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E-Book

Die Kunst des Träumens

AutorCarlos Castaneda
VerlagS. Fischer Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783104904405
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Wieder verblüfft der Erzähler atemberaubender Erkundungsfahrten in die unerforschten Weiten der Wirklichkeit seine Leser mit verblüffenden Einsichten und Wissensschätzen. Diesmal begibt er sich mit Hilfe von Träumen und ihren Zauberkräften auf Entdeckungsreise in die Welten des Geistes, die wie Schalen einer Zwiebel unsere eigene kleine Realität umgeben und nur durch ständiges Lernen und Üben erreichbar sind. Nach langen Studien- und Meditationsjahren beschreibt Carlos Castaneda, wie die Schüler Don Juans das »vierte Tor« der Träume als Zugang zu anderen Welten und Wirklichkeiten benutzen können. Geheimes Wissen über das Bewußtsein von Träumen, die Begegnung mit unter uns lebenden uralten, zuweilen gefährlichen Wesen und Wesenheiten, gemeinschaftliches Träumen und Weltendurchsegeln - dies sind einige der abenteuerlichen Themen, die Carlos Castaneda vor seinen Lesern ausbreitet. Leseprobe

Carlos Castaneda ist einer der bekanntesten unbekannten Kultautoren aller Zeiten. Im Frühjahr 1998 ist Castaneda gestorben. Wenn Sie die Bücher von Carlos Castaneda lesen wollen, empfiehlt sich folgende Reihenfolge: Zur Einführung ?Das Wirken der Unendlichkeit? und dann ?Die Lehren des Don Juan?, ?Eine andere Wirklichkeit?, ?Reise nach Ixtlan?, ?Der Ring der Kraft?, ?Der zweite Ring der Kraft?, ?Die Kunst des Pirschens?, ?Das Feuer von innen, ?Die Kraft der Stille? und zum Schluss ?Die Kunst des Träumens? und ?Tensegrity?.

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Leseprobe

Vorwort


In den vergangenen zwanzig Jahren habe ich eine Reihe von Büchern geschrieben, über meine Lehrzeit bei Don Juan Matus, einem Zauberer der Yaqui-Indianer in Mexiko. Ich erklärte in diesen Büchern, daß er mich die Zauberei lehrte, aber nicht so, wie wir Zauberei im Kontext unserer alltäglichen Welt verstehen: als Beherrschung anderer durch übernatürliche Kräfte, oder als Geisterbeschwörung durch Zauberformeln, Fetische oder Rituale zur Hervorbringung übernatürlicher Wirkungen. Für Don Juan war Zauberei die Verkörperung spezieller theoretischer und praktischer Prämissen über Wesen und Funktion der Wahrnehmung in der Gestaltung der uns umgebenden Welt.

Don Juans Empfehlungen befolgend, habe ich davon abgesehen, sein Wissen durch einen spezifisch anthropologischen Begriff, den des Schamanismus, zu definieren. Vielmehr nannte ich es stets – wie er selbst – Zauberei. Bei genauerer Prüfung aber erkannte ich, daß die Bezeichnung solchen Wissens als Zauberei die ohnehin unbegreiflichen Phänomene, mit denen er mich in seiner Unterweisung bekannt machte, noch unklarer erscheinen ließ.

In anthropologischen Schriften wird Schamanismus definiert als Glaubenssystem mancher Eingeborenenvölker im nördlichen Asien, verbreitet auch unter nordamerikanischen Indianerstämmen, das von der Annahme ausgeht, daß wir von einer unsichtbaren Welt von Ahnengeistern, von guten und bösen Kräften umgeben sind: von spirituellen Kräften, beschworen oder kontrolliert durch gewisse Handlungen der Praktiker, die als Mittler zwischen der natürlichen und der übernatürlichen Welt fungieren.

Don Juan war tatsächlich ein Mittler zwischen der natürlichen Welt des alltäglichen Lebens und einer unsichtbaren Welt, die er nicht das Übernatürliche nannte, sondern die zweite Aufmerksamkeit. Seine Aufgabe als Lehrer war, mir diese Konfiguration, von Zauberern die zweite Aufmerksamkeit genannt, zugänglich zu machen. In meinen bisherigen Büchern habe ich die Lehrmethoden beschrieben, die er zu diesem Zweck einsetzte, wie auch die Zauberpraktiken, die er mich einüben ließ: die wichtigste unter ihnen war die – so bezeichnete – Kunst des Träumens.

Don Juan behauptete, daß unsere Welt, die wir für einmalig und absolut halten, nur eine unter einer Vielzahl aufeinander folgender Welten sei, angeordnet wie die Schichten einer Zwiebel. Er behauptete, daß wir, auch wenn wir energetisch darauf konditioniert sind, ausschließlich unsere Welt wahrzunehmen, dennoch die Fähigkeit haben, in jene anderen Sphären einzudringen: Sphären, die ebenso real, einzigartig, absolut und absorbierend sind wie unsere Welt.

Don Juan erklärte mir, daß wir, um jene anderen Sphären wahrzunehmen, nicht nur ein Verlangen nach ihnen haben müssen, sondern auch genügend Energie, um uns ihrer zu bemächtigen. Deren Existenz sei unveränderlich und von unserer Wahrnehmung unabhängig, sagte er, doch ihre Unzugänglichkeit sei lediglich eine Folge unserer energetischen Konditionierung. Mit anderen Worten, einzig und allein aufgrund dieser Konditionierung sind wir gezwungen anzunehmen, daß die Welt unseres alltäglichen Lebens die einzige und einzig mögliche Welt sei.

Ausgehend von der Überzeugung, daß nur unsere energetische Konditionierung uns daran hindert, in diese anderen Sphären einzutreten, erklärte Don Juan, daß die Zauberer alter Zeiten eine Reihe von Praktiken entwickelt hätten, dazu bestimmt, unsere energetische Wahrnehmungsfähigkeit anders zu konditionieren. Diese Praktiken nannten sie die Kunst des Träumens.

Aus heutiger Sicht, mit zeitlichem Abstand, erkenne ich nun, daß es wohl die treffendste Aussage über das Träumen war, wenn Don Juan es als »Pforte zur Unendlichkeit« bezeichnete. Damals aber, als er dies sagte, wandte ich ein, daß eine solche Metapher für mich unverständlich sei.

»Lassen wir also die Metaphern beiseite«, räumte er ein. »Sagen wir besser, das Träumen ist die Art der Zauberer, gewöhnliche Träume praktisch zu nutzen.«

»Aber, wie können wir gewöhnliche Träume praktisch nutzen?« fragte ich.

»Wir lassen uns immer von Wörtern täuschen«, sagte er. »In meinem Fall versuchte mein Lehrer, mir das Träumen zu beschreiben, indem er sagte, es sei die Art der Zauberer, der Welt ›gute Nacht‹ zu sagen. Natürlich stellte er seine Beschreibung auf meine Mentalität ein. Das gleiche tu ich bei dir.«

Bei anderer Gelegenheit sagte Don Juan zu mir: »Träumen kann nur erfahren werden. Denn Träumen heißt nicht einfach, Träume zu haben; es hat auch nichts mit Tagträumen oder Wunschvorstellungen zu tun. Durch das Träumen können wir andere Welten wahrnehmen, die wir gewiß auch beschreiben können, aber wir können nicht beschreiben, was uns befähigt, sie wahrzunehmen. Und doch merken wir, daß das Träumen uns jene anderen Sphären erschließt. Träumen scheint eine Empfindung zu sein; ein Vorgang im Körper, ein geistiges Bewußtwerden.«

Im Rahmen seiner allgemeineren Lehren erläuterte Don Juan mir sehr eingehend die Grundlagen, Praktiken und Prinzipien des Träumens. Seine Unterweisung fiel in zwei Teile. Der eine betraf die Vorgänge des Träumens; der andere die rein abstrakten Erklärungen dieser Traumvorgänge. Seine Lehrmethode bestand darin, abwechselnd meine intellektuelle Neugier auf die abstrakten Prinzipien des Träumens zu wecken und mich dann Erfahrungen in deren praktischer Anwendung sammeln zu lassen.

All dies habe ich bereits geschildert, so ausführlich, wie es mir nur möglich war. Und ich schilderte auch das Milieu der Zauberer, in das Don Juan mich einführte, um mich seine Kunst zu lehren. Meine Interaktionen in diesem Milieu der Zauberer waren für mich besonders interessant, weil sie ausschließlich im Zustand der zweiten Aufmerksamkeit stattfanden. So hatte ich Umgang mit den zehn Frauen und fünf Männern, die Don Juans Gefährten in der Zauberei waren, sowie mit den vier jungen Frauen und vier jungen Männern, die seine Schüler waren.

Diese letzteren versammelte Don Juan, gleich nachdem ich in seine Welt gekommen war. Er machte mir klar, daß sie eine traditionelle Gruppe von Zauberern bildeten, eine Kopie seiner eigenen Gesellschaft, und daß ich sie führen solle. In der Arbeit mit mir aber erkannte er, daß ich anders beschaffen war, als er erwartet hatte. Diesen Unterschied erklärte er mit einer Energie-Konfiguration, die nur für Zauberer sichtbar sei: statt vier Energieabteilungen, wie er selbst, hätte ich nur drei. Solch eine Konfiguration, die er irrigerweise für einen korrigierbaren Makel gehalten hatte, machte mich so völlig ungeeignet zur Interaktion mit diesen acht Lehrlingen, oder gar zur Übernahme der Führung, daß es Don Juan geboten schien, eine andere Gruppe von anders beschaffenen Leuten zu versammeln – besser passend zu meiner energetischen Struktur.

Von diesen Vorgängen habe ich ausführlich berichtet. Aber noch nie habe ich jene zweite Gruppe von Schülern erwähnt; Don Juan hatte es mir nicht erlaubt. Sie gehörten ausschließlich zu meinem Feld, sagte er; meine Vereinbarung mit ihm sah aber nur vor, über sein Feld zu schreiben, nicht über mein eigenes.

Die zweite Schülergruppe war sehr klein. Sie hatte nur drei Mitglieder: eine Träumerin, Florinda Donner-Grau; eine Pirscherin, Taisha Abelar; und eine Nagual-Frau, Carol Tiggs.

Wir interagierten nur in der zweiten Aufmerksamkeit miteinander. In der alltäglichen Welt kannten wir uns nicht einmal von ungefähr. In unseren Beziehungen zu Don Juan aber gab es nichts Unbestimmtes: er gab sich die größte Mühe, uns alle gleich gründlich auszubilden. Doch zum Ende hin, als Don Juans Zeit zu Ende ging, begann der psychische Druck seiner bevorstehenden Abreise die festen Schranken der zweiten Aufmerksamkeit aufzulösen. Die Folge war, daß unsere Interaktionen auf die Alltagswelt übergriffen und wir uns scheinbar zum erstenmal kennenlernten.

Bewußt aber hatte keiner von uns eine Ahnung von unseren Interaktionen im Zustand der zweiten Aufmerksamkeit. Nachdem wir uns alle mit wissenschaftlichen Studien befaßten, waren wir mehr als überrascht, als wir feststellten, daß wir uns schon früher begegnet waren. Dies war und ist natürlich eine intellektuell unhaltbare Annahme, und doch wissen wir, daß es für uns empirische Erfahrung war. Seither bleibt uns die beunruhigende Gewißheit, daß die menschliche Psyche unendlich viel komplizierter ist, als unsere weltliche oder wissenschaftliche Vernunft uns glauben machte.

Einmal bestürmten wir alle Don Juan, doch etwas Licht in unser Dilemma zu bringen. Er könne nur zwei Erklärungen anbieten, sagte Don Juan. Einerseits könne er unserem – durch solche Erfahrungen verletzten – Vernunftprinzip schmeicheln und behaupten, die zweite Aufmerksamkeit sei ein Bewußtseinszustand, so illusorisch wie am Himmel fliegende Elefanten und alles, was wir in diesem Zustand erfahren zu haben glaubten, sei nur das Produkt hypnotischer Suggestionen. Andererseits aber könne er diesen Zustand so erklären, wie Zauberer und Träumer ihn verstehen: als eine energetische Konfiguration des Bewußtseins.

Bei meinen Übungen im Träumen blieb jedoch die Barriere der zweiten Aufmerksamkeit immer unverändert erhalten. Jedesmal wenn ich in den Zustand des Träumens eintrat, geriet ich auch in die zweite Aufmerksamkeit, und wenn ich vom Träumen erwachte, so bedeutete dies nicht unbedingt, daß ich auch den Zustand der zweiten Aufmerksamkeit verließ. Jahrelang konnte ich mich nur teilweise an meine Traumerfahrungen erinnern. Der größte Teil dessen, was ich erlebte, blieb mir energetisch unzugänglich. Es brauchte fünfzehn Jahre ununterbrochener Arbeit, von 1973 bis 1988, bis ich genügend Energie...

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