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Die Risiken des Hochfrequenzhandels für die Finanzmarktstabilität

AutorAnton Nikitin
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl80 Seiten
ISBN9783668313811
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,3, Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln (Schmalenbach Institut), Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Bachelorarbeit untersucht den Hochfrequenzhandel (HFH) im Hinblick auf die möglichen Risiken für die Finanzmarktstabilität. Durch die zahlreichen Verflechtungen der heutigen Finanzmärkte betrifft die Thematik jeden Aktionär und Marktteilnehmer, aber auch den indirekten Investor, der Geld für seinen Renteneintritt anlegt oder Vermögensverwaltern anvertraut. In den Medien ist der HFH spätestens seit 2010 ein umstrittenes Thema, an dem sich überdies die akademischen Geister scheiden. Zahlreiche Marktereignisse, die in kürzester Zeit zu massiven Kursausschlägen führen, tragen immer häufiger die Handschrift der Hochfrequenzhändler. Diverse Studien und Artikel zeigen auf, wie der Hochfrequenzhandel blitzschnelle Orderabwicklungen und fragwürdige Strategien etabliert hat. Die viel zitierten 'Flash-Crashs' wirken wie Vorboten einer steigenden Gefahrenquelle für die Finanzmarktstabilität. Der Finanzmarkt hat sich gewandelt. Das wird vor allem an den extrem kurzen Haltezeiten von Wertpapieren deutlich. Den genauen volkswirtschaftlichen Nutzen des High Frequency Trading (HFT) zuzüglich der Auswirkungen auf den Finanzmarkt gilt es zu erschließen und die implizierten Risiken dieser extrem schnellen Handelsform gegenüberzustellen. Heutzutage erreichen die Computer-Algorithmen dieser Händlergattung unglaubliche Geschwindigkeiten - Millionen von Trades können binnen eines Wimpernschlags ausgeführt werden. Bereits heute wird jedes zweite Aktiengeschäft in weniger als einer Sekunde abgewickelt. In über 80% der Fälle wird eine Aktie weniger als 10 Minuten gehalten. Die Zahlen zeigen die dramatischen Veränderungen der Marktstrukturen an der Indikation der durchschnittlichen Haltedauer einer Aktie, bedingt in erster Linie durch den Hochfrequenzhandel. Der ursprüngliche Sinn einer Börse, Investoren ohne Unternehmensvision mit Unternehmen ohne ausreichend Kapital zusammenzubringen, scheint verloren gegangen zu sein.

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Leseprobe

2 Hochfrequenzhandel


 

Der Hochfrequenzhandel ist eine Technologie und keine Strategie. Die grundlegenden technologischen Veränderungen und Weiterentwicklungen, insbesondere im Order-Routing in Verbindung mit den regulären Börsen und den außerbörslichen Dark Pools, bieten somit immer neu aufkommende Möglichkeiten einer innovativen Renditerealisierung. Der Hochfrequenzhandel kann somit als Resultat einer stetigen und dynamischen Entwicklung der modernen Finanztechnologiesierung gesehen werden und selbst als eine Form von

 

Informationstechnologie definiert werden.“[32] Die Klassifizierung des Hochfrequenzhandels kann anhand spezifischer Merkmale vorgenommen werden. In erster Linie sind die technische Komponente und die angewandte Handelsstrategie entscheidend für die Klassifizierung. Daraus ergeben sich weitere Sekundär-Ebenen nach denen dieses Kapitel gegliedert ist. Vor einer Klassifizierung wird zunächst der Verbreitungsgrad des Hochfrequenzhandels dargelegt. Etwas stimmte nicht. Jedes Mal, wenn Brad Katsuyama Aktien kaufen wollte, wurden sie teurer. Und jedes Mal, wenn er Aktien verkaufen wollte, wurden sie billiger. "Ich verstand nicht, was da los war", erinnert sich der damalige US-Cheftrader der Royal Bank of Canada (RBC). Ich fand keine Antworten.“[33] Diese Antworten gilt es so akkurat wie möglich heraus zu arbeiten. Aus diesem Grund folgt an dieser Stelle eine Einordnung der Bedeutung des Hochfrequenzhandels für die heutigen Finanzmärkte.

 

Verlässliche Aussagen zur Verbreitung des Hochfrequenzhandels sind dabei schwierig zu ermitteln, da kein gesichertes Zahlenmaterial zur Verfügung steht. Verschiedene Untersuchungen belegen, dass der höchste Anteil an Hochfrequenzhändlern im US-Markt zu finden ist, die Schätzungsbreite liegt dabei jedoch zwischen 50% und 90%. 2015 bezifferte eine Studie der Universität Zürich den aktuellen US-Aktienmarktanteil lediglich auf 50 bis 55%. Die durchschnittliche Durchdringung der europäischen Finanzmärkte wird mit 40% angegeben. Laut Contratto hat sich demnach der Hochfrequenzhandel vom Aktienhandel besonders deutlich auf den Devisenhandel sowie auf den Rohstoffhandel ausgeweitet.[34] Der Marktanteil am Handelsvolumen in den USA und Europa steigt kontinuierlich seit mindestens 2007, sagt Gresser.[35] Abbildung 3 und 4 fassen diese Entwicklung zusammen.

 

 

Abbildung 3: Veränderung des Marktanteils der Hochfrequenzhändler

 

 

Abbildung 4: Marktanteile am Handelsvolumen in Europa und USA

 

Ein interessanter Aspekt ist die geschätzte Anzahl der Hochfrequenzhändler in Relation zu den vom HFT bewegten Volumina an den Finanzmärkten. Es fällt auf, dass ein kleiner Anteil der gesamten Marktteilnehmer ein sehr hohes Volumen bewegt. Damit bewegen heutzutage sehr viel weniger Marktteilnehmer den Markt – ein Zustand der erhebliche Risiken beinhalten kann. Vor einigen Jahren war der Diversifizierungsgrad der Marktteilnehmern, die unterschiedlichste Investmentideen umsetzten, höher. Die Algorithmen der Hochfrequenzhändler hingegen müssen möglichst einfach konzipiert sein, um den Geschwindigkeitsvorteil effizient nutzen zu können. Der Begründer des algorithmischen Handels, Professor Farmer, stellte in einem Interview fest: „Bei HFT geht es nur um Geschwindigkeit, bei uns ging es um Intelligenz“ Die Algorithmen, die beim Hochfrequenzhandel verwendet werden, bezeichnet er als geradezu dumm. „Sie müssen sehr kurz sein, damit der Rechner keine Zeit verliert, wenn er innerhalb von Millisekunden auf ein Ereignis reagieren soll.“ Darin besteht auch eine Gefahr, weil die Programmierer keine Sicherheitsmechanismen einbauen können. Weiter heißt es: „Dadurch hat die Ausweitung des Hochfrequenzhandels zu einer Destabilisierung der Märkte geführt“.[36] Ebenfalls auffällig ist, dass der Anteil an HFT bzw. deren Volumina höher ist, desto bedeutender[37] der Börsenstandort für den Finanzmarkt ist. Abbildung 5 verdeutlicht diesen Aspekt, aus dem sich schließen lässt, dass HFTrader eher an diesen hochliquiden Märkten agieren.[38] Gresser macht diesen Umstand an den drei wichtigsten europäischen Börsenplätzen fest. Die Londoner Börse hat damit den höchsten HFH-Anteil außerhalb der US-amerikanischen Börsen. Dahinter folgen Frankfurt und Zürich mit 60 bzw. 50% Anteil.

 

 

Abbildung 5: Marktanteil des HFH an der Börse London, Frankfurt und Zürich

 

Abschließend ist noch anzumerken, dass die Schätzungen nach Gresser[39], Contratto[40] und weiterer Studien[41] auf der Anzahl der HFH mit Co-Locations[42] an den internationalen Börsen beruhen. Dazu müssen noch die HFH hinzuaddiert werden, die „nur“ in der Nähe der Börsen angesiedelt sind, und die Hochfrequenzhändler, die direkt in bankinternen Handelsplattformen wie den sog. „Dark-Pools“[43] agieren.

 

2.1 Funktionsweise des Hochfrequenzhandels


 

Es folgt die Erläuterung der technischen Seite des Hochfrequenzhandels, quasi die „Physik des schnellen Börsenhandels“. Wie oben bereits erwähnt, gibt es den typischen Hochfrequenzhändler nicht, eine Definition muss deshalb anhand von folgenden Kriterien differenzierter erfolgen: (1) Größe (2) Strategien (3) Technische Ausstattung (4) Marktpräsenz

 

Dabei kann der Hochfrequenzhandel grob in vier Gruppen unterteilt werden: (1) Global Player (2) Finanzhäuser (3) Private Hochfrequenzhändler (4) Börsenbetreiber sowie Dark Pool Anbieter, welche keinen Hochfrequenzhandel betreiben, aber von diesen profitieren.

 

2.1.1 Technik


 

Die Markteintrittsbarrieren des HFT sind aufgrund der kostspieligen Technik, sowie aufgrund der eingesetzten Handelsstrategien, die eine Kombination aus finanzmarktechnischem Verständnis und Programmierkenntnissen darstellen, sehr hoch. Der erfolgreiche Hochfrequenzhandel benötigt nicht nur die modernste bzw. konkurrenzfähigste Technologie für die Datenverarbeitung und die Umsetzung der Handels-Algorithmen, sondern auch eine besonders schnelle Übertragungsrate, die ein HFH nur extern von den Börsenbetreibern einkaufen kann.[44] Hierfür investieren die Börsenbetreiber in extrem widerstandsarme und kurze Übertragungskabel. Je kürzer ein Übertragungskabel ist, desto schneller können Marktdaten übertragen werden. Daher bieten die meisten Börsenbetreiber sog. „Co-Locations“[45] an, die so nah wie möglich an den Börsen-Servern angebaut werden. Anova Technologies[46] aus Chicago implementierte sogar Militär-Laser, um eine noch schnellere Übertragungsgeschwindigkeit zu erreichen, da selbst das effizienteste Glasfaserkabel nicht mehr schnell genug ist. Damit sollen Übertragungsraten erzielt werden, die möglichst nah an Lichtgeschwindigkeit heranreichen.[47] Weitere Informationen zu dem „Hybrid Laser Metro Wireless“ von Anova werden im Anhang, Abb. 14, angeführt.

 

Infolgedessen besteht im Hochfrequenzhandel die Prämisse, möglichst jederzeit über die bestmöglichen Übertragungsmedien zur Geschwindigkeitsoptimierung zu verfügen, um den Vorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern zu erhalten, die ihrerseits ggf. nachrüsten. Einige Strategien des HFT bauen ausschließlich auf diesen Geschwindigkeitsvorteil. Das führt dazu, dass gewisse Handelsstrategien nur von den schnellsten HFTradern umgesetzt werden können.[48] Die folgende Abbildung 6 zeigt den Drei-Klang auf, welcher für eine funktionale Umsetzung der jeweiligen Strategien entscheidend ist. Der Geschwindigkeitsvorteil wird hauptsächlich von der Infrastrukturgeschwindigkeit, der Transaktionsgeschwindigkeit und der Prozessgeschwindigkeit beeinflusst.

 

 

Abbildung 6: Drei-Klang des erfolgreichen HFT

 

Des Weiteren wird der technologische Aspekt als Teil des Risikomanagements auf Seiten der HFH und der Börsenbetreiber gesehen. Gresser schätzt den hohen Technologiesierungsgrad als risikomindernd im Vergleich zu dem klassischen Börsenhandel ein.[49] Aufgrund des Geschwindigkeitsvorteils können sich die schnellsten Marktteilnehmer zuerst aus einem zusammenbrechenden Markt zurückziehen, die „langsameren“ Marktteilnehmer trifft es demnach härter und das blitzschnelle Abziehen HFT-Liquidität kann die Folgen eines Kurseinsturzes verstärken.

 

2.1.2 Gängige Strategien


 

 

Abbildung 7: Strategien des HFH

 

Die gängigsten Hochfrequenzhandels-Strategien nutzen vorwiegend den Geschwindigkeitsvorteil der High-Speed-Trader. Das HFT umfasst dabei unterschiedliche Strategien, die zum Teil gesetzeswidrig[50] sind und als Kursmanipulation gelten. Andere sind als Bedrohung für die...

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