ERFORSCHLICHES UND
UNERFORSCHLICHES
Bruno Grönings Einladung, ihn auf einigen Fahrten zu begleiten und bei seinen Zusammenkünften mit Kranken zugegen zu sein, gab mir die erhoffte Gelegenheit, sehr vielseitige Beobachtungen zu sammeln, um Wirkung und Bereich seiner Kraft klarer zu erkennen. Einer Erkenntnis ihres Ursprungs bin ich durch eigenes Nachforschen nicht nähergekommen - nur Grönings eigene Worte weisen hier den Weg zu einem Glauben, zu dem jeder seine eigene Stellungnahme finden muss. Die Wahrnehmungen, die ich über all das aufzeichnete, habe ich mehrmals mit aufgeschlossenen Persönlichkeiten der Wissenschaft - der Theologie, der Psychologie und der Medizin - besprochen. Sie fanden an meinen Darstellungen nichts, was ihnen als Beobachtungsfehler erschienen wäre. Sie vermochten indessen ebenso wenig wie ich, in diesen Geschehnissen Ursachen und Grenzen jenes Phänomens zu finden, das durch wissenschaftliche Untersuchungen wohl nur zu einem sehr kleinen Teil zu erklären ist. Ohne eine feste Ordnung, in zwangloser Folge reihe ich deshalb in diesem Abschnitt meines Berichtes meine Aufzeichnungen über Begebenheiten aneinander, die jeden Leser vielleicht zu anderen Schlüssen führen werden, je nachdem, von welchem Blickpunkt aus er sie betrachtet und wertet.
Als ich nach meiner Heilung vom Traberhof zurückgekehrt war, machte ich wenig später die erstaunliche Feststellung, dass die Wirksamkeit der Kraft Grönings nicht an seine körperliche Gegenwart gebunden ist. Ich erwähnte bereits, dass er den Stock, der bisher meine Stütze gewesen war, nunmehr als meine „Medizin“ bezeichnet hatte. Er hatte ihn „angesprochen“. Dieses „Ansprechen“ eines Gegenstandes, dass bei den Heilungen in den verschiedensten Formen eine Rolle spielt, hat die Wirkung, dass etwas von Grönings Heilkraft in dem betreffenden Gegenstand verankert bleibt. Würde man den Gegenstand aber als eine Art „Akkumulator“ bezeichnen, so wäre der Vergleich ungenau, denn die Kraft vermindert sich auch durch dauernde Inanspruchnahme dieses Talismans nicht. Gröning selbst hatte, als er mir noch eine „angesprochene“ Staniolkugel übergab, erklärt, dass ich, damit ein Teil von ihm bei mir trage und dadurch dauernd mit ihm in Verbindung sei. Nur wenn er selbst einem Gegenstand die Kraft wieder „abspreche“, was er, ebenso wie das Ansprechen, aus jeder beliebigen Entfernung tun könne, werde er wirkungslos. Eine Entziehung der Kraft nähme er immer dann vor, wenn sie zu gewinnsüchtigen Zwecken missbraucht werde. Im Allgemeinen entfalte ein angesprochener Gegenstand seine Wirkung nur für den Menschen, dem er zugesprochen sei. Es sei denn, Gröning selbst beauftragt einen Dritten, ihn zu überbringen. (Mehr dazu später)
Doch zurück zu meiner ersten Begegnung mit der Heilkraft in meinem Stock. Für mein Fassungsvermögen war dieser ganze Fragenkomplex um die „angesprochenen“ Gegenstände zunächst schwer begreiflich. Ich bin immerhin im 20. Jahrhundert aufgewachsen und neigte zunächst der Meinung zu, dass es sich hier um etwas Ähnliches handle wie die sogen. „Übertragungsgegenstände“, die in der Psychotherapie dem Zwecke dienen, den behandelten Patienten von der Bindung an die Person des Behandelnden abzulösen. So lehnte denn der besagte Stock ziemlich unbeachtet an einem Sessel. Die journalistische Verarbeitung meiner ersten Eindrücke forderte nun ein erhebliches Maß an Nachtarbeit, die sonst gewohnheitsmäßig mit reichlichen Mengen von starkem Kaffee in Gang gehalten wurde. Da fiel - es war in der zweiten Nacht nach meiner Heilung - mein Blick wie zufällig auf den Stock, und sogleich war der Gedanke da: „Versuch es einmal! Nimm ihn in die Hand!“ Ich setzte mich in den Sessel, genau wie Gröning es mir angeraten hatte - Rücken frei, Knie nicht aneinander liegend, die linke Hand locker auf dem linken Knie aufliegend - und nahm den mit so viel Zweifel betrachteten Stock in die rechte Hand. Fast im gleichen Augenblick schloss sich meine Hand ganz von selbst um den Stock, um sich freilich sofort wieder zu lockern. Unmittelbar darauf entstand ein ziehender Schmerz auf der Innenseite des rechten Handgelenkes - etwa der Pulsader folgend - der sich dann in das bereits bekannte prickelnde Wärmegefühl wandelte, das sich rasch ausbreitete. In meinem verletzten Fuß begann es ähnlich zu arbeiten, wie bei der ersten Behandlung auf dem Traberhof. Ein starker Blutandrang zum Kopf bewirkte anfangs ein gewisses Gefühl von Benommenheit, das aber rasch einer gesteigerten Klarheit und Frische wich. Diese seltsamen, von mir völlig unerwarteten Wirkungen meines mitternächtlichen Erlebnisses wurden mir nun tatsächlich einen Augenblick lang etwas unheimlich. Im stellte den Stock, an dessen Eigenschaften ich nun nicht mehr zweifeln konnte, etwas scheu wieder an seinen Platz. Ohne eine Spur von Müdigkeit oder Nervosität konnte ich - ohne Kaffee - bis zum frühen Morgen weiterarbeiten. Seither ist mir diese Wirkung, die in gleicher Weise auch von einer Staniolkugel ausgeht, die mir Gröning später noch gab, durchaus vertraut geworden. Was sich hier vollzieht, vermag ich nicht zu erklären; Grönings eigene Meinung hierzu berichte ich an anderer Stelle. Jedenfalls fühle ich mich durch die angesprochenen Gegenstände einem bisher unbekannten Lebensstrom verbunden, der das gesamte Nervensystem in einer unglaublichen Weise „auflädt“, sodass die störende Nervosität seit meiner ersten Begegnung mit Gröning vollständig verschwunden ist.
Einige Tage später. Gröning hatte sich auf eine mehrtägige Reise nach Norddeutschland begeben. Vor dem Traberhof wartete eine große Anzahl von Kranken, gleichgültig, wie lange es dauern würde, auf seine Rückkehr. Noch vor seiner Abfahrt hatte er sich vorgenommen, diesen Kranken durch Fernheilung zu helfen. Ich war ebenso gespannt wie skeptisch, ob sich auch in diesem Falle ohne Grönings persönliche Gegenwart eine Wirkung zeigen würde. An einem sonnigen Nachmittag, es mag um 15 Uhr gewesen sein, verspürte ich (ohne dass ich dies etwa erwartet hätte) die gleichen Empfindungen wie bei der unmittelbaren Behandlung durch Gröning. Mein damals noch nicht ganz „fertiger“ Fuß begann ganz plötzlich unerträglich zu schmerzen. Dieser Schmerz dauerte etwa eine halbe Stunde an und hörte dann völlig unvermittelt wieder auf. Die Beweglichkeit des Fußes war danach erheblich erleichtert. Fast zur gleichen Zeit, da ich an mir selbst diese Beobachtungen machte, wurden auch von dem Platz vor dem Traberhof überraschende Heilungen berichtet. Zum zweiten Mal wurde eine „Heilwelle“ um 18.20 Uhr fühlbar. Ich notierte die genaue Zeit. Die Welle äußerte sich in einem warmen Prickeln, das sich zuerst in der rechten Hand und an den Fußsohlen zeigte. Es steigerte sich bis zu einer Verstärkung des Blutkreislaufes im Kopf und einem Ohrensausen - ähnlich wie bei der Überwindung großer Höhenunterschiede in einer Seilschwebebahn oder beim Aufsteigen eines Flugzeuges - und bewirkte schließlich das Verschwinden jeglicher Müdigkeit. Etwa eine Viertelstunde später erklärten wieder einige Kranke, sie fühlten sich geheilt. Die Empfindung, im „Kraftfeld“ Grönings zu stehen, war im Laufe der Nacht (vom 7./8. September) noch mehrmals so gegenwärtig, dass einer seiner Mitarbeiter, sobald er den Platz wieder von Gröning „angepeilt“ glaubte, den Kranken jene Verhaltungsmaßregeln mitteilte, die Gröning sonst bei seinen Massenbehandlungen gibt. Das Ergebnis war auch in der Nacht eine erhebliche Zahl von Heilungen, vor allem die Beseitigung von akuten Schmerzen aller Art, Asthma, Nervenbeschwerden, Krämpfen, aber auch Lähmungen, Sprachstörungen usw. Ein Teil dieser Heilungsberichte konnte von Mitarbeitern Grönings mithilfe von Ärzten zu Protokoll genommen werden.
In einer der vorausgegangenen Nächte (5./6. September) brachte ein Arzt Karl Sch. ins Haus, mit der erregenden Feststellung, der Blinde habe eben auf dem Platz vor dem Traberhof sein Augenlicht wiedererlangt. Sch. legte eine Bescheinigung der Universitätsaugenklinik in München aus dem Jahre 1949 vor, die folgenden Wortlaut hat: „Bei dem Patienten Karl Sch., geb. 24. 8. 1914, besteht am rechten Auge Augenzittern, Hornhautnarben, und angeborener Star. Sehvermögen 1/20. Das linke Auge fehlt. Der Patient ist somit praktisch blind. Die Erwerbsminderung beträgt 125 %. Herr Sch. bedarf dauernd einer Begleitperson. Gez. Dr. E. Walser, Oberarzt.“ Dieser Blinde weilte auf dem Platz, auf den Gröning - damals wohl aus der Gegend von Bremen - seine Heilwellen entsandte. Er beschreibt jetzt in größter Bewegung, wie er mit einem Male das Gefühl gehabt habe, dass sich in seinem Auge etwas verändere, und wie er dann den Pferdekopf in blauem Neonlicht, eine Lichtreklame auf dem Dache des Traberhofes, wahrgenommen habe. Schließlich habe sich die ganze Umwelt aus dem Dämmer herausgehoben, bis er wieder alles gut habe sehen können. Eine erste ärztliche Überprüfung durch Dr. Zetti bestätigte seine Angaben. Am Tage darauf nahm ich...