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Die Weiße Rose. Mitglieder, Motivation, Prozesse und Gedenken an eine Widerstandsbewegung

AutorLena Lindemann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl63 Seiten
ISBN9783656941057
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Geschichte Europa - and. Länder - Zeitalter Weltkriege, Note: 1,3, Universität Vechta; früher Hochschule Vechta (Lehrstuhl für Geistes- und Kulturwissenschaften - Abteilung für Kulturgeschichte und vergleichende Landesforschung), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Weiße Rose war der Name einer christlich und politisch motivierten studentischen Widerstandsgruppe in München während der Zeit des Nationalsozialismus, die sich der totalen Vereinnahmung durch das nationalsozialistische Regime unter Hitler entziehen und ihre geistige Unabhängigkeit und ihre Freiheit bewahren wollte. Die Gruppe gründete sich im Juni 1942 und bestand bis zum Februar 1943. Sie stellte im Bereich der Jugendopposition eine Ausnahme dar und unterschied sich von anderen eher unpolitischen Jugendgruppen wie den 'Edelweißpiraten' oder der 'Swingjugend'. In den Jahren 1942/43 verfasste, druckte und verbreitete die Münchner Gruppe insgesamt sechs Flugblätter gegen das nationalsozialistische Regime unter Hitler und forderte die Bevölkerung in diesen zum passiven Widerstand gegen den Nationalsozialismus auf. Die Mitglieder der Widerstandsbewegung waren die beiden Geschwister Hans und Sophie Scholl sowie deren Kommilitonen Christoph Probst, Willi Graf und Alexander Schmorell. Außerdem gehörte der Universitätsprofessor Kurt Huber der Gruppe an und beeinflusste diese. Weitere Studenten, Schüler, Lehrer, Professoren, Ärzte, Schriftsteller und Buchhändler standen ebenfalls in Verbindung mit der Weißen Rose. In allen diesen Fällen bestand allerdings jedoch eher ein loser Kontakt zu den Mitgliedern der Gruppe.

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Leseprobe

2 Die Mitglieder der Weißen Rose


 

Im Folgenden Abschnitt sollen die sechs Hauptakteure der Weißen Rose, die Geschwister Hans und Sophie Scholl, Willi Graf, Christoph Probst, Hochschulprofessor Kurt Huber und Alexander Schmorell, kurz biographisch dargestellt werden. Hierbei zeigt sich, dass einige zunächst begeistert in Organisationen des NS-Staates tätig waren und andere bis zu ihrer Hinrichtung ein nicht ganz widerspruchsfreies Verhältnis zur antisemitischen Ideologie und auch zum nationalsozialistischen Regime unter Hitler hatten. So waren ihre Wege in den Widerstand sicher nicht von vornherein vorgezeichnet gewesen und doch setzten sie sich letztlich alle für die Freiheit und die geistige Unabhängigkeit ein und stellten sich somit gegen das nationalsozialistische Regime und Hitler.[7] „Die Männer des engeren Zirkels der „Weißen Rose“ in der Studentenkompanie hatten den gleichen Weg von der HJ oder einem Jugendbund bis zur Wehrmacht hinter sich. Im sechsten Flugblatt heißt es, die HJ habe ihre „fruchtbarsten Bildungsjahre“ zu „uniformieren“ und zu „narkotisieren“ versucht. Dabei sammelten sie erste Erfahrungen mit der „rücksichtslosen Knebelung jeder freien Meinungsäußerung“ durch das NS-Regime, das ihren persönlichen Werdegang steuerte. Umso klarer stellten sie sich auf eigene Füße und artikulierten ihren Protest.“[8]

 

2.1 Hans Fritz Scholl


 

Hans Fritz Scholl wurde am 22. September 1918 geboren. Er wuchs mit vier weiteren Geschwistern in einem liberal gesinnten Elternhaus auf und wurde in seiner Jugendzeit stark von der bündischen Jugend beeinflusst. Vor allem Scholls Vater Robert Scholl war dem Nationalsozialismus von Anfang kritisch und eher ablehnend gegenüber eingestellt. Jedoch beeinflusste er trotz dessen, zumindest bis zum Jahre 1938, seine Kinder in keiner Weise bezüglich seiner eigenen politischen Gesinnung. Im Gegenteil war es vielmehr so, dass seine Kinder das nationalsozialistische Regime und vor allem Hitler als Retter Deutschlands ansahen. So war es klar, dass es zwischen den Ansichten Hans’ und seines eher oppositionell eingestellten Vaters diesbezüglich gewisse Divergenzen gab, was letztlich auch im Allgemeinen zu einem angespannten Verhältnis zwischen Eltern und Kindern führte.[9] Schon früh, bereits im März 1933, trat Scholl in die Hitlerjugend (HJ) ein und lernte dort mit der Zeit auch die Formen der bündischen Jugend kennen. Seit 1936 führte er in Ulm eine Gruppe an, die sich mit den Lebensformen der „deutschen Jungenschaft vom 1.11.1929“ (dj. 1.11.) beschäftigte und sich an ihnen orientierte. Allerdings war diese Jungenschaft von den Nationalsozialisten verboten worden, sodass Scholl Ende 1937 von der Gestapo aufgrund „bündischer Umtriebe“ verhaftet wurde, woraufhin er sich aufgrund dessen letztlich auch für zwei Wochen in Haft befand. Im Jahre 1939 schließlich nahm Scholl nach seinem siebenmonatigen Arbeits- und Wehrdienst, den er gleich nach seinem Abitur ableisten musste, zum Sommersemester sein Medizinstudium an der Münchener Universität auf. Im Mai 1940 wurde Scholl als Sanitäter an der französischen Westfront eingesetzt.[10] „Den Frankreichfeldzug machte Scholl beim Feldlazarett 615 mit. Die Kriegserfahrungen hinterließen tiefe Spuren in seiner Seele; der Umgang der Besatzer mit den Einheimischen und den Kriegsgefangenen irritierte ihn stark; er suchte persönlichen Kontakt zu den Franzosen. (Dieses Interaktionsmuster sollte später in Rußland noch wichtiger werden.)“[11] Im Oktober 1940 konnte Scholl sein Studium schließlich fortsetzen. Zwischen Herbst 1941 und Sommer 1942 hatte Scholl engen Kontakt zu dem katholischen Publizisten Carl Muth. Muth war der Herausgeber des Magazins „Hochland“, das zu den bedeutendsten intellektuellen katholischen Zeitschriften in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zählte. Die Bekanntschaft mit Muth stellte eine entscheidende Zäsur in der Biographie Scholls dar, denn bis zur Begegnung mit Muth spielte der christliche Glaube für Scholl keine Rolle, so gesehen war Muth in diesem Punkt wie ein Mentor für Scholl. Zurückzuführen ist Scholls nun aufgekommenes Interesse am Christentum auf seiner Suche nach einem geschlossenen Weltbild.[12] „Das Leid, das überwunden werden sollte, damit im Danach das Gute durchbrechen konnte, war ihm ein sich seit seinem Prozess durchziehender Gedanke.“[13] Mit der Zeit lösten sich für Scholl die Sinnfragen. In den Wochen und Monaten der Hinwendung zum christlichen Glauben erkannte Scholl darin den für sich einzig wahren Weg. Es war ein Kampf um die Wahrheit, um das Gute, wobei das Ziel die christliche Wahrheit war. Hierbei wird der Einfluss Muths auf Scholl sehr deutlich und unverkennbar.[14] Bevor Scholl zusammen mit Alexander Schmorell und Willi Graf von Juli 1942 bis Ende Oktober 1942 zu einer Frontfamulatur in die Sowjetunion an die Ostfront abkommandiert wurde, verfasste und verbreitete er in den beiden Monaten Juni und Juli des Jahres 1942 zusammen mit Alexander Schmorell die ersten vier Flugblätter der Weißen Rose. Anfang November des Jahres 1942 kehrten Scholl, Schmorell und Graf von ihrem Einsatz an der Ostfront in Russland tief beeindruckt vom Land und ihren Menschen, aber auch vom Leid, dem Grauen und den Opfern des Krieges nach München zurück, wo sie ab diesem Zeitpunkt Kontakte zu anderen gleichgesinnten Regimegegnern herstellten.[15] Die durch den Halbrussen Alexander Schmorell entstandene besondere Beziehung zu der russischen Bevölkerung und die Schönheit des Landes beschrieb Hans Scholl in einem Brief an seine Eltern vom 3. Oktober 1942 wie folgt: „Ich wundere mich täglich aufs neue über die Schönheit Rußlands. Ich glaube, daß mich oft eine große Sehnsucht ergreifen wird, wenn ich erst wieder in Deutschland bin.“[16] Das vorletzte fünfte Flugblatt der Gruppe vervielfältigte und verbreitete Hans Scholl zusammen mit seiner Schwester Sophie, Alexander Schmorell und Willi Graf. Nach der Niederlage an der Ostfront in Stalingrad am 2. Februar 1943 entstand nach einem Entwurf von Kurt Huber das sechste und letzte Flugblatt der Gruppe. Dieses verteilte Scholl zusammen mit seiner Schwester Sophie am 18. Februar 1943 in der Münchener Universität. Dabei wurden sie von dem Hausschlosser der Universität Jakob Schmid beobachtet und daraufhin schließlich von der Gestapo verhaftet. Vier Tage später wurde Hans Scholl wie seine Schwester Sophie vom Volksgerichtshof (VGH) unter dem vorsitzenden Richter Roland Freisler zum Tode verurteilt und noch am selben Tag im Strafgefängnis München-Stadelheim durch das Fallbeil hingerichtet.[17]

 

2.2 Sophia Magdalena Scholl


 

Sophia Magdalena Scholl, genannt Sophie Scholl, wurde am 9. Mai 1921 geboren. Sie wuchs im gleichen Elternhaus wie ihr Bruder Hans Scholl mit noch drei weiteren Geschwistern auf. Ihr Werdegang innerhalb des Bundes Deutscher Mädel (BDM) ist mit dem ihres Bruders Hans im Jungvolk vergleichbar. Als Dreizehnjährige trat sie im Januar des Jahres 1934 der Jungmädelschaft bei, die die kleinste Einheit der Jungmädel darstellte. Zu dieser Zeit war Sophie Scholl überaus enthusiastisch und mit Einsatz dabei, sodass sie zwischen den Jahren 1935 bis 1938 innerhalb der Organisation auch führend tätig war. Als Sophie im Jahre 1937 im Bund Deutscher Mädel (BDM) erstmals in Konflikte verstrickt war und sie aufgrund des bündischen Engagements ihres Bruders Hans Scholl zu diesem Sachverhalt von der Gestapo vernommen wurde, zeichneten sich bei ihr erstmals leichte Tendenzen von einer Distanzierung vom nationalsozialistischen Regime unter Hitler ab.[18] Sophie Scholl äußerte sich in ihrem Vernehmungsprotokoll der Gestapo dazu wie folgt: „In diesem Zusammenhang gebe ich ganz ehrlich zu, daß ich in den letzten 2 Jahren meiner Zugehörigkeit zum BDM mit dem Herzen nicht mehr bei der Sache war. Die erste Abneigung gegen den BDM war darauf zurückzuführen, daß ich den Dienst langweilig und vom pädagogischen Standpunkt aus unrichtig fand.“[19] Für das Jahr 1938 lässt sich bei Sophie Scholl dann jedoch der endgültige Bruch mit dem nationalsozialistischen System unter Hitler erkennen. Alle ihre Geschwister waren wegen Aktivitäten in der „bündischen Jugend“ von der Gestapo zu dieser Zeit für einige Wochen in Haft genommen worden, wo sie unter der polizeilichen Willkür litten und die Ohnmacht gegenüber der staatlichen Macht zu spüren bekamen.[20] In ihrem Vernehmungsprotokoll gab Sophie Scholl dazu gegenüber der Gestapo an: „Die Gründe meiner weltanschaulichen Entfremdung vom BDM und damit der NSDAP, etwa im Jahre 1938, liegen in erster Linie darin begründet, daß meine Schwester Inge, meine Brüder Hans und Werner im Herbst 1938, wegen sogen. Bündiger Umtriebe von Beamten der Geheimen Staatspolizei verhaftet und einige Tage bezw. Wochen in Haft behalten wurden. Ich bin heute noch der Auffassung, daß das Vorgehen gegen uns sowohl als auch anderer Kinder aus Ulm vollkommen ungerechtfertigt war. Mein Bruder Werner gehörte etwa in den Jahren 1932/33, er war damals 10 – 12 Jahre alt, der bündischen Jugend an, was wohl der Grund war für das spätere Vorgehen gegen uns.“[21] Hier ist klar zu erkennen, dass Sophie Scholl die Verhaftungen ihrer Geschwister als äußerst ungerecht empfand und sie den nationalsozialistischen Staat unter Hitler ab diesem Zeitpunkt als einen willkürlich handelnden Unrechtsstaat ansah. Doch Sophie...

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