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E-Book

Die Mozarts

Geschichte einer Familie

AutorMichael Lemster
VerlagBenevento
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl384 Seiten
ISBN9783710950841
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis18,99 EUR
Der Aufstieg der Familie Mozart Die Geschichte der Mozarts beginnt nicht in Salzburg, sondern in einem kleinen Dorf bei Augsburg. Hier liegen die Wurzeln einer Familie, die der Menschheit ein großes Geschenk gemacht hat: drei Generationen an Musikern von europäischem Ruhm und den Pianisten, Organisten, Violinisten, Musikunternehmer und Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart. Michael Lemster erzählt in seinem Buch vom Aufstieg und Erlöschen der Mozarts, von ihren Anfängen im 15. Jahrhundert bis zum Tod der letzten Nachfahrin im Jahr 1965: - Der Aufstieg der Familie Mozart: vom Bauern zum Handwerker zum Künstler und vom aufgeklärten Höfling zur bürgerlichen Existenz - Eine lebensprall erzählte Familiengeschichte, eingebunden in die Geschichte Europas - Der Stammbaum der Familie Mozart: Mozarts Vorfahren und seine Eltern Leopold und Anna Maria, Ehefrau Constanze Weber und Mozarts Söhne Franz Xaver und Carl Thomas Mozart - Ein Leben für die Musik: die Compagnie Mozart, der Familienbetrieb des Leopold Mozart, und ihre Reisen durch Europa - Was Mozart inspirierte: von den ersten Kompositionen als Wunderkind, über künstlerische Krisen bis hin zur Veröffentlichung seiner Werke wider Willen durch Mozarts Ehefrau Constanze Die Mozarts - Familienbiografie und Panorama der europäischen Geschichte Die Mozarts, deren Aufstieg nach dem Dreißigjährigen Krieg begann, stehen für prägende Epochen der europäischen Geschichte. Kreativ und ehrgeizig meisterten sie die Herausforderungen ihrer Zeit. Die Biografien der Familienmitglieder sind reich an Höhepunkten und Krisen, Rätseln und Verwicklungen. War Leopold Mozart wirklich der unnachgiebige Zuchtmeister des kindlich-unbekümmerten Wolfgang? War das »Bäsle« die große, aber unmögliche Liebe des Komponisten? Und war Wolfgangs Frau Constanze der Ruin der Familie oder die Mutter ihres Nachruhms? Mit feinem Gespür für das Zeitkolorit wirft Michael Lemster in seinem Mozart-Buch ungewöhnliche Fragen auf und erzählt die außergewöhnliche Geschichte einer Familie, deren Geist vor allem in der klassischen Musik unsterblich wurde!

Michael Lemster begibt sich als studierter Kulturwissenschaftler seit jeher leidenschaftlich gern auf Spurensuche, u.a. für »DIE ZEIT« und den BR. Nach einer Verlagskarriere ist er als freier Unternehmensberater und Publizist in Augsburg tätig.

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Leseprobe

KAPITEL 1
ÜBERLEBEN!


Die aus dem Morast kommen – Die Vorfahren der Mozarts und ihre Welt


1487: In England gehen mit der Schlacht von Stoke die Rosenkriege zwischen York und dem siegreichen Lancaster zu Ende. In Italien verherrlicht der Florentiner Sandro Botticelli mit seinem »Frühling« malerisch die Medici, und Mailands 17-jähriger Herzog Gian Galeazzo Sforza stoppt in der Schlacht bei Crevola den Expansionsdrang der Schweizer Eidgenossen. In Spanien entreißen die katholischen Könige Ferdinand von Aragón und Isabella von Kastilien den granadinischen Emiren die Stadt Málaga. Johann der Strenge schickt von Lissabon aus seinen Admiral Bartolomeu Dias mit drei Schiffen die afrikanische Westküste hinunter – der entdeckt das Kap der Guten Hoffnung und damit den Seeweg nach Indien. Die Neue Welt ist noch unbekannt. In Russland regiert Iwan der Große seit 25 Jahren über das Großfürstentum Moskau und lässt hoch über der Moskwa den Großen Kremlpalast errichten.

Und in Deutschland? – Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation sitzt der Feind – der Ungar Matthias Corvinus – in der Wiener Residenz Kaiser Friedrichs III. Der Kaiser selbst residiert stattdessen in der österreichischen Provinz, in Graz und Linz. Das Reich – besonders dessen Süden auf der Mittagsseite des Mains – ist ein chaotisches Mosaik von teilweise winzigen Grafschaften, Fürstentümern und Reichsstädten mit ihren kleinen Pflegschaften, den Dörfern und Weilern, über die sie Recht sprechen und die sie besteuern. Die katholische Kirche hält Seelen, Geist und Geldbeutel der Menschen fest im Griff, und ihre adeligen Fürsterzbischöfe, Fürstbischöfe und Fürstäbte gehören selbst zu den mächtigsten Lehnsherren. Drei erzbischöfliche Kurfürsten – in Mainz, Köln und Trier – sichern Roms Einfluss auf Deutschlands weltliche Gesetze und Entscheidungen – noch. Denn Friedrichs Sohn Maximilian I. soll bereits den Wind der Reformation spüren, der sich unter Friedrichs Enkel Karl V. zum Sturm auswachsen wird.

Ein Fürstbischof sitzt auch auf der Augsburger Kathedra, dem Bischofsthron im Hohen Dom Mariä Heimsuchung: Friedrich II. von Zollern, der Überlieferung nach bereits der vierundfünfzigste Augsburger Oberhirt. Das Bistum ist eines der ältesten in Deutschland, sein Beginn liegt im mythischen Dunkel der Spätantike. Bischof Friedrich ist ein frommer Mann – kein streitbarer. So urteilen die Zeitgenossen. Ungeachtet dessen reicht das Hochstift Augsburg – die politische Repräsentanz des Bistums – von der Donau tief bis ins heutige Tirol hinein. In seiner Residenzstadt selbst muss Friedrich die Macht jedoch mit dem mächtigen Stadtadel der Welser und Fugger, der Hainhofer, Hoser, Langenmantel und vieler anderer teilen – Namen, deren Aufstieg und Verschwinden die Geschichte der Stadt prägt.

Auf dem Land regiert der Fürstbischof durch seine Vögte die meist winzigen Pflegschaften und Güter, die oft nur wenige Dörfchen umfassen. Dort, wo die waldigen Hügel des Lechrains ansteigen, abseits des fruchtbaren Flusstales, sind Dürftigkeit und Schmutz zu Hause – in Haufen strohgedeckter Häuser mit Fußböden aus gestampftem Lehm. In Siedlungen, deren einzige gemauerte Gebäude die Kirchen und Kapellen sind, vielleicht hie und da der Ansitz eines fürstbischöflichen Ministerialen. Wo der Boden aus Sumpf und Schotter besteht. Wo die Leute neben dem Flachsanbau spinnen, weben, stricken oder schlicht betteln müssen, um zu überleben. Wo sie in einem Raum zusammen mit ihren Ziegen, Schweinen und kümmerlichen Rindern hausen, die die Kinder zum Weiden in den Wald treiben müssen, da die knappen Rodungen um die Dörfer zu kostbar für das Vieh sind. Wer ein Pferd hat, gehört zu den Besseren. Dort ernährt man sich von Wassersuppe, eingekochtem Schwarzbrot und groben, schmalzarmen Mehlspeisen und trinkt dazu Weißbier und Branntwein. »Die Stauden« heißt die Gegend noch heute nach dem Gestrüpp, das hier als einziges reichlich ins Kraut schoss.

Dies ist die Heimat der Mozarts. Eine wenig edle Heimat, deren Charakter sich noch in den Familiennamen eingeschrieben hat: »Mot« ist das mittelhochdeutsche Wort für schwarze Erde, Moder, Sumpf. Die Mozarts waren die, die im Morast wohnten. Die Schmutzfinken vielleicht. Und die Stauden sind die Gegend, aus der sie kamen – und aus der sie unbedingt wegwollten.

Hier also, in einem Nest namens Heimberg in den Stauden, drei Meilen oder gut zwanzig Kilometer westlich von Augsburg, lebte Andris (Andreas) Motzhart. Nur ein einziges Dokument erwähnt ihn und seine Herkunft: eine Urkunde aus Leitershofen, einem Dorf weniger als eine Meile von Augsburg entfernt, auf dem Höhenzug des westlichen Lechrains gelegen. Der Gründlichkeit eines Chronisten ist es also zu verdanken, dass wir wenigstens den Namen des Familienstammvaters kennen. Die Hofstelle in Heimberg wird noch heute gezeigt, das Haus, das darauf steht, ist jedoch das Werk eines viel späteren Mozart. Denn Andris’ Kindeskinder sollten sich über Generationen als tüchtige Maurer und Architekten hervortun.

In Leitershofen kauft Andris’ Sohn Hanns Motzhart im Jahr 1515 ein kleines Gut, bewirtschaftet es mit seinem Sohn Leonhard und seiner Familie und zahlt dem Grundherrn einen Zins für die Nutzung. Von Leitershofen reicht der Blick hinüber zu den Türmen und Mauern der Reichsstadt.

Wieso darf er das überhaupt? Muss er keinen Grundherrn um Erlaubnis zu einem solchen Umzug fragen? Und was eigentlich treibt Hanns an, auf familiäre Unterstützung in den vielen Schwierigkeiten des Alltags völlig zu verzichten und die elterliche Umgebung zu verlassen zugunsten eines Wohnsitzes, der einen halben Tagesmarsch entfernt ist, über Stock und Stein und durch den Morast der Stauden? – Nun, wir dürfen uns die spätmittelalterliche Gesellschaft nicht zu simpel und zu monolithisch vorstellen. Neben dem seinerseits recht durchlässigen Adelsstand gab es nicht einfach nur eine gesichtslose Masse an leibeigenen Bauern. Die Mozarts waren kleine Leute, aber keine Leibeigenen. Sie durften im Rahmen der materiellen Möglichkeiten ihren Ehepartner und ihren Wohnort nach Belieben wählen. Sie konnten sich selbst ihre Ziele setzen.

Und Hanns’ Ziel hieß vielleicht: in der Stadt gut zu leben und etwas zu gelten. Dann war der Umzug nach Leitershofen der erste Schritt. Es gab Familien, die ein solches Ziel verfolgten und die nötigen Talente und den erforderlichen Mut besaßen, diesen Weg einzuschlagen. Wenn die Mozarts zu ihnen gehörten – und sie gehörten dazu, wie wir später sehen werden –, dann hat Hanns der Ältere es gut gemacht. Er war der erste Mozart, der die Stadt Tag für Tag vor Augen hatte und im Rahmen seiner Möglichkeiten ihrer Faszinationskraft nachgeben konnte – zum Beispiel, wenn er dem Augustinerchorherrenstift St. Georg den ihm zustehenden Pachtzins brachte. »Unterm Krummstab ist gut leben«, sagte zu jener Zeit oft ein Bauer wehmütig oder neidvoll zum anderen – die Pfaffen drangsalierten ihre Untertanen weniger als die weltlichen Herren. Die Mozarts wussten dies so gut wie jeder.

Sie waren und blieben dennoch fürs Erste kleine Leute. »Söldner« waren die Mozarts, aber nicht im militärischen Sinn, sondern im zivilen. Das hieß: Zwar hatten sie Grundbesitz. Dessen Ertrag reichte indessen nicht zum Leben, und seine Bewirtschaftung lastete eine Familie nicht aus. Also waren sie genötigt, sich gegen »Sold«, also gegen Lohn, zu verdingen.

Aber wenigstens waren sie frei. Sie waren zwar zu Handdiensten und zur Zahlung von Steuern verpflichtet, aber sie waren wirtschaftlich selbstständig. Auf manchen Sölden lag traditionell eine Handwerksgerechtigkeit. Das bedeutete, wer eine solche Sölde erbte oder erwarb, der durfte sich als Bäcker, Schäffler, Schmied, Schneider, Wagner oder sonst ein Handwerker betätigen und wurde entsprechend besteuert. Demnach waren die Stände des freien Bauerntums und des Handwerks nicht klar voneinander abgegrenzt. Aber nicht jeder durfte alles anbieten, was er konnte. Die ständische Gesellschaft war strikt reglementiert, der Schuster hatte bei seinem Leisten zu bleiben.

Ein Handwerk war übrigens in den Stauden meist dringend notwendig, um eine Familie überhaupt durchzubringen. Der Ertrag der kiesigen Ackerscholle der Stauden war bereits in guten Erntejahren mager, in schlechten konnte er erbärmlich werden. Und die schlechten Jahre häuften sich im 16. Jahrhundert: verregnete Sommer, in denen das Getreide am Halm verfaulte, und überlange Schneewinter, in denen das Vieh im Stall verhungerte, markierten eine »kleine Eiszeit«. Dass im Januar die Mandelbäume blühten, kannte man in diesen Tagen nur noch aus Erzählungen und Legenden. Es gab keine Mandelbäume mehr im Hochstift von Fürstbischof Friedrich von Zollern. Und das dürftige Hügelland der Stauden ernährte seine Leute nicht länger.

Freiheit in Augsburg –...


Blick ins Buch

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