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E-Book

Die Memoiren Cagliostros

Vollständige Ausgabe

AutorAlessandro Cagliostro
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl182 Seiten
ISBN9783849606824
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Dies sind die von Paul Bornstein übersetzten Memoiren eines der wohl größten Hochstapler der Welt. Alessandro Cagliostro wird für immer ein Mysterium bleiben, allerdings bringt dieses Buch doch Licht in viele unbekannte Facetten seines Lebens.

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Leseprobe

V. Cagliostro in Petersburg. – Warschau.


 


Cagliostro kommt in Petersburg an, dem Ziele seiner lang gehegten Sehnsucht, der Stadt, auf deren Eroberung er sich vorbereitet hat, wie ein Feldherr, der Sturm laufen lassen will. Petersburg lohnt der Mühe. – Alle Hilfsmittel werden zusammengerafft, neue zum ersten Mal in Anwendung gebracht, alles Erdenkliche, Glaubliche und Unglaubliche, versucht. Wird er den Sieg an seine Fahnen heften? – Wird es ihm gelingen, auf den Zinnen der Hauptstadt aller Reußen das Banner der Ignoranz und des Mystizismus aufzupflanzen? – Er hofft es wenigstens.

 

Sonst hatte er es genug sein lassen, entweder den Grafen oder den Obersten zu spielen; hier ist er beides, Graf und Oberst – und noch dazu einer aus Spanien, von welchem man damals in Rußland ungefähr so viel wußte, wie von Persien oder Kamschatka – und überdies noch Arzt. – Den Magiker und Logenbruder hat er sich als Trumpf für später aufgehoben. – So, in den Harnisch der Lüge gekleidet und die Lanze der Reklame eingelegt, reitet unser Industrieritter in die Schranken, und die Pauken wirbeln und die Hurrarufe ertönen und die Zuschauer staunen und gaffen. – Frisch auf, Beppo, zum Kampf gegen Wissenschaft und Vernunft. Die Chancen sind günstig! –

 

Er beginnt damit, Arme zu heilen und ihnen Geld zu geben. Diesen Unglücklichen Nahrung schaffen, heißt sie heilen, denn der Hunger ist der Grund ihrer Krankheiten. Alt und Jung drängt sich vor dem vornehmen Gasthofe, in dem er logiert, seine Vorzimmer sind überfüllt mit Hilfe suchenden Patienten. Ein Mann von angesehener Stellung will einen Versuch mit dem neuen Doktor machen. Er wird wirklich geheilt. Er will bezahlen; man schickt ihm sein Geld zurück. Diese Methode wirkt überraschend durch ihre Neuheit, das Gerücht trägt sie herum. Man will den Wohltäter der Menschheit sehen. Die Großen, stets noch leichtgläubiger, als die Menge, geraten in Hitze. Man ladet ihn ein; er refüsiert; er bittet, ihn zu beehren. Man tut den ersten Schritt, er bittet, ihn zu entschuldigen, da er in seinem chemischen Laboratorium beschäftigt sei. An seiner Stelle findet man eine mit bescheidener Eleganz gekleidete Frau, die von ihren wunderbaren Reizen nichts zu wissen scheint; man führt mit ihr jene plänkelnden Gespräche, die Liebeserklärungen voranzugehen pflegen, sie antwortet klug, freundlich, aber zurückhaltend und mit vornehmer Kälte. Sie war dem Anschein nach zwanzig Jahre alt und sprach dabei ohne Affektation von ihrem ältesten Sohne, der seit lange Kapitän in holländischen Diensten sei. Eine so außergewöhnliche Sache bringt das Gespräch auf ihr Alter, und es fand sich, daß eine Frau, deren Haltung, Busen, Teint und Zähne die Frische blühender Jugend zeigten, mehr als acht Jahrzehnte alt war. Die Frauen, ebenso bereit, von ihren Jahren abzulegen, als die Marquise bemüht, sich deren zuzugeben, forschen insgeheim nach dem Ort des Jungbrunnens. Sie verteilt das Schönheitswasser, die Schätze häufen sich. Die Frauen werden zwar nicht jünger, aber die Liebhaber sagen es ihnen, und Cagliostro ist ein Gott. – Er macht das ungeheuerste Aufsehen, die Großen umdrängen ihn, aus aller Munde schallt sein Ruhm.

 

"Cagliostro, Graf Cagliostro", sagt der Marquis de Normandy zu einem seiner Attachés, "kennen Sie die Familie?" "Nein, Exzellenz." "Seltsamer Name dies!" Man schlägt im Bureau der spanischen Gesandtschaft die Adelsliste nach. Nichts! Die Militärliste – auch nichts. Sonderbar, sehr sonderbar in der Tat. Der Marquis sendet eine Nachfrage an seine Regierung.–

 

Hüte Dich, Beppo, ein Ungewitter zieht sich über Dir zusammen, während Du in Ruhm und Schätzen schwelgst. – Prosit, Beppo wird sich hüten, dazu hat er keinen Grund. –

 

Er hat ja eine Leibgarde von Dummen, die ihn schützt, was hat er zu fürchten?

 

Ein Mann, wie Cagliostro, der in die tiefsten Geheimnisse der Natur eingeweiht schien, die merkwürdigsten Heilungsprozesse ausführte, die Uneigennützigkeit und Ehrenhaftigkeit selbst schien, ein Mann, der sich nicht aufdrängte, sondern sich erst nach mehrfachen, vergeblichen Versuchen dazu verstand, mit der noblen Welt Fühlung zu nehmen, – ein solcher Mann verdiente unbedingt mehr Vertrauen, als der umherziehende Troß gewöhnlicher Gaukler und Wundermacher; ein solcher Mann verdiente, daß man für ihn wirkte und seine seltenen Eigenschaften in das rechte Licht setzte. – Und am meisten von seinen Anhängern, deren Zahl Legion war, war ihm hierbei ein Diplomat, der Vertreter eines fremden Hofes zu Diensten, dessen unbegrenztes Vertrauen Beppo in kurzem zu gewinnen verstanden hatte.

 

Mittlerweile trifft die Antwort aus Spanien ein. Sie lautet so, wie man erwartet hatte. Ein Graf Cagliostro sei in der spanischen Armee völlig unbekannt. Der spanische Geschäftsträger beeilte sich nun, diese interessante Neuigkeit sofort in die Oeffentlichkeit zu bringen, indem er die Antwort seiner Regierung in den Zeitungen abdrucken ließ. – Ein Blitz aus heiterem Himmel. – Man schreit Zeter und Mordio in den Kreisen der Anhänger Beppo's. – Nichts, als Neid, Neid und Mißgunst. – Was geht die ganze Sache den Marquis de Normandy an? Besonders schäumt jener Diplomat, der Beppos Intimus war. – Er läuft zu seinem spanischen Kollegen und stellt ihn zur Rede. Der Gesandte erwidert sehr ruhig, daß seiner Meinung nach Rangfragen zu den Objekten der Diplomatie in erster Linie gehören, und daß er für sein Teil einem Mann, der sich unter erschwindeltem Adelstitel in der Welt umhertreibe, kein Vertrauen schenken könne, vielmehr gegen alle seine Ziele und Zwecke von höchstem Mißtrauen erfüllt sei. Er habe jene Antwort seiner Regierung lediglich darum veröffentlicht, um den Beteiligten einen kleinen Wink zu erteilen, und er müßte es im Interesse seines geschätzten Kollegen sehr bedauern, wenn er zu den Beteiligten gehören sollte. – Der dadurch in Harnisch gebrachte Fürsprecher Balsamos wollte diesen Gründen kein Gehör schenken, sondern meinte, daß es hier nicht auf den Titel, sondern auf die hohe Weisheit dieses "heiligen" Mannes, der ein wirklicher Wundertäter sei, ankäme; man müsse, anstatt ihn zu verfolgen, ihn bewundern; wenigstens sollte man nicht eher urteilen, als man selbst gesehen hätte. Se. Exzellenz würde, wenn Sie sich die Mühe geben wollte, mit eigenen Augen zu prüfen, Spanien es zum Ruhme anrechnen, einen solchen Mann, ein Genie, einen Halbgott, wie Cagliostro, der Welt geschenkt zu haben u. s. w. u. s. w.

 

Der spanische Gesandte, der schnell genug merkte, daß sein Kollege stark an einer Eigenschaft leide, gegen welche Götter selbst vergebens kämpfen, und sehr wohl wußte, daß er bei weitem kein Gott sei, gab diesem Enthusiasmus gegenüber lächelnd nach. Er sagte seinem Kollegen, daß er ihm den Wundermann mit Haut und Haaren lassen wolle, und bat nur, diese Unterredung geheim zu halten; übrigens warte er in aller Ruhe den Zeitpunkt ab, bis sein Kollege den "Halbgott" in seiner wahren Natur kennen gelernt haben würde.

 

Das Ungewitter, das sich über Beppos unschuldigem Haupte zusammengezogen hatte, hatte seinen Blitzableiter gefunden, und hell und freundlich, wie nie zuvor, strahlte die Sonne an seinem Himmel. – Mit jedem Tage gewann er mehr Anhänger, der ganze Hof drängte sich danach, ihn kennen zu lernen. Potemkin, der erklärte Favorit Katharinas, fand den größten Gefallen an Beppos Künsten und wurde bald sein täglicher Gast. – Dem Leithammel blökten die Schafe nach.

 

Böse Zungen behaupteten freilich, daß die Besuche Potemkins mehr der Gemahlin Cagliostros, als ihm gälten, und die mémoires authentiques, die zu den bösesten gehören, erzählen in recht erbaulicher Weise:

 

"Indessen hört ein Prinz, eine wahre Gottheit Rußlands, von den Wundern des Grafen und den Reizen seiner Gemahlin. Er besucht die einen, um über die andern urteilen zu können. Er findet, daß das Gerücht die Kuren des Doktors ein wenig übertreibe, dagegen die Schönheit der Gräfin nicht erreiche. Er spricht ihr von einer Krankheit, gegen die alle Elixire ihres Gatten vergeblich seien und für welche sie das einzige Heilmittel besitze. Sie schiebt die Keuschheit, die Tugend, die Treue und alle sonstigen Gemeinplätze weiblicher Klugheit vor. Er setzt einen Brillantschmuck dagegen. Die Beredtsamkeit der Marquise läßt nach beim Anblick dieser Geschenke. Sie läßt den Prinzen um die Erlaubnis bitten, ihm die Gründe mitteilen zu dürfen, aus denen sie seine Liebenswürdigkeiten nicht entgegennehmen dürfe. Er fliegt selbst herbei. "Wenn Sie wollen", sagt sie ihm, "daß ich Ihrer Liebeserklärung glaube, dann nehmen Sie Ihre Geschenke zurück und verwandeln Sie deren Wert in eine Pension, die mich für Lebzeiten an ein Land fesseln wird, in welchem ich mit dem Liebenswürdigsten aller Sterblichen leben und sterben kann." "Göttliches Weib!" ruft er, "Deine Wünsche sollen erfüllt werden. Aber gestatten Sie, daß diese Pension uns vereine, ohne doch den Geschenken Abbruch zu tun, welche ich einmal gemacht habe."

 

Indessen spricht ganz Petersburg (denn heutzutage klatscht man in den großen Städten genau so, wie in den kleinen) von nichts, als von der neuen Liebschaft des Prinzen. Die schöne Gräfin S. seufzt über die Unbeständigkeit der Männer. Frau Cagliostro erfährt es. – Sie läßt ihr mitteilen, daß sie, weit entfernt, einer andern Frau ihren Liebhaber stehlen zu wollen, zu jedem Opfer bereit sei. Die Gräfin von S. schickt ihr 30000 Rubel für den Fall, daß sie Rußland verlassen wolle. Frau...

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