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E-Book

Die Harmoniefalle

Nur Dissonanz bringt uns weiter

AutorLouis Schützenhöfer
VerlagVerlag Orac im Kremayr & Scheriau Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783701505883
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Louis Schützenhöfer provoziert: Harmonie, so seine These, ist gar nicht so erstrebenswert, wie wir das immer glauben. Denn sie bedeutet Stillstand, Langeweile und das Ende inneren Wachstums. Neue Einsichten und notwendige Entscheidungen erfordern Mut zur Auseinandersetzung mit Konflikten und Dissonanzen. Nur so kommt man im Leben weiter. In klarer, einfacher Sprache zeigt Louis Schützenhöfer die vielen Fallen auf, in die wir in unserem Harmoniestreben immer wieder tappen: Wer nur tut, was andere tun, wird nie aus der Masse hervorstechen. Wer nur glaubt, was andere glauben, wird vielen Vorurteilen zum Opfer fallen. Wer seine Talente nicht an Widerständen erprobt, wird nie zum Könner werden. Mit vielen praktischen Ratschlägen, wie man den Harmoniefallen im täglichen Leben entgehen kann, ist dieses Buch ein hilfreicher Wegweiser zu mehr Erfolg und Lebensglück.

Louis Schützenhöfer, geboren in Graz, Studium der Psychologie an der Karl-Franzens-Universität in Graz, Tätigkeiten als Werbepsychologe, Marktforscher, Personalberater und Verkehrspsychologe. Zahlreiche Buchveröffentlichungen (u.a. 'In aller Liebe. Wie wir unsere Mutter überleben', 'Die Kunst des Verdrängens. Glücklich ist, wer vergisst').

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Leseprobe

„Wenn wir uns stark verwandeln, dann werden unsere Freunde, die nicht verwandelten, zu Gespenstern unserer eigenen Vergangenheit.“

FRIEDRICH NIETZSCHE

Harmonie statt Veränderung?


Trügerische Harmonie


Die Tendenz zur Konsonanz wirkt nicht nur nach Entscheidungen, damit diese im Nachhinein gerechtfertigt werden. Sie wirkt auch, und das kann eine Falle darstellen, um Harmonie vorzugaukeln und notwendige Verhaltensänderungen zu verhindern.

In meiner Tätigkeit als Verkehrspsychologe führte ich Trainings für Kraftfahrer durch, die die Lenkberechtigung wegen Fahrens in alkoholisiertem Zustand verloren hatten. Die Eigenart dieser Klientel besteht darin, dass sie in aller Regel mit ihrem Trinkverhalten recht zufrieden und in ihrer sozialen Umgebung damit durchaus angepasst ist. Von dort kamen daher höchst selten Änderungsimpulse. Alles wäre in schönster Harmonie, würde die Behörde nicht darauf bestehen, dass Trinken und Fahren getrennt werden müssen. Mit Beruhigungspillen wie: „Ich bin schon oft in einem solchen Zustand gefahren, und es ist noch nie etwas passiert“, „Meine Freunde machen es auch nicht anders“, oder „Ich habe eine so tolle Reaktionsfähigkeit, dass ich auch noch in angeheitertem Zustand sicher fahren kann“ wird die Illusion aufrechterhalten, man könne doch beides tun, trinken und fahren. Voraussetzung für eine Änderungsbereitschaft ist jedoch die Einsicht, dass ein Konflikt zwischen zwei Kognitionen besteht, hier zwischen dem Trinkverhalten und dem Wunsch, ein Auto zu lenken. Doch gerade diese Einsicht wird durch Harmonisierungsprozesse verhindert.

Eine Spielwiese gelungener oder auch trügerischer Harmonisierung sind Paarbeziehungen. Für das längerfristige Beziehungsglück ist es wesentlich, dass Paare mit ähnlichen Vorstellungen, wie dieser Zustand erreicht oder bewahrt werden kann, in ihr gemeinsames Leben starten. Man kann sich leicht ausmalen, dass Probleme in der Beziehung auftreten werden, wenn etwa der Wunsch, viel Zeit miteinander zu verbringen, auf das Bedürfnis trifft, möglichst viel Freiraum zu haben. Doch es kommt nicht nur darauf an, ob es Differenzen in den Beziehungskonzepten gibt, sondern auch darauf, wie man damit umgeht. Untersuchungen zeigen, dass es dabei deutliche Geschlechtsunterschiede gibt. Männer tendieren dazu, über solche Differenzen hinwegzusehen. Man könnte auch sagen, dass sie versuchen, widersprüchliche Auffassungen zu harmonisieren und die Überzeugung aufrechtzuerhalten: „Wir führen eine glückliche Ehe“, auch wenn es unter der Oberfläche bereits erhebliche Spannungen gibt. Manche Autoren sprechen den Männern wegen deren Harmonisierungstendenzen überhaupt die Fähigkeit ab, als Barometer für die Beziehungszufriedenheit zu fungieren. Das trauen sie schon eher Frauen zu, denen sie eine pragmatischere und weniger romantische Sicht auf ihre Zweisamkeit attestieren (siehe Hassebrauck, S. 191).

Männer tendieren also dazu, unterschiedliche Auffassungen (und auch tatsächliche Umsetzungen) von Partnerschaft zu retuschieren, während Frauen eher bereit sind, vorhandene Konflikte zu sehen und die Konsequenzen daraus zu ziehen. Und so kommt es, dass Männer häufig aus allen selbstgebastelten Wolken fallen, wenn ihnen die Partnerin eröffnet, die Beziehung auflösen zu wollen. Mittlerweile werden mehr als die Hälfte der Scheidungen von Frauen eingereicht.

Diese bevorzugt von Männern praktizierten Harmonisierungstendenzen können durchaus geeignet sein, eine Krise „auszusitzen“. Meist führen sie jedoch dazu, dass ein unbefriedigender Zustand aufrechterhalten und eine notwendige Entscheidung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Es sei denn, sie oder er verlässt die Harmoniezone und führt eine Veränderung der Situation herbei. Diese kann in einem neuen Beziehungskonzept oder auch in der Trennung bestehen.

Von Golfpros lernen?


Mein Golfpro meinte einmal in einem Gespräch, ich solle ihn nicht erst aufsuchen, wenn der Schwung „aus dem Ruder“ gelaufen sei und nichts mehr zusammenpasse, sondern bereits dann, wenn die Bewegung schon einige Zeit zufriedenstellend funktioniert habe. Dieser auf den ersten Blick sinnfreie und bestenfalls umsatzfördernde Tipp ist bei näherer Betrachtung durchaus wertvoll. In jede Bewegung schleichen sich im Laufe der Betätigung kleine Fehler ein. Meist geschieht dies dadurch, dass der Körper von sich aus ein „Schonprogramm“ laufen lässt, das darauf abzielt, mit möglichst geringem Aufwand annähernd das gleiche Ergebnis zu erzielen: Körperdrehungen, die auf Widerstand stoßen oder ein wenig schmerzen, werden reduziert, alte, bereits überwunden geglaubte Bewegungsmuster kehren zurück, der Krafteinsatz wird verringert, die Aufmerksamkeit sinkt ab, da die Bewegung „wie von selbst“ funktioniert und so weiter. Das kommt zunächst durchaus der Qualität der Bewegung zugute; sie wirkt runder und harmonischer. Doch im weiteren Verlauf übernehmen Muskelgruppen, die sich lieber heraushalten sollten, einen Teil der Arbeit und kompensieren auf diese Weise aufgetretene Mängel. Wenn zum Beispiel die Schulterrotation zu gering ausfällt, wird der Armeinsatz verstärkt. Ein Fall von trügerischer Harmonie, der eine Weile ganz gut funktioniert, bis irgendwann dieses Kompensationsmodell zusammenbricht. „Das gibt es doch nicht“, klagen Golfer in solchen Situationen häufig, „gestern hat es sich doch noch so gut angefühlt!“

Was könnte es nützen, wenn sich ein erfahrener Golfpro den Schwung anschaut, solange er noch ganz gut funktioniert? Er kann sehen, welche Ausgleichsbewegungen und welcher falsche Muskeleinsatz bereits notwendig sind, um ein einigermaßen zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen. Eine frühe Analyse und Korrektur können einen totalen Einbruch des Schwunges verhindern. Außerdem kann der Golfpro erkennen, zu welchen bevorzugten Kompensationsmöglichkeiten der Schüler tendiert.

Sie sind kein Golfer? Macht nichts. Nach demselben Modell funktionieren zum Beispiel auch Paarbeziehungen. Das Schonprogramm läuft auch hier. Kleine Aufmerksamkeiten, Geschenke ohne besonderen Anlass, Komplimente und Anerkennung der Leistungen des/der anderen, gemeinsam verbrachte Zeit, das Wahrnehmen des Gefühlszustands der Partnerin/des Partners, das Ausdiskutieren von Unstimmigkeiten und anderes wird sukzessive zurückgefahren. Es geht ja auch ohne. Wozu die Zuneigung beteuern, man liebt sich doch ohnehin. Warum lange herumquatschen, man versteht sich doch blind. Und stumm. Kostspielige, aber seltene Geschenke, vermehrtes Engagement im Beruf, ausuferndes Konsumverhalten, Rückkehr zu alten Verhaltensgewohnheiten halten die Beziehung zumindest nach außen hin noch einige Zeit am Laufen, bis eine Krise durch eine Krankheit, Jobprobleme oder einen Seitensprung deutlich macht, dass eine echte partnerschaftliche Beziehung schon länger nicht mehr besteht. Ein Check zu einem Zeitpunkt, an dem die Beziehung noch zufriedenstellend funktioniert, kann möglicherweise Schlimmes verhindern.

VORSICHT, FALLE!

Harmonie ist ein angenehmer Zustand, den man möglichst lange aufrechterhalten möchte und der die beruhigende Botschaft sendet: „Alles O.K., keine Veränderung nötig.“ Doch dieses Signal kann trügerisch sein. Dann nämlich, wenn zur Wahrung der Balance trotz objektiv bestehender Konflikte aufwendige Harmonisierungsprozesse wie Verdrängung, Verfälschen von Fakten und so weiter notwendig sind. Der untreue Ehemann zum Beispiel leugnet die Dissonanz zwischen dem Versprechen, das er seiner Gattin gegeben hat und seinen außerehelichen Abenteuern und versucht, diesen „Spagat“ durch Argumente wie: „Ich sorge doch gut für meine Familie“, „Die andere bedeutet mir in Wahrheit doch gar nichts“ oder „Männer brauchen das eben“ zu schaffen.
Vielleicht befinden Sie sich selbst gerade in einer Falle und gaukeln sich durch aufwendige Glättungsprozesse Harmonie vor, obwohl längst Entscheidungen zur Veränderung der Situa­tion notwendig wären. Doch diese würden das Eingeständnis von Dissonanz und eine Kraftanstrengung erfordern.
Es ist für Betroffene sehr schwer, einen Zustand trügerischer Harmonie zu erkennen, da meist nur das geschönte Bild ins Bewusstsein gelangt. Ich bin daher auch nicht in der Lage, eine Anleitung zu geben, wie Sie es vermeiden können, in diese Falle zu tappen. Nur so viel: Diese Gefahr besteht umso eher, je ausgeprägter das Harmoniebedürfnis und je größer die Angst vor Veränderungen ist.

Harmonie hilft den Entschlossenen


Die Tendenz zur Konsistenz kann, wie wir gesehen haben, eine Falle darstellen und sich als Hemmschuh für dringend nötige Entscheidungen erweisen. Doch Harmonisierungsprozesse können auch helfen, eine Verhaltensänderung zu unterstützen. Hier ein Beispiel: Bei Robert war es jahrzehntelang gut gegangen. Zwar tauchten bei ihm gelegentlich Bedenken auf, ob das Rauchen mit seiner Einstellung, gesund leben zu wollen, vereinbar sei, doch es gelang ihm immer wieder, sich zu beruhigen und Konsonanz herzustellen. Als der Arzt bei der Gesundenuntersuchung das Thema ansprach und Robert beim Sport die Luft ausging, war er so weit. Er akzeptierte, dass zwischen gesundheitsbewusstem Leben und Rauchen eben doch ein Widerspruch besteht und beschloss, auf die geliebte Zigarette in Zukunft zu verzichten. An diesem Punkt können nun Harmonisierungsprozesse ansetzen, die das neue Verhalten stabilisieren. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Entschluss, das Rauchen aufzugeben, wirklich stark ist und nicht nur eine „Absichtserklärung“, über die man noch verhandeln kann. In diesem Fall werden die Einstellungen mit dem neuen Verhalten, nicht zu rauchen, harmonisiert und...

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