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Die Übersiedlung alter, pflegebedürftiger Menschen in das Pflegeheim. Angehörige integrieren, fördern und fordern

AutorSusanne Altmann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl135 Seiten
ISBN9783640653263
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Gesundheit - Pflegewissenschaft - Sonstiges, Note: 1,0, Universität Wien (Fakultät für Sozialwissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Arbeit beschreibt den Prozess der Übersiedlung des alternden, pflegebedürftig gewordenen Menschen in Altenpflegeeinrichtungen. Die grundlegenden Prinzipien der Altenpflege werden ebenso dargelegt, wie Begriffserklärungen zu stationären Pflegeeinrichtungen und die Beschreibung verschiedener Wohnformen im Alter. Die Übersiedlung in ein Pflegeheim stellt ein einschneidendes, zum Teil als große Belastung empfundenes Ereignis dar und bedeutet meist einen existenziellen Bruch im Leben eines Menschen. Der Ablauf dieses kritischen Lebensereignisses gliedert sich in eine Phase umfänglicher Überlegungen und Vorbereitungen, die eigentliche Übersiedlung sowie den schwierigen Abschnitt der Anpassung an die neue und fremde Umgebung. Zentrales Anliegen und Ziel dieser Arbeit ist die Einbindung der Angehörigen in den Übersiedlungsprozess und die Hilfestellung, die von ihnen für den Betroffenen, aber auch die pflegende Institution erwartet werden darf. Die aktive und einfühlsame Mithilfe der Angehörigen, die teilweise unter Anleitung der professionellen Pflege passiert, lässt hoffen, dass vor allem die schwierige Adaptation an die neue Lebenssituation erleichtert wird. Die Vorstellungen und Erwartungen des pflegebedürftigen Menschen, der Angehörigen und die der institutionellen Pflege zu befriedigen und den gegebenen Möglichkeiten anzupassen stellt dabei die eigentliche Schwierigkeit dar. Ziele der Angehörigenintegration wären die Entwicklung besserer Kommunikationswege, der Abbau von Vorurteilen gegenüber den Pflegepersonen sowie die Herstellung der Kontinuität durch Aufrechterhaltung von Gewohnheiten und Vorlieben des pflegebedürftigen Menschen.

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Leseprobe

2. ALLGEMEINE ASPEKTE


 

Dieses Kapitel soll einen Einblick in das Umfeld der alten, pflegebedürftigen Menschen und deren Wohnmöglichkeiten gewähren. Darüber hinaus wird das Pflegeheim als Institution für pflegebedürftige Menschen analysiert, sein Stellenwert in der Gesellschaft beschrieben und die Aufgaben der Altenpflege(r) werden skizziert.

 

2.1 Die alten, pflegebedürftigen Menschen


 

In den Regionen der zivilisierten Welt wird bei hohem Lebensstandard, veränderten Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie verbesserten sozioökonomischen Gegebenheiten eine starke Zunahme des Lebensalters der Menschen mit deutlichen Auswirkungen auf die demografische Verteilung der Altersgruppen beobachtet. Diese Zunahme des Anteils alter Menschen führt bei gleichzeitigem Wandel der familiären Struktur dazu, dass sich die Gesellschaft über Lebensqualität, Unterbringung sowie Pflege ihrer zunehmend älter werdenden Mitglieder Gedanken machen und durchsetzbare Lösungen erarbeiten muss.

 

Alter, respektive Altern wird noch immer mit dem Abbau von körperlichen und geistigen Fähigkeiten in Verbindung gebracht, obwohl in den medizinischen und pflegerischen Fachkreisen dezidiert auf die Differenzierung von biologischem und kalendarischem Alter hingewiesen wird. Für die Definition des kalendarischen Alters wird als einziges Kriterium das Geburtsdatum (die Lebensjahre) herangezogen, wohingegen unter dem biologischen Altersbegriff nicht nur die Verringerung der geistigen und körperlichen Funktionen und Fähigkeiten, sondern auch die Veränderung der Anpassungsleistung verstanden wird, gekennzeichnet durch individuell unterschiedliche Prozesse. Während von Ärzten der Fokus auf körperliche Alterungsprozesse gerichtet wird, beschäftigen sich Pflegepersonen häufiger mit dem Altern in sozialem Kontext (Walter et al, 2006).

 

Es ist jedoch unbestreitbar, dass der physische und psychische Zustand die Lebensqualität des alten Menschen beeinflussen kann und sich das Maß an Selbständigkeit und Autonomie bei der Bewältigung von alltäglichen Anforderungen zunehmend reduziert, bis eine Übersiedlung in das Pflegeheim nicht mehr aufgehalten werden kann.

 

2.1.1. Der Begriff der „Pflegebedürftigkeit“


 

Laut österreichischem Gesetz (§15 SGB XI) sind jene Personen pflegebedürftig, die „wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des tägliches Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höheren Maße der Hilfe bedürfen“. Zu den häufigsten Erkrankungen, die Pflege benötigen, zählen Funktionsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates, der Sinnesorgane, der inneren Organe sowie Störungen des zentralen Nervensystems (Alzheimer Erkrankung, Demenz), welche die Verrichtungen des täglichen Lebens (Körperpflege, Essen, Mobilität, Arbeiten im Haushalt) erschweren oder sogar unmöglich machen.

 

Gerontologen definieren Pflegebedürftigkeit als „Zustand, der durch körperliche oder psychische und geistige Beeinträchtigungen zustande kommt und mit einer Minderung oder dem Verlust körperlicher und/oder geistiger Leistungsfähigkeit einhergeht“ (Amann, 2004, S. 176f) und verbinden damit verminderten Ausblick auf Heilung sowie Unterstützungsbedarf auf Dauer. Da der Begriff „Pflegebedürftigkeit“ negativ gesehen wird, überlegt man, ihn durch die Formulierung „Menschen mit Pflegebedarf“ zu ersetzen (Amann, 2004, S. 208).

 

Während man früher Alter automatisch mit Pflegebedürftigkeit assoziiert hat, gilt heute die Annahme, dass Pflegebedürftigkeit infolge des besseren Lebensstandards erst mit höherem Alter eintritt. Angesichts der steigenden Lebenserwartungen treten jedoch im (hohen) Alter häufiger degenerative Erkrankungen auf  (Baumann et al, 2002).

 

Das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit wird in Deutschland im Hinblick auf das Pflegegeld in drei, in Österreich in sieben Pflegestufen eingeteilt.

 

In Deutschland gilt für Personen der Stufe 0, dass sie keinen höheren Pflegeaufwand als maximal 45 Minuten täglich exklusive hauswirtschaftlicher Leistung benötigen. Pflegestufe I (erheblich pflegebedürftig) erfasst Menschen, die mindestens einmal am Tag Unterstützung bei der Körperpflege, der Nahrungsbereitstellung oder der Mobilisierung sowie mehrmals wöchentlich hauswirtschaftliche Hilfe benötigen. Personen der Pflegestufe II (schwer pflegebedürftig) haben dreimal täglich zu unterschiedlichen Zeiten Pflegebedarf und benötigen zusätzlich mehrmals wöchentlich Hilfe bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Schwerstpflegebedürftige zählen zur Pflegestufe III und bedürfen der ständigen Pflege (24h), was auch bedeutet, dass sie keinerlei hauswirtschaftliche Arbeiten mehr selbst durchführen können (Medicproof, 2003).

 

In Österreich richtet sich die Höhe des Pflegegeldes ebenfalls nach dem Pflegebedarf. Das Pflegegeld wird ab einem Pflegebedarf von mindestens 50 Stunden pro Monat gewährt (Pflegestufe 1). Personen der Stufe 2 benötigen 76-120 Stunden Pflege monatlich, Personen der Stufe 3 121-160 Stunden und Personen der Stufe 4 mehr als 160 Stunden monatlich. Für Patienten der Pflegestufe 5 ist rund um die Uhr die Bereitschaft, für Patienten der Stufe 6 die ständige Anwesenheit einer Pflegeperson infolge Eigen- oder Fremdgefährdung erforderlich. Patienten der Stufe 7 sind an den Einsatz lebenserhaltender Geräte gebunden und/oder nicht mehr imstande, zielgerichtete Bewegungen der oberen oder unteren Extremitäten durchzuführen. Sie sind somit auf mehr als 180 Stunden Pflege pro Monat angewiesen sind (BMfSGK, Kapitel 10, URL).

 

2.1.2. Demografische Daten


 

Die Gefahr, pflegebedürftig zu werden ist unabhängig von Alter und Geschlecht. Derzeit sind laut statistischen Aufzeichnungen in Österreich über 357.000 Menschen pflegebedürftig. Gemäß aus demographischen Statistiken abgeleiteten Prognosen wird die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Wien um ca. 10% sinken, jedoch in Salzburg und Tirol um 70%, in Vorarlberg sogar um 100% bis zum Jahr 2020 steigen (BMfSGK, 9/2005). Pflegebedürftigkeit wird üblicherweise mit Alter/n in Verbindung gebracht, obwohl 70% der über 80-Jährigen ihren Alltag noch selbständig bewältigen können (BMfSGK, Seniorenbericht, 2002). In Österreich können 80% der pflegebedürftigen Menschen damit rechnen, von ihren Angehörigen (hauptsächlich weiblichen Geschlechts) gepflegt zu werden (BMfSGK, 9/2005). Diese Zahl ist trotz steigender Scheidungen, die sich negativ auf die familiäre Strukturen auswirken, und durch die Veränderung der traditionalen Rollenbilder der Frauen, die nach Selbständigkeit und Selbstverwirklichung streben, beachtlich hoch (Badelt et al, 1997).

 

Eine Schweizer Altersstudie berichtete schon 1996, dass jede 5. Person über 80 auf Hilfeleistungen angewiesen ist und ungefähr 40% ständig Unterstützung und Pflege benötigen. Außerdem ist die pflegerische Abhängigkeit bei Frauen größer als bei Männern, was vermutlich mit der höheren Lebenserwartung der Frauen zusammenhängt (Wehrli-Schindler, 1997).

 

Eine in Deutschland durchgeführte Studie besagt, dass die Anzahl der  pflegebedürftigen Menschen von 1,6 Millionen im Jahr 2005 auf 2,04 Millionen im Jahr 2010 anwachsen und im Jahr 2030 sogar mit 2,57 Millionen zu rechnen sein wird (Brandenburg, 4/2005). Studien aus Österreich beziffern die voraussichtliche Anzahl der  pflegebedürftigen Menschen im Jahr 2010 mit 593 000 und im Jahr 2030 sogar mit  811.000 (Seniorenbericht, 2000).

 

Mit 1. Juli 1993 trat in Österreich das bundesweite Pflegegeldgesetz in Kraft, welches Zuschüsse für diverse pflegerelevante Dienstleistungen, wie Blinden- oder Hilflosenzuschuss ersetzte. Seit 1. Jänner 2004 besteht auch für pflegende Angehörige die Möglichkeit, Pflegegeld zu beziehen. Darüber hinaus wird seit 1. Jänner 2006 pflegenden Angehörigen die Option einer begünstigten Pensions- und Krankenversicherung für die Zeit der Pflege ihrer Angehörigen angeboten. Voraussetzung dafür ist, dass der pflegebedürftige Mensch in einem Verwandtschaftsverhältnis zum Pflegenden steht und im häuslichen Umfeld des im Inland gemeldeten nahen Angehörigen betreut wird.

 

2.1.3. Ängste und Wünsche pflegebedürftiger Menschen


 

Aufgrund der steigenden Akzeptanz gegenüber alten Menschen, wird ‚Alter’ nicht mehr einseitig mit Abbau, Krankheit und Verlust assoziiert, sondern auch mit potenziellen Stärken (Ressourcen) sowohl im seelischen als auch im geistigen Bereich. Dennoch wird im Alter häufig eine quantitativ und/oder qualitativ erlebte Veränderung befürchtet, da sich der Mensch dessen bewusst ist, dass die körperlichen (Aussehen, Vitalität/Leistungsfähigkeit, Beweglichkeit, Hören, Sehen etc.), psychischen (Gedächtnis-, Erinnerungsfunktion) und auch die sozialen Faktoren (Wohnung, Einkommen) Veränderungen unterworfen sind, die zwar etwas verzögert, aber auf Dauer nicht vollkommen verhindert werden können.

 

In einem Seniorenratgeber vom Jahr 2002 wurde veröffentlicht, dass 65% der alten Menschen Angst davor haben, pflegebedürftig zu werden, 56% unheilbare Krankheiten fürchten und 39% Sorge haben,...

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