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Die innere Struktur der DP in den altindogermanischen Artikelsprachen

Eine Analyse der Funktion und Verwendung der Artikeltypen

AutorPauline Weiß
VerlagNarr Francke Attempto
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl502 Seiten
ISBN9783823300717
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis70,40 EUR
Die Studie verbindet Ansätze generativer Linguistik mit den Methoden der Indogermanistik. Untersuchungsgegenstand ist der definite Artikel in vier altindogermanischen Sprachen. Diese Auswahl deckt alle möglichen Wortstellungsvarianten der Kategorie Artikel ab: von präponiert und freistehend im klassischen Griechischen über enklitisch und postponiert im klassischen Armenischen bis hin zu kombinierten Serialisierungen im Altalbanischen und Altnordischen. Fragestellungen waren nicht nur, welche Merkmale die Kategorie Artikel generell konstituieren, sondern auch, ob die fraglichen Morpheme tatsachlich als Definita definiert werden können. Basierend auf der Analyse der Serialisierungsvariationen der Determinansphrasen der vier Sprachen, die das Untersuchungskorpus der Arbeit bildeten, wird in einem zweiten Komplex die innere Struktur der DP nach Maßstäben der generativen Grammatik analysiert. Ausgehend von der DP-Analyse nach Abney werden einfache und komplexe Phrasen untersucht und unter Bezug auf Arbeiten u.a. von Kallulli und Julien wird die DP-Analyse modifiziert und ergänzt.

Pauline Weiß arbeitet als Online-Redakteurin und freiberufliche Texterin.

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Leseprobe

II.1 Einfache DPn


Unter einer einfachen DP wird eine Phrase verstanden, die sich aus einem definiten Artikel und einem Substantiv zusammensetzt.1 In einer einfachen DP besteht keine obligatorische Abhängigkeit zu einer übergeordneten Konstituente.2 Im Gegensatz dazu sind Genitivattribute bspw. abhängig von einer regierenden DP. Zudem enthält die einfache DP keine ihr untergeordneten, abhängigen Nominalgruppen. Komplexe DPn besitzen demgegenüber subordinierte Nominalgruppen. Das bedeutet, dass auch diejenigen Phrasen, die zusätzlich zu Artikel und Bezugswort noch ein Pronomen oder attributives Adjektiv enthalten, als einfach gelten.3 In diesem Kapitel werden jedoch nur alle Phrasen aus Artikel und Bezugselement als einfache Phrasen adressiert.

Während in den folgenden Kapiteln hinsichtlich der Belegstellen die verschiedenen Attribute, so auch Relativsätze, miteinbezogen werden, unterbleibt dies bei den einfachen DPn. Einerseits liegen auch ohne die Phrasen mit Relativsätzen ausreichend Daten vor und andererseits verhalten sich die einfachen DPn, die in Relativsätzen verbaut sind, nicht anders als die hier versammelten. Bei den Belegstellen insgesamt ist es gleichgültig, ob die Phrase in Subjekts- oder Objektsposition steht. Des Weiteren können die Substantive sowohl Konkreta, Abstrakta oder Kollelktiva sein. Bei beiden Faktoren konnte kein Einfluss auf die Artikelsetzung nachgewiesen werden.

Die Referenz dagegen ist eine Funktion, die die Setzung eines Artikels hervorruft. Zur Definition des Terminus Referenz wurde bereits im Kapitel I.5 gesagt, dass sie ein sprachlicher Bezug auf außersprachliche Objekte, in der Welt des Sprechers sind, ist. Das Merkmal Definitheit ermöglicht zu referieren. Es „… [dient] der Identifizierung eines Referenten im Kontext …“.4 Der Referent ist in definitem Kontext eindeutig bestimmbar. Speziell der definite Artikel ist mit konkreter Referenz verknüpft, da ihm das Merkmal [+definit] inhärent ist. Es ist davon auszugehen, dass die Referenz einer DP die Artikelsetzung bzw. die Wahl eines Artikels beeinflusst. Im Allgemeinen können Nominalphrasen generell drei Arten von Referenz ausdrücken, i.e. Einzigartigkeit, Spezifität sowie Zählbarkeit. Statt von Spezifität spricht Vangsnes (1999) auch von Diskursanaphorik. Diese referentielle Eigenschaft wird durch den definiten Artikel ausgedrückt, Einzigartigkeit durch Quantifizierer und Zählbarkeit durch Numeralia. Vangsnes (1999) beschreibt die Eigenschaften der Referenz folgendermaßen:

„… When a noun phrase is uniquely referring the speaker assumes that the referent for the noun phrase is identifiable for the listener, and when a noun phrase is specifically referring the speaker has a certain individual in mind. …“5

Der Unterschied zwischen Einzigartigkeit und Spezifität liegt also darin, dass bei Einzigartigkeit zwar ein passender Referent gefunden werden kann, dieser aber nicht definit und somit konkret bestimmbar sein muss; vgl. dt. Alle Zwerge trauern um Schneewittchen. In dem Satz dt. Alle Zwerge trauern um Schneewittchen ist das Subjekt nicht [+definit], weil es nicht durch einen Artikel determiniert wird. Aber durch den Quantifikator dt. alle heben sich die bezeichneten Referenten ab. Spezifität dagegen ist durch Definitheit gekennzeichnet. Über die Spezifität heißt es weiter bei Vangsnes (1999): „… a noun phrase is specific when the speaker assumes that there is a relation between the noun phrase expression and actual entities. …“6 Diese Relation wird durch den definiten Artikel hergestellt. Gleichzeitig kommt dabei die deiktische Funktion eines Determinans zum Tragen, d.h. ein Artikel verweist bzw. zeigt sprachlich in die Richtung seines Denotats. Zur Zählbarkeit schreibt Vangsnes (1999): „… A noun phrase is countable when it denotes a referent which consists of one or more individualized referents, i.e. a set. …“7 Hinsichtlich der DPn aus Artikel und Substantiv in den alten Sprachen kommt nur die Kategorie Numerus in Frage, i.e. Singular, Dual, Plural. Den Dual haben die Untersuchungssprachen nur noch in Resten bewahrt. An den entsprechenden Stellen wird auf diese drei Eigenschaften der Referenz zurückzukommen sein. Doch im Fokus steht die spezifische Referenz, die der Artikel kreiert. Hierbei sind noch zwei andere Klassifizierungen wichtig: die Untergliederung in generische vs. individuelle Referenz und in deiktische vs. anaphorische Referenz. Referiert eine DP generisch, dann bezieht sie sich auf eine Gruppe bzw. steht ein Einzelbegriff für eine Gruppe oder Gattung; vgl. dt. der Löwe ist ein Säugetier.8 Das Substantiv ist also allgemein aufzufassen. In diesem Fall liegt kein durch den Kontext gegebener Diskursreferent vor. Lyons (1999) schreibt, dass die Gliederung generisch vs. nicht-generisch unabhängig von der Definitheit ist, aber mit dieser interagiert. Weiter heißt es: „… Generics are typically definite in form in some languages, but not in others. …“9 Generische Phrasen drücken Allgemeines bzw. Verallgemeinerungen aus. Ferner können zählbare und Massennomina gleichermaßen generische Phrasen erzeugen. Bei individueller Referenz nimmt die Phrase demgegenüber Bezug auf ein Einzelobjekt oder eine Person; vgl. dt. der Löwe hat sich den Magen verdorben. Bei Delsing (1993) findet man schließlich die Unterscheidung zwischen deiktischer und anaphorischer Referenz. Deiktische Referenz liegt vor, wenn der Referent bekannt ist. Anaphorische Referenz bezieht sich auf einen kürzlich genannten Referenten.10 Im Folgenden wird untersucht, ob bzw. inwiefern diese Modi der Referenz in den Untersuchungssprachen zum Ausdruck kommen. Die verschiedenen Klassifizierungen der Referenz haben alle gemeinsam, dass die Referenz stets kontextabhängig ist. Die DPn werden hier (weitgehend) ohne Kontext angegeben, aber für die Ermittlung der Referenz einer Phrase war es natürlich unabdingbar den Kontext zu berücksichtigen.

II.1.1 Griechisch


Im Griechischen ist zweifelsohne die Serialisierung Art+BW der default mode; vgl.

(19) gr. 2.5.29

τὴν

γνώμην

der.Art.

Plan.Subst.

Akk.Sg.f.

Akk.Sg.f.

‚den Plan‘

(20) gr. 2.4.14

οἱ

μὲν

οὖν

Ἕλληνες

der.Art.

zwar.Part.

also.Adv.

Grieche.EN

Nom.Pl.m.

-

-

Nom.Pl.m.

‚die Griechen also‘

In einer einfachen, griechischen Phrase können im untersuchten Korpus bis zu zwei Partikeln stehen, ganz gleich welche Konstituenten noch in der DP vorkommen; vgl. (20).1 Die Partikeln stehen in der Regel nach dem Determinans. Ausnahmen liegen vor, wenn die DP einer anderen Phrase wie z.B. einer anderen DP oder einer PP untergeordnet ist. Ferner kann eine Partikel auch vor der DP erscheinen; vgl.

(21) gr. 2.1.12

καὶ

τῶν

σωμάτων

στερηθῆναι

auch.Konj.

das.Art.

Leben.Subst.

verlustig gehen.Verb

-

Gen.Pl.n.

Gen.Pl.n.

Inf.Aor.Pass.

‚auch des Lebens verlustig gehen‘

Aus den Daten können die Wortstellungen Art+BW, Art+Part+BW, Art+Part+Part+BW sowie Art+BW+VerbINF abstrahiert werden. Partikeln sind im Folgenden nicht von Interesse und bleiben unberücksichtigt, auch in den Serialisierungsmustern wird auf sie verzichtet. Zum einen beeinflussen sie den Artikel nicht und zum anderen ist ihre syntaktische Analyse noch ein relativ ungeklärtes Phänomen.

Die Verwendung des griechischen Artikels hängt von der Referenz ab. So muss zwischen generischer vs. individueller und andererseits zwischen deiktischer vs. anaphorischer Referenz differenziert werden. Generische Lesart liegt vor, wenn sich die Phrase auf eine Gattung oder eine Gruppe bezieht; vgl.

(22) gr....

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