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Die neue Macht der Öffentlichkeit

Der Kampf um die Meinungsmacht in Österreich

Verlagav Buch
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783840463570
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Werfen Sie gemeinsam mit uns einen Blick auf das neue, digitale Österreich. Wie wird öffentliche Meinung gemacht? Wie verändert sie sich? Was beeinflusst sie im neuen digitalen Zeitalter der Kommunikation? Wie schafft die digitale Transformation in unserer Gesellschaft neue Formen von Öffentlichkeit und eie werden damit die Prägung öffentlicher Meinung und die Rolle von Medien und Meinungsmachern verändert? Diese und ähnliche Fragen werden in diesem Buch von namenhaften Expertinnen und Experten der Medien- & Kommunikationswelt Österreichs ausführlich analysiert.

Herausgeber ist der Journalist Rudolf Klausnitzer. Namenhafte Expertinnen und Experten der Medien- & Kommunikationswelt Österreichs liefern Texte; darunter Alexander Wrabetz (ORF-General), Horst Pirker (News Gruppe), Eugen Russ (Vorarlberger Medienhaus).

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Leseprobe

– Podiumsdiskussion mit Rainer Esser, Kristin Hanusch-Linser, Michaela Huber, Sebastian Loudon, Christian Rainer und Corinna Tinkler –

Digitale Vernetzung und öffentliche Meinung

Im März dieses Jahres diskutierten wir beim Media & Lifestyle Summit in Zürs am Arlberg das Thema dieses Buches zum ersten Mal. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Medien, Wirtschaft und Politik mit den Veränderungen der digitalen Transformation umgehen und wie sich durch soziale Netzwerke und die zunehmende Fragmentierung im Mediensektor auch die Form der öffentlichen Meinungsbildung verändert. Sebastian Loudon, der Moderator dieser Diskussion, hat die Beiträge der Teilnehmer zusammengefasst und in Bezug gesetzt.

Strukturwandel

Was der deutsche Philosoph Jürgen Habermas bereits zu Beginn der Sechzigerjahre in seiner Habilitationsschrift „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ als Begriff geprägt hat, lässt sich seit einigen Jahren in Echtzeit und mit ebenso hoher Intensität wie Geschwindigkeit in Echtzeit und auf vielen Ebenen erleben. Stand damals die Rolle der aufstrebenden elektronischen Massenmedien, vor allem des Fernsehens, im Mittelpunkt, so ist es heute die digitale Kommunikation, die sozialen Netzwerke, die Blogs, die Shitstorms, die Memes. Eine schier unüberblickbare Zahl an digitalen, großteils vernetzten und interaktiven Medien- und Kommunikationsplattformen. Sie alle schaffen Öffentlichkeit und binden Aufmerksamkeit und Zeit der Menschen. Natürlich spielen die etablierten Massenmedien eine enorme Rolle in dieser digitalen Sphäre, sei es als Lieferant für Gesprächsstoffe oder als Impulse für Diskussion, Aktivierung oder mitunter auch als Objekte der Belustigung, die für ihre scheinbar altmodischen Geschäftspraktiken verhöhnt werden. Nach dem Motto: „Schaut’s, wie patschert die sind.“ Der digitale Hochmut gegenüber jenen, die dieser kulturtechnischen Revolution hinterherhinken, ist übrigens einer der Gründe, warum viele besonders zögerlich und skeptisch sind, und trägt seinen Teil dazu bei, dass der „Digital Gap“ die Kluft der beiden Parallelwelten tiefer werden lässt.

Die wahre Revolution

Doch längst hat sich ein neuer Aspekt dazugesellt. Jene Entwicklung, die als die eigentliche Revolution in die Kulturgeschichte eingehen wird. Jene, die die Sorge um die Kluft zwischen digital und analog kommunizierenden und konsumierenden Menschen verblassen lassen wird. Es ist der weltumspannende Siegeszug der Smartphones. In den vergangenen fünf Jahren verpassten sie der Digitalisierung einen Turboschub, indem sie Milliarden Menschen mobil mit der Internetwelt vernetzten. Das digitale Idealprinzip, intelligentere Angebote zu besseren Preisen, maßgeschneiderte Werbung und effizientere Kommunikation mit ganz neuen Mechanismen, wird nun Teil unseres Lebens – losgelöst von Standcomputer oder Arbeitsplatz. Die digitale Vernetzung steckt für bald ein Viertel der Weltbevölkerung in der Handfläche, nutzbar mit einem Wischen, einem Sprachbefehl oder bald einer simplen Geste. Von nun an ist alles möglich. Und diese Revolution nimmt jede einzelne der aus der alten Welt stammenden Autoritäten aus Politik, Religionen, Universitäten, Medien und Wirtschaft in Beschlag. Über kurz oder lang ist der Effekt der um sich greifenden Konnektivität von Menschen und zunehmend Dingen allumfassend. Aber was bedeutet das alles für das, was man früher mit „öffentliche Meinung“ beschreiben konnte, für den gemeinsamen Narrativ einer Gesellschaft, der bei all ihren Konflikten, Verwerfungen und unterschiedlichen Meinungsströmungen doch in seiner Summe ein abgestecktes Ganzes darstellte, das überblickbar schien? Auf die österreichische Medienrealität heruntergebrochen: Den Fernsehhauptnachrichten konnte man nicht ausweichen, weil sie auf den beiden einzig verfügbaren Fernsehkanälen durchgeschaltet wurden. Das, was heute absurd altmodisch „Bewegtbild-Content“ genannt wird, gab es damals nur auf FS1 und FS2. Regionalzeitungen und eine Handvoll bundesweiter Blätter sowie keine Handvoll Magazine bestimmten das, was Österreich abseits der ganz persönlichen Wahrnehmung über sich selbst wusste und dachte. Dieser undefinierbare, aber greifbare Raum wurde also von vergleichsweise wenigen Menschen geprägt oder mindestens beeinflusst. Verleger und Journalisten, aber auch Werber und PR-Berater konnten die Wahrnehmung dieser öffentlichen Meinung leicht beeinflussen. Politiker hatten das Tempo und den Takt ihrer Kommunikation im Alltag weitgehend unter ihrer Kontrolle. Das Spielfeld, auf dem heute das öffentliche Abbild der Gesellschaft ausverhandelt wird, die Teilnehmer, die Wertschöpfungsketten sind komplett anders. Massenmedien sind vom Gatekeeper zu einem wichtigen Beitragsleister auf diesem Feld geworden, sie setzen Impulse und sorgen gleichzeitig für den Hauch eines Überblicks. Aber sie bestimmen nicht mehr die Regeln. Und sie treffen auf Gegner, die eigentlich einen anderen Sport spielen.

Vor diesem Hintergrund diskutierten die Teilnehmer des Media & Lifestyle Summit über „Die Macht der neuen Öffentlichkeiten“ – im Graf-Trattenbach-Saal des Zürser Hofs am Arlberg. Auf dem Podium: Kristin Hanusch-Linser, die Kommunikations- und Marketingchefin der ÖBB, ein Erfolgsfaktor des „Phänomens Kern“ und der damit verbundenen Erfolgsgeschichte der ÖBB. Michaela Huber, Vice President Marketing Communications and Sustainability bei der OMV AG, im Herbst 2014 mit dem „Marketer des Jahres“ des Kommunikationsverbandes IAA ausgezeichnet. Corinna Tinkler, Direktorin Unternehmenskommunikation des Handelsriesen REWE Group International und in dieser Funktion für die vielfältigen konzerneigenen Medien verantwortlich. Rainer Esser, seit 15 Jahren Geschäftsführer des Zeitverlags in Hamburg, jenem Verlag, der seit mehr als fünf Jahren bei jedem Medienkongress im deutschsprachigen Raum als Beispiel für die Funktionsfähigkeit von Printmedien herhält. Und Christian Rainer, Herausgeber des „profil“, Twitter-Verweigerer, bekennender Digitalskeptiker, der in den vergangenen 20 Jahren der konstant einander ablösenden und die Kommunikationsbranche verrückt machenden Hypes mit seiner Skepsis oft recht behalten sollte.

Rainer ist Summit-Teilnehmer der ersten Stunde und gab schon in vielen Diskussionen dort den ehemaligen Gatekeeper, der nun angeblich der Bedeutungslosigkeit anheimfallen soll. Er tut das immer mit ernsthafter Selbstironie, spielt mit der ihm zugesprochenen Rolle und gibt dabei viel preis. Auf die Frage, wie er die Fragmentierung der medialen Öffentlichkeit und die Explosion der digitalen Direktkommunikation erlebe, meinte Christian Rainer: „Mir ist diese Entwicklung und der damit verbundene Bedeutungsverlust der klassischen Medien aus einem Grund alles andere als egal. Es geht dabei nicht um meinen eigenen Bedeutungsverlust, ja nicht einmal um den Bedeutungsverlust des ,profil‘. Wenn ich mir die digitalen Riesen wie Amazon anschaue, habe ich manchmal den Eindruck, dass dies nun die real existierenden 5-Jahres-Pläne sind. Dass Planwirtschaft plötzlich funktioniert, weil alles planbar wurde, weil Computer Sensoren bekommen – wir haben ja hier davon gehört. Die Marktwirtschaft wird aufgelöst – durch Planbarkeit. So auch bei Social Media, ich weiß nicht, ob ich davor Angst haben soll oder nicht. Ich habe den Eindruck, dass dies zum real existierenden Sozialismus werden könnte, also zu dem, was letztlich Kommunismus genannt wird. Jetzt plötzlich werden nicht nur das Wissen, sondern auch die Entscheidungsgewalt, die Gatekeeper-Funktion und damit die Produktionsmittel der Intellektualität vergesellschaftet. Jetzt gibt es Milliarden Menschen, die darüber entscheiden können, was gut ist und was schlecht. Was die Politik tun oder lassen soll. Das alles kann man gut finden. Das kleine Problem, das ich dabei sehe, ist nicht so sehr, was mit „uns Medien“ passiert, sondern die Frage, welche Einflussfaktoren B. Google oder Social-Media-Plattformen dabei bekommen. Mein Problem in der ganzen Geschichte ist daher eher: Was bedeutet das für die Demokratie? Wird die Demokratie obsolet, nur weil behauptet wird, sie sei obsolet? In Wahrheit gibt es sehr, sehr mächtige Menschen und ihre Maschinen, die in meinen Augen eine relativ große Bedrohung für die Demokratie, damit für die Gesellschaft sein könnten.“ In seiner Offenheit bemerkenswert, im Inhalt nachvollziehbar, artikuliert hier ein Vertreter der tradierten Gatekeeper zuallererst große Skepsis gegenüber den neuen Ballungszentren der Macht über die Öffentlichkeit. Dass Google, Facebook, Amazon & Co. dies auch sind, steht außer Zweifel. Sie selbst versuchen das herunterzuspielen. Sie seien ja nur Plattform, würden nur Vernetzungsleisten bieten. Ja, Google ordnet die digitale Welt für uns. Und Facebook ist eine Plattform für das soziale Leben von mehr als Milliarden Menschen. Und ja, Amazon schickt sich an, unser Generallieferant für alles zu sein. Die Plattform ist dabei nicht das Entscheidende. Es ist die Hoheit über die digitalen Daten und über den Algorithmus, der sie verarbeitet. Die rein technisch machbare Einflusskraft der...

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