Zusammen mit der Fusionskontrolle erhielt auch die Ministererlaubnis durch die 2. Novelle im Jahre 1973 Einzug in das GWB. Das Rechtsinstrument der Ministererlaubnis stellt hierbei eine Besonderheit dar, denn es ist das Einzige im deutschen Wettbewerbsrecht, welches übergeordnete ökonomische und außerwettbewerbliche Ziele verfolgt. Wurde in den ersten Jahren nach Einführung der Fusionskontrolle und somit auch der Ministererlaubnis, von 1974 - 1979, noch jährlich ein Antrag eingereicht, so verlor die Ministererlaubnis in den darauffolgenden Jahren durch eine stark zurückgehende Anzahl von Anträgen immer mehr an Popularität und wurde zeitweilig als ein Instrument mit nur geringer Praxisrelevanz angesehen. Spätestens aber seit der Erlaubnis der Fusion von E.ON mit Ruhrgas durch den Staatssekretär des damaligen Bundeswirtschaftsministers Alfred Tacke im Jahre 2004, steht die Ministererlaubnis wieder des Öfteren im Mittelpunkt kontroverser öffentlicher Diskussionen, was auch dazu führte, dass schon bei den Beratungen zur 7. Novelle des GWB, im Jahre 2005, der Fortbestand dieses Rechtsinstrumentes zur Diskussion stand.[33] Durch den genehmigten Zusammenschluss von Edeka mit Kaiser’s Tengelmann zu Beginn diesen Jahres wurde weiter Öl ins Feuer gegossen.
In der BRD kann der Bundesminister für Wirtschaft und Energie „auf Antrag die Erlaubnis zu einem vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenschluss, wenn im Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusammenschluss durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist“,[34] erteilen. Allerdings muss der Minister hierbei auch die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen auf ausländischen Märkten berücksichtigen, insofern diese auf solchen tätig sind und er darf die Erlaubnis zu einem Zusammenschluss nur erteilen, wenn die marktwirtschaftliche Ordnung nicht, durch die in Kauf genommene Wettbewerbsbeschränkung, gefährdet wird.[35] Des Weiteren kann die Erlaubnis, analog zu einer Entscheidung durch das Bundeskartellamt, an Auflagen und Bedingungen geknüpft werden.[36]
Noch bevor die 2. Novelle des GWB im Jahre 1973 in Kraft trat machte man sich in dem verantwortlichen wirtschaftspolitischen Ausschuss bereits Gedanken über die Verteilung der Zuständigkeiten innerhalb der, neu ins GWB aufgenommenen, Fusionskontrolle. Hierbei wurde von den Beteiligten festgelegt, dass das Bundeskartellamt die Entscheidungen darüber treffen sollte, ob ein Zusammenschluss zu Wettbewerbsbeschränkungen führt oder nicht. Jedoch wollte man Erwägungen im wirtschaftspolitischen Gesamtzusammenhang nicht außer Acht lassen, da man ansonsten Wohlfahrtsverluste befürchtete. Deshalb wurde diese Zuständigkeit an den Bundeswirtschaftsminister übertragen. Die Monopolkommission sollte diesem dann lediglich beratend zur Seite stehen, bekam aber auch von Anfang an gewisse Untersuchungs- und Berichtsrechte zugesprochen, um den Bundeswirtschaftsminister ein Stück weit kontrollieren zu können. Die Tatsache, dass durch diese Aufteilung der Zuständigkeiten ein permanenter Konflikt zwischen dem kartellbehördlichen Wettbewerbsschutz und der Berücksichtigung des wirtschaftlichen Gemeinwohles entstehen würde, nahm der Gesetzgeber hierbei bewusst in Kauf.[37]
Seine erste und zugleich einzige Änderung erfuhr der § 42 GWB im Zuge der 6. Novelle des GWB im Jahre 1999. Die 6. Novelle hatte allgemein zum Ziel das Wettbewerbsprinzip zu stärken, das Regelwerk, welches durch die vorangegangenen fünf Novellen äußerst unleserlich wurde, zu straffen und das GWB ein Stück weit an das europäische Recht anzugleichen. Das Ministererlaubnisverfahren wurde hierbei allerdings nicht rechtlich geändert, es wurden lediglich die Absätze drei bis fünf des ehemaligen § 24 GWB a. F. in den § 42 GWB verlagert. Gerade im Zuge der Angleichung des GWB an das europäische Recht war das Rechtsinstrument der Ministererlaubnis allerdings nicht unumstritten, denn das europäische Recht kennt eine solch weitreichende Berücksichtigung von außerwettbewerblichen Aspekten, wie es durch den § 42 GWB der Fall ist, nicht. Letzten Endes konnte sich die damalige Bundesregierung aber durchsetzen, in dem sie darauf verwies, dass sich die Ministererlaubnis in der Vergangenheit bewährt habe. Vor dem Hintergrund des E.ON/Ruhrgas-Zusammenschlusses, welcher in der Öffentlichkeit für immenses Aufsehen gesorgt hatte, wurde die Ministererlaubnis auch im Vorfeld zur 7. Novelle des GWB, ab dem Jahre 2003, erneut in Frage gestellt. Im Laufe der Diskussionen wurde dann aber eher die Ausgestaltung des Rechtsbeschwerdeverfahrens vor den Kartellsenaten in Frage gestellt und der § 42 blieb wie er war.[38]
An den Diskussionen über die Einführung einer Fusionskontrolle in der BRD waren neben den Parteien mit ihren Fraktionen auch die betroffenen Wirtschaftsverbände, als Vertreter für ihren jeweiligen Wirtschaftszweig, beteiligt. Gerade die Verbände wehrten sich teilweise aufs heftigste gegen die Einführung einer Fusionskontrolle und brachten etliche Gegenargumente vor.[39] Um nun die Gründe für die Einführung der Ministererlaubnis in die Fusionskontrolle besser verstehen zu können, ist es sinnvoll sich zunächst die Kritikpunkte an einer rein wettbewerbspolitisch fokussierten Fusionskontrolle anzuschauen. Hierbei wurde als ein Gegenargument vorgebracht, dass gerade der technische Fortschritt eine hohe Unternehmenskonzentration erfordert, da nur große Unternehmen zu wirklich moderner Forschung in der Lage seien. Des Weiteren führten die Kritiker an, dass nur größere Unternehmenseinheiten dazu in der Lage wären die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie langfristig zu gewährleisten und dass gerade die, durch das immer stärkere Zusammenwachsen der Mitgliedsländer der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), immer größer werdenden Märkte auch immer größer werdende Unternehmenseinheiten erforderlich machten, um im europäischen Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben. In diesem Zusammenhang wurde auch vorgebracht, dass eine nationale Fusionskontrolle generell im Widerspruch zur EWG stünde, da diese deren Entwicklung hin zu einer ausgewogenen Wirtschafts- und Wettbewerbsstruktur quasi unmöglich machen würde. Zu guter Letzt bezeichneten die Wirtschaftsverbände die Fusionskontrolle auch als eine Form staatlichen Dirigismus. Zwar wurde die Fusionskontrolle, anders als in den 1950er Jahren, letztlich eingeführt, jedoch kam man während der Diskussionen auch zu der Erkenntnis, dass man in keiner Weise beurteilen konnte, wie sich Unternehmenszusammenschlüsse langfristig auswirken und ob sich eine Fusionskontrolle als vorteilhaft erweisen würde. Diese Hintergründe bereiteten letzten Endes den Weg zu der Einführung der Ministererlaubnis.[40]
Nachdem die Mehrheit der an der Diskussion beteiligten Parteien zu der Einsicht kam, dass eine Fusionskontrolle notwendig war, oder diese Ansicht zumindest akzeptierten, wurde um die eigentliche Ausgestaltung umso heftiger diskutiert. Von Anfang an tauchte hierbei die Forderung nach einer Ausnahmeregelung auf, welche auch außerwettbewerbliche Aspekte eines Zusammenschlusses berücksichtigte. Im Wesentlichen kristallisierten sich drei Gründe für die Einführung einer Ausnahmeregelung in Form der Ministererlaubnis heraus. Einer dieser Gründe ist der Ausgleichsgedanke zwischen Wettbewerbsschutz und gesamtwirtschaftlichen Zielvorstellungen. In diesem Zusammenhang wurde von Anfang an darüber diskutiert, ob die Fusionskontrolle neben der wettbewerblichen Komponente auch außerwettbewerbliche Aspekte berücksichtigen sollte. Hierbei wurde schnell deutlich, dass gerade Großfusionen vielfältige wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitische Auswirkungen haben können und so sahen viele Beteiligte den Wettbewerbsschutz nicht mehr als alleiniges Ziel an. Dies führte letztlich dazu, dass eine rein wettbewerblich orientierte Fusionskontrolle praktisch nicht durchsetzbar war. Die Ministererlaubnis stellte, innerhalb der Vorschriften zur Fusionskontrolle, also einen Kompromiss dar. Nicht zuletzt auch deshalb, da er durch seinen ausdrücklichen Ausnahmecharakter für beide Seiten akzeptabel war. Da es grundsätzlich an Erfahrungen im Bereich der Unternehmenskonzentration mangelte und es in anderen europäischen Ländern bisher ebenfalls kaum Regelungen gab, wie mit diesen umgegangen werden sollte, wollte man bei der Einführung der Fusionskontrolle in der BRD ohnehin vorsichtig vorgehen, weshalb das Rechtsinstrument der Ministererlaubnis geradezu ideal schien, um unvorhergesehene Fälle erfassen zu können. Durch die Formulierung: „wenn die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusammenschluss durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist“[41], konnte zudem nun die wirtschaftliche Realität auch ohne einen außerwirtschaftlichen Gemeinwohlgrund für einen Zusammenschluss maßgeblich sein, was ebenfalls im Sinne des Ausgleichsgedankens ist und zuvor von Kritikern bemängelt wurde. Des Weiteren wird mit der Ministererlaubnis auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen berücksichtigt, was sich in der Formulierung:...