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Die V2 - Rakete

Entwicklung-Produktion-Abschuss

AutorUlrich Elfrath
VerlagBrandenburg-Buch 2015
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl137 Seiten
ISBN9783943883978
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Raketen sind aus dem militärischen Bereich heute nicht mehr wegzudenken. Das Aggregat 4, besser bekannt unter seinem propagandistischen Namen 'Vergeltungswaffe 2 (V2)' erlangte im Zweiten Weltkrieg traurige Berühmtheit. Auch wenn die V2 bei weitem nicht den Erfolg brachte, den ihr die Propaganda zuschrieb, bleibt sie bis heute eine der bekanntesten Raketen. Doch welche technischen Details haben sie ausgezeichnet? Dieses Buch gewährt Einblicke in ihre Entwicklung unter der Leitung Wernher von Brauns. Dabei erklärt die 'V2-Fibel', die den Soldaten als Anleitung diente, mit zahlreichen Illustrationen ihren Abschuss von mobilen Raketenbasen.

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Leseprobe

Die Vergeltungswaffen vor und nach der V2:


Die Fieseler FZG-76 („Vergeltungswaffe 1“)


Im Juni 1944 überquerten 393 seltsame erscheinende kleine Flugzeuge den Kanal. Die von der englischen Bevölkerung als „Doodlebugs“ (Johnson, S.127) bezeichneten Flieger waren die ersten Waffen eines neuen Typs, des Fieseler FZG-76, vom Propagandaministerium des Dritten Reiches auch als „Vergeltungswaffe 1“ bezeichnet. Die V1 transportierte 800 kg Sprengstoff und führte in London und Umgebung zu rund 6000 Toten und fast 20.000 Verletzten. Trotz dieser großen Zahl von Opfern konnte kaum von einem militärischen Erfolg gesprochen werden. Es wurden kaum wichtige Rüstungsanlagen getroffen und das Verhältnis von eingesetzten Bomben und Opfern war – immer aus militärischer, nicht aus humanistischer Sichtweise –, unwirtschaftlich. Lediglich psychologisch war von einem gewissen Erfolg zu sprechen. Die Angst vor der V1 führte in den nächsten Monaten zu einer Flucht der Bevölkerung aus den großen Städten auf das Land. Auch wurden ab sofort von der englischen Regierung vermehrt Ressourcen zur Bekämpfung der fliegenden Bomben eingesetzt. Mit dieser Waffe hatte England zum ersten Mal direkt Bekanntschaft mit den Fortschritten des deutschen Raketenprogramms gemacht, an welchem seit den dreißiger Jahren gearbeitet worden war.

Seit 1936 war in Deutschland – vor allem in Peenemünde – verstärkt an unterschiedlichen Varianten von Strahltriebwerken und Raketentypen gearbeitet worden. Wie man sich vorstellen kann, kam es zu zahllosen Fehlschlägen und Zwischenentwicklungen. Dabei wurden auch andere Verwendungsmöglichkeiten für die Triebwerke durchdacht und ausprobiert, die schließlich den Weg zu den heutigen Düsenjets bereiteten. Bereits zwei Jahre vor dem Erstflug der Me 262, einem strahlgetriebenem Jagdflugzeug, war 1939 der Versuch mit einer Heinkel He 176 unternommen worden. Der Gedanke an solche Flugzeuge lag nahe. Sie konnten höher und schneller fliegen und dadurch feindliche Bomber früher abfangen. Die Wissenschaftler versuchten also in vielen Bereichen, die neue Technologie nutzbar zu machen.

Natürlich – und das muss der Vollständigkeit halber an dieser Stelle erwähnt werden – war Deutschland nicht das einzige Land, das an einer solchen Technologie arbeitete. Obwohl die V2 die fortschrittlichste Rakete sein sollte, waren auch andere Länder nicht untätig. Nur gingen die Bemühungen zunächst oft in andere Richtungen. Ein gutes Beispiel ist hier der von den Sowjets entwickelte Katjuscha, ein mobiler Raketenwerfer. Berühmt und gefürchtet, wurde er bei den deutschen Soldaten auch „Stalinorgel“ genannt, aufgrund des Geräusches, das die 24 Raketen nach dem Abschuss verursachten.

Wernher von Braun (1. Reihe, 2.v.r.) und Walter Dornberger (1. Reihe, ganz rechts)

Trotz vieler Fehlschläge, vor allem bei Steuerung und Antrieb der Raketen, erhielten Wernher von Braun und seine Kollegen immer wieder die Unterstützung ranghoher Militärs. Der Grund dafür lag vor allem in der Tatsache begründet, dass die meisten von diesen die Wirkung der Artillerie im Ersten Weltkrieg erlebt hatten und diese für ein zentrales Mittel der Kriegsführung hielten. Dies ist natürlich richtig, allerdings führte dieser Glaube auch zu den unwirtschaftlichen Ergebnissen, die die V1 und die V2 schließlich bringen sollten. Hitler selbst war zunächst alles andere als überzeugt. Er hielt Raketen für „Spielzeuge“ und es bedurfte einiger Überzeugungsarbeit der Wissenschaftler und seiner Offiziere. Vor allem gegenüber der V2 hegte er große Zweifel. Dass er sich schließlich mehr und mehr dafür begeisterte, dürfte nicht zuletzt an der sich zu Ungunsten Deutschlands verändernden militärischen Lage gelegen haben, zu deren Wendung neue Waffen die einzige Hoffnung zu sein schienen. Das Hitler die Raketen für „Spielzeuge“ hielt, war nicht einmal völlig falsch. Die Männer, die so eifrig in diesem Bereich forschten, waren größtenteils alles andere als an deren militärischem Nutzen interessiert. Wernher von Braun mag hier wieder als Beispiel dienen. Für ihn war das Erreichen des Weltraumes wichtig, aber zu diesem Zweck brauchte er Geldgeber. Ob er ein überzeugter Nazi war, dies sollte am besten jeder selbst nach dem Lesen einer der zahllosen Biographien über ihn entscheiden. Auf jedem Fall aber war er ein fanatischer Raketenwissenschaftler. Diesem Interesse ordnete er alles unter und nahm die Opfer anderer willig in Kauf. Man kann heute davon ausgehen, dass er von den Zwangsarbeitern wusste, die während des Krieges zum Bau von Abschussrampen herangezogen worden waren und zu tausenden dabei ihr Leben lassen mussten. Dass es ihm dabei tatsächlich nicht primär darum ging, eine Waffe zu entwickeln, wird an seiner Verhaftung durch die Gestapo 1944 deutlich, die ihm Hochverrat und Wehrkraftzersetzung vorwarf, und an dem Umstand, mit welchem Enthusiasmus er in den USA am späteren Raumfahrtprogramm mitwirkte.

Trotz der Skepsis Hitlers machte also das Raketenprogramm Fortschritte. Die von den Fieseler-Werken gebaute V1 wurde schließlich mit dem sogenannten „Argusrohr“ ausgestattet. Dieses, wie der Name es bereits sagt, von den Argus-Werken entwickelte Triebwerk war im Verhältnis zu vielen der anderen Versuche verhältnismäßig einfach konstruiert. Es handelte sich dabei um eine Röhre von 3,60 m Länge, bei der die Mischkammer für das Treibstoffgemisch und die Brennkammer im vorderen Bereich des sich verjüngenden Rohres angelegt worden waren. Dieser Teil der Konstruktion nahm etwa ein Drittel der gesamten Länge ein, der Rest war als Abgasrohr konstruiert. Betrachtet man die Bauteile, so wird die Einfachheit deutlich. Mit Lufteintritt, Treibstoffeinspritzgitter, Klappenventil, den Leitblechen und dem Strahlrohr selbst bedurfte es also nur fünf Bauteile. Als sechstes Teil musste zu guter Letzt noch eine Zündkerze eingeschraubt werden, um den Zündvorgang zu ermöglichen. Durch einen Druckschalter wurde der Startvorgang eingeleitet, bei welchem eine bestimmte Menge Treibstoff und Pressluft in die Brennkammer eingelassen wurde. Die Zündkerze entzündete daraufhin das Gemisch und der Brennvorgang begann. Das „Argus-Schmidt-Rohr" entwickelte einen Schub von 317 kp.

Nun musste ein weiteres Problem gelöst werden. Wie sollte diese fliegende Bombe gesteuert werden? Die V1 wurde zumeist von Flugzeugen abgesetzt, meist von Heinkel He-111-H 21 oder von ausgerichteten Startrampen, den sogenannten Walter-Schleudern, gestartet.

Grund dafür war die von den Askania-Werken gelieferte Kurssteuerung. Im Inneren des Steuergerätes befand sich ein Flugzeugkompass, der es einem Kurskreisel ermöglichte, um 3 Grad pro Minute abzuwandern, bis schließlich der eingestellte Kurs erreicht wurde. Kombiniert war diese Steuerung mit einem Entfernungsmesser, der durch einen kleinen Propeller am Bug der V1 die notwendigen Informationen erhielt. Erreichte die Bombe die eingestellte Entfernung auf dem angegebenen Kurs, stellte sich das Höhenruder auf maximalen Sinkflug und die Bombe stürzte ab. Die Zündung der Sprengladung erfolgte beim Aufschlag durch zwei mechanische Zünder.

Auch wenn die V1 grundsätzlich funktionierte, besaß sie, neben der fehlenden Präzision, noch eine Reihe von Kinderkrankheiten, an denen die Ingenieure permanent zu arbeiten hatten. So war es kein Wunder, dass nach einer besseren Waffe gesucht wurde. Das Aggregat 4 war aber bereits in Arbeit.

Für die britische Luftwaffe stellte die V1 eine neue Herausforderung dar, die aber zu meistern war. Sie war nicht so schnell, dass britische Jagdflugzeuge sie nicht erreichen konnten. Somit wurde zum Halali auf die fliegenden Bomben geblasen. Tauchte eine V1 auf dem Radar auf, so wurde sie ebenso bekämpft wie deutsche Bomber. Die Jagdflugzeuge setzten sich hinter die Flugkörper und versuchten, sie abzuschießen. Eines war aber hier gefährlicher als die Bekämpfung von Bombern: Wurde eine V1 ungünstig von dem Piloten getroffen, so detonierten die 800 kg Sprengstoff und rissen das Flugzeug mit in ihr Ende. Alternativ entwickelte sich eine besonders waghalsige Variante der Jagd unter den englischen Piloten. Durch ein Flugmanöver, bei dem das Jagdflugzeug mit seinen Flügeln die Flügel der V1 anhob, konnte der Kurs der Bombe verändert werden. Ein solches Manöver war aber sehr riskant, wie man sich gut vorstellen kann. Neben dem Einsatz von Flugzeugen gegen V1 wurde die Bekämpfung natürlich auch mit traditionelleren Mitteln wie Flak und Sperrballons im Bereich bekannter Einflugschneisen durchgeführt. Solche Mittel waren gegen die V2 nicht mehr in diesem Umfang möglich.

Die Fi 103 kann als Vorläufer der späteren Marschflugkörper, z.B. Cruise Missiles betrachtet werden. Bei ihr konnte jedoch noch nicht während des Fluges in die Steuerung eingegriffen werden. Zudem war ihre Zielgenauigkeit noch recht ungenau.

Die Kanone V3 („Vergeltungswaffe 3“)


Bei der V3 handelte es sich um den Entwurf einer Kanone, die es ermöglichen sollte, England und...

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