere Käufe durchzuführen. Aber sie waren eine Wertaufbewahrungsmöglichkeit. Der Rohstoff, der letztlich als Geld genutzt wurde, wurde von einer Vielzahl von Faktoren bestimmt. Dazu gehörten die örtliche Kultur, die Gegend und sogar das Wetter. Butter, die zeitweise von den alten Norwegern als Geld genutzt wurde, wäre in anderen Gegenden der Welt sofort geschmolzen. Salz wiederum wurde im westlichen Afrika in der Sahara sowie in der Sahel-Zone als Geld genutzt – diese Gegend ist im weltweiten Vergleich sehr trocken. Es wäre hingegen unpraktisch gewesen, Salz in regenreichen Gebieten als Geld zu verwenden.

Ein Hundezahn als Trinkgeld …


Rohstoffe wie Mandeln, Kakaobohnen, Reis, Weizen und Tabak, die als Geld genutzt wurden, waren nicht so zerbrechlich wie Kaurischnecken, aber sie waren ein schlechtes Wertaufbewahrungsmittel. Es bestand immerhin die Möglichkeit, dass sie von Nagetieren und/oder Insekten gefressen wurden. Es gab immer das Risiko eines zu knappen Angebots oder im Gegenteil von zu viel Angebot eines Rohstoffs, der als Geld genutzt wurde. Was für Eigenschaften musste also ein Rohstoff haben, der Geld wurde? Er musste dauerhaft sein und nicht zerbrechlich. Sein Angebot musste stabil sein. Und am wichtigsten: Die Menschen, welche das Geld nutzten, mussten es auch bereitwillig als Geld akzeptieren. Zum Beispiel wurden auf den Salomon-Inseln im Pazifik jahrhundertelang Delfinzähne als Geld genutzt. Sogar noch im Jahr 2008 soll neues Interesse an Delfinzähnen als Geld aufgekommen sein. Der Preis für einen Delfinzahn schoss damals um das Vierfache nach oben, auf zwei Salomonen-Dollar. Der Gouverneur der Zentralbank der Salomon-Inseln gab zu, dass auch er Delfinzähne gekauft hatte.3 Auf den Admiralitätsinseln Neuguineas wiederum wurden Hundezähne als Geld genutzt, was einige auswärtige Besucher der Inseln wiederum ekelhaft fanden.4

Als die Menschen lernten, Erze zu verarbeiten und auf diese Weise Werkzeuge und Waffen herzustellen, erhielten Metalle einen Wert.5 Darüber hinaus erfüllten einige Metalle die grundlegenden Voraussetzungen, die ein Rohstoff benötigte, um als Geld genutzt werden zu können. Sie wurden von jedem akzeptiert. Sie lösten sich nicht auf und waren haltbar. Da sie nicht in großen Mengen vorkamen, konnten kleine Mengen hohen Wert haben. Sie waren tragbar. Und sie konnten relativ leicht in kleinere Mengen geteilt werden. Selbst wenn sie zerbrachen, hatten sie immer noch Wert und Qualität.6 Und anders als viele andere Formen von Geld waren Metalle gute Wertaufbewahrungsmittel.

Wenn es um Seltenheit ging, dann waren Dinge wie Diamanten oder Rubine sicher eine bessere Wette. Aber es war schwer, die Qualität eines Diamanten und anderer Edelsteine zu bestimmen. Experten konnten da auch unterschiedlicher Ansicht sein. Bei Metallen hingegen gab es diese Probleme nicht oder kaum. Denn die waren entweder zu 99 % rein oder nicht. Sie wogen 100 Gramm oder nicht. Und es gab keine großen Unterschiede, wenn es um die Expertenmeinung zur Qualität ging.7 Diese Homogenität der Metalle war ein wichtiger Grund, weshalb sie als Geld verwendet wurden. Setzte man die Menge zum Wert in Relation, waren auch die Transportkosten gering.8 Metalle waren außerdem nicht so schnell vergänglich wie andere Rohstoffe. Deshalb boten sie die Möglichkeit, Reichtum aufzubewahren, welcher dann an die folgenden Generationen weitergegeben werden konnte.

Zudem waren Metalle geografisch verteilt, sodass kein einzelnes Land das gesamte Angebot kontrollierte.9 Metalle konnten auch leicht gewogen werden. Und das ist ein Grund dafür, warum Gewichtseinheiten oft zu den Namen von Geldmünzen (und später von Papiergeld!) wurden. Pfund, Schekel, Lira oder Drachme – das sind oder waren alles auch Gewichtseinheiten.10 Wie der griechische Philosoph Aristoteles – Lehrer von Alexander dem Großen – sinngemäß sagte: Es wurde notwendig, an bestimmte Rohstoffe zu denken, welche leicht zu handhaben waren, sicher transportiert werden konnten und die auf so vielfältige Weise genutzt werden konnten, dass sie sicherstellten, dass immer im Austausch für sie die gewünschten Güter erhalten werden konnten.11

Das schwedische Plattengeld: Eine „Münze“ konnte zehn Kilogramm wiegen


Metalle wie Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Platin, Blei, Nickel, Zinn und andere wurden zu unterschiedlichen Zeiten von unterschiedlichen Zivilisationen als Geld genutzt. In Russland wurde Platin eine kurze Zeit lang als Geld genutzt. Und in Schweden wurde erstmals zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges und danach bis ins 18. Jahrhundert Kupfer als Geld gebraucht. Dazu wurde das sogenannte Plattengeld geprägt. Eine „Münze“ im Wert von vier Talern war eine rechteckige, vier Kilogramm schwere Kupferplatte. Damit schickte man sein Kind wohl nicht zum Bäcker, um ein Brot zu kaufen. In die vier Ecken des Plattengeldes wurde jeweils das Herrschermonogramm geprägt, damit sich Betrüger nicht einfach eine Ecke abzwacken konnten. Es gab auch „Münzen“ – Plattengeld – mit dem aufgedruckten Wert von zehn Talern. Das waren dann entsprechend zehn Kilogramm schwere Kupferplatten – gewissermaßen das Gegenteil zur heutigen „Politik des leichten Geldes“. Hier zeigt sich der Nachteil davon, dass zu jener Zeit in Schweden Kupfer als Grundlage der Münzen genommen wurde, denn Kupfer war reichlich vorhanden und nicht besonders teuer. Da der Materialwert des Plattengeldes den jeweils aufgedruckten Wert decken sollte, musste eben viel Kupfer bei der Prägung verwendet werden. So kam es zu diesem mehrere Kilogramm schweren Plattengeld.

Warum chinesische Bronzemünzen ein Loch in der Mitte hatten


Ähnliche Erfahrungen hatte es auch in China gegeben – und zwar bereits rund 2.000 Jahre zuvor. Denn dort waren bereits vor Christi Geburt runde Münzen aus Bronze vom Staat geprägt und ausgegeben worden. Bronze hatte damals einen relativ geringen Wert. Da die Münzen aber ihr eigenes Gewicht in Bronze wert sein sollten, hatten sie in der Mitte ein quadratisches Loch. So konnten Hunderte...

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