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E-Book

Die Upanischaden

Eingeleitet und übersetzt von Eknath Easwaran

VerlagGoldmann
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl432 Seiten
ISBN9783641232337
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Die Upanischaden sind die Quellentexte schlechthin für das Verständnis indischer Spiritualität - in ihrer Bedeutung vergleichbar der Bibel und dem Koran. Herausgeber Eknath Easwaran hat die wichtigsten Texte in einem Band vereinigt. Hier geht es um die großen existenziellen Fragen nach Gott, der Seele, dem Ursprung und der Bestimmung des Menschen. Easwarans erstaunlich leicht verständliche, unserem Sprachempfinden entgegenkommende Übersetzung ist durch Kommentare sowie Vergleiche mit dem Gedankengut anderer Kulturkreise auch für Einsteiger optimal.

• Der Philosoph Arthur Schopenhauer bezeichnete die Upanischaden als 'belohnendste und erhebendste Lektüre, die auf der Welt möglich ist'.

• Herausgeber Eknath Easwaran hat die wichtigsten Upanischaden-Texte gesammelt und ebenso einfühlsam wie verständlich übersetzt.

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Leseprobe

Einführung


»Auf halbem Weg des Menschenlebens«, wie Dante sagt, gelangte ich in eine Situation, die sich als Krise erwies. Alles, wofür ich gelebt hatte – Literatur, Musik, das Schreiben, gute Freunde, die Freuden der Lehrtätigkeit –, befriedigte nicht mehr. Nicht, dass mein Vergnügen an diesen Dingen geringer war; tatsächlich hatte ich jede unschuldige Freudenquelle, die die Welt bot. Aber ich dürstete, mit einem Mal und unwillkürlich, nach noch etwas mehr, viel mehr, ohne zu wissen, wonach oder weshalb.

Ich lebte damals auf einem College-Campus inmitten der Welt der Bücher. Wenn ich also wissen wollte, was die Menschen über das Leben und den Tod in Erfahrung gebracht hatten, ging ich natürlich in die Bibliothek. Dort durchforstete ich systematisch Bereiche, für die ich mich bislang nie interessiert hatte: Philosophie, Psychologie, Religion, sogar Naturwissenschaften. Indien war seinerzeit noch britisch, und die verfügbaren Bücher bestätigten, was mein Bildungshintergrund als selbstverständlich voraussetzte: Alles Wissenswerte war in den Zeugnissen der westlichen Zivilisation bestens vertreten.

Ein Kollege im Fachbereich Psychologie entdeckte meinen Namen auf der Ausleihkarte eines Bandes von William James und wurde misstrauisch. Eine Gelegenheit, Sherlock Holmes zu spielen, nimmt jeder gern wahr; er stellte einige Nachforschungen an und konfrontierte mich. »Schauen Sie mal«, sagte er, »Ihr Fach ist englische Literatur, aber ich sehe, dass Sie jeden bedeutsamen Beitrag zu meinem Gebiet mit nach Hause nehmen. Worauf sind Sie da bloß aus?«

Wie konnte ich einem angesehenen Professor sagen, dass ich nach dem Sinn des Lebens suchte? Ich zwinkerte ihm verschwörerisch zu und entgegnete nur: »Auf etwas Großes!« Aber nichts von dem, was ich fand, stillte den Hunger in meinem Herzen.

Etwa um diese Zeit stieß ich – wie, weiß ich nicht mehr – auf eine Ausgabe der Upanischaden. Ich hatte natürlich gewusst, dass sie existierten, aber es war mir nie in den Sinn gekommen, einen Blick hineinzuwerfen. Mein Gebiet war viktorianische Literatur; von viertausendjährigen Texten erwartete ich mir nicht mehr Relevanz als von Alice im Wunderland.

»Nimm das Beispiel eines Mannes, der alles hat«, las ich und dachte dabei sofort an mich: »jung, gesund, stark, tüchtig und gebildet, mit all dem Reichtum, den die Erde bieten kann; nehmen wir dies als eine Maßeinheit weltlicher Freude.« Der Vergleich war direkt aus meinem Leben gegriffen. »Das Hundertfache dieser Freude entspricht der Freude der Gandharvas; aber nicht weniger Freude erleben jene, die erleuchtet sind.«

Die Gandharvas waren nichts weiter als ein mythologischer Begriff für mich, und ich hatte keine Ahnung, was Erleuchtung bedeutete. Aber die grandiose Zuversicht dieser Stimme, die Gewissheit von etwas wesentlich Größerem als das, was die Welt bietet, strömte wie Sonnenlicht in einen lange dunkel gewesenen Raum:

Vernehmt es, o Kinder ewiger Seligkeit!

Ihr seid geboren, mit dem Herrn vereinigt zu werden.
Folgt dem Weg der Erleuchteten,
und werdet vereinigt mit dem Herrn des Lebens.

Ich las weiter. Bild um Bild nahm mich gefangen. Das waren ehrfurchtgebietende Bilder, die ich zwar kaum verstand, die mir aber Sinn verhießen und nach meinem Herzen griffen, wie eine vertraute Stimme am Saum des Gewahrseins zerrt, wenn man sich müht aufzuwachen:

Wie ein großer Fisch zwischen den Ufergrenzen eines Flusses nach Belieben schwimmt, so bewegt sich das strahlende Selbst zwischen dem Traum- und dem Wachzustand. Wie ein Adler, der vom Höhenflug am Himmel müde geworden ist, die Flügel zusammenlegt und herabfliegt, um in seinem Nest auszuruhen, so tritt das strahlende Selbst in den Zustand traumlosen Schlafs ein, wo man von allen Begierden befreit ist. Das Selbst ist frei von Begehren, frei von Übel, frei von Furcht …

Wie Fremde in einem unvertrauten Land jeden Tag über einen vergrabenen Schatz hinwegschreiten, gehen wir tagtäglich während des Tiefschlafs in jenes Selbst ein, erkennen es aber nie, da wir vom Unwahren fortgerissen werden.

Das Selbst ist eine Brücke zwischen dieser Welt und dem wahren Wirklichen. Tag und Nacht können diese Brücke nicht überqueren, auch das Alter nicht, auch nicht der Tod, auch nicht der Gram, noch auch böse oder gute Taten. Alle Übel machen dort kehrt, außerstande, hinüberzugehen; das Übel gelangt nicht in das Reich der wahren Wirklichkeit. Jemand, der über diese Brücke hinübergeht, wird, falls er blind sein sollte, die Blindheit los; falls er verletzt sein sollte, die Verletztheit los; falls er in Sorge sein sollte, das Sichsorgen los. An dieser Grenze wird die Nacht selbst Tag: Die Nacht gelangt nicht zur Welt der wahren Wirklichkeit …

Und schließlich einfache Worte, die in meinem Bewusstsein explodierten und Licht rings um sich verbreiteten wie eine Leuchtbombe: »Es gibt keine Freude im Endlichen; Freude gibt es nur im Unendlichen.«

Auch ich war bislang jeden Tag über einen vergrabenen Schatz hinweggeschritten, ohne dies je zu ahnen. Wie der Mann in der chassidischen Parabel suchte ich allerorts nach dem, was in meinem eigenen Zuhause lag.

Auf diese Weise entdeckte ich die Upanischaden – und sah mich dann sehr bald zum Ausüben der Meditation verpflichtet.

Heute, nach über vierzig Jahren des Studiums, sind mir diese Texte ins Herz geschrieben; ich bin mit jedem Wort vertraut. Und doch überraschen sie mich immer wieder von neuem. Bei jeder einzelnen Lektüre habe ich das Gefühl, auf ein Meer hinauszufahren, das so tief und ausgedehnt ist, dass man nie sein Ende erreichen kann. In den Jahren seitdem habe ich ausgiebig im mystischen Schrifttum der Welt gelesen und dabei oft festgestellt, dass andere Religionen, ihrer jeweiligen Ausdrucksweise gemäß, die Gedanken der Upanischaden wiederholen. Ich habe auch praktischere Leitfäden gefunden; mein eigener wurde – wobei ich der Anregung von Mahatma Gandhi folgte – die Bhagavad Gita. Aber nirgendwo sonst habe ich eine so reine, erhabene, berauschende Destillation spiritueller Weisheit gesehen wie in den Upanischaden, die aus dem ersten Anfang der Zeit zu uns zu kommen scheinen.

Die Veden und die Upanischaden


Der Forschung zufolge begannen etwa um 2000 v. Chr. Gruppen Indoeuropäisch sprechender Völker, die sich selbst arya, also »edel«, nannten, über den Hindukusch in den indischen Subkontinent einzudringen. Dort, im Flusstal des Indus, fanden sie eine blühende, fast tausendjährige Zivilisation vor, die in Bezug auf Technologie und Handel hoch entwickelt war. Aus der Verschmelzung dieser beiden Kulturen, der arischen und der des Industales, ging die indische Zivilisation hervor.

Die Arier brachten ihre Götter und eine Religion mit, die auf rituellen Opferhandlungen und beschwörenden lyrischen, lebensbejahenden Hymnen in einer frühen Form des Sanskrit basierte. Diese Hymnen, die ungefähr 1500 v. Chr. entstanden sind, lassen eine innige, fast mystische Bindung zwischen Anbeter und Umwelt erkennen, ein Gefühl heiliger Scheu vor dem allen Dingen innewohnenden Geist und zugleich der Verwandtschaft mit diesem. Noch in der Übersetzung besitzen sie eine zwingende Schönheit. Sie beten Naturkräfte und die elementaren Lebensmächte an: die Sonne und den Wind, das Unwetter und den Regen, die Morgendämmerung und die Nacht, die Erde und den Himmel, das Feuer und die Opfergabe.

Diese Mächte sind die Devas, Götter und Göttinnen, die hie und da in weiteren Religionen arischen Ursprungs wiedererkennbar sind. In den Hymnen scheinen sie uns ganz nah zu sein, als wären sie in den Erscheinungsformen und Kräften der natürlichen Welt anwesend. Das Feuer ist Agni, verehrt als das tatsächliche Feuer auf dem Herd oder Altar und als der göttliche Priester, der Opfergaben zu den Göttern trägt. Das Unwetter ist Indra, Anführer der Götter und Herr des Krieges und Donners, der auf seinem schnellen Streitwagen in die Schlacht fährt, um gegen den Drachendämon des Himmels oder die Feinde der arischen Heerscharen zu kämpfen. Der Wind ist Vayu. Die Nacht ist Ratri und die Morgendämmerung ist Usha, die anmutigste und leuchtendste der Göttinnen. Die Sonne ist Surya, der seinen Wagen über das Firmament lenkt, oder Savitri, der Spender des Lebens. Und der Tod ist Yama, das erste Wesen, das sterben musste, und dadurch der Erste in der Unterwelt.

Angst spielt in diesen frühen Hymnen nur eine kleine bis gar keine Rolle. Den Kräften des Lebens näherte man sich mit liebevoller Verehrung, sie waren Verbündete des Menschen in einer Welt, die im Wesentlichen freundlich ist, sofern man ihre Geheimnisse begreift. Und obwohl die Devas sich von Anfang an in ein Pantheon gesonderter Gottheiten aufgliederten, machen schon die frühesten Hymnen deutlich, dass sie doch nur verschiedene Aspekte eines einzigen Höchsten Wesens sind. »Die Wahrheit ist eine«, verkündet eine Hymne, »obgleich die Weisen sie mit vielen Namen bezeichnen.«

Diese poetischen Anbetungen dienten als Liturgie in einer komplizierten, sich um symbolische Opferung zentrierenden Religion: Die heiligen Worte der Hymnen wurden psalmodiert, während die Opfergaben ins Feuer gegossen wurden. Solche Zeremonien wurden für die Kshatriyas, die Krieger und Sippenherrscher, durchgeführt, von als »Brahmanen« bezeichneten Priestern, deren gesellschaftliche Funktion darin bestand, Riten zu bewahren, die bereits zu alt waren, um noch verstanden werden zu können.

Im Lauf der Zeit erstellten Brahmanen Kommentare, die den Sinn dieser uralten Riten erhellen sollten. Hymnen und...

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