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Die Sakramentalität der christlichen Ehe - Biblische Grundlegung, geschichtliche Entfaltung und systematische Reflexion

AutorChristoph Rabl
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl88 Seiten
ISBN9783656120971
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Theologie - Systematische Theologie, Note: 1,7, Ludwig-Maximilians-Universität München, Sprache: Deutsch, Abstract: Ziel der Arbeit ist es, die Theologie der Ehe biblisch zu analysieren, in der geschichtlichen Entfaltung aufzuzeigen und im Verständnis der modernen systematischen Theologie zu erörtern. Den Mittelpunkt der Arbeit stellt die Sakramentalität der Ehe dar, die in die Ehetheologie der katholischen Kirche eingebunden ist. Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Kapitel 1 führt in das Thema ein, indem es vor dem Hintergrund der aktuellen Situation der Ehe in der Gesellschaft die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit dem Eheverständnis der katholischen Kirche und der Sakramentalität der christlichen Ehe verdeutlicht, und skizziert den Aufbau der Arbeit. Kapitel 2 zeigt unter Berücksichtigung der jeweiligen geschichtlichen Zusammenhänge die biblische Grundlegung theologischer Aussagen zur Ehe als Sakrament im Alten und Neuen Testament auf. Kapitel 3 stellt dar, wie sich das (sakramentale) Eheverständnis und die Ehelehre im geschichtlichen Verlauf entwickelt haben. Kapitel 4 nimmt die systematische Reflexion der Ehe als Sakrament in den Blick und behandelt dabei auch aktuelle Herausforderungen wie Probeehe, wiederverheiratete Geschiedene oder konfessionsverschiedene Ehen. Die Arbeit schließt mit einem zusammenfassenden Fazit und stellt Implikationen für Familie, Religionsunterricht und Ehepastoral vor.

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Leseprobe

2 Die biblische Grundlegung der Ehe und ihrer Sakramentalität


 

2.1 Das alttestamentliche Eheverständnis


 

2.1.1 Das Verständnis der Ehe als göttliche Weisung


 

Betrachtet man das Alte Testament im Hinblick auf sein Eheverständnis, so fällt zunächst auf, dass das Hebräische über kein eigenes Wort für ‚Ehe‘ und ‚heiraten‘ verfügt.[45] Vielmehr werden Umschreibungen verwendet, die eine Heirat durch Wendungen wie ‚sich eine Frau nehmen‘ und ‚eine Frau in Besitz nehmen‘ zum Ausdruck bringen.[46] Darin spiegelt sich bereits wider, dass die Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau im alten Israel stark von Patriarchalismus gekennzeichnet ist.[47] So geht die Ehe vom Mann oder seiner Familie aus.[48] Sie wird „als Rechtsakt verstanden“[49], denn für das Heiratsgeld[50], das der Vater der Braut bekommt, erwirbt der Bräutigam einen Rechtsanspruch auf seine Frau, die dann zu ihm und seiner Familie zieht.[51] Es handelt sich hierbei um einen Vertrag, in den die Väter von Bräutigam und Braut einwilligen.[52] Eine persönliche Beziehung zwischen Mann und Frau kann sich erst nach Abschluss der Verhandlungen und nach der Heirat entwickeln. Diese chronologische Reihenfolge zeigt sich auch im Fall von Isaak und Rebekka:[53] „Isaak führte Rebekka in das Zelt seiner Mutter Sara. Er nahm sie zu sich, und sie wurde seine Frau. Isaak gewann sie lieb“ (Gen 24, 67).

 

Die „Heimführung der Braut“[54] entspricht dem Gedanken des älteren, jahwistischen Schöpfungsberichts in Gen 2, in dem der Sinn der Ehe als Überwindung des Alleinseins des Menschen beschrieben wird:[55] „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht“ (Gen 2,18). Die Suche nach einer „Hilfe, die dem Menschen entsprach“ (Gen 2,20) gestaltet sich zwar schwierig, aber Adam findet schließlich „in der Frau eine ihm entsprechende Lebensgefährtin“[56], die „dem Mann die ihm fehlende helfende Gemeinschaft“[57] in Form von gegenseitiger Unterstützung in allen Lebensbereichen bietet: „Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie heißen; denn vom Mann ist sie genommen“ (Gen 2,23). Anders als in der damaligen Zeit üblich „verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch“ (Gen 2,24). Dieses Wort vom einen Fleisch als auch das Bild von der Rippe (vgl. Gen 2,22) „will die einzigartige Zusammengehörigkeit von Mann und Frau aussagen, die selbst das Eltern-Kind-Verhältnis übersteigt“[58]. Diese ist als die Liebes- und Lebensgemeinschaft von Mann und Frau zu verstehen.[59] Sie umfasst dabei auch – aber nicht nur – die leibliche Verbundenheit und verkörpert damit eine neue, unübertreffbare Einheit von Mann und Frau, die ihren Ausdruck in der Einehe findet.[60] Genauso darf sie aber auch nicht auf die geschlechtliche Vereinigung eingegrenzt werden.[61] Die Genesis-Stellen (vgl. Gen 2,21-24) verdeutlichen, dass Mann und Frau von Gott als sich gegenseitig ergänzende Partner gesehen werden.[62] Dem Schöpfungsbericht zufolge ist die Ehe von Gott gewollt.[63]

 

Im jüngeren, priesterlichen Schöpfungsbericht (vgl. Gen 1,1-2,4a) schuf Gott „den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie“ (Gen 1,27). Sowohl Mann wie auch Frau sind damit Gottes Abbild, was ihre Gleichwertigkeit zum Ausdruck bringt.[64] Entgegen dieser von Gott gewollten Gleichstellung ist die Frau im Lebensalltag Israels dem Mann unterstellt.[65] Die Unterscheidung der Geschlechter ist Wille Gottes.[66] Mann und Frau haben die Aufgabe, gemeinsam die Schöpfung in gottgewolltem Sinne zu wahren und zu gestalten.[67] Ihnen wird aber nicht nur als Treuhänder auf Erden die Schöpfung anvertraut (vgl. Gen 1,28 f.), sondern sie werden auch mit dem Segen Gottes aufgefordert, fruchtbar zu sein und sich zu vermehren (vgl. Gen 1,28). Somit findet sich hier die Fruchtbarkeit als weitere Sinnbestimmung der Ehe, die im gesamten Alten Testament eine zentrale Rolle einnimmt. Denn der Zweck der Ehe ist neben der Lebensgemeinschaft von Mann und Frau die Zeugung von Kindern (vgl. Gen 1,28; 9,1), vor allem von Söhnen (vgl. Ps 127,4 f.; Gen 24,60). Dabei wird Kinderreichtum als ein Segen Jahwes (vgl. Ps 127,3) gesehen, wohingegen Unfruchtbarkeit und Kinderlosigkeit das größte Unglück darstellen (vgl. Gen 30,1; 1 Sam 1,5-20).[68] Nichtsdestotrotz ist der Auftrag zur Fruchtbarkeit nicht als Verpflichtung zur Zeugung von Nachkommen zu verstehen, da es durchaus Fälle von Unfruchtbarkeit geben kann. Vielmehr ist es ein Auftrag an diejenigen, die über die entsprechende Fähigkeit zur Kinderzeugung verfügen.[69]

 

Durch Gottes Urteil im Zuge des Sündenfalls Adams und Evas kann dieses Ein-Fleisch-Werden (vgl. Gen 2,24) allerdings nicht mehr problemlos gelingen, sondern ausschließlich unter beidseitigen Opfern:[70]

 

„Zur Frau sprach er: Viel Mühsal bereite ich dir, sooft du schwanger wirst. Unter Schmerzen gebierst du Kinder. Du hast Verlangen nach deinem Mann; er aber wird über dich herrschen. Zu Adam sprach er: […] So ist verflucht der Ackerboden deinetwegen. Unter Mühsal wirst du von ihm essen, alle Tage deines Lebens“ (Gen 3,16-19).

 

Der Stellenwert der personalen Beziehung und des Liebesverhältnisses von Mann und Frau zeigt sich dann auch im Hohenlied (vgl. Hld 1-8).[71] Die eheliche Liebe geht dabei aus der göttlichen Liebe hervor:[72] „Stark wie der Tod ist die Liebe, die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt. Ihre Gluten sind Feuergluten, gewaltige Flammen“ (Hld 8,6). Gemeint sind damit die Flammen Jahwes, der sich im brennenden Dornbusch offenbart hat (vgl. Dtn 33,2).[73] Auch Kohelet thematisiert die Freude, die Mann und Frau aneinander haben können und dürfen:[74]

 

„Mit einer Frau, die du liebst, genieß das Leben alle Tage deines Lebens voll Windhauch, die er dir unter der Sonne geschenkt hat, alle deine Tage voll Windhauch. Denn das ist dein Anteil am Leben und an dem Besitz, für den du dich unter der Sonne anstrengst“ (Koh 9,9).

 

Aus dieser personalen Beziehung heraus begründen sich auch Aufforderungen zur Monogamie:[75] „[F]reu dich der Frau deiner Jugendtage […], an ihrer Liebe berausch dich immer wieder! Warum solltest du dich an einer Fremden berauschen?“ (Spr 5,18-20) Dies verdeutlicht, dass sich „das Eheverständnis in Israel […] in einer Entwicklung befand“[76], die neben der patriarchalischen Prägung auch stellenweise dem personalen Aspekt der Ehe Raum einräumte.[77]

 

Bei der Betrachtung des Eheverständnisses des Alten Testaments stellt sich darüber hinaus die Frage, inwieweit der Glaube des Volkes Israel an Gott sein Eheverständnis beeinflusst hat.[78] Die Eheschließung in Israel wird als „privatrechtliche Angelegenheit“[79] betrachtet, die „ohne Mitwirkung staatlicher und religiöser Instanzen“[80] vollzogen wird. Dadurch wird eine Verknüpfung der Ehe mit einem religiösen Sinn vermieden. Allerdings gibt es Richtlinien für die Ehe, die sich als „Anweisungen und Gebote des Bundesgottes“[81] ableiten lassen, da die Ehe als „Bestandteil der von Gott gegebenen Lebensordnung“[82] gesehen wird. Trotzdem wird die Eheschließung nicht als religiöses Ereignis gedeutet, da aufgrund der „Fruchtbarkeitskulte im syrisch-kanaanäischen Raum [...] die Sexualität in der Frühzeit Israels betont aus dem sakralen Raum herausgehalten“[83] wird.

 

Der Prophet Hosea gibt diese Zurückhaltung allerdings auf. Er bildet „den Bund Gottes mit seinem Volk im Bild der Ehe und der ehelichen Liebesbeziehung“[84] ab: Die Ehe stellt gleichsam ein Bild für das Verhältnis von Gott zum Volk Israel dar.[85] Sie gilt „als ein vor den Augen Jahwes geschlossener, auf dauerhafte Treue angelegter Bund“[86]. Hosea kritisiert die „Treuelosigkeit Israels als Ehebruch“[87], wenn er verkündet: „Ich traue dich mir an auf ewig; ich traue dich mir an um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, von Liebe und Erbarmen, ich traue dich mir an um den Brautpreis meiner Treue“ (Hos 2,21 f.). Auch die Formulierung des Ehevertrages ‚Ich werde dir/für dich Mann sein – Du wirst für mich Frau sein‘ könnte abgeleitet sein von der Bundesformel „Ich werde euch/für euch Gott sein – Ihr werdet für mich Volk sein“ (vgl. Ex 6,7; vgl. Lev 26,12; vgl. Hos 1,9). Dieser Vergleich der Eheformel mit der Bundesformel beeinflusst schließlich auch das Verständnis der Ehe, „die sich an der göttlichen Treue und Liebe messen lassen...

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