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Die Rolle von Frauen im Friedensprozess in Kolumbien

AutorNadja Kutscher
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl50 Seiten
ISBN9783656876830
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Politik - Internationale Politik - Region: Mittel- und Südamerika, Note: 1,1, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Institut für politische Wissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Seit der kolumbianischen Unabhängigkeit im Jahr 1810 befindet sich das Land quasi im permanenten Konflikt. Grund für die Gewalt waren seit jeher wirtschaftliche, soziale und kulturelle Unterschiede sowie ein nach außen hin verschlossenes politisches System. Schon im 19. Jahrhundert bestand eine tiefe Spaltung der Gesellschaft durch soziale Ungerechtigkeit und die politischen Vorstellungen der konservativen und der liberalen Partei. Mitte des 20. Jahrhunderts kamen in der Phase der 'Violencia' (Gewalt) von 1946 bis 1966 ca. 200.000 Menschen zu Tode und ca. zwei Millionen wurden zu intern Vertriebenen, insbesondere auf dem Land. Zwischen 1985 und 2004 handelte es sich bei ca. 80 Prozent der schätzungsweise 60.000 Toten in dem Konflikt zwischen Regierung, Guerillas, Paramilitärs und kriminellen Banden um zivile Opfer. Tausende Menschen wurden entführt, verschwanden spurlos, Frauen wurden massenhaft vergewaltigt. Die Mordraten Kolumbiens sind in den vergangenen Jahren zwar gesunken, befinden sich jedoch mit fast 15.000 Mordopfern im Jahr 2012 noch immer auf einem besorgniserregend hohen Niveau. Die Grenzen zwischen direkt konfliktverursachter Gewalt und anderen Gewaltverbrechen sind dabei fließend, da sie einander häufig bedingen. Der kolumbianische Konflikt ist mit den aktuell in Havanna stattfindenden Friedensgesprächen zwischen der Regierung von Präsident Santos und den Guerillas der FARC erneut in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt. Ein Ende des Konflikts scheint angesichts der sich Schritt für Schritt entwickelnden Friedensverhandlungen endlich in greifbare Nähe zu rücken, doch in der Frage nach einem nachhaltigen Frieden und der Beteiligung der Bevölkerung blieb die Rolle von Frauen in Kolumbien bislang ein Thema am Rande. [...]

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Leseprobe

II. Hauptteil


 

1. Die Rolle von Frauen in Konflikt- und Post-Konfliktsituationen


 

Frauen sind in Konflikten weltweit auf besondere Weise und meist in anderer Form als Männer betroffen, wie im Verlauf der vorliegenden Arbeit dargestellt werden soll. Auch sind es in Konflikt- und Kriegssituationen häufig gerade Frauen, die sich für den Frieden einsetzen. Lange Zeit wurde die Rolle von Frauen in dieser Thematik übersehen oder ignoriert; doch gerade mit UN-Resolution 1325 aus dem Jahr 2000 konnte ein Durchbruch auf internationaler Ebene erreicht werden: Die Rolle von Frauen in Konflikten und gerade auch ihre Arbeit in Post-Konfliktsituationen wurde damit offiziell anerkannt und ihre aktive Rolle sollte fortan gefördert werden – weibliche Opfer in Konflikten waren nicht mehr nur unvermeidbare Kollateralschäden und Frauen wurde eine aktive Rolle zuerkannt.[16] Im folgenden Kapitel wird zunächst auf ebensolche internationalen Dokumente eingegangen, die sowohl die besondere Rolle von Frauen in Konflikt- und Kriegssituationen anerkennen als auch ihre Rolle in der Aufarbeitung und Friedensarbeit stärken sollen; mehrheitlich werden hierfür Dokumente berücksichtigt, die Frauen speziell im Fokus haben und nicht nur als Teil des Gesamtdokuments erwähnen. Anschließend wird der Frage nachgegangen, warum der Einsatz und das Empowerment von Frauen überhaupt eine derart entscheidende Rolle für einen nachhaltigen Frieden und eine gerechte Gesellschaft spielen.

 

1.1. Internationale Dokumente


 

Im Verlauf der Entwicklung internationaler Dokumente, die sich spezifisch mit der Rolle von Frauen in Konfliktsituationen und Post-Konfliktsituationen beschäftigten, wurde die Frau zu Anfang vornehmlich als Opfer gesehen, das vor Kampfhandlungen geschützt werden sollte. Sexuelle Gewalt gegen Frauen spielte dabei schon immer eine wichtige Rolle. Unvergessen bleiben die Berichte geschändeter Frauen zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs.[17] Auf die Gewalttaten dieser Kriegszeit gingen bereits die Genfer Konventionen und später deren Zusatzprotokolle ein, welche sich für den Schutz von Personen aussprachen, die nicht oder nicht mehr an Kampfhandlungen beteiligt waren. Im Zusatzprotokoll vom Juni 1977 ist davon die Rede, dass Frauen in Kriegshandlungen „besonders geschont“ werden und vor „Vergewaltigung, Nötigung zur Prostitution und jeder anderen unzüchtigen Handlung“ geschützt werden sollen.[18]

 

Anders als beispielsweise die Genfer Konventionen gingen darauffolgend viele internationale Dokumente nicht gezielt auf den Schutz von Frauen ein, z.B. der Pakt über bürgerliche und politische Rechte. Hier werden lediglich gleiche Rechte für Frau und Mann in verschiedenen Bereichen erwähnt und schwangeren Frauen wird Schutz vor der Todesstrafe gewährt.[19] Es herrschte vielfach die Auffassung, solange ein Recht nicht explizit Frauen zugesprochen würde, könne man nicht einfach davon ausgehen, dass auch sie ausreichend davon profitieren könnten.[20] Deshalb wurde im Jahr 1979 das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women; im Folgenden: CEDAW) verabschiedet, welches zum einen die Arten der geschlechterspezifischen Diskriminierung definiert und zum anderen einen Handlungsrahmen für die Vertragsstaaten schafft, Diskriminierung zu erkennen und ihr entgegenzuwirken. Im Kontext der vorliegenden Arbeit zu Frauen in Konflikt- und Post-Konfliktsituationen ist insbesondere hervorzuheben, dass CEDAW auf die Beseitigung der Diskriminierung von Frauen im politischen und gesellschaftlichen Leben des Staates drängt und natürlich auf grundlegende Frauenrechte pocht, welche gerade auch für den Aufbau eines geschwächten Staates entscheidend sind, wie die Rolle der Frau auf dem Arbeitsmarkt, Bildung und die Beseitigung und Ahndung von Gewalt gegen Frauen.[21]

 

Im Zuge des Empowerment von Frauen und der Stärkung der Rolle von Frauen in unterschiedlichen Lebensbereichen fanden zwischen 1975 und 1995 vier von den UN ausgerichtete Weltfrauenkonferenzen statt. Gerade die letzte der Konferenzen, welche in Peking im Jahr 1995 abgehalten wurde, sollte einen Wendepunkt in der internationalen Debatte um die Rolle der Frau einleiten. Die Konferenz fand kurze Zeit nach den Gräueltaten im ehemaligen Jugoslawien statt: Ende des Jahres 1992 war die Welt erschüttert über die von den Medien berichteten Vergewaltigungen, Massenvergewaltigungen und Vergewaltigungs-Camps serbischer Soldaten. Wurde das Leid von Frauen in Kriegssituationen noch vor den 1990er Jahren – zumindest was die Erwähnung oder gezielte Ausrichtung in internationalen Dokumenten angeht – oft ignoriert, änderte sich der Blick der internationalen Gemeinschaft mit dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien.[22] Die in Peking erstellte Erklärung und Aktionsplattform (Beijing Declaration and Platform for Action; im Folgenden: Pekinger Erklärung) wurde von 189 Staaten einstimmig angenommen.[23]Sie enthält zwölf Themenbereiche, wobei im hiesigen Kontext der stärkste Fokus auf die Bereiche Gewalt gegen Frauen, Frauen in Konfliktsituationen und die Stärkung von Frauen als Entscheidungsträger und als Teilnehmerinnen am politischen Prozess gelegt werden muss. Aber auch wichtige Punkte zur Stärkung von Frauen in der Gesellschaft und damit auch zu einer friedlicheren und funktionierenden Gesellschaft als solche werden behandelt, wie zum Beispiel die Themen Armut, Bildung, Gesundheit usw.[24] Auffällig ist, dass die Pekinger Erklärung zwar auch detailliert auf Gewaltakte an Frauen in Konflikten eingeht – auf die Frau als Opfer also –, aber insbesondere auch die aktive Rolle von Frauen am Friedensprozess hervorhebt:

 

„The equal access and full participation of women in power structures and their full involvement in all efforts for the prevention and resolution of conflicts are essential for the maintenance and promotion of peace and security. Although women have begun to play an important role in conflict resolution, peace-keeping and defence and foreign affairs mechanisms, they are still underrepresented in decision-making positions. If women are to play an equal part in securing and maintaining peace, they must be empowered politically and economically and represented adequately at all levels of decision-making.”[25]

 

Als Resultat der Pekinger Erklärung sowie engagierter Lobbyarbeit diverser Nichtregierungsorganisationen, welche die „Working Group on Women, Peace and Security“ bildeten, entstand schließlich die UN-Resolution 1325 vom 31. Oktober 2000 (Security Council Resolution 1325; im Folgenden: Resolution 1325), welche sich mit den Themen Frauen, Frieden und Sicherheit befasst. Der Ansatz der Resolution 1325 kann in drei Bereiche gegliedert werden, genannt die „3 Ps“, nämlich die Partizipation von Frauen, die Prävention neuer Kriege und die Protektion vor sexualisierter und anderer Gewalt.[26] Zwar sind kritische Stimmen der Meinung, die Resolution 1325 ginge zu stark auf die Opferrolle von Frauen und nur am Rande auf ihre aktive Rolle im Friedensprozess ein, jedoch weist sie explizit auf die „wichtige Rolle [von] Frauen bei der Verhütung und Beilegung von Konflikten und bei der Friedenskonsolidierung“ hin und betont, „wie wichtig es ist, dass sie [Frauen] an allen Anstrengungen zur Wahrung und Förderung von Frieden und Sicherheit gleichberechtigt und in vollem Umfang teilhaben und dass ihre Mitwirkung an den Entscheidungen im Hinblick auf die Verhütung und Beilegung von Konflikten ausgebaut“ wird.[27] [28] Insbesondere die Wahl der Worte „gleichberechtigt und in vollem Umfang“ zeigt an, dass Frauen nicht länger einfach eine partielle Teilhabe zugestanden werden soll, sondern formuliert ihr Recht und das Gewicht auf eine gleiche Stellung und gleiches Anrecht an der Teilhabe. Die Resolution 1325 stellt klar, dass Frauen die in Konfliktsituationen am weitaus stärksten betroffene Bevölkerungsgruppe darstellen und auch aktiv zum Ziel der Konfliktparteien werden; wie genau, soll später am Beispiel Kolumbien erläutert werden.

 

In zahlreichen auf Resolution 1325 folgenden UN-Resolutionen wird auf die darin formulierten Probleme erneut hingewiesen und auf nötige Schritte gedrängt. Denn auch über zehn Jahre nach Verabschiedung von Resolution 1325 stehen Verbesserungen in Kernbereichen aus. So stellten die Vereinten Nationen anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Resolution fest, dass die Beteiligung von Frauen in der Friedensarbeit und Konfliktbewältigung weiterhin gering ist; beispielsweise lag die Beteiligung an Friedensgesprächen bei unter zehn Prozent.[29] Auch in den Bereichen, in denen laut UN-Studie Fortschritte erzielt wurden, wie z.B. in der Anzahl aktiver Frauen in der Politik oder in der entstehenden Gender-Komponente in den sog. DDR-Programmen zur Entwaffnung, Demobilisierung und Re-Integration früherer Kombattanten, bleiben viele Bereiche weiterhin misslich.[30][31]Trotz allem stehen Frauen weltweit mit Resolution 1325 und den Folgeresolutionen wichtige Instrumente zur Verfügung, für ihre Rechte und für ihr Empowerment zu kämpfen. Nach Resolution 1325 konzentrierten sich beispielsweise die...

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