Die neuen <sozialen Medien> im Internet, auch Social Media genannt, sind auf dem Vormarsch. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht eine neue Meldung über Facebook, Twitter oder Google die Schlagzeilen prägt. Einerseits sind diese Medien mit einem großen <Hype> verbunden und wachsen seit Monaten ununterbrochen, andererseits werden auch datenschutzrechtliche Bedenken immer lauter. Doch obwohl Social Media kontrovers diskutiert werden, spielen sie nicht nur im privaten Bereich, sondern zunehmend auch in Journalismus und Wirtschaft eine immer wichtigere Rolle.
Die Masterarbeit setzt sich mit dem Einfluss der Social Media auf die PR-Arbeit auseinander. Ziel der sozialen, webbasierten Anwendungen ist der unkomplizierte und schnelle Informationsaustausch, die Kommunikation und der Beziehungsaufbau. Damit bedienen sie die klassischen Kernbetätigungsfelder der PR-Arbeit. Die Kommunikation zwischen Organisationen/Personen wird durch Social Media direkter, die (Ver-)Mittlung durch PR ist nicht zwangsläufig notwendig. Das bringt für Public Relations einige Herausforderungen mit sich, die bisher jedoch kaum offensiv angegangen werden. Kamps/Liebl formulieren das auf dem Klappentext zu ihrer Studie „Social Media - Wie die PR den Medienwandel verpasst" folgendermaßen:
„Klassische PR wird es vielleicht schon bald nicht mehr geben. Eine zu gewagte These? Nur ein kurzer Blick auf das Angebot der Web 2.0 Plattformen zeigt: Auch wenn die neuen Kanäle die alten noch nicht verdrängt haben, sind sie doch weit mehr als nur Ergänzung. Eine neue Generation von Meinungsführern verfügt schon heute über die Macht, Kampagnen nachhaltig zu stützen, oder sie wirkungsvoll zu entkräften. Es stellt sich die dringliche Frage: Wie sollten Kommunikatoren auf die kommenden Herausforderungen reagieren?" (Kamps/Liebl 2008, o. S.)
Die Fragestellung, wie die Kommunikatoren mit den veränderten Bedingungen umgehen sollen, ist der Ansatzpunkt der Masterarbeit. Im Mittelpunkt steht die Frage, welchen Einfluss Social Media auf die klassische PR-Arbeit haben, wie PR Social Media sinnvoll für die eigenen Aufgaben nutzen und die Implementierung von Social Media in der Organisation begleiten kann. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der Internen Kommunikation.
Als Einleitung in die Arbeit wird zunächst begründet, warum das Thema relevant ist und aus welcher Motivation heraus es bearbeitet wurde. Anschließend wird ausgeführt, welches Ziel mit den Ausarbeitungen verfolgt wird, wie konkret vorgegangen wird und mit welchen Methoden welche Erkenntnisse erzielt werden. Die Einleitung wird abgeschlossen mit einer Übersicht über den Aufbau der Masterarbeit.
Social Media sind in aller Munde. Während konventionelle Medien um ihren Erhalt kämpfen und sich mit neuen Zukunftsszenarien auseinandersetzen müssen, boomt der Austausch im Internet. Und was vor einigen Jahren noch Geheimtipp bzw. Spielwiese eingefleischter <Nerds> war, ist heute massentauglich und wird allmählich auch von Wirtschaft und Journalismus entdeckt. Welche Relevanz Medien des Social Web inzwischen haben, wurde mir in meiner Arbeit bei einem Internetunternehmen deutlich. Um Kunden zu gewinnen und zu halten ist es unabdingbar, den <Buzz>, also das Gerede im Internet über die eigene Marke zu verfolgen, darauf zu reagieren und mit den Konsumenten einen offenen Dialog zu pflegen. Das erfordert Zeit und vor allem ein Umdenken weg vom <Einbahnstraßensystem>. Andererseits liegt in dem gegenseitigen Austausch eine enorme Chance. Noch nie war es so einfach, Teilöffentlichkeiten zu definieren, anzusprechen und tatsächlich eine Beziehung zu ihnen aufzubauen.
Diese Entwicklung im Bereich <Social Media> wird in den Massenmedien und der <Blogosphäre>zum Teil sehr gehypt und als die größte gesellschaftliche Veränderung seit der industriellen Revolution dargestellt (vgl. Kärcher 2010, Rieder 2010, Knoll 2010 u. a.). Auch im wirtschaftlichen Bereich gab es in den letzten Jahren viele Veränderungen. Amerikanische Organisationen nutzen schon lange Onlinenetzwerke wie Facebook und Twitter zu Marketingzwecken (vgl. Herder/Law 2009). Diese Entwicklung ist inzwischen auch in Deutschland angekommen und es wird immer selbstverständlicher, dass sich Organisationen ihren externen Zielgruppen online in sozialen Medien präsentieren (vgl. Deutsches Institut für Marketing 2010). Diese Tatsache spiegelt das bestehende Bild von Social Media wieder: Für die meisten Organisationen sind Social Media Instrumente, mit denen sie ihre Kunden effektiver binden können. Wer sich intensiv mit Social Media auseinander setzt, merkt jedoch, dass Social Media viel mehr bieten und auch hervorragend für interne Anwendungen geeignet sind. Doch auch wenn einige Organisationen bereits mit Instrumenten wie Blogs und Wikis arbeiten, kann von einer umfassenden Arbeitsweise mit sozialen Medien in den wenigsten Organisationen die Rede sein (vgl. Göhring et al. 2010, Weber/Leibhammer 2008 u. a.). Dass dies Sinn machen würde, wurde im deutschsprachigen Raum in den letzten Jahren unter dem Schlagwort <Enterprise 2.0> vereinzelt angedeutet. Enterprise 2.0 steht für eine Organisation, die Social Media nutzt - die Namensbezeichnung wurde von McAfee geprägt und lehnt sich an den Begriff des Web 2.0 an (vgl. McAfee 2006). Viele der Ausarbeitungen zum Thema (vgl. Schönefeld 2009, Koch/Richter 2007, Buhse/Stamer 2008) enthalten Case-Studies oder Hinweise, wie die Transformation von einem <Enterprise 1.0> zu einem <Enterprise 2.0> auf technischer Ebene stattfinden kann. Eine derartige Umstellung bringt aber keinesfalls nur technische Veränderungen mit sich. Durch den Einsatz von Social Media in der Organisation ändern sich vermutlich auch Kommunikationswege, Organisationsstrukturen und die Art und Weise der Zusammenarbeit. Das hat zwangsläufig Auswirkungen auf die organisationsinterne PR-Arbeit. An diesem Punkt setzt diese Masterarbeit an: Sie untersucht, welche konkreten Auswirkungen der interne Einsatz von Social Media auf die PR-Arbeit von Organisationen hat.
Eine Folge des Social-Media-Einsatzes, die wiederum Auswirkungen auf die PR-Arbeit hat, ist die Veränderung der Organisationsstruktur. Social-Media-Anwendungen bieten nicht nur anwenderfreundliche, unkomplizierte Tools zur Vernetzung im Internet - Vernetzung ist ihr Wesen. Durch die Anwendung von Social Media entstehen also Netzwerke. Diese bilden sich im privaten Bereich oft spontan und ungeregelt. In Organisationen bestehen jedoch vorgegebene Strukturen und Hierarchien, mit denen die entstehenden Netzwerke in Konflikt geraten können. Auch wenn dies Ursache mancher Spannungen ist, bringt die entstehende Netzwerkstruktur nach Castells viele Vorteile mit sich:
„Netzwerke sind uralte Formen menschlicher Praxis, aber ihnen wurde in unserer Zeit neues Leben eingehaucht: Sie wurden zu Informationsnetzwerken, die ihre Energie aus dem Internet beziehen. Netzwerke haben als organisatorische Instrumente außerordentliche Vorzüge: Sie besitzen hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit - entscheidende Eigenschaften, will man in einem sich schnell verändernden Umfeld überleben und Erfolg haben. Deshalb breiten sich Netzwerke in allen Bereich von Wirtschaft und Gesellschaft aus und erweisen sich den vertikal organisierten Konzernen und zentralisierten Bürokratien im Konkurrenzkampf ebenso wie in der Leistungsfähigkeit als überlegen." (Castells/Kößler 2005, 9)
Nach Aussage von Castells/Kößler sind die entstehenden Netzwerke flexibel und anpassungsfähig. Sie eröffnen Organisationen ganz neue Möglichkeiten - wenn diese es schaffen, sich auf die neuen Strukturen einzulassen.
Die Netzwerke, die durch Social Media in Organisationen entstehen und sich über die bestehenden Strukturen legen, werden in dieser Masterarbeit als <Organisationale Netzwerke>[1] bezeichnet. Ihnen wird ein eigenes Kapitel gewidmet, weil sie großen Einfluss ausüben auf bestehende Kräfteverhältnisse und damit auf die Teilöffentlichkeiten, die Organisationskultur oder auch die Kommunikationswege.
Seitens der Wissenschaft gibt es bisher wenig fundierte Forschung über Social Media. Das liegt zum einen daran, dass es sich um ein recht junges Phänomen handelt, zum anderen daran, dass der Onlinemarkt äußerst umfangreich, unübersichtlich und schnelllebig ist. Forschungsberichte über konkrete Anwendungen sind oft bei ihrer Veröffentlichung nicht mehr aktuell bzw. <State of the Art>. Viele Kurzstudien über Online-Trends werden von Forschungsinstituten aus der Wirtschaft, Verbänden oder Agenturen veröffentlicht. Diese haben aber statt Grundlagenforschung meistens die praktische Verwertung (Best Practice) und Monetarisierung von Social Media (Return of Investment) im Blick. Im Bereich der PR wird zudem der Fokus häufig auf Externe PR gelegt, Interne Kommunikation spielt eine untergeordnete Rolle.
Die oben genannten Entwicklungen und Überlegungen bilden die Grundlage meiner Themenwahl für die Masterarbeit. Ich möchte einen Beitrag leisten, dass die vielfältigen Möglichkeiten der Social Media sinnvoll, positiv und zielgerichtet in der Internen Kommunikation von Organisationen eingesetzt werden können.
1.2 Zielsetzung
Das Hauptziel dieser Masterarbeit ist es, die vielfältig vorhandenen...