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Die Meinungsmaschine

Wie Informationen gemacht werden - und wem wir noch glauben können

AutorChristian Nürnberger, Petra Gerster
VerlagLudwig
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl384 Seiten
ISBN9783641094300
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Warum wir nicht mehr richtig informiert werden
Worüber wird berichtet? Was wird verschwiegen? Was ist wahr, worauf ist Verlass in einer Zeit, in der Propaganda und Information zu verschmelzen drohen?
Petra Gerster und Christian Nürnberger steigen in den Maschinenraum der Medien, legen die Innereien der Meinungsmaschine bloß, ergründen, wie sie funktioniert und wer sie steuert. Mit scharfem Blick beschreiben sie die Meinungsmacher von heute, analysieren, wer uns welche Informationen liefert und wem wir noch vertrauen können. Dabei stellen sie unbequeme Fragen: Wie unabhängig ist, wer unter der Aufsicht von Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, Verbänden steht? Wer berichtet noch objektiv, wer will eher belehren, manipulieren oder erziehen? Bestimmen nur noch Auflage und Quote, was gedruckt und gesendet wird? Andererseits: Wer sich nur von Facebook und Twitter füttern lässt, braucht sich nicht wundern, wenn er mit Fake News abgespeist wird. - Kämpferisch und leidenschaftlich, Aufklärung im besten Sinne.

Petra Gerster, Journalistin und erfolgreiche Buchautorin, wurde 1955 in Worms geboren und hat Slawistik und Germanistik studiert. Sie war Redakteurin beim »Kölner Stadt-Anzeiger« und Nachrichtenredakteurin beim WDR. Seit 1989 arbeitet sie für das ZDF: zunächst als Redakteurin und Moderatorin des Frauenjournals »Mona Lisa« und seit 1998 als Moderatorin der Sendung »heute«. Sie wurde mit einigen Preisen ausgezeichnet, unter anderem erhielt sie den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für Fernsehjournalismus und die Goldene Kamera.

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Leseprobe

VORWORT

Vertrauen – die wichtigste Währung der Welt

Lügenpresse? Hört man kaum noch. Es ist still geworden um diese einst so lautstark skandierte Pegida-Kampfparole gegen die Presse, die Eliten, »die da oben«. Wenn hie und da Einzelne noch rufen »Haut die Presse in die Fresse«, interessiert das außer den Rufern und ihrer unmittelbaren Umgebung kaum noch jemanden.

Verläuft also die härteste Medienkritik, die es im Nachkriegsdeutschland je gegeben hat, gerade im Sande? Ist es den Medien etwa in Rekordzeit gelungen, verlorenes Vertrauen zurückzuerobern?

Das wäre schön für die Medien. Nur: So einfach ist es nicht. Der tägliche Blick in die Facebook-Foren lehrt, dass noch immer sehr viele Menschen tatsächlich glauben, Bundeskanzlerin Angela Merkel oder ihr Regierungssprecher Steffen Seibert riefen jeden Morgen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern an, um den journalistischen Befehlsempfängern dort die Direktiven für die Berichterstattung des Tages zu übermitteln. Und noch immer sind zahlreiche Bundesbürger davon überzeugt, dass gekaufte Journalisten in der »Mainstream-Presse« ihre Berichte im Sinne ihrer Auftraggeber schreiben. Und wenn sie es nicht gegen Bezahlung tun, dann auf Befehl ihrer Chefs oder Verleger. Auch zahlreiche Anrufe, Mails und Briefe von Zuschauern, Hörern und Lesern künden von einem fortgesetzten Misstrauen gegen die »Mainstream-Presse«.

Die Lautstärkeminderung der Lügenpressefraktion kann also wohl kaum mit einem Rückgang des Misstrauens erklärt werden. Eher schon mit Ermüdungserscheinungen.

Oder mit Erfolg. Schließlich regiert in den USA ein Präsident, der es gegen den Widerstand fast der gesamten Presse des Landes ins Weiße Haus geschafft hat. Die Wähler Donald Trumps haben den Medienberichten über Trump einfach nicht geglaubt und ihn gewählt. Er lügt wie getwittert, lässt seine Lügen als »alternative Fakten« darstellen und hat Erfolg damit, zumindest bei seinen Wählern. Und die Parole »Haut die Presse in die Fresse« erübrigt sich, seit dieses »auf die Fresse hauen« der Mann im Weißen Haus verbal und symbolisch mit seinen Fäusten1 höchstselbst besorgt. Wenn das ZDF darüber und generell über Trump kritisch berichtet, rufen Zuschauer an oder schicken Mails, in denen sie sich über die einseitige Negativberichterstattung zu Trump beschweren.

Und wenn es nicht Misstrauen ist, dann ist es Gleichgültigkeit oder Desinteresse, was den Medien entgegenschlägt, denn der seit vielen Jahren anhaltende Auflagenverlust zahlreicher Zeitungen und Zeitschriften ist noch immer ungebrochen und führt zu anhaltendem Bedeutungsverlust. Die Vertrauenskrise der Medien ist also noch nicht vorbei.

Die Zahl derer, die Verschwörungstheorien anhängen und wirklich glauben, dass alle Medien von irgendwelchen Mächten im Geheimen gesteuert werden, mag gering sein, aber verunsichert doch auch viele Normalbürger, die sich fragen: Was ist dran am Verdacht gegen die Medien? Wem kann man denn nun noch trauen? Wozu brauchen wir sie noch?

Von der Antwort darauf hängt viel ab für unsere Demokratie und unsere Zukunft. Demokratie ist zwar institutionalisiertes Misstrauen – deshalb gehört zu jeder Demokratie Gewaltenteilung. Legislative, Exekutive und Judikative sollen einander gegenseitig kontrollieren. Und alle drei stehen unter Beobachtung einer freien Presse, die deshalb gerne als »vierte Gewalt« tituliert wird.

Aber mehr noch als vom Misstrauen lebt jede Demokratie vom Grundvertrauen ihrer Bürger. Diese können sich nicht zu jeder Detailfrage eine eigene Meinung und ein sicheres Urteil bilden. Sie sind daher darauf angewiesen, den vielen Experten in der Regierung, im Parlament, in der Justiz, in den Medien, in der Wirtschaft und in der Kultur zu glauben, dass sie wissen, was sie tun, dass deren Tun sachlich gerechtfertigt ist und dem Gemeinwohl dient. Umgekehrt sind all diese Experten darauf angewiesen, dass die Mehrheit der Bürger ihnen vertraut. Erodiert dieses Vertrauen, erodiert die Demokratie.

Eben das passiert gerade. Die wichtigste Währung der Demokratie ist angegriffen: Vertrauen. Der Wert dieser Währung sinkt nicht erst seit gestern, und die Verluste beschränken sich nicht nur auf ein Geschäftsfeld, sondern erstrecken sich über weite Bereiche. Schon lange erodiert in einem Jahrzehnte währenden Prozess das Vertrauen in die Politiker. Später – vor allem während der Finanzkrise, aber auch schon davor – schwand das Vertrauen gegenüber Bankern und Managern. Seit dem Bekanntwerden der Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche und den Extravaganzen des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst leidet das Vertrauen zur Kirche. Im Sommer 2017 traf es das Herz der deutschen Wirtschaft: die Automobilindustrie. Die Folgen des Betrugs bei der Abgasreinigung und die kartellartigen Absprachen unter konkurrierenden Autobauern sind noch nicht abzusehen.

Die Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit von Journalisten wurden ab 2014 akut, als die Berichterstattung der sogenannten Mainstream-Medien über den Russland-Ukraine-Konflikt in die Kritik geriet. Die Zweifel verstärkten sich nach der Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge. Da wurde den Medien vorgeworfen, die Probleme der »Flüchtlingsinvasion« schönzureden oder ganz zu verschweigen. Und nach der »Kölner Silvesternacht 2015« kannte die Kritik kein Halten mehr. Zwei weitere Ereignisse spielten eine wichtige Rolle bei diesem Vertrauensschwund: die mediale Hetzjagd gegen den Bundespräsidenten Christian Wulff 2011/2012 und die Berichterstattung über den Absturz der Germanwings-Maschine in den südfranzösischen Alpen im März 2015.

Die wichtigste Ursache für das plötzlich erwachende Misstrauen gegen die Medien liegt aber außerhalb ihrer selbst: in den sozialen Medien. Ohne deren Existenz wäre der Vertrauensverlust marginal geblieben. Durch die Tatsache aber, dass sich plötzlich Hunderttausende über die Berichterstattung der Medien zu bestimmten Themen austauschten und diese von Zehntausenden infrage gestellt wurde, gab es plötzlich so etwas wie eine massenhafte Beobachtung der Beobachter. Die anfangs vereinzelt vorgetragene Kritik von Laien an den journalistischen Profis führte durch die Präsenz dieser Kritik in den sozialen Medien und in bestimmten Foren zu einer so noch nicht dagewesenen Gegenöffentlichkeit. Die aber von den professionellen Herstellern der »Mainstream«-Öffentlichkeit zunächst nicht richtig ernstgenommen wurde, weil sie sich keiner Schuld bewusst waren. Der Mehrheit der Journalisten in den seriösen Medien erschien die Unterstellung, dass sie ihre Leser, Hörer, Zuschauer absichtlich täuschen, belügen oder manipulieren oder von irgendwelchen fremden Mächten gekauft sind, so absurd, dass sie sich weigerten, überhaupt darauf einzugehen.

Woraus ihre Kritiker ableiteten, dass sie recht hatten. Daher verstärkten sie ihre Kritik, die Kritik fand Widerhall, und der sich selbst verstärkende Effekt dieses Widerhalls führte dazu, dass Medienbashing sich zu einem neuen Volkssport entwickelte. Immer mehr Menschen ließen sich davon beeinflussen und fragten sich, ob »da was dran ist«. Auch den Medien Wohlgesinnte dachten nun: Wo viel Rauch ist, muss auch irgendwo ein Feuer sein. Was letztlich dazu geführt hat, dass noch mehr Rauch aufstieg, weil die Medien irgendwann nicht mehr daran vorbeikamen und über den Rauch berichten mussten.

Das war eine für sie neue Situation: Die Beobachter des Weltgeschehens sind plötzlich selbst Gegenstand der Beobachtung geworden. Hunderttausende von Amateurbeobachtern beobachten die Beobachter, weisen ihnen regelmäßig tatsächliche oder vermeintliche Fehler nach und tauschen sich darüber in Blogs, über Facebook und Twitter aus. Denen, deren Job es ist, den Mächtigen auf die Finger zu sehen, wird nun selbst auf die Finger gesehen. Es hat sich eine neue Medienkritik etabliert, an der sich ganz normale Bürger zu Hunderttausenden beteiligen. So etwas wie eine »fünfte Gewalt« ist entstanden.

Selbstverständlich mussten die Medien darüber berichten, also sich selbst zum Gegenstand der Berichterstattung machen. Sie sahen sich gezwungen, das Misstrauen zu reflektieren und sich selbstkritisch zu fragen, ob sie sich etwas vorzuwerfen haben, und wenn ja, was. Die nun einsetzende Dauerberichterstattung und Dauerreflexion über den eigenen Glaubwürdigkeitsverlust samt zugehöriger Selbstanklagen und eingestandener Fehler hat dann vermutlich mehr als alles andere zur Verunsicherung der Medienkonsumenten beigetragen.

Also eine paradoxe Ironie: Das sich in den neuen sozialen Medien selbst verstärkende Misstrauen gegenüber den alten Medien zwang diese, darüber zu berichten, wodurch der Effekt noch einmal verstärkt wurde. Die Geschichte vom Misstrauen erreichte nun auch den »analogen Rest« der Bevölkerung, der noch Twitter- und Facebook-abstinent lebt, und dieser Rest dachte nun auch: Wenn die schon darüber berichten, dann muss ja wohl was dran sein.

Damit soll die heftigste Medienkritik, die es je in Deutschland gegeben hat, keineswegs als reines Medienkonstrukt abgetan werden. Eine gewisse Erosion des Vertrauens war zuerst da, danach kam die Berichterstattung darüber und hat zu weiterer Erosion beigetragen, die aber möglicherweise noch stärker zugenommen hätte, wenn das Problem beschwiegen worden wäre.

Irgendetwas muss also passiert sein. Aber was? Warum erodiert so plötzlich das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Medien? Und wem kann man denn nun noch trauen?

Diesen Fragen wollen wir hier nachgehen. Wir schreiben das Buch für die Verunsicherten, die...

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