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Die Reaktion auf Willensmängel beim Arbeitsvertragsschluss

AutorMonika Hausmann
VerlagHerbert Utz Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl349 Seiten
ISBN9783831608096
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis49,99 EUR

Das Arbeitsrecht gefällt sich schon lange darin, das Anfechtungsrecht der Arbeitsvertragsparteien vor allem des Arbeitgebers mit Blick auf Willensmängel bei Arbeitsvertragsschluss tatbestandlich und auch auf der Rechtsfolgenseite einzuschränken. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat insoweit bereits zu einer ausdifferenzierten Schadensrechtsdogmatik zur Abwicklung von Informationspflichtverstößen geführt. Dabei wird weithin ignoriert, dass fahrlässige und vorsätzliche Täuschungen auch schadensrechtliche Konsequenzen haben.

Wie sich nun Schadensersatzansprüche (des fahrlässig Getäuschten) zur Einschränkung der Irrtums- oder Täuschungsanfechtung verhalten, ist im Arbeitsrecht bislang ungeklärt. Die Dissertation setzt sich mit diesem Problemfeld auseinander, wobei insbesondere diskutiert wird, ob der Arbeitgeber die Auflösung des Arbeitsvertrages wegen Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.) beanspruchen kann.

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Leseprobe
§ 2 Anfechtung von Willenserklärungen im Rahmen von Individualarbeitsverträgen (S. 5-7)

A. Anwendbarkeit der Anfechtungsregeln


Die Anwendbarkeit der Anfechtungsregeln gemäß §§ 119 ff. BGB wäre ausgeschlossen, sofern der Arbeitsvertrag nicht durch Rechtsgeschäft, sondern infolge der tatsächlichen Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb (Realakt) begründet wird. Die vormals ungeklärte Rechtsnatur des Arbeitsverhältnisses fand ihren Ausdruck in der Kontroverse zwischen Eingliederungs- und Vertragstheorie.

I. Eingliederungstheorie

Nach der vornehmlich von Siebert und Nikisch vertretenen Eingliederungstheorie entsteht das Arbeitsverhältnis nicht durch Vertrag, sondern durch die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb. Grundlage dieser Auffassung sind die gemeinschaftsbildende Kraft des gemeinsamen Persönlichkeitseinsatzes zu einem bestimmten Ziel in der Gesamtordnung sowie die rechtsschöpferische Kraft der auf solchem unmittelbaren Persönlichkeitseinsatz beruhenden (personenrechtlichen) Gemeinschaft. Von diesem Standpunkt aus ließ sich begründen, dass die Rechtsgeschäftslehre des BGB, insbesondere die Vorschriften über die Anfechtung, auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung finden, da es schlechterdings unmöglich sei, ein faktisches personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis rückwirkend zu beseitigen. Schwer zu bewältigende Relikte der Eingliederungstheorie im Sinne des Abstellens auf rein faktische Elemente begegnen noch bei der Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung sowie beim Begriff der Einstellung des § 99 BetrVG28.

II. Vertragstheorie

Nach der Vertragstheorie wird das Arbeitsverhältnis als Rechtsverhältnis ausschließlich durch den Abschluss des Arbeitsvertrages begründet. Der Vertrag ist Verpflichtungsgegenstand und Rechtsgrund für die Erbringung der Arbeit und des Arbeitsentgelts. Die Vertragstheorie steht im Einklang mit den Grundprinzipien der Privatrechtsordnung, wonach die freie Selbstbestimmung maßgeblich ist. Die Eingliederungstheorie hingegen ist nicht mit dem geltenden Recht zu vereinbaren, da es keinen sachlichen Grund gibt, für das Arbeitsverhältnis systemwidrig einen anderen Begründungstatbestand anzunehmen, als er sonst für die Begründung eines Schuldverhältnisses gilt, denn nach geltendem Recht unterliegt die Ordnung der Arbeitsverhältnisse als privatrechtliche Verträge dem Grundsatz der Privatautonomie. Daraus folgt, dass der Arbeitsvertrag als bürgerlich-rechtlicher Vertrag grundsätzlich den Regeln des BGB beziehungsweise den Anfechtungsregeln unterliegt. Die Abkopplung des Arbeitsverhältnisses von den Grundgedanken und Grundwertungen des Bürgerlichen Rechts ist ein problematischer und verlustreicher Vorgang.

III. Konzeption im Diskussionsentwurf - ArbVG

Gemäß § 1 Abs.1 S.1 des Diskussionsentwurfs eines Arbeitsvertragsgesetzes wird das Arbeitsverhältnis durch Vertrag begründet. Darüber hinaus sollen die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches gelten, soweit das ArbVG nichts anderes bestimmt, § 1 Abs. 1 S.2 ArbVG. Gegen diesen Vorschlag wird eingewandt, der Vorschrift könne allenfalls eine Entscheidung gegen die Eingliederungstheorie zugunsten der Vertragstheorie entnommen werden, sofern ihr überhaupt ein Regelungsgehalt beigemessen werden soll. Die Entscheidung ausschließlich einer dogmatischen Streitfrage rechtfertige jedoch keine Norm, weshalb ein Offenbleiben gegenüber neuen wissenschaftlichen Entwicklungen sinnvoller sei. Das Vertragsprinzip steht jedoch im Einklang mit den Grundwertungen der geltenden Privatrechtsordnung, wie sie vor allem in Art.1 und 2 GG ihren Ausdruck gefunden haben, so dass dessen Deklaration an der Spitze des Gesetzes Zustimmung verdient.

B. Verdrängung der Anfechtung durch die Kündigung

I. Vor Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses

Eine richterliche Gesetzesberichtigung der §§ 119, 123, 142 BGB vor Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses ist weder angebracht noch zulässig, da der Arbeitnehmer-Schutzgedanke beziehungsweise Rückabwicklungs- schwierigkeiten keine Einschränkung der Anfechtungsregeln erfordern, solange noch keine Arbeit geleistet wurde.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort10
Inhalt12
§ 1 Willensmängel beim Abschluss von Arbeitsverträgen24
§ 2 Anfechtung von Willenserklärungen im Rahmen von Individualarbeitsverträgen28
§ 3 Schadensersatz wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Täuschung181
§ 4 Konkurrenzverhältnisse240
§ 5 Schadensersatz gemäß § 311a Abs. 2 BGB269
§ 6 Deliktische Haftung für vorvertragliche Irreführung289
§ 7 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse316
Abkürzungsverzeichnis322
Literaturverzeichnis324

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