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Die Vereinbarkeit von Militärgerichten mit dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 8 Abs. 1 AMRK und Art. 14 Abs. 1 des UN-Paktes über bürgerliche und politische Rechte

AutorJeanine Bucherer
VerlagSpringer-Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl308 Seiten
ISBN9783540376385
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis56,99 EUR

Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen militärgerichtliche Strafverfahren gegen Zivilpersonen. Die Arbeit systematisiert die vorhandene Spruchpraxis und geht der Frage nach, ob es ein Recht auf ein zuständiges Gericht gibt bzw. wie sich ein solches Recht konstruieren lässt. Ausführungen zu besonderen Problemen im Kontext von Ausnahmezuständen und eine Betrachtung der U.S.-amerikanischen Militärkommissionen runden die Analyse ab.

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Leseprobe
"Zum Schluß ein Ausblick (S. 243-244)

Verstoßen Strafverfahren vor Militärgerichten gegen das Recht auf ein faires Verfahren, wie es in AMRK, EMRK und Pakt gewährleistet ist? Es kommt darauf an. Nicht vereinbar mit diesem Recht sind Strafverfahren gegen Zivilpersonen und solche gegen Angehörige der Streitkräfte wegen Menschenrechtsverletzungen. Das haben die Kontrollorgane der drei Verträge mehr oder weniger deutlich herausgearbeitet und das ist auch das Ergebnis der vorliegenden Arbeit.

Weil die Ergebnisse der Untersuchung im Laufe der Arbeit immer wieder in Zwischen- und Gesamtbewertungen zusammengefaßt worden sind, soll an dieser Stelle auf eine nochmalige Zusammenfassung verzichtet werden. Statt dessen wird ein Ausblick die Untersuchung abrunden. Die Zuständigkeit der Militärgerichtsbarkeit soll auf innermilitärische Angelegenheiten, auf Disziplin und Ordnung beschränkt sein. Aber was sind “strictly military offences” und welche Delikte umfaßt die Gewährleistung von Disziplin und Ordnung? Hier eine Präzisierung vorzunehmen erscheint sinnvoll, um zu befördern, daß Staaten ihr Rechtssystem an den international rechtlichen Vorgaben ausrichten, und um ein Mindestmaß an Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Dabei geht es nicht um eine Änderung der drei hier betrachteten Verträge, sondern um Richtlinien, die Eingang in außervertragliche Dokumente wie die UN-Studie oder vertragsbezogen beispielsweise in eine Allgemeine Bemerkung des Menschenrechtsausschusses finden könnten. Theoretisch sind mehrere Möglichkeiten denkbar, um den Kompetenzkreis von Militärgerichten näher zu bestimmen. Ein Ansatz könnte darin bestehen, konkret Delikte zu identifizieren, deren Verhandlung vor Militärgerichten zulässig bzw. unzulässig ist.

Innerstaatlich hat es Ansätze gegeben, Delikte durch Auslegung von Verfassungs- oder einfachgesetzlichen Bestimmungen von der Zuständigkeit der Militärgerichtsbarkeit auszuschließen. Damit einher geht eine Katalogisierung von Delikten in Gruppen. So wird beispielsweise unterschieden zwischen rein militärischen Delikten, sog. militarisierten Delikten verletzungen zählen.

Der Reiz der Zuordnung von Delikten in bestimmte Gruppen besteht darin, die Gefahr der Militarisierung von allgemeinen Straftaten zu vermeiden, wie sie gerade in Zeiten besonderer Bedrohung verbreitet ist. In Peru beispielsweise wurde im Wege eines Sicherheitsgesetzes bewaffneter Raub zu schwerem Terrorismus (terrorismo agravado) umdefiniert, weil bei Terrorismusdelikten qua Verfassung auch gegen Zivilpersonen vor Militärgerichten verhandelt werden darf."
Inhaltsverzeichnis
Vorwort6
Table of Contents7
Abkürzungsverzeichnis14
Einleitung17
A. Der Prüfungsmaßstab20
B. Zum Vorgehen22
Kapitel 1: Hintergründe zur Militärgerichtsbarkeit23
A. Besonderheiten der Militärgerichte23
I. Historischer Abriß24
II. Beispiele militärgerichtlicher Modelle27
1. Militärgerichte, die im Einzelfall einberufen werden27
a. Preußen28
b. Großbritannien / USA28
c. Gegenüberstellung30
2. Militärgerichte als ständige Gerichte31
a. Spanien32
b. Peru / Kolumbien33
c. Gegenüberstellung34
3. Exkurs zur Militärgerichtsbarkeit in Deutschland34
4. Entwicklungstendenzen36
B. Begründungsansätze für das Bestehen einer gesonderten Militärgerichtsbarkeit37
Kapitel 2: Militärgerichte als „Gerichte“ im Sinne der Verträge40
A. Einleitung40
B. Der Gerichtsbegriff in EMRK, AMRK und IPBPR42
I. EMRK42
1. Der Gerichtsbegriff allgemein42
2. Militärgerichte als „Gerichte“ im Sinne der Verträge44
II. AMRK47
III. IPBPR48
IV. Bewertung50
Kapitel 3: Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Militärgerichten51
A. Allgemein51
I. Funktionen und Inhalte der Grundsätze51
II. Inhalt des Unabhängigkeitsgrundsatzes53
III. Inhalt des Unparteilichkeitsgrundsatzes55
IV. Fazit57
B. Anwendung der Grundsätze in der Spruchpraxis57
I. EMRK58
1. Frühe Fälle59
a. Darstellung der Fälle60
b. Bewertung im Lichte hergebrachter Rechtsprechung63
2. Britische Fälle65
a. Darstellung der Fälle65
b. Bewertung69
3. Türkische Fälle75
a. Zur Stellung des Militärrichters im System derStaatssicherheitsgerichte79
b. Argumentation und Entscheidung80
c. Kritik der abweichenden Richter87
d. Kritik der Rechtsprechung von Gerichtshof und Kommission90
4. Gesamtbewertung der EMRK-Rechtsprechung96
II. AMRK96
1. Kommission im Berichtsverfahren98
a. Abhängigkeit von der Exekutive99
b. Strafverfahren vor Militärgerichten gegen Zivilpersonen100
c. Strafrechtliche Verfolgung von Angehörigen der Streitkräfte vor Militärgerichten wegen Menschenrechtsverletzungen102
2. Individualbeschwerdeverfahren104
3. Bewertung105
III. IPBPR105
1. Menschenrechtsausschuß im Staatenberichtsverfahren106
a. Allgemeine Kriterien107
b. Strafverfahren vor Militärgerichten gegen Zivilpersonen108
c. Strafrechtliche Verfolgung von Angehörigen der Streitkräfte vor Militärgerichten wegen Menschenrechtsverletzungen111
2. Fakultativprotokoll113
3. Fazit114
IV. Gesamtbewertung115
Kapitel 4: Recht auf den zuständigen Richter – Grenzen militärstrafgerichtlicher Zuständigkeit117
A. Einleitung118
I. Hintergrund119
II. Entwicklungen im außervertraglichen Bereich122
B. Ein Recht auf den zuständigen Richter? – Eine Bestandsaufnahme129
I. AMRK129
1. Berichte der Kommission129
a. Übersicht über die Entwicklung129
b. Bewertung134
2. Individualbeschwerdeverfahren135
a. Die Beschwerde Genie Lacayo135
b. Die Beschwerde Loayza Tamayo136
c. Die Beschwerde Castillo Petruzzi u. a.139
d. Die Beschwerde Cesti Hurtado gegen Peru142
e. Bewertung146
II. IPBPR148
1. Staatenberichtsverfahren149
2. Individualbeschwerdeverfahren150
a. Überblick über die Rechtsprechung150
b. Bewertung157
III. EMRK158
C. Ein Recht auf den zuständigen Richter – Eigene Ansätze160
I. AMRK – autonome Auslegung des Merkmals „zuständig“160
1. Möglichkeit autonomer Auslegung161
2. Maßstab autonomer Auslegung164
a. Strafverfahren vor Militärgerichten gegen Zivilpersonen168
b. Strafrechtliche Verfolgung von Militärangehörigen vor Militärgerichten wegen Menschenrechtsverletzungen177
3. Ergebnis184
II. IPBPR185
1. Autonome Auslegung des Merkmals „zuständig“185
a. Auslegungsmaßstab187
b. Vorgaben des Paktes: Willkürverbot und Rechtsstaatsprinzip189
c. Tendenzen der Berichterstatter im Hinblick auf das Ergebnis der Beschränkung der militärgerichtlichen Zuständigkeit192
2. Fazit193
III. EMRK194
1. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal – Grundsätze der Herleitung194
2. Zuständiges Gericht als inhärentes Tatbestandsmerkmal195
a. Strafverfahren vor Militärgerichten gegen Zivilpersonen197
3. Fazit200
IV. Gesamtbewertung201
Kapitel 5: Besondere Probleme im Kontext von Ausnahmezuständen202
A. Einleitung202
B. Außervertragliche Entwicklungen214
I. Erklärungen214
1. Minimum Standards of Human Rights Norms in a State of Emergency215
2. Siracusa Principles219
3. Draft Declaration on the Independence of Justice221
4. Turku Declaration of Minimum Humanitarian Standards221
5. OSZE223
6. Fazit223
II. Berichterstatter und Sonderberichterstatter zum Ausnahmezustand224
1. Berichterstatterin Questiaux224
2. Sonderberichterstatter über Ausnahmezustände225
3. Sonderberichterstatter über Justiz und Anwaltschaft228
4. Bewertung229
C. Die Verträge im einzelnen230
I. Art. 4 IPBPR230
1. Staatenberichtsverfahren231
2. Individualbeschwerdeverfahren232
3. Allgemeine Bemerkungen235
4. Das Projekt eines Zusatzprotokolls zum Pakt235
5. Bewertung236
II. Art. 15 EMRK237
1. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz237
2. Andere völkerrechtliche Verpflichtungen240
III. Art. 27 AMRK242
1. Inhaltliche Bestimmung der zum Schutz nicht derogierbarer Rechte wesentlichen Rechtsschutzgarantien – Gutachtenverfahren243
a. Rechtsschutzgarantien: Inhalt und Relevanz für Strafverfahren243
b. Verhältnismäßigkeitsprüfung246
2. Praxis zur Notstandsfestigkeit des Rechts auf ein faires Verfahren246
a. Kommission im Berichtsverfahren246
b. Berichte der Kommission im Individualbeschwerdeverfahren250
c. Individualbeschwerden vor dem Gerichtshof252
3. Bewertung253
IV. Gesamtbewertung254
Zum Schluß ein Ausblick255
Nachtrag: Die Vereinbarkeit der US-Militärkommissionen mit Art. 14 Abs. 1 IPBPR261
A. Einleitung261
B. Der Prüfungsmaßstab264
I. Anwendbarkeit der Genfer Konventionen264
II. Die Anwendbarkeit des IPBPR in Kriegszuständen269
C. Überblick über rechtlichen Rahmen, Aufbau, Verfahren und Zuständigkeiten der US-Militärkommissionen271
I. Der Rechtsrahmen der US-Militärkommissionen271
1. Die Militärverordnung vom 13. November 2001272
2. Die Durchführungsverordnungen273
3. Die Militärkommissionserlasse273
II. Struktur, Verfahren und Zuständigkeiten der Militärkommissionen274
1. Struktur und Verfahren275
a. Zusammensetzung und Rollenverteilung mit Schwerpunkt erster Verfahrensabschnitt275
b. Zusammensetzung und Rollenverteilung mit Schwerpunkt zweiter Verfahrensabschnitt281
2. Die Zuständigkeit der Militärkommissionen286
a. Persönliche Zuständigkeit286
b. Sachliche Zuständigkeit287
D. Bewertung der Militärkommissionen am Maßstab des Art. 14 Abs. 1 IPBPR290
I. Unabhängigkeit und Unparteilichkeit – Aufbau, Zusammensetzung und Verfahren291
1. Einfluß der Exekutive – insbesondere des Verteidigungsministeriums293
2. Das Letztentscheidungsrecht des Präsidenten294
3. Die Rolle der Bestallungsbehörde295
4. Die Mitglieder der Kommission296
5. Einfluß der Genfer Konventionen298
II. Recht auf ein zuständiges Gericht299
E. Ergebnis300
Summary302
A. Introduction302
B. Independence and Impartiality302
I. ICCPR303
II. ECHR303
1. “British Cases”303
2. “Turkish Cases”304
3. Notes305
III. IACHR305
C. The Right to a Competent Court306
I. Stock-taking306
II. Alternative Approach306
D. Additional Considerations307
I. States of Emergency307
II. The Compliance of US Military Commissions with Art. 14 Para. 1 of the U.N. Covenant on Civil and Political Rights308
Literaturverzeichnis309
Sachregister315

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