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Die Welt des Neuen Testaments. Eine allgemeinverständliche Einführung

Studienreihe IGW Band 1 (2. leicht überarbeitete Auflage)

AutorStefan Wenger
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl174 Seiten
ISBN9783668013438
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Fachbuch aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Theologie - Biblische Theologie, IGW International, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Buch 'Die Welt des Neuen Testaments' ist aus einem (sehr viel schlankeren) Lektüre- und Lernskript herausgewachsen, das ich ursprünglich für die mir anvertrauten Studierenden der Theologie am Institut für Gemeindebau und Weltmission (IGW) in der Schweiz geschrieben habe. Das Neue Testament ist ein Werk weltliterarischen Ranges und die schriftlich fixierte Glaubensgrundlage des Christentums. Ohne Einsichten in die historische und geistige Verortung der 27 neutestamentlichen Schriften und ohne entsprechende Kenntnisse über die Entstehung und die Inhalte dieser Texte lässt sich keine verantwortbare Theologie treiben. Aus diesem Grund bietet Die Welt des Neuen Testaments eine allgemeinverständliche Einführung in die (für die Interpretation des Neuen Testaments) relevante antike Literatur, in die historische und geistige Situation in Palästina zur Zeit des zweiten Tempels, in die sogenannt einleitungswissenschaftlichen Fragen zu den neutestamentlichen Schriften (Wer hat was, wann, wie, warum an wen geschrieben?), eine Einführung in die Inhalte bzw. in die daraus resultierenden theologischen Profile der neutestamentlichen Texte, einen Blick in die Kanongeschichte bzw. -bildung und schliesslich (und lediglich exemplarisch) einen Blick über das Leben und Wirken Jesu und die Theologie des Apostels Paulus - in einem Wort: Grundlagenwissen. Die Welt des Neuen Testaments verbindet also Zeit- und Geistesgeschichte, Einleitungswissenschaft, Bibelkunde, Kanonbildung und Theologie des Neuen Testaments - das ist nicht wenig und steht (soweit ich sehe) in der neutestamentlichen Literatur als Zusammenstellung in einem einzigen Buch in dieser Form sonst bisher kaum zur Verfügung.

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Leseprobe

B Umwelt des Neuen Testaments


 

Weil das NT Teil der antiken jüdisch-hellenistischen Kultur und wesentlich in dieser und aus dieser Kultur heraus entstanden ist, genügt es nicht, die entsprechende zeitgenössische und im Blick auf die Interpretation des NTs einschlägige (Quellen-)Literatur zu kennen. Wichtig ist zudem, das zeitgenössische Umfeld, die geschichtlichen Hintergründe, die politische, wirtschaftliche, soziale und geistige Situation, in einem Wort: das ‚Biotop’ zu kennen, in dem das NT entstanden ist. Das Folgende bietet daher eine Einführung (mehr nicht!) ins Judentum und in die hellenistisch-römische Welt zur Zeit des zweiten Tempels.

 

3 Judentum zur Zeit des Neuen Testaments


 

Die Zeit des NTs ist in politischen Entwicklungen verwurzelt, die tief in die Zeit vor Jesu Geburt hinab reichen und deren Äste bis ins zweite Jh. n. Chr. (und darüber hinaus) weisen. Zum angemessenen Verständnis des NTs ist es daher unerlässlich, die wichtigsten zeitgeschichtlichen Entwicklungen und Eckdaten zu kennen und entsprechend einordnen zu können. Das Folgende skizziert diese Entwicklungen und hält Eckdaten in tabellarischer Form fest.

 

3.1 Politische Geschichte in hellenistischer Zeit


 

Ein Blick zurück: das Ende des israelitisch-jüdischen Staates und das Exil

 

722 v. Chr. erobern die Assyrer (unter Sargon II.?) Samaria bzw. zerstören das Nordreich Israel und deportieren die Oberschicht der zehn dort lebenden israelitischen Stämme; das Volk Israel existiert damit de facto nicht mehr. Geblieben sind die beiden in Judäa siedelnden Stämme Juda und Benjamin. 587 v. Chr. erobern die Babylonier (unter Nebukadnezar) Jerusalem (nach 597 v. Chr. zum zweiten Mal), zerstören den Tempel und deportieren die Oberschicht der Stämme Juda und Benjamin nach Babylon, wo sie in (relativ) geschlossenen Kolonien als Volksgruppe (über-)leben. Es folgt eine Periode theologischer Verarbeitung der erlebten politischen/theologischen Katastrophe und eine kultisch-rituelle Neuausrichtung.

 

Palästina unter persischer und griechischer Herrschaft

 

Nachdem die Perser (unter Kyros II.) 539 v. Chr. Babylon erobert haben, kehren die im Exil lebenden Juden aufgrund des Kyros-Edikts ab 538 v. Chr. in ihre Heimat zurück. 520-515 v. Chr. wird unter der Führung des persischen Statthalters und Nachkommen Davids Serubbabel der Tempel wieder aufgebaut. 458 (oder 398) v. Chr. autorisiert der jüdische Priester Esra die Tora im Zuge einer namhaften Rückwanderungswelle als (von Persien legitimiertes) Gesetz JHWHs neu (Reichsautorisation/Bundeserneuerung). 445 v. Chr. werden unter der Führung des Juden und persischen Statthalters Nehemia Jerusalems Mauer trotz Widerständen wiederaufgebaut und Sozialreformen durchgeführt. Die heimgekehrten Juden können somit – unter dem Schutz der Perser – relativ unbehelligt nach dem mosaischen Gesetz leben. Die Geschichte des Judentums wurzelt daher im babylonischen Exil bzw. in der Zeit der Rückkehr aus diesem Exil.

 

Die skizzierten Entwicklungen führen zu Spannungen mit der durch die Assyrer in Samaria angesiedelten Bevölkerung (aus anderen assyrischen Provinzen), die ebenfalls (und zwar allein auf der Grundlage des Pentateuchs) JHWH verehrt, von den Juden aber nicht als Teil des eigenen Volkes verstanden wird. Das führt später zur Trennung der beiden Völker und zur Zeit Alexander d. Gr. zum Bau des samaritanischen Heiligtums auf dem Garizim; ein Heiligtum, das 128 v. Chr. unter Johannes Hyrkan von den Juden (auf dem Hintergrund der antihellenistischen Monopolisierung ihrer JHWH-Verehrung) zerstört wird. Dieser tiefe Bruch zwischen den Juden und den Samaritanern hinterlässt seine Spuren bis in die Zeit Jesu bzw. des frühen Christentums hinein.

 

333 v. Chr. besiegt der Makedonier/Grieche Alexander d. Gr. bei Issos den persischen König Darius III.; das persische Weltreich geht seinem Untergang entgegen. 332 v. Chr. zieht Alexander durch Syrien und Palästina nach Ägypten, wobei sich Judäa und Ägypten kampflos der neuen griechischen Weltmacht ergeben. Aus diesem Grund geniesst Jerusalem weiterhin die Rechte, die es bereits unter den Persern gehabt hat. Innenpolitisch und religiös ändert sich in Judäa zunächst nicht viel, aber die Griechen nehmen nun zunehmend Einfluss auf die jüdische Welt; Judäa wird – wie der gesamte vordere Orient – sukzessive vom Hellenismus (Sprache und Kultur) durchdrungen.

 

Palästina unter ptolemäischer/ägyptischer Herrschaft

 

Nach dem Tod Alexanders d. Gr. 323 v. Chr. zerbricht das griechische Weltreich im Rahmen der Diadochenkriege in vier sog. Diadochen, die später in drei grosse Monarchien (Makedonien/Antigoniden; Vorderasien/Seleukiden; Ägypten/Ptolemaien) umgewandelt werden. Ptolemäus, einst persischer Statthalter im ebenfalls hellenisierten Ägypten, bringt 301 v. Chr. von Ägypten aus das südliche Syrien und Palästina unter seine Gewalt und etabliert für hundert Jahre die ptolemäische/ägyptische (Friedens-)Herrschaft über Palästina. Auch unter den Ptolemaien bleibt die innenpolitische und religiöse Führung des jüdischen Volkes in der Hand des jeweiligen Hohepriesters, aber das Judentum wird jetzt immer stärker mit hellenistischen Einflüssen konfrontiert.

 

Diese 1. Phase der Hellenisierung lässt sich wie folgt charakterisieren: Der Hellenismus wird als Fremdmacht erfahren, deren sprachlichen (Griechisch), politischen und wirtschaftlichen Überlegenheit man sich öffnen musste und die v.a. unter den jüdischen Oberschichtskreisen starken Einfluss ausübte. Damit verbunden verschärfen sich auch die sozialen Gegensätze (zwischen Jerusalem/Stadt und Land).

 

Palästina unter seleukidischer/syrischer Herrschaft

 

200 v. Chr. besiegt der Seleukide Antiochos III. bei Paneion Ptolemaios V.; Palästina steht fortan (und rein formal bis zur Vernichtung des Seleukidenreiches 63 v. Chr. durch den Römer Pompeius) unter seleukidischer/syrischer Herrschaft. Allerdings vollziehen sich während dieser Epoche wegweisende politische Entscheidungen (Makkabäeraufstand), die von 142 – 63 v. Chr. zu einem unabhängigen jüdischen Staat (Hasmonäerreich) führen.

 

Weil die Juden sich während der fünf syrisch-ägyptischen Kriege rechtzeitig auf die Seite der Seleukiden/Syrer geschlagen haben, werden sie von diesen zunächst freundlich behandelt und können ihre bisherigen politischen und religiösen Privilegien behalten. Als 175 v. Chr. Antiochus IV. Epiphanes zum Herrscher aufsteigt, ist der Zadokide Onias III. Hoheprieser in Jerusalem. Dessen Bruder Jason sympathisiert mit den hellenistischen Seleukiden/Syrern und erreicht durch Bestechung, dass er anstelle seines Bruders als Hohepriester eingesetzt wird und dafür die Hellenisierung vorantreibt. Wenig später wird aber auch Jason (ebenfalls durch Bestechung) überboten, und zwar durch den unbeliebten Nicht-Zadokiden Menelaos, der die Hellenisierung Jerusalems (Polis-Verfassung) weiter massiv vorantreibt.

 

169 v. Chr. plündert Antiochus IV. Epihphanes den Jerusalemer Tempel, um nach seinem ersten Ägyptenfeldzug seine leeren Kriegskassen zu füllen. Damit nicht genug: Die Hellenisierung Jerusalems soll vollendet werden, indem den Juden die Ausübung ihres Glaubens (Beschneidung, Sabbatehrung, Speisegebote) verboten wird. Als Antiochus IV. Epiphanes nach seinem zweiten Ägyptenfeldzug 167 v. Chr. Jerusalem erobert und an der Stelle des Brandopferaltars einen heidnischen Altar errichten lässt, um Zeus, dem höchsten Gott der Griechen, u.a. Schweine zu opfern, ist das für die toratreuen Juden ein Zeichen der letzten Zeit (der verwüstende Greuel; vgl. Dan 11,31; 12,11); die Zukunft des jüdischen Volkes steht auf dem Spiel.

 

Diese 2. Phase der Hellenisierung lässt sich wie folgt charakterisieren: Die gewaltsame Hellenisierung fördert (u.a. durch Städtegründungen) das Aufblühen von Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst, von philosophischen Schulen und religiösem Pluralismus. Gleichzeitig nehmen antihellenistische Reaktionen zu und es entwickeln sich auseinandergehende religiöse Haltungen: Offenheit für den Hellenismus (interpretatio graeca) steht antihellenistischen Reaktionen gegenüber, und zwar nicht nur auf dem Land (Makkabäer), sondern auch in der städtischen jüdischen Oberschicht.

 

Der Makkabäeraufstand

 

Im kleinen Dorf Modeïn tötet Mattathias, ein alter Priester aus dem Geschlecht der Hasmonäer, einen Juden, der bereit ist, einem königlichen Beamten Gehorsam zu leisten und ein heidnisches Opfer zu bringen. Mattathias und seine Söhne müssen fliehen und scharen zunehmend Verbündete um sich. Nach Mattathias’ Tod übernimmt dessen Sohn Judas, genannt Makkabäus (der Hammerartige), die Führung der revoltierenden Partisanengruppe. Judas gelingt es, Jerusalem zu befreien und dem alten JHWH-Kult wieder Geltung zu verschaffen, so dass der Altar bzw. der Tempel 164 v. Chr. neu geweiht werden kann (Chanukka-Fest). Der syrische Feldherr Lysias, Vormund des noch unmündigen Sohnes des inzwischen verstorbenen Königs Antiochos IV. Epiphanes, garantiert (nach diversen Kämpfen und internen Machtquerelen) den Juden freie Religionsausübung, wenn sie die seleukidische/syrische Oberherrschaft anerkennen.

 

Bei diesem sog. Lysias-Frieden bleibt es und damit sind grosse Teile des...

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