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Die großen Pharaonen

Von der Frühzeit bis zum Mittleren Reich

AutorMartin von Falck, Susanne Martinssen-von Falck
Verlagmarixverlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783843804929
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Als Individuen treten die Pharaonen Ägyptens kaum in Erscheinung, agieren sie doch in Texten und Darstellungen vornehmlich als kultisches Gegenüber der Götter. Sollen die ägyptischen Könige für uns nicht bloße Namen bleiben, gilt es, die in den schriftlichen Quellen genannten Ereignisse, die noch heute sichtbaren Denkmäler und die im archäologischen Fundgut fassbaren Kulturphänomene zu Bildern bestimmter Regierungszeiten zusammenzufügen, die sich durch Neufunde oder Neuinterpretationen stetig wandeln. Nur die Pharaonen der späten Dynastien, vor allem die Ptolemäer, treten verstärkt als Einzelpersonen hervor, weil sie auch von griechischsprachigen Autoren, die unserem Verständnis von Geschichtsschreibung näherkommen, geschildert werden.

Dr. Martin von Falck (Hamburg): Ägyptologe, Koptologe, Klass. Archäologe. Kurator u.a. am Pelizaeus-Museum, Hildesheim, und Gustav-Lübcke-Museum, Hamm. Wissenschaftlicher Leiter der Replikenausstellung 'Tutanchamun - Sein Grab und die Schätze'. Lehrbeauftragter an den Universitäten Münster, Hamburg und München. Herausgeber und Autor zahlreicher Kataloge zu Ausstellungen und Sammlungen, u. a. 'Pharao siegt immer - Krieg und Frieden im Alten Ägypten'. Susanne Martinssen-v. Falck, M.A. (Hamburg): Ägyptologin, Althistorikerin, Ethnologin. Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Replikenausstellung 'Tutanchamun - Sein Grab und die Schätze', Autorin des Begleitkataloges für Kinder und Jugendliche. Lehrbeauftragte der Universität Hamburg; Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Edfu-Projekt, Hamburg (Akademie der Wissenschaften zu Göttingen).

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Leseprobe

EINLEITUNG:


DIE ÄGYPTISCHEN KÖNIGSNAMEN


Die Titulatur der ägyptischen Könige bestand aus fünf verschiedenen Namen. Den Eigennamen trug der Herrscher bereits seit seiner Geburt, die anderen vier Namen wurden bei der Thronbesteigung ausgewählt. Bis zum Mittleren Reich waren Reihenfolge und Verwendung der Titel variabel. Das Namensprotokoll gewann erst unter Sesostris II. (12. Dynastie) seine endgültige Form, die bis zum Ende der ägyptischen Geschichte Bestand haben sollte.

HORUS-NAME


Der älteste durchgehend verwendete Bestandteil der Königstitulatur ist der Titel »Horus«, der ganz knapp und lapidar ein zentrales Element ägyptischer Königsideologie zum Ausdruck bringt: Der inthronisierte König ist die irdische Inkarnation des Himmelsgottes Horus. Zur Identifikation des individuellen Herrschers dient der dem Horus-Titel folgende Name, der wohl erst mit der Thronbesteigung angenommen wurde und insofern als immanent programmatisch anzusehen ist. Die Kombination von Horus-Titel und Name wird Horus-Name genannt. Dabei kann der Name im engeren Sinne wie ein Beiwort des Titels aufgefasst werden: z.B. »Horus, der Kämpfer« (Aha), »Horus, der Abwehrende« (Djer) oder »Horus, der mit erhobenem Arm« (Qa-a). Ähnlich wie bei den Beinamen (Epitheta) von Gottheiten verkörpert der Horus-Name also einen bestimmten Aspekt der Falkengott-Inkarnation in Gestalt des jeweiligen Herrschers. Während der 1. Dynastie scheint bei der Namenswahl die kriegerische Qualität eines Herrschers im Vordergrund gestanden zu haben. Nur im Falle Semerchets, des vorletzten Königs der 1. Dynastie, wird bereits mit dem Namen eine theologische Aussage getroffen: »Gefährte der (göttlichen) Körperschaft«. Ein Herrscher der 2. Dynastie wählte für sich erstmals einen Namen mit Bezug auf die kosmische Ordnung Maat: Sechemib-peren-Maat. In der 3. Dynastie beziehen sich die Horus-Namen überwiegend auf die göttliche Körperschaft, in der wohl die spätere Neunheit von Heliopolis zu erkennen ist: Netjerichet = »Göttlich(st)er der Körperschaft« oder Sechemchet = »Mächtig(st)er der Körperschaft«. Graphisch wird der Horus-Name in den sogenannten Serech eingeschrieben. Dieser Serech stellt eigentlich die zeichnerische Kombination einer frontal gesehenen, nischengegliederten Palastfassade mit stilisiertem Rechteckgrundriss dahinter dar. Als zu lesendes Zeichen wird der titelgebende Horus-Falke oben auf die Abschlusslinie des stilisierten Grundrisses gesetzt. Diese ist unter Narmer und bei Aha zu Beginn der 1. Dynastie noch merklich gebogen, wird aber seit König Djer in klassisch-kanonischer Weise gerade durchgezogen. Reichte zu Beginn der oberägyptischen Expansion ein leer gelassener Serech z.B. als Gefäßmarke zur Kennzeichnung königlichen Besitzes bzw. Besitzanspruchs aus, wird dieser in der unmittelbar vor Beginn der dynastischen Zeit, durchgehend spätestens bei König (Horus) Ka (0. Dynastie), dem Vorgänger des Narmer, als Horus-Name individualisiert.

THRONNAME


Unter König Den, gegen Mitte der 1. Dynastie, kann ein weiterer Name ergänzend zum oder ersatzweise für den Horus-Namen verwendet werden. Diesem Namen steht ein Titel voran, der konventionell mit »König von Ober- und Unterägypten« (eigentlich: »Nesu- und Bit-König«) übersetzt wird. Möglicherweise steht der neue Titel im Zusammenhang mit der ebenfalls seit König Den belegten Zeremonie »Erscheinen des Königs von Ober- und Unterägypten«. In der 5. Dynastie nahmen die Könige einen mit dem Namen des Sonnengottes Re gebildeten Namen an, sofern ihr Geburtsname nicht bereits den Namen des »Re« enthielt (erstmals belegt unter Neferirkare). Seither bilden Titel + Name den eigentlichen Thronnamen, der ab Pepi I. in Inschriften neben dem Geburtsnamen auftritt, wobei beide Namen in Kartuschen eingeschrieben sind. Seit dem Mittleren Reich erscheint der Titel »König von Ober- und Unterägypten« kanonisch vor der ersten Kartusche mit dem Thronnamen.

HERRINNENNAME / NEBTI-NAME


Seit Semerchet, dem vorletzten König der 1. Dynastie, wird der zweite Königsname mit dem Titel »König von Ober- und Unterägypten« mit dem Element Nebti »die beiden Herrinnen« gebildet, das auf die Göttinnen der beiden Landeshälften, Wadjet für Unterägypten und Nechbet für Oberägypten, verweist. Erst Peribsen, der vorletzte König der 2. Dynastie, verwendet den mit dem Bestandteil Nebti gebildeten Königsnamen ohne den voranstehenden Titel »König von Ober- und Unterägypten«.

Fortan kann der mit dem Element Nebti gebildete Königsname nicht mehr als Thron-Name angesehen werden, sondern wird in der Ägyptologie als Herrinnen-Name bezeichnet. Dabei bleibt das gesamte Alte Reich hindurch das Bilde-Element Nebti »Herrinnen« als bedeutungstragend in den Herrinnen-Namen integriert. Erst mit dem Ende des Alten Reiches verselbständigt sich der ehemalige Namensbestandteil zu einem standardisierten neuen Titel, der wohl als »Der der beiden Herrinnen« aufzufassen ist.

GOLD(HORUS)NAME


Bei dem späteren sogenannten Gold-Namen handelt es sich zunächst um einen Titel mit Namenselement. Bereits unter Den ist ein mit dem Schriftzeichen für »Gold« und dem der Kobra gebildeter Titel belegt, der mit dem sogenannten Schen-Ring kombiniert ist. Der Schen-Ring, das Symbol für die Ewigkeit, nimmt in gelängter Form als sogenannte Kartusche später den Thronsowie den Eigennamen eines Königs auf. Noch bei Djoser und Chaba, zwei Königen der 3. Dynastie, kann der Gold-Titel völlig separat oder vor einer leeren Kartusche stehen. Ein in Bet Challaf gefundenes Siegelfragment des Sanacht, des vermutlich vorletzten Königs der 3. Dynastie, belegt erstmals einen in eine Kartusche geschriebenen Königsnamen. Leider ist aber der dem Namen voranstehende Titel auf dem Siegelfragment nicht mehr erhalten. Erst unter Snofru, dem 1. König der 4. Dynastie, tritt die Kombination eines aus den Zeichen für »Falke« und »Gold« gebildeten Titels mit dem in eine Kartusche geschriebenen Eigennamen auf. Dementsprechend steht auf dem in der 5. Dynastie redigierten Annalenstein von Palermo (Abb. 1) auch bei den Frühzeitkönigen Djer, Semerchet und Ninetjer ein mit namenartigem Zusatz versehener Gold-Titel dem in Kartusche geschriebenen Eigennamen voran.

EIGENNAME/»SOHN DES RE-NAME«


Erst von Huni, dem letzten König der 3. Dynastie, ist ein zeitgenössisch belegter, in eine Kartusche geschriebener Eigenname überhaupt gesichert. Bei den früheren Königen der 3. Dynastie wie Djoser und Nebka stammen die Belege von in Kartuschen geschriebenen Eigennamen aus späteren Zeiten, sind also postum. Diesen steht während der 4. Dynastie oft noch ein Gold-Titel voran. Zwar wurden während der ersten beiden Dynastien die Eigennamen in den offiziellen zeitgenössischen Denkmälern fast gänzlich unterdrückt, müssen aber in den heute verlorenen damaligen Annalen verzeichnet gewesen sein. So begegnen wir auf dem aus der 5. Dynastie erhaltenen Annalenstein von Palermo bei den Frühzeitkönigen einer festen Abfolge von Namen und Titeln: Horus-Name – Gold-Titel (mit Erweiterungen) – Eigenname in Kartusche – Name der Mutter.

Unter Djedefre, dem 3. König der 4. Dynastie taucht erstmals der Beiname »Sohn des Re« auf. Bei Unas, dem letzten König der 5. Dynastie wird dieser Beiname dann als Namenszusatz des Eigennamens mit in die Kartusche aufgenommen. Schließlich tritt er ab der Herakleopolitenzeit, also der 9./10. Dynastie, als selbständig gewordener Titel vor die Kartusche mit dem Eigennamen.

Literatur:

SCHNEIDER, Lexikon (1996) S. 12–55. J.v. BECKERATH, Handbuch der ägyptischen Königsnamen, 2. Aufl., MÄS 49, Mainz 1999. WILKINSON, Early Dynastic Egypt (1999) S. 200–208. R. GUNDLACH, in: Das Wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (www.wibilex.de), 2006 (Zugriffsdatum: 13.02.2015; http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/23832/). R. GUNDLACH, in: Das Wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (www.wibilex.de), 2008 (Zugriffsdatum: 13.02.2015; http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/35722). R.J. LEPROHON, The Great Name, Ancient Egyptian Royal Titulary, Writings from the Ancient World 33, Atlanta 2013.

EINLEITUNG
DIE CHRONOLOGIE DES ALTEN...


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