Angesichts der beschriebenen Merkmale von Nachhilfe und deren Durchführung bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass eine neue optimierte Sichtweise über die Auseinandersetzung mit schulischen Lerninhalten, den Umgang mit Schülern und deren Bezugspersonen wie Eltern und Lehrern notwendig ist. Ich möchte durch diese Konzeption eine Hilfestellung und Handreichung für alle Nachhilfelehrern oder diejenigen die Wissen und Fakten an andere Menschen weitergeben anbieten. Es fließen sowohl lerntherapeutische als auch sozialpädagogische Aspekte in die Arbeit mit ein. Es wird keine genaue Differenzierung möglich sein, da sich sowohl die Lerntherapie wie auch die Soziale Arbeit sich verschiedenen Bezugswissenschaften bedienen.
Ich verwende aus Übersichtlichkeitsgründen stets die maskuline Form der Personen. Bitte beachten sie, stets die weibliche Form zu berücksichtigen.
Ich werde in diesem Konzept nicht den Sozialpädagogen als Hauptperson behandeln. Da es sich um ein Nachhilfekonzept handelt, werde ich den Begriff Nachhilfelehrer verwenden. Dadurch möchte ich verdeutlichen, dass nicht nur Sozialpädagogen nach diesem Konzept handeln können, sondern beispielsweise auch Lehrer.
Dieses Konzept geht weg von der bekannten Gruppenbetreuung von den großen Nachhilfeunternehmen wie beispielsweise „Schülerhilfe“ und „Studienkreis e.V.“.
Die Grundlage der Umsetzung beruht auf der Einzelbeschulung bzw. Einzelbetreuung von Schülern. Hierdurch ist eine individuelle und adäquate Hilfestellung in einem angemessenen Zeitrahmen gewährleistet.
Die Einzelbetreuung macht es dem Nachhilfelehrer leichter auf die besonderen Bedürfnisse des Kindes einzugehen, welche im schulischen, persönlichen und familiären Bereich liegen können.
Der Anspruch und die Arbeit des Konzepts an einen Nachhilfelehrer übersteigen und erneuern das bekannte Bild dessen.
Der Nachhilfelehrer muss sowohl Grundwissen im Bereich der Sozialen Arbeit haben als auch ausreichend Fachwissen der zu unterrichtenden Lerninhalte besitzen. Hinzu kommen das Wissen über die Grundlagen des Lernens und die Methoden von der Vermittlung von Lerninhalten. Abschließend sollte der Nachhilfelehrer Kenntnisse über verschiedene Kinder- und Jugendpsychiatrische Erscheinungsbilder haben, da er durch seine intensive Arbeit mit dem Kind mögliche Störungen erkennen kann und die Möglichkeit besitzt die Familie auf dieses Defizit aufmerksam zu machen.
Dieses Konzept ist auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zwischen der 4. und 10. Klasse vorgesehen und beschränkt sich auf keine besondere Schulform. Es ist keine weiterführende Hilfe für die Beschulung von Menschen mit geistiger Behinderung ebenso wenig wie für Schüler welche einen besonders hohen individuellen Betreuungsaufwand benötigen. Dieser Personenkreis besucht vorwiegend die Förderschule für individuelle Lernschwierigkeiten.
Abbildung 5: Zielsetzung des Konzeptes
Auf den Nachhilfelehrer kommen viele Aufgaben zu. Er muss in der Lage sein, sowohl dem Schüler als auch den Eltern gerecht zu werden. Aus meiner Sicht steht jedoch das Wohl des Schülers im Vordergrund.
Zuerst möchte ich die Aufgaben bezüglich der Person des Schülers verdeutlichen:
Vermittlung von fachspezifischem schulischem Wissen
Stärkung der Persönlichkeit und des Selbstbewusstsein
Vermittlung von Lerntechniken und –methoden
Erlernen von Problemlösungsstrategien
Entwicklung von Coping-Strategien, insbesondere im Umgang mit emotionalen Belastungen
Verständnis und Problembearbeitung bei Frustration
Des Weiteren muss der Nachhilfelehrer im Gegensatz zu anderen Konzepten, regelmäßigen Kontakt zu Eltern und Lehrern pflegen. Nur so kann er überprüfen, ob er mit seinen eingesetzten Methoden und Techniken auf dem richtigen Weg ist seine Ziele zu erreichen oder neue Ziele entwickeln werden müssen.
Wenn durch eine Veranschaulichung der einzelnen Wechselbeziehungen von Familie, Schule und dem Schüler sich Schwierigkeiten herauskristallisieren, muss der Nachhilfelehrer auch eine intensive Arbeit mit den Eltern des Schülers anstreben. Dies kann beispielsweise in Form von regelmäßigen Gesprächen stattfinden.
Neben den genannten Aufgaben bezüglich des Schülers und der Zusammenarbeit werden folgende fachliche Anforderungen an den Nachhilfelehrer gestellt:
Führung einer guten Dokumentation einzelner Unterrichtsstunden, Vorkommnisse und Gesprächsnotizen
Erstellung einer Anamnese, ebenso wie einer Aufstellung der Systembeziehungen
Eine detaillierte Erfassung des aktuellen Leistungsvermögen des Schülers und seiner psychosozialen Verfassung (IST-Stand Erhebung)
Entwicklung eines individuellen Zielkatalogs (SOLL-Stand) mit Einbeziehung der möglichen Anwendung von spezifisch ausgewählten Lerntechniken und Lernmethoden
Genaue Überwachung der regelmäßigen Gesprächskontakte mit Eltern und Lehrern
Um diese Aufgaben professionell bewältigen zu können, muss der Nachhilfelehrer sich einigen theoretischen Grundkenntnissen bewusst sein. Welche sich sowohl auf die Beziehungen Schülers zu seiner Umwelt beziehen als auch intrapersonell. Des Weiteren sollte er die Grundlagen der klientenzentrierten Arbeit beherrschen, um den einzelnen Personen des Hilfesystems gerecht zu werden.
Gewöhnlich beschränkt sich die Arbeit mit Schülern auf die individuellen schulischen Defizite und Lernschwierigkeiten. Ein Schüler kann sich nicht von seiner Umwelt abgrenzen. Es besteht immer eine Wechselseitigkeit von Mensch und Umwelt.
Ein Schüler wird stets mit anderen Schülern verglichen, jedoch nur in speziellen schulischen Leistungsvermögen und Verhaltenweisen. Dabei wird versucht ihn zu einem bestimmten Typus zuzuordnen. Aus meiner Sicht kann man einen Schüler nicht nur auf seine schulischen Defizite hingesehen fördern, sondern muss dessen gesamtes soziales System beachten. Dies ist deshalb von Bedeutung, da der Schüler im stetigen Wechselprozess zu seiner Umwelt steht, welche ihn relativ beeinflusst und damit eine bedeutungsvolle Rolle in der Entwicklung eines jungen Menschen spielt. Aufgrund verschiedener Beeinflussungen können bei einem Schüler negative Merkmale bzw. Verhaltensweisen auftreten. Beispielsweise kann ein zu starker Druck durch die Eltern zu einer Lernblockade, Leistungsverweigerung und Schulunlust führen und ein daraus folgender Leistungsabfall. Derartige psychische Probleme können mit einer reinen Nachhilfe in Form von Gruppenarbeit nicht behoben werden, da in der Regel kein Kontakt zu den Eltern besteht. Durch die alleinige Bearbeitung von fehlendem Wissen kann z.B. noch keine Lernblockade behoben werden und in den seltensten Fällen hilft es dem Schüler in seiner persönlichen Entwicklung und Reifung. Viele schulische und persönliche Probleme basieren auf dem Einfluss der Umwelt.
Da der Mensche ein soziales Wesen ist, d.h. er in Beziehung zu anderen Menschen und Gruppen steht, gehört er zu mehreren System. Er wird als Systemangehöriger bezeichnet.[13] „Allerdings ist er es nicht in seiner konkreten Totalität, sondern lediglich insofern, als er handelnd interagiert mit den anderen Systemangehörigen, in seiner Rolle also.“[14] Jedoch beschränkt sich das menschliche Handeln nicht nur auf das Sozialsystem, es gehören noch drei weitere Systemkategorien hinzu. Der Mensch gehört nicht nur einem Sozialsystem an, sondern ist ebenso ein Organismus, eine Persönlichkeiten und ein Kulturteilnehmer. Das menschliche Handeln wird von allen Kategorien beeinflusst. Die vier Systemkategorien lassen sich nicht von einander trennen, sie beeinflussen und bedingen sich wechselseitig. Demnach hat beispielsweise der Organismus Einfluss auf die Persönlichkeit des Menschen, wie es z.B. bei einer biochemischen Ursache von Hyperaktivität der Fall ist.
Solche Interdependenzen werden in der Fachsprache auch als „«psychosomatisch», «psychosozial», «soziokulturell» u.ä.“[15] bezeichnet.
Abbildung 6: Zusammenwirkung der vier...