Die Gesundheitsausgabenrechnung (GAR) ist Teil der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE) und wird seit 1992 jährlich vom Statistischen Bundesamt auf Bundesebene veröffentlicht. Auf Länderebene gibt es ein solches einheitliches Berichtsformat für die ökonomische Beurteilung der Gesundheitswirtschaft nicht, so dass in dieser Arbeit hilfsweise auf die Umsatzsteuerstatistik zurückgegriffen wird, um die steuerbaren Umsätze der Gesundheitswirtschaft nach der Wirtschaftszweigklassifikation (WZ 2008) auf Bundes- und Landesebene abbilden zu können und somit auch aus dieser Perspektive die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gesundheitswirtschaft für die Bundesländer Berlin und Brandenburg darstellen zu können. Hierbei werden auf Bundesebene Bezüge zur Gesundheitsausgabenrechnung, zum Bruttoinlandsprodukt und zu den steuerbaren Umsätzen der Gesundheitswirtschaft hergestellt. Auf Landesebene werden für die Bundesländer Berlin und Brandenburg Relationen zum Bruttoinlandsprodukt und zu den steuerbaren Umsätzen hergestellt, da hier auf Basis der Wirtschaftszweigklassifikation (WZ 2008) eine methodische Vergleichbarkeit gegeben ist.
Die Umsatzsteuerstatistik ist eine wichtige Datenbasis für die Wirtschaftsbeobachtung. Die Ergebnisse fließen mit in die Berechnung der Wertschöpfung im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ein.[22] Die Darstellung der Ergebnisse der Umsatzsteuerstatistik erfolgt nach verschiedenen Untergliederungen der Wirtschaftsklassifikation 2008, erstmals hiernach für das Berichtsjahr 2009. Gegenüber den teilweise umfassenden Änderungen von WZ 2003 zu WZ 2008 ist die statistische Vergleichbarkeit sehr eingeschränkt. Aus diesem Grund werden nur Zeitreihen ab 2009 in dieser Arbeit mit eingeschlossen. Des Weiteren ist bei Vergleichen mit anderen Statistiken zu beachten, dass ein Unternehmen mit mehreren örtlichen Einheiten steuerlich als eine Einheit betrachtet wird und die Umsatzsteuer dem Finanzamt zufällt, in welchem die Unternehmung ihren Firmensitz hat. Somit kann eine Unschärfe bei der Beurteilung des regionalen pharmazeutischen Standortes entstehen. Eine weitere Unschärfe bei der reinen Betrachtung der Umsatzsteuerstatistik kommt dahingehend hinzu, das viele Einrichtungen der Gesundheitswirtschaft, wie ambulant tätige Ärzte oder Krankenhäuser in der Regel nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliegen.[23]
3.2 Gesundheitsausgaben[24] und steuerbare Umsätze[25] der Gesundheitswirtschaft in Deutschland und deren Anteil am Bruttoinlandsprodukt[26]
Die Gesundheitsausgaben sind laut Gesundheitsausgabenrechnung (GAR) des Statistischen Bundesamtes in den letzten fünf Jahren in Deutschland um +12,3% auf 314,9 Mrd. Euro in 2013 gestiegen, wobei der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt in diesem Zeitraum relativ konstant bei rd. 11% lag. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Gesundheitsaugaben in 2013 um 12,1 Mrd. Euro (+4,0%) deutlich an, so dass die aktuelle Ausgabensteigerung über dem zu erwartenden bundesdeutschen Zuwachs bei der Erwerbstätigkeit in der Gesundheitswirtschaft liegen dürfte.
Tabelle 2: Bruttoinlandsprodukt, Umsätze aus Lieferungen und Leistungen im Vergleic zur Gesundheitsausgabenrechnung (GAR) auf Bundesebene.
Quelle: eigene Darstellung
Der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt ist von 11,4% in 2009 auf 11,0% in 2012 gesunken und am aktuellen Rand in 2013 wieder um 11,2% gestiegen (siehe Tabelle 2).
Die Gesundheitswirtschaft hat nicht nur einen erheblichen Anteil am Bruttoinlandsprodukt und damit an der Wertschöpfung, sondern sie leistet auch aus steuerlicher Sicht einen wichtigen Beitrag zur Staatsfinanzierung. Betrachtet man die steuerbaren Umsätze aus Lieferungen und Leistungen der Gesundheitswirtschaft nach der Wirtschaftszweig-klassifikation (WZ 2008), so ist festzustellen, dass die Umsätze im Kern und in den beiden Erweiterungsbereichen der Gesundheitswirtschaft (Handel (1) und Verarbeitendes Gewerbe (2)) nur geringfügig unter denen der Gesundheitsausgaben nach der Definition des Statistischen Bundesamtes liegen. Die steuerbaren Umsätze der Gesundheitheits-wirtschaft i.e.S. (Kern- und Erweiterungsbereiche 1 und 2) beliefen sich in 2013 auf 310,1 Mrd. Euro. Der Anteil der steuerbaren Umsätze der Gesundheitswirtschaft i.e.S. am Bruttoinlandsprodukt ist von 2009 bis 2013 in den letzten fünf Jahren von 10,1% auf 11,0% gestiegen. Auf Bundesebene haben die Gesundheitsausgaben - nach der Definition des Statistischen Bundesamtes - und die steuerbaren Umsätze einen vergleichbaren Anteil am Bruttoinlandsprodukt von rd. 11% (siehe hierzu auch obige Tabelle 2).
Von den 310,1 Mrd. Euro entfielen in 2013 nur 23,99% des steuerbaren Umsatzes auf den Kernbereich der Gesundheitswirtschaft, da u.a. niedergelassene Ärzte und Zahnärzte ohne Labor in der Regel nicht umsatzsteuerpflichtig sind. Auf den 1. Erweiterungsbereich der Gesundheitswirtschaft (Handel) entfielen 44,76% und dem 2. Erweiterungsbereich der Gesundheitswirtschaft (Verarbeitendes Gewerbe) sind 31,26% des steuerbaren Umsatzes in 2013 zuzuordnen (siehe hierzu Tabelle 3 auf der nachfolgenden Seite).
Der Anteil des pharmazeutischen Sektors (Verarbeitendes Gewerbe, Wirtschaftsabteilung 21, Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen und Handel, Wirtschaftsunterklasse 46.46.1, Großhandel mit pharmazeutischen Erzeugnissen) an den Gesamtumsätzen der Gesundheitswirtschaft ist von 2009 bis 2013 von 40,5% auf 43,6% in Deutschland gestiegen. Wobei der pharmazeutische Großhandel einen Anteil von 2009 bis 2013 von 38,8% auf 46,1% an allen steuerbaren Handelsumsätzen im 1. Erweiterungsbereich der Gesundheitswirtschaft gestiegen ist. Noch höher ist der Anteil der pharmazeutischen Industrie am 2. Erweiterungsbereich der Gesundheitswirtschaft (Verarbeitendes Gewerbe), welcher in den letzten fünf Jahren von 72,4% auf 73,3% in 2013 gestiegen ist.
Mit einem Gesamtanteil von über 40% an allen steuerbaren Umsätzen der Gesundheitswirtschaft hat der pharmazeutische Sektor somit einen erheblichen Anteil am Umsatzsteueraufkommen der Gesundheitswirtschaft in Deutschland (siehe hierzu auch Tabelle 3 auf der nachfolgenden Seite).
Tabelle 3:Umsätze aus Lieferungen und Leistungen in der Gesundheitswirtschaft in Deutschland.
Quelle: eigene Darstellung
Das gesamte Umsatzsteueraufkommen in Deutschland ist zu einem Drittel dem Verarbeitenden Gewerbe und zu einem weiteren Drittel dem Handel zuzuordnen. Das letzte Drittel des Umsatzaufkommen verteilt sich auf die übrigen Wirtschaftsabschnitte der deutschen Volkswirtschaft. Die Gesundheitswirtschaft würde im Ranking aller Wirtschaftszweige nach dem Verarbeitenden Gewerbe und dem Handel nur knapp unter dem Energiebereich liegen und mit etwas über 5% Rang 4 in Deutschland einnehmen (siehe hierzu auch Tabelle 2 im Anhang).
Die steuerbaren Umsätze der Berliner Gesundheitheitswirtschaft i.e.S. (Kern- und Erweiterungsbereiche 1 und 2) beliefen sich in 2013 auf 15,5 Mrd. Euro, so dass deren Anteil am Berliner Bruttoinlandsprodukt von 2009 bis 2013 in den letzten fünf Jahren von 8,9% auf 13,8% gestiegen ist (siehe Tab. 4 folgende Seite ).
Tabelle 4: Bruttoinlandsprodukt und Umsätze aus Lieferungen und Leistungen im Land Berlin.
Quelle: eigene Darstellung
Der Anteil des pharmazeutischen Sektors (Verarbeitendes Gewerbe, Wirtschaftsabteilung 21, Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen und Handel, Wirtschaftsunterklasse 46.46.1, Großhandel mit pharmazeutischen Erzeugnissen) an den Gesamtumsätzen der Berliner Gesundheitswirtschaft ist von 2009 bis 2013 von 22,1% auf 45,7% gestiegen. Wobei der pharmazeutische Großhandel in 2013 einen Anteil von 45,2% am 1. Erweiterungsbereich (Handel) und die pharmazeutische Industrie einen Anteil von 78,6% am 2. Erweiterungsbereich der Gesundheitswirtschaft (Verarbeitendes Gewerbe) hatte. Mit einem Gesamtanteil von 45,7% (Deutschland: 43,6%) in 2013 an allen steuerbaren Umsätzen der Gesundheitswirtschaft hat auch hier der pharmazeutische Sektor einen erheblichen Anteil zum Umsatzsteueraufkommen in Berlin beigetragen (siehe Tabelle 5).
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