Sie sind hier
E-Book

Die Rolle des ausländischen Kapitals bei der Transformation des Bankensystems in Polen

AutorGordon Neubauer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl108 Seiten
ISBN9783638686372
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich VWL - Finanzwissenschaft, Note: 2,0, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Sprache: Deutsch, Abstract: Ausländisches Kapital spielt bei der Transformation des polnischen Bankensystems eine bedeutende Rolle für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Landes. Gegenstand zahlreicher Untersuchungen sind die Folgen der Liberalisierung beziehungsweise die Öffnung des Bankenmarktes in Schwellen- und Industrieländern allgemein. Hauptgegenstand dabei ist die Wirkung ausländischen Kapitals auf den Wettbewerb, auf die Effizienz des gesamten Bankensystems eines Landes und auf die Kreditvergabe. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird die Rolle ausländischer Banken beim Umwandlungsprozess des polnischen Bankensystems ausführlich untersucht. Es wird dabei differenziert nach Greenfieldbanken1 und nach Banken, die durch ausländische Banken übernommen werden beziehungsweise es wird die Privatisierung einheimischer Banken als Ganzes betrachtet. Der Genossenschaftsbankensektor spielt in dieser Arbeit nur eine untergeordnete Rolle Polen gilt als der größte Bankenmarkt Mittelosteuropas. Trotz politischer Vorbehalte und Instabilitäten wird die Transformation als gelungen bezeichnet und erfüllt die europäischen Standards. Der positive Effekt ausländischer Banken bei der Transformation des polnischen Bankensektors wird aufgezeigt und bietet sich als Argumentationshilfe weiterer politischer Diskussionen an. Die vorliegende Arbeit bestätigt die Bedeutung der Einbeziehung ausländischen Kapitals beim Umwandlungsprozess. Sie gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil werden die möglichen Folgen des Markteintrittes ausländischer Banken allgemein beschrieben. Der zweite Teil setzt sich mit der Rolle ausländischer Banken bei der Transformation des Bankensystems im Allgemeinen und speziell in Polen auseinander.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

2. Die Transformation des Bankensektors


 


2.1 Erfahrungen aus dem Markteintritt ausländischer Banken


 


2.1.1 Argumente für den Markteintritt von ausländischen Banken


 

Der Eintritt ausländischer Banken auf heimische Märkte ist verbunden mit einer Internationalisierung der angebotenen Finanzdienstleistungen (World Bank, 2001: S. 158) und Ausdruck für die Liberalisierung des Finanzsystems eines Landes, da Markteintrittsbarrieren für ausländische Banken abgebaut werden. Durch die Tätigkeit ausländischer Banken erhöht sich der Wettbewerb im heimischen Bankensektor. Die Folgen des gestiegenen Wettbewerbes sind bessere Qualität, Verfügbarkeit und Preisgestaltung der Bankprodukte und Dienstleistungen, da unter anderem die Zinsmargen sinken und die Banken zum Halten des bestehenden Kundenstammes und zur Gewinnung neuer Kunden ihr Service- und Produktangebot  ausdehnen müssen (Uliboupin, 2004: S. 12). Ein Beispiel für die bessere Verfügbarkeit von Bankprodukten ist die durch das Engagement ausländischer Banken ausgeweitete Kreditvergabe sowohl an Unternehmen als auch  an Haushalte. Damit kann sich die Situation der Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen verbessern. Die großen ausländischen Banken konzentrieren sich zunächst auf die Großkunden. Die einheimischen Banken sind gezwungen, Marktnischen zu suchen und somit auch Kredite an kleinere und mittlere Unternehmen zu vergeben (World Bank, 2002: S. 67). Insbesondere der mit der Präsenz ausländischer Banken verbundene Wissenszuwachs (Clark et al., 2001: S. 6) und damit folgend Effizienzspillover für eine risikoadäquate Kreditvergabe wirkt positiv auf die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen, da die Kreditwürdigkeit besser eingeschätzt werden kann. Das Ansiedeln von unterstützenden Einrichtungen wie Ratingagenturen wird ebenfalls stimuliert, was die Risikobeurteilung potentieller Kreditkunden vereinfacht und gleichzeitig die Kosten der Beurteilung und Überwachung eines Kreditnehmers senkt. Ausländischen Banken können temporäre Volatilitäten in der Kreditgewährung der heimischen Banken ausgleichen, da sie nicht nur auf die stark konjunkturabhängigen heimischen Ersparnisse angewiesen sind. Sie verfügen über ein internationales Einlagenportfolio und haben Zugang zu den internationalen Finanzmärkten.

 

Diese stabilisierte Kreditversorgung ist besonders in Krisenzeiten wichtig. Während einer Krise sind die heimischen Banken oft mit Bilanzverbesserungsmaßnahmen[2] beschäftigt. So kann es passieren, dass sie nicht ausreichend sensibel auf Marktsignale reagieren und damit lukrative, gesamtwirtschaftlich wichtige Investments verpassen. Ausländische Banken können diese Negativeffekte ausgleichen. Die Kreditvergabe als Ganzes wird stabilisiert (Dages et al., 2000: S. 4 ff.).

 

Bei Liquiditäts- und Kapitalproblemen ist es wahrscheinlich, dass der Mutterkonzern als Lender of  Last Resort  für seine Beteiligungen an heimischen Banken und für die eigenen Filialen agiert, wenn nötig zur Wahrung der Reputation die Tochtergesellschaft rekapitalisiert (World Bank 2002: S.69). Die Zahlungsunfähigkeit einer einzelnen Bank kann sich sehr schnell über Transaktionsmechanismen und Zahlungsverkehr auf das gesamte Bankensystem ausbreiten, so dass der einsetzende Bank-Run die Liquidität des gesamten Bankensystems gefährdet (Wenzeler, 1999: S. 34).  Über den Mutterkonzern im Ausland kann der heimische Bankensektor stabilisiert werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es sich bei dem Investment der ausländischen Bank um ein auf Langfristigkeit ausgelegtes Investment handelt.

 

Der Markteintritt ausländischer Banken ist verbunden mit dem Import von Institutionen und ihrer Funktionsfähigkeit. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, die Bankenaufsicht im Herkunftsland der ausländischen Bank und auch die Reputation der Bank zu prüfen (World Bank, 2002: S. 69). Besitzt die ausländische Bank eine hohe Reputation und kommt sie aus einem hoch entwickelten Industrieland, werden Elemente aus effizienten und funktionierenden Marktwirtschaften importiert. Damit kann das heimische Vertrauen im Bankensektor erhöht und die Gefahr eines Bank-Runs mit seinen gefährlichen Folgen gesenkt werden.

 

Auch können die ausländischen Banken am Aufbau einer entsprechenden rechtlichen Ausgestaltung  und Rahmenstruktur des Bankensektors mitwirken. Das Engagement ausländischer Banken ist mit einer verbesserten und effizienteren Finanzintermediation, also Annahme von Spareinlagen und Kreditvergabe, verbunden (Engerer/ Schrooten, 2004: S.4). Insbesondere kleine Finanzsysteme können von dieser Internationalisierung und

 

Liberalisierung profitieren, denn je kleiner ein Finanzsystem ist, desto anfälliger ist es für Schocks und desto weniger ist es in der Lage, sich von solchen Schocks abzuschirmen und zu schützen. Je besser das Land über Eigentümerstrukturen und internationale Portfolioverbindungen in das weltweite Finanzsystem integriert ist, desto höher ist der Schutz vor Bankenkrisen mit ihren gesamtwirtschaftlichen Folgen (World Bank, 2001: S. 159).

 

2.1.2 Argumente gegen den Markteintritt von ausländischen Banken


 

In der Literatur werden  auch Argumente gegen einen Markteintritt ausländischer Banken auf heimische Märkte genannt. So wird befürchtet, dass die Kreditversorgung instabiler wird, da die Möglichkeit einer vereinfachten und schnelleren Kapitalflucht über ausländische Banken und deren Netzwerk, insbesondere in Krisensituationen besteht (Darges et al., 2000: S.5). Werden Depositen abgezogen, so fehlen den Banken die nötigen finanziellen Mittel für eine Kreditversorgung der heimischen Wirtschaft. Auch wird befürchtet, dass die Kreditversorgung zyklischer, also volatiler erfolgen kann, da die Kapitalallokation der Mutterbank auf der Basis erwarteter Renditen erfolgt. Bei schlechter wirtschaftlicher Situation oder einer Krise wird die Geschäftstätigkeit dieser Bank zugunsten der Geschäftstätigkeit der Bank in anderen Regionen verringert. Befindet sich die Wirtschaft in einer rezessiven Phase, wird die Kreditvergabe eingeschränkt. Eine Expansion in der Kreditvergabe erfolgt dementsprechend in einer konjunkturellen Hochphase. Folglich besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Konjunktur des für die Bank jeweiligen Auslandsmarktes und der dortigen Kreditvergabe, was konjunkturelle Dellen verstärkt. Es kann jedoch auch ein starker Zusammenhang zwischen der Konjunktur des Herkunftslandes der ausländischen Bank und der Kreditallokation auf dem heimischen Markt bestehen. Ein positiver Zusammenhang ergibt sich, wenn verschlechternde ökonomische Bedingungen im Herkunftsland die Banken zwingen, ihre gesamte Geschäftstätigkeit, also auch die auf den Auslandsmärkten, einzuschränken. Andrerseits können diese sich verschlechternden Wirtschaftsbedingungen dazu führen, dass die Banken nach anderen lukrativeren Geschäftsmöglichkeiten im Ausland suchen, so dass eine negative Beziehung zwischen dem Kreditgeschäft auf dem Auslandsmarkt und der Konjunktur im Herkunftsland der ausländischen Bank besteht. Insgesamt wird die Kreditversorgung volatiler (de Haas/ van Lelyveld, 2003: S. 2 f.).

 

Als weiteres Argument gegen den Markteintritt ausländischer Banken wird angeführt, dass sich die ausländischen Banken die lukrativsten Auslandsmärkte und Kunden

 

heraussuchen. Die Folge dieses so genannten Cherry-Pickings ist, dass die weniger wettbewerbsfähigen Institutionen die riskanteren Kunden bedienen. Der Kreditzugang für kleine und mittlere Unternehmen wird erschwert. Je stärker der Marktanteil ausländischer Banken ist, desto gravierender kann dieses Problem auftreten (Clark et al., 2001: S. 2 f.).   Die

 

Folge ist, dass die einheimischen Banken durch das Abdrängen in diese Marktsegmente  eine risikoreiche Kundenstruktur erhalten. Die Gefahr einer Bankenkrise durch den möglichen Bankrott einheimischer Banken in wirtschaftlich angespannten Zeiten nimmt zu (Darges et al., 2000: S.5). Im Zusammenhang mit dem Cherry-Picking-Argument wird den ausländischen Banken unterstellt, Exporte und Projekte von Firmen aus dem Herkunftsland einseitig zu bevorzugen und zu fördern und die einheimischen Unternehmen zu vernachlässigen (Uliboupin, 2004: S. 10 f.). Jedoch haben die großen Banken eher internationalen und multinationalen als einen nationalen Charakter. So kann man davon ausgehen, dass das nationale Argument bei großen internationalen Banken an Bedeutung verliert. Weiterhin ist zu bemerken, dass das Investment ausländischer Banken in den heimischen Bankensektor einen langfristigen Charakter hat und die Einlagen durch inländische Sparer erbracht werden. Die Tätigkeit der ausländischen Banken unterscheidet sich langfristig nicht substanziell von der Tätigkeit der heimischen Banken. Beide konkurrieren um dieselben Kundengruppen (Bonin et al., 1998: S.67).

 

Die Bankenaufsicht über ausländische Banken wird durch die oft sehr komplexe Struktur multinationaler Banken mit Gerichtsständen in den verschiedensten Ländern erschwert. Informationsasymmetrien zwischen der Bankenaufsicht im Mutterland der ausländischen Bank und der Bankenaufsicht im Eintrittsland können dieses Problem noch verstärken (Darges et al., 2000: S.5). Ist die Bankenaufsicht im...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Finanzierung - Bankwirtschaft - Kapital

Rating

E-Book Rating
Chance für den Mittelstand nach Basel II. Konzepte zur Bonitätsbeurteilung, Schlüssel zur Finanzierung Format: PDF

Eine gute Bonitätsnote wird zum Dreh- und Angelpunkt der Konditionen. Nur wer die Regeln kennt, nach denen Ratings erteilt werden, kann sich die Prüfverfahren vorbereiten. Autor Dr.…

Weitere Zeitschriften

Archiv und Wirtschaft

Archiv und Wirtschaft

"Archiv und Wirtschaft" ist die viermal jährlich erscheinende Verbandszeitschrift der Vereinigung der Wirtschaftsarchivarinnen und Wirtschaftsarchivare e. V. (VdW), in der seit 1967 rund 2.500 ...

aufstieg

aufstieg

Zeitschrift der NaturFreunde in Württemberg Die Natur ist unser Lebensraum: Ort für Erholung und Bewegung, zum Erleben und Forschen; sie ist ein schützenswertes Gut. Wir sind aktiv in der Natur ...

Das Hauseigentum

Das Hauseigentum

Das Hauseigentum. Organ des Landesverbandes Haus & Grund Brandenburg. Speziell für die neuen Bundesländer, mit regionalem Schwerpunkt Brandenburg. Systematische Grundlagenvermittlung, viele ...

filmdienst#de

filmdienst#de

filmdienst.de führt die Tradition der 1947 gegründeten Zeitschrift FILMDIENST im digitalen Zeitalter fort. Wir begleiten seit 1947 Filme in allen ihren Ausprägungen und Erscheinungsformen.  ...