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Die Johannis Freimaurerei

Versuch einer Einführung

AutorBernhard Scheichelbauer
VerlagStudienverlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl168 Seiten
ISBN9783706557856
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Die Johannisfreimaurerei gilt als die 'wahre' Freimaurerei. Die 'blauen' Maurer dürfen sich mit Recht als die Begründer aller freimaurerischen Systeme und Lehrarten bezeichnen. So erkennen auch alle Hochgradsysteme die 3 Johannisgrade als grundlegende Erkenntnisstufen an. Das freimaurerische Gedankengut und das Menschenbild des Freimaurers werden mit viel Gefühl und Liebe dargestellt. Bernhard Scheichelbauer, langjähriger Großmeister der Großloge von Österreich, gilt als Bewahrer der 'regulären' österreichischen Maurerei und legt hier den Grundstein für das Selbstverständnis des freien Mannes von gutem Ruf.

Bernhard Scheichelbauer war von 1948 bis 1960 Großmeister der Großloge der österreichischen Freimaurer.

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Leseprobe

DIE
SOZIOLOGISCHE AUFGABE


 

 

 

Die Schatten der streckenweise noch dunklen Jahrhunderte zwischen dem Niederbrach Westroms und dem Aufgang des Reiches Karls des Großen, in denen nach entsetzlichen Katastrophen wieder neues Leben in Europa zu wachsen begann, liegen auch über den Anfängen jener Organisationen, denen eine spätere Zeit den Namen „Bauhütte“ oder „Loge“ gab.

Der Neubau staatlicher und kultureller Formen vollzog sich in einer Synthese zwischen antiker Tradition und den Lebensgewohnlieiten der eben ins Licht der Geschichte getretenen Völkerschaften; am konsequentesten und fruchtbarsten auf dem Boden des Frankenreiches. Seine Stützen waren: die Kirche des hl. Augustinus, die als religiöse Schlußform der Antike auch deren pagane Literatur, Philosophie und Spätkunst als zweites „natürliches“ Licht neben dem geoffenbarten bewahrt hatte, und die Staatsidee des Imperiums, die im Kaisertum Karls des Großen eine erste Auferstehung feierte.

Allerdings gab das zunächst nur einen Auftakt, denn für den Anfang fehlte der Widerhall im Volke, fehlten die Zwischenglieder, die durchgreifende Organisation. Noch gab es keine wirkliche Begegnung der Masse der Bevölkerung mit den geistigen und seelischen Inhalten der anbrechenden Epoche. Das Ethos blieb weiter vorwiegend durch heidnisch-kriegerische Elemente bestimmt und das magische Speis- und Trankopfer an Fels und Baum überdauerte die Christianisierung. Es war eine harte und mitunter recht problematische Aufgabe, eine solche Denkweise umzuformen nach einer Dogmatik, die für die Erlangung der göttlichen Gnade die Brechung gerade der stärksten Impulse des triebhaften Lebens verlangt. Sie fiel — wie fast der gesamte, durchaus im Zeichen des christlichen Glaubens stehende Kulturaufbau — vorerst Klöstern zu.

In ihre Mauern hatte vieles von den geistigen Schätzen der Antike gerettet werden können. Das waren nicht nur Aufzeichnungen über die Akademie Platos, die peripatetische Schule des Aristoteles, die Epikuräer und die Stoiker, über Plotin und seine Schule und die geheimnisvollen Lehren der orientalischen, jüdischen und frühchristlichen Gnosis. Es wurden auch die Erkenntnisse der antiken Geometrie, Arithmetik und Astronomie bewahrt — die „Elemente“ des Euclid, die dem Infinitesimalkalkül nahestehenden Formulierungen des Archimedes, das Weltsystem des Aristarch und die Analyse der Planetenlaufbahn, die Hipparch vorgenommen hat, und die Werke über Architektur, die mit dem Namen des Vitruv verbunden sind —, alles zusammen eine solche Summe von Wissen, daß daraus das spätere mathematisch-physikalische Weltbild des Abendlandes wachsen konnte. Sicher war dieses Wissen nicht Gemeingut der Mönche und es lag nicht zum allgemeinen Gebrauch bereit, aber es war gesichert und bot die Möglichkeit, den Inhalt nach Fähigkeit und Neigung zu erarbeiten und weiterzugeben. Ein Teil der glänzenden Leistungen, die vor allem Mitglieder des Ordens des hl. Benedikt von Nursia vollbracht haben, findet so seine Erklärung.

Der Auftrag, das Christentum zu verbreiten und seine Erfassung zu vertiefen, führte die Mönche zwangsläufig an die Aufgabe des Kirchenbaues heran. Solange Holz das Material war, bedurfte es dazu keiner besonderen Fachkenntnisse. Erst der Wechsel zum Stein forderte Architekten, welche die Elemente der Konstruktion beherrschten. Da die vorhandenen antiken Baureste offenbar mehr die Rolle bequemer Steinbrüche als die nachahmenswerter Vorbilder spielten und die Arbeit vereinzelt berufener byzantinischer Baumeister — sie bauten Karls Dom zu Aachen und die Pfalz in Worms — kaum zu einer breiteren Wirkung kommen konnte, war es an den Mönchen, die künstlerischen und technischen Regeln für ihre Bauten selbst zu erarbeiten. Sie bildeten zu diesem Zwecke unter sich Baubruderschaften, die bald ausgezeichnete Leistungen aufzuweisen hatten.

Als erste Klosterbaubruderschaft wird die des hl. Aurelius an der Benediktinerabtei zu Hirschau genannt, deren Abt Wilhelm als ein ungemein begabter Meister in Kunst und Wissenschaft galt. Von den 150 Mönchen der Abtei waren zwölf als Zeichner und Planentwerfer tätig. Zahlreiche Laienbrüder wurden in den für das Bauen nötigen Handwerken ausgebildet. Wenn die Klosterbruderschaft zu einem Bau über Land gerufen wurde, reiste sie bewaffnet und in militärischer Disziplin. Welcher Geist herrschte, mag ein Ausspruch erhellen, der dem berühmten Abte Salomon von St. Gallen zugeschrieben wird: „Wahre Kultur kann nur durch geweckten Kunstsinn erreicht werden; nur dadurch kann die schwerfällige Volksmasse der Religion veredelt zugeführt und in eine wahre Lebenstätigkeit versetzt werden. Die Kunst kommt von Gott.“

Von der Baukunst kann dies wohl in besonderem Maße gelten. Sie ist praktisch angewandte Geometrie im weitesten Sinne. Sie ist die Verbindung des Rationalen mit dem Irrationalen, die Brücke vom Sinnlichen zum Übersinnlichen, der Übergang von der Welt des Daseins in die Welt des wirklichen Seins. Die Gestaltung des Kirchenraumes an sich drückt schon nach dem jeweiligen Stande der religiösen Entwicklung das Verhältnis des Menschen zum Übersinnlichen aus. Der gotische Dom versinnbildlicht das mit aller Deutlichkeit. Sein Raum ist schmal und langgestreckt als ein weiter Weg, der zu durchschreiten ist, der Mühsal und Zweifel fühlen läßt, ehe er in den Jubel des Chores mündet. Zugleich ist er hochgewöibt: Gefäß einer unendlichen Sehnsucht nach himmlischen Sphären, der von oben Entgegenkommen winkt. Die Kunst des Sakralbaues hat immer als ein Mittel gegolten, das Göttliche dem Menschlichen zu verbinden und das erstere dadurch zu erkennen.

Es zeigt also schon die Klosterbaubruderschaft, diese Urzelle der späteren Loge, daß sie über das Technische hinaus ins Irrationale vorstößt, die Kunst als Auftrag zu edler Erziehung anspricht und der Arbeit eine höhere Weihe gibt, indem sie sie zu einer Tat im Ringen des Menschen um das Absolute erhöht. Soziologisch gesehen wachsen die großen Bauwerke des Mittelalters nicht wie die des Altertums oder die außereuropäischer Kulturen auf einem unteren sozialen Stockwerk — den Sklaven —, sondern aus einer bruderschaftlich organisierten Gemeinschaftsarbeit von Schaffenden, die nicht nur um des Berufes willen arbeiteten, sondern auch der Entfaltung der Seelen dienten. Eigene Traditionen bildeten sich aus — nicht allein technischer Natur —, die als Geheimnis behandelt und durch besondere Maßnahmen gegen Verrat gesichert wurden, und bald stand die Baukorporation als eine festgefügte und angesehene Einheit im kulturellen und sozialen Bau des Mittelalters da.

Ob für sie die collegia fabrorum der Römer als Vorbild gedient haben, ist weder auszuschließen, noch historisch zu beglaubigen. Parallelen gibt es genug. Aus des Vitruvius’ Werk „De architectural“ und aus seinem „Handbuch“ ist zu ersehen, welche wissenschaftliche und künstlerische Bildung diese collegia forderten, die außerdem noch Tugend, Rechtschaffenheit und edles Betragen zur unerläßlichen Bedingung machten. Bei den Prüfungen wurden umfassende Kenntnisse in der Kunst verlangt: außer der Mathematik auch Philosophie und Ästhetik, weil diese zu edler Denkungsweise anleiten, Stolz und Anmaßung als lächerlich verwerfen und Rechtlichkeit, Treue und Uneigennützigkeit anempfehlen und den Schönheitssinn ausbilden. Eines aber fehlte den Römern und gerade das ist für die Baubruderschaften das Charakterisierende: der Brudemame. Brüderliche Eintracht ist eine Hauptregel, auch in allen späteren Logenstatuten, mit der Begründung, daß „in der Ausführung eines Baues Eintracht, Zusammenwirken aller Kräfte und sorgfältige Ausführung des Aufgegebenen alleine das Gelingen des Ganzen bedingen“. Streng religiöse Erziehung und Übung, gewissenhafte Ausbildung, anständiges Leben, Gehorsam gegen den Meister sollten die Erfüllung dieser Forderungen gewährleisten.

Diese Grundsätze lassen die Baubruderschaft bereits als eine soziologische Gruppe erkennen, die einzelne durch gemeinsames Denken, Fühlen und Handeln hinsichtlich des Werkes zur Gemeinschaftsarbeit an einem einheitlichen Ziele verbindet und die Kraft hat, anderen geistig und materiell Wertvolles zu vermitteln. Die Basis der Arbeit ist eine künstlerisch-handwerkliche, die keine radikale Trennung von Kopf und Hand zuläßt.

Die gleiche Kennzeichnung blieb im allgemeinen weiterhin gültig, auch als das Anwachsen der Baubewegung im 11. und 12. Jahrhundert, die Ausbreitung des Wissens und die Verdichtung des Verkehres mit den Mittelmeerländern immer mehr Laien mit der Baukunst vertraut machte und die Mönche schließlich als Bauleute überhaupt verschwanden. Bei wachsendem Umfang des Bauens brachte diese Strukturänderung eine erste Schicht europäischer Wanderarbeiter hervor, die künstlerisch begabt und geistig regsam für alle Ideen anfällig waren, denen sie auf ihren ausgedehnten Zügen durch die europäische Welt begegneten. So ist es kein Zufall, daß sie vielfach zur Hefe im Sauerteig der geistigen und sozialen Strömungen wurden, die ab dem 13. Jahrhundert die gott-weltliche Einheit des Mittelalters aufzulockern...

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