Zur Einordnung der Arbeit in die einkommensteuerrechtliche Systematik werden nachfolgend die rechtlichen Grundlagen zur steuerlichen Würdigung von Aufwendungen[7] im Rahmen des Studiums dargestellt.
Zunächst ist zu klären, was unter dem „Studium“ im Einkommensteuerrecht zu verstehen ist. Der Begriff des Studiums ist bei der Behandlung von Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 9 EStG), Werbungskosten (§ 9 Abs. 6 EStG), der Feststellung von Kinderfreibeträgen (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG)[8] und nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG im Bereich des Sonderausgabenabzugs (Studium als Berufsausbildung)[9] relevant.
Studium im Sinne des Einkommensteuerrechts meint dabei den Erwerb eines Hochschulgrades nach §§ 1, 10, 18, 19 HRG.[10] Zwar bezieht sich diese Definition überwiegend auf § 12 Nr. 5 EStG aF,[11] welcher nunmehr ersatzlos gestrichen wurde,[12] jedoch handelt es sich hierbei lediglich um eine redaktionelle Änderung.[13] Insoweit gilt der beschriebene Begriff des Studiums im gesamten Einkommensteuerrecht.[14] Damit gelten nach § 1 HRG Studien an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Kunsthochschulen, Fachhochschulen und sonstigen Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind, als Studien im Sinne des Einkommensteuerrechts. Hierrunter fallen nach § 70 HRG auch Studien an Bildungseinrichtungen privater und kirchlicher Trägerschaften,[15] sowie ausländische Studien- und Prüfungsleistungen, wenn diese nach § 20 HRG in Deutschland anerkannt werden.[16]
Nach §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 EStG stellen Aufwendungen für ein Studium Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten dar, sog. Fortbildungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet (Studierender ist bei einer Ausbildungsstätte angestellt und studiert parallel).[17] Die Aufwendungen des Erststudiums sind nur nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben, sog. Ausbildungskosten, bis maximal 6 000 € abziehbar.[18] Aufgrund dieser Unterscheidung kommt es auch im Veranlagungsverfahren zu einer unterschiedlichen Behandlung im Bereich des Verlustabzuges nach § 10d EStG.[19]
Der Steuergesetzgeber hat indes nicht ausdrücklich beschrieben was als Erst- oder als Zweistudium gilt. Nach der Finanzverwaltung[20] liegt ein Erststudium vor, wenn das erstmalige Studieren eine Erstausbildung darstellt. Dies ist dann der Fall, wenn dem Studium kein anderes berufsqualifizierendes Studium oder eine Berufsausbildung voraus ging.
Der Begriff der Berufsausbildung wird nunmehr durch § 9 Abs. 6 Satz 2-5 EStG[21] dahingehen konkretisiert, dass die Ausbildung eine Mindestdauer von zwölf Monaten aufweisen muss, geordnet abzulaufen hat und grundsätzlich mit einer Abschlussprüfung abgeschlossen werden muss.[22] Nach dem Verweis von § 4 Abs. 9 Satz 2 EStG gilt dies insoweit auch für den Betriebsausgabenabzug. Damit wurde auf das Urteil des BFH[23] reagiert, wonach es für eine Berufsausbildung weder eines bestimmten Ausbildungsverhältnisses noch einer Mindestdauer bedürfe, sodass die bis dahin entgegenstehende Ansicht der Finanzverwaltung[24] durch § 9 Abs. 6 Satz 2-5 EStG in geltendes Recht umgesetzt wurde.[25]
Meines Erachtens reicht dennoch bspw. die Ausbildung zum Rettungssanitäter[26] oder zum Flugbegleiter[27] weiterhin als Berufsausbildung aus, selbst wenn diese vom Zeitumfang her kürzer wären, als die vorgeschriebenen 12 Monate. Wenn eine Ausbildung gegeben ist, welche dazu dient später Einkünfte zu erzielen,[28] ist kein Grund ersichtlich, weshalb aufgrund einer pauschalen Zeitregelung Ausbildungen nicht als (erste) Berufsausbildung anerkannt werden sollten. Insoweit wäre § 9 Abs. 6 Satz 2 EStG dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass eine Ausbildung zu einem anerkannten Beruf, wenn diese auch weniger als 12 Monate in Anspruch nehmen würde, als Erstausbildung gelten muss. Hierfür würden auch die vom Gesetzgeber benannten Fälle[29], bei denen keine Berufsausbildung anzunehmen ist, sprechen: Bei den aufgezählten Beispielen ist keine Ausbildung aufgezählt, welche für sich genommen eine „in sich geschlossene“ und anerkannte Berufsausbildung darstellen würde. Insoweit ist abzuwarten, ob der BFH seiner Rechtsprechung treu bleibt und entgegen des Wortlautes von § 9 Abs. 6 Satz 2 EStG argumentieren wird oder sich nunmehr am abgeänderten § 9 Abs. 6 EStG orientiert.[30]
Mit dem Abschluss des Studiums geht in der Regel ein berufsqualifizierender Abschluss einher (§ 10 Abs. 1 HRG), welcher mittels der Hochschulgrade nach §§ 18, 19 HRG erworben wird, so dass in diesem Zeitpunkt das Erststudium endet und die folgenden Studien Zweistudien darstellen. Damit gilt ein Aufbaustudium oder Ergänzungsstudium, auch unabhängig von der Art des Studiums, als ein Zweitstudium. Bspw. wäre ein Studium der Kunstgeschichte nach einem abgeschlossenen Studium der Ernährungswissenschaften als ein weiteres Studium und damit als ein Zweistudium zu qualifizieren. Bei einem Wechsel oder einer Unterbrechung eines Studiums stellt – sofern noch kein Abschluss vorhanden ist – das neu aufgenommene bzw. die spätere Fortsetzung des noch nicht abgeschlossenen Studiums kein weiteres Studium dar. Bei der parallelen Durchführung mehrerer Studiengänge besteht bis zum Abschluss eines Studienganges kein weiteres Studium. Wenn ein Studium abgeschlossen wird und ein anderes Studium noch durchgeführt wird, wird dieses ab dem Zeitpunkt des Abschlusses eines Studiums als ein weiteres Studium betrachtet.[31] Insoweit gilt das Bachelorstudium als Erststudium,[32] sofern nicht bereits ein abgeschlossenes Bachelorstudium vorliegt. Ein Masterstudium stellt im Regelfall ein Zweitstudium dar, da dies regelmäßig als ein weiteres Studium zum Bachelorstudium zu qualifizieren ist.[33] Bei einem Studiengang mit Studienabschluss „Staatsexamen“ ist hervorzuheben, dass erst mit dem Abschluss des Staatsexamens das „Erststudium“ abgeschlossen ist.[34] Bei der Promotion[35] und Habilitation handelt es sich begrifflich schon nicht mehr um ein Studium im Sinne des Einkommensteuerrechts. Damit wäre auch von vornherein die volle Abzugsfähigkeit der Aufwendungen gegeben, da somit die Interpretation als Erststudium ausgeschlossen ist.[36] So sieht es auch die Finanzverwaltung; dies soll selbst dann gelten, wenn die Promotion ohne einen vorausgegangenen Studienabschluss durchgeführt wird.[37]
Aufgrund der beschriebenen unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Erst- und Zweitstudium herrscht seit jeher Streit zwischen der Rechtsprechung und dem Gesetzgeber. Zu der Darstellung der langwierigen Auseinandersetzung wird lediglich auf den Überblicksaufsatz von Kreft[38] hingewiesen. Kreft zeigt mit eindrucksvoller Klarheit und nötigem Abstand – sehr lesenswert – die entsprechende Entwicklung seit der „Lebenskampfthese“ des RFH[39] bis zu den aktuell anhängigen Verfahren des BFH hinsichtlich der Verfassungskonformität[40] der aktuellen Rechtslage auf. Zum Höhepunkt der Auseinandersetzung ist zu erwähnen, dass aufgrund eines Beschlusses des BFH[41] die aktuelle Regelung verfassungsrechtlich vom BVerfG überprüft wird.[42] Die nachfolgende Übersicht stellt die Auseinandersetzung überblicksartig dar:
Abb. 1: Entwicklung der steuerlichen Behandlung von Aufwendungen während des Studiums.
Zwischen der Rechtsprechung und dem Gesetzgeber besteht immer noch Uneinigkeit, wie die Aufwendungen im Rahmen des Studiums zu behandeln sind. Jedenfalls ist...