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Die Wissenschaft der Gedankenführung Band 2 - Die Intelligenz

AutorFelix Brocker
VerlagDie Wissenschaft der Gedankenführung
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl120 Seiten
ISBN9783955773403
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Heutzutage entscheiden standardisierte Intelligenztests über die schulische, die akademische und die berufliche Zukunft von Abermillionen Menschen in sehr vielen Ländern. Sie entscheiden über die Aufnahme in spezielle Schulprogramme für Hochbegabte, über die Vergabe von Stipendien an Hochschulen, über die Einstellung in ein Unternehmen oder über die zielgerichtete Verwendung eines Rekruten beim Militär. Die Intelligenz charakterisiert einen Menschen wie kaum ein anderes Persönlichkeitsmerkmal. Gehen Sie gemeinsam mit der Wissenschaft der Gedankenfüh­rung der kognitiven Leistungsfähigkeit des Menschen auf den Grund. Lässt sich Ihre Intelligenz verbessern und das vielleicht auch noch in einem fortgeschrittenen Alter? Dieses Buch verrät es Ihnen.

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Leseprobe

Kapitel 1

Die Intelligenz(en)


 

Nachdem Ihnen die wesentlichen Grundlagen der Wissenschaft der Gedankenführung nach der Lektüre des ersten Bandes be­reits bekannt sind, gehen wir nun mit dem vorliegenden und den weiteren Bänden näher ins Detail. Wir beginnen mit der Intelli­genz.

 

Die Intelligenz ist ein zentrales Merkmal, das unsere Per­sönlichkeit so wesentlich prägt wie kaum ein anderes Persönlich­keitsmerkmal. Sie spielt daher eine tragen­de Rolle in der moder­nen Psychologie und in der modernen Hirn­forschung. Auch in der öffentlichen Dis­kussion finden sich immer wieder hitzige Debat­ten rund um das Thema Intelligenz. Hier hat Thilo Sarrazin mit sei­nem Best­seller „Deutschland schafft sich ab“, das übrigens das meistverkaufte deutschspra­chige Sachbuch direkt nach dem Du­den ist, einen äußerst unrühmli­chen Beitrag geleistet. Die dort aufgewor­fenen Thesen sind nicht nur völlig haarsträubend und menschen­verachtend, sondern darüber hinaus auch noch grund­legend falsch. Sarra­zins Buch spielt auf eine übertrieben populis­tische Weise mit den Ängsten der Menschen, einem Ga­ranten für hohe Verkaufszahlen. In diesem Buch hingegen fußen sämtliche Er­läuterungen nicht auf perfidem Populismus, sondern auf rein wissenschaftlich fun­dierten Erkenntnissen. Die Quellen dieser wissenschaftlichen Er­kenntnisse werden, wie auch im ersten Band, im Fließtext und nicht in Fußnoten erscheinen, da es sich bei die­sem Buch nicht um eine akademische Doktorarbeit handelt, son­dern um eine po­pulärwissenschaftliche Abhandlung. Es ist somit eine unkompli­zierte und leicht verständliche Herangehensweise an ein hoch wissenschaftliches Thema, die Ihnen ein sehr viel flüssigeres Lesen dieses Buches ermög­licht. Schritt für Schritt ar­beiten wir uns vor zur Beantwortung der fol­genden Ausgangsfra­ge: Wie steht es um die kognitive Leis­tungsfähigkeit des Men­schen, und wie lässt sie sich gezielt trainieren? Zu Be­ginn die­ses Buches gilt es jedoch zu allererst eine weitaus simple­re Frage zu beant­worten: Was ist Intelligenz?

 

Die Intelligenz ist ein Sammelbegriff für die kognitive Leistungsfä­higkeit, die Klugheit oder den Scharfsinn des Menschen. Der Begriff leitet sich von dem latei­nischen Wort intellegere ab, das soviel wie „verstehen“ be­deutet. Mit dem Wort „intelligentia“ war der rö­mische Gelehrte Marcus Tullius Cicero im Jahre 53 vor Christus wahrscheinlich der erste Mensch, der der kognitiven Leistungsfä­higkeit des Menschen einen Namen gab. Somit könnte man vom Wortursprung ausgehend zu der folgenden Definition gelangen: Intelli­genz ist die Fähigkeit, Aufgaben und Probleme von allgemei­ner Natur möglichst schnell zu verstehen und gleichwohl auch lö­sen zu kön­nen. Oder noch kürzer formuliert: Intelligenz ist schlussfolgerndes Denken.

 

Auf die simple Eingangsfrage „Was ist Intelligenz?“ gibt es heute jedoch die unterschiedlichsten und mannigfaltigsten Ant­worten, und es scheint gradezu als hätte fast je­der Wissenschaft­ler seine eige­ne Antwort auf diese doch so sim­ple Frage pa­rat. Denn selbst im Kreise derer, die sich bereits von Be­rufswegen mit der Intelli­genz be­schäftigen, herrscht Uneinig­keit darüber, was die Intelli­genz überhaupt ist. Der Begriff ist also alles ande­re als klar defi­niert. So fin­den wir schon an dieser Stelle ausrei­chend Informatio­nen, mit denen sich Doktorar­beiten über Doktorarbeiten fül­len lie­ßen. Es gibt schlicht­weg keine einheitliche und allgemein­gültige Definition. Der Grund da­für, dass es (noch) keine einheitli­che De­finition der Intelligenz gibt, ist der, dass es sich bei ihr um ein rein theore­tisches Kon­strukt han­delt. Die Intelligenz ist nunmal als solche nicht fassbar. Sie ist nichts Materielles. Des­halb existie­ren heute unterschied­liche Intelligenzmodelle nebeneinan­der, und je­des einzelne dieser Modelle hat seine Daseinsbe­rechtigung. Die bekann­testen Theori­en wer­den nachfolgend kurz und prägnant erläutert, ohne dass Sie an dieser Stelle vertieft in ein Studium der Psychologie ein­steigen müs­sten.

 

Am Beginn steht das Intelligenzmodell des Briten Charles Edward Spearman aus dem Jahre 1904. Dieses Intelligenzmodell ist un­ter den Wissenschaftler das wohl am meis­ten anerkannteste. Es ist das Modell des sogenannten Generalfaktors der Intel­ligenz. Spearman beob­achtete, dass Personen, die mit sehr unterschied­lichen Intelli­genzmessverfahren getestet wurden, in jedem einzel­nen dieser Testverfahren annähernd gleich gut ab­schnitten. Wer also in dem einen Intelligenztest gut abschnitt, der erzielte auch ein gutes Er­gebnis in einem völlig anderen Intelli­genztest. Derjeni­ge, der zum Beispiel über gute sprachliche Fähig­keiten ver­fügte, der verfügte zudem auch über gute mathemati­sche Fähig­keiten. Somit muss­ten nach Spearmans Beobachtun­gen sehr ge­nerelle Denkprozes­se wie etwa das logi­sche Denken, jedes Test­ergebnis, wenn auch in einem leicht unter­schiedlichen Ausmaß, beeinflus­sen. Da­her stammt auch die Be­zeichnung sei­nes Intelligenzmo­dells als Generalfak­tor-Theorie.

 

Das Intelligenzmodell mehrerer gemeinsamer Faktoren von Louis Leon Thurstone ist eine Weiterentwicklung der Generalfaktor-Theorie Spearmans. Thurstone ging davon aus, dass es im Geist eine gewisse Struktur geben müsse. Eine intelligente Leistung las­se sich daher nur durch mehrere generelle Faktoren erklären. Da­bei ging Thurstone genau wie Spe­arman zwar von einer allgemei­nen Intelligenz aus, jedoch setze sich diese allgemeine Intelligenz mindestens aus sieben gene­rellen Faktoren zusammen: verbales Verständnis, Wortflüssigkeit, Rechenfähigkeit, räumliches Vorstel­lungsvermögen, Merkfähig­keit, Wahrnehmungsgeschwindigkeit und siebtens das Erkennen einer allgemeinen Regel. Diese sie­ben Fähigkeiten stehen jedoch nicht ge­trennt nebeneinander, sondern sie bilden als die sogenannten Primärfaktoren eine Ein­heit, die allgemei­ne Intelligenz.

 

Aus dem Modell mehrerer gemeinsamer Faktoren entstand wie­derum ein weiteres Intelligenzmodell und zwar das Modell der flui­den und der kristallinen Intelligenz. Das Modell der fluiden und kristallinen Intelligenz wur­de im Jahre 1963 von Raymond Bern­hard Cattell, einem ehemaligen Assistenten Spearmans, entwi­ckelt. Es besteht aus zwei übergeordneten Fakto­ren, der fluiden und der kristallinen Intelligenz, denen dann die sieben allgemei­nen Primärfaktoren der Intelligenz von Thurstone untergeord­net wurden. Die fluide In­telligenz ist die Fähigkeit, sich schnell und ef­fektiv neue Informa­tionen aneignen zu können. Sie ent­scheidet mithin darüber, wie gut und wie schnell jemand lernen kann. Sie ist die angeborene Fähigkeit, sich neues Wissen erschließen zu können, ohne dass notwendigerweise frühere Lernerfahrungen benötigt werden. Die fluide Intelligenz bildet somit die Grundlage für die kristalline Intelligenz, die mitunter auch bereichsspezifi­sche Intel­ligenz genannt wird. Die kristalline Intelligenz umfasst das gesam­te Wissen und alle Fähigkei­ten, die sich ein Mensch seit seiner Ge­burt ange­eignet hat. Es sind Fähigkeiten und Infor­mationen, die sich aus früheren Lernerfolgen im Ge­hirn ver­festigt ha­ben. Sie sind dort gewissermaßen „kristallisiert“.

 

Schließlich entwickelte Howard Gardner, Erziehungswissenschaft­ler an der renommierten Harvard Universität, in den 1980er Jah­ren sein weltweit viel diskutiertes Modell der Multiplen Intelligen­zen. Nach Gardners Überzeugung sei der traditionelle Intelligenz­begriff viel zu eng ausgelegt, da die Intelligenz ein ganzes Bündel der un­terschiedlichsten Fertigkeiten sei, die zur Problemlösung und zur Überwindung von Schwierigkeiten erforderlich sind. An­fangs er­fasste er die gesamte Bandbreite der menschlichen Po­tenziale in sieben eigenständigen Intelligenzen. Es handelt sich um Intelligenzen, die völlig unabhängig voneinander bestehen. Demnach kann ein Mensch, wie exemplarisch ein autistischer Mensch, in einem ganz speziellen Gebiet ein wahres Genie und in einem anderen wiederum eine absolute Niete sein. Kürzlich fügte Gardner den ursprünglich sieben, die übrigens auch die Grundla­ge für die sogenannte Emotionale In­telligenz bildeten, noch zwei weitere Intelligenzen hinzu:

 

1.  Die sprachlich-linguistische Intelligenz
2.  Die logisch-mathematische Intelligenz
3.  Die musikalisch-rhythmische Intelligenz
4.  Die bildlich-räumliche Intelligenz
5.  Die körperlich-kinästhetische Intelligenz
6.  Die interpersonale-soziale Intelligenz
7.  Die intrapersonale-selbstbezogene Intelligenz

      (Die sechste und die siebte Intelligenz ließen sich auch als Emotionale Intelligenz zusammenfassen.)

8.  Die naturalistische Intelligenz
9.  Die existenzielle Intelligenz

 

Während die ursprünglichen sieben Intelligenzen bereits durch ihre Bezeichnung mehr oder weniger deutlich erkennen lassen, welche speziellen Geistesfä­higkeiten gemeint sind, sind Gardners neuere Intelli­genzen, die naturalisti­sche und die existenzielle, er­läuterungsbedürftig.

 

Gar­dner selbst definiert die naturalistische Intelligenz folgender­maßen: „Der Kern der natürlichen Intelli­genz ist die Fä­higkeit des Menschen, Pflanzen, Tiere und andere Teile der natürl­ichen Um­welt, wie Wolken oder Felsen zu erken­nen. Jeder von uns ist dazu in...

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