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Die Wundertaten Jesu

Die Bedeutung der neutestamentlichen Wunderüberlieferung für Theologie und Kirche

AutorEduard Lohse
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl174 Seiten
ISBN9783170288966
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
The records of the Jesus miracles is broadly covered by the gospels according to Marcus, Matthew and Lucas & a sign that early Christianity placed great importance on these stories of miracles committed by Jesus. Interpreters of the New Testament obviously noticeably refrain from judging many stories. What can the Jesus miracles tell people today? What kind of reality is being described here? First, the light in which evangelists see the miracle stories, is to be looked at. Then, the different types and forms are to be characterised, in which the ancient Christian records of the Jesus miracles have been recorded. And finally, the question is to be explored as to what the stories of the Jesus miracles say in regards to the proclamation of Evangelism & then, but also now.

Prof. em. Dr. Eduard Lohse teaches the New Testament at the University of Göttingen.

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Leseprobe

1          Die Wundertaten Jesu im Licht antiker Vorgaben


1.1 Dem Wort „Wunder“ ist ein weiter Rahmen vielseitiger Bedeutung eigen. Im Alten Testament fehlt ein entsprechender Begriff, der mit einem einzigen Wort die Weite der unterschiedlichen Vorstellungen aufzeigen könnte und sagen, was unter „Wundern“ zu verstehen ist.1

Des öfteren wird von „Machttaten“ gesprochen (Dtn 3,24; Ps 20,7; Hi 26,14 u. ö.). In gleicher Bedeutung ist die Rede von „Großtaten“ (2Sam 27,23; Hi 5,9; 9,10 u. ö.). „Zeichen“ weisen auf außerordentliche Geschehnisse hin (Num 14,22; Jos 24,17 u. ö.). Und „Wahrzeichen“ deuten auf endzeitliche Ereignisse (Ex 4,21; 7,9 u. ö.). „Feldzeichen“ zeigen, in welche Richtung zu marschieren ist (Jes 49,22; 62,10 u. ö.). Durch Zusammenfügung der beiden Begriffe „Zeichen und Wunder“ wird auf Gottes Handeln in der Geschichte hingewiesen (Dtn 4,34; 6,22; 7,19; 26,8; 29,2 u. ö.). Mit den verschiedenen Ausdrücken „wird das Unbegreifliche, was den Menschen in Erstaunen versetzt“, angezeigt.2

Im neutestamentlichen Sprachgebrauch werden wie im Alten Testament verschiedene Begriffe verwendet, um wunderhaftes Geschehen zu benennen3: „Heilungen“ (Mk 1,29ff.); „Macht über Wind und Meer“ (Mk 4,35–41); „Metamorphosen“ (Mk 9,2f. Par.); „wirksame Verfluchungen“ (Mk 11,14 Par.). In den Vordergrund treten die Begriffe „Wunder und Zeichen“, „Wundergeschehen“ (πράγματα pragmata) und „Zeichen“ (σημεῖα sēmeia), Ereignisse, auf die hingewiesen wird, sind dadurch als Geschehnisse charakterisiert, die den Rahmen üblicher Erfahrungen sprengen und betroffene Aufnahme auslösen.

Unter einem Wunder wird mithin ein Handeln Gottes verstanden, das nicht aus der Lebenswelt der betroffenen Menschen hergeleitet werden kann, sondern sich „contra naturam“ ereignet hat. Dabei will beachtet sein, dass der antike Mensch nicht von Naturgesetzen hätte reden können, denen alles Geschehen in der Welt unterworfen sei. Der Begriff „Wunder“, dem eine Vielzahl griechischer Wörter zugehört, ist daher in möglichst weit gefasster Bedeutung zu verstehen, in der „die Grenzen normaler Lebenswelt überschritten werden“4. Das Ereignis eines Wunders ist aus dem Lauf alltäglicher Erfahrungen herausgehoben, indem es sie deutlich übersteigt. Wunder können daher „von Gott oder mit Gottes Kraft gewirkte, menschliche Möglichkeiten übersteigende Geschehnisse“ genannt werden.5

Der Übergang von der alltäglichen Lebenswelt zum Bereich vom Jenseits geleiteten Geschehens kann fließend sein, ohne dass der antike Mensch genau zu sagen wüsste, wo das eine endet und das andere beginnt. Grundsätzlich ist jedoch nicht strittig, dass es wunderhafte Begebenheiten geben könne.6 Mit Worten erschrockenen Entsetzens wird bezeugt: „So etwas haben wir noch nie gesehen.“ (Mk 2,12 Par.; vgl. auch Mt 9,33: „So etwas ist noch nie in Israel gesehen worden.“)

1.2 Wird mit diesen Worten der außerordentliche Rang hervorgehoben, der den Wundertaten eignet, so stellen auch Jesu Wundertaten Ereignisse dar, wie sie die alte Welt in manchen vergleichbaren Erscheinungen kannte. In den Büchern des Alten Testaments finden sich mancherlei Erzählungen von außerordentlichen Ereignissen, durch die der Gott Israels sein Volk zur Umkehr rufen wollte. In besonderer Häufung ist im Zusammenhang der Berichte über die Propheten Elia und Elisa von Eingriffen Gottes in das irdische Geschehen die Rede.

Der Zusammenhang der Elia/Elisa-Geschichten wird mit der Erzählung von der Witwe von Sarepta und Elias Einkehr in ihr Haus eröffnet. Der Verlauf dieser Begegnung hebt an mit dem Gotteswort: „Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der Herr regnen lassen wird auf Erden.“ (1Kön 17,14) Auf Bitten des Propheten bereitet die Frau aus den letzten Speiseresten, die sie in dieser Zeit allgemeinen Hungers noch hatte, für ihn ein erquickendes Mahl. Da bewahrheitete sich die Gotteszusage: „Das Mehl im Topf wurde nicht verzehrt, und dem Ölkrug mangelte nichts nach dem Wort des Herrn, das er durch den Propheten geredet hatte.“ (V. 16)

Wenig später – so heißt es weiter – wurde der Witwe ihr Sohn genommen, so dass sie sich klagend an den Gottesmann mit der Nachricht wendet, die Erkrankung ihres Sohnes sei so schwer gewesen, dass kein Odem mehr in ihm blieb. (V. 17) Elia trug daraufhin den toten Sohn ins Obergemach, wo er wohnte, und legte ihn auf sein Bett. Dann rief er den Herrn an und sprach: „Herr, mein Gott, tust du sogar der Witwe, bei der ich ein Gast bin, so Böses an, dass du ihren Sohn tötest?“ (V. 20) Dann legte sich der Prophet dreimal auf das Kind, rief den Herrn an und sprach: „Herr, mein Gott, lass sein Leben in das Kind zurückkehren.“ (V. 21) Da wurde das Gebet des Elia erhört, und das Kind wurde wieder lebendig. (V. 23) Die tief beeindruckte Mutter sprach daraufhin zum Propheten: „Nun erkenne ich, dass du ein Mann Gottes bist, und des Herrn Wort in deinem Munde ist Wahrheit.“ (V. 24)

Vor aller Öffentlichkeit konnte Elia die Hoheit des Gottes Israels demonstrieren, indem er am Berg Karmel ein Gottesurteil über die Propheten des Baal herabrief. Auf sein Gebet hin fiel Feuer vom Himmel und fraß „Brandopfer, Holz und Steine und Erde und leckte das Wasser auf im Graben.“ (1Kön 18,38) Nach diesem Triumph über die falschen Propheten musste Elia vor dem Zorn des Königs Ahab fliehen und am Berg Horeb Schutz suchen. Dort widerfuhr ihm ein Gotteszeichen, indem ein stilles, sanftes Sausen vom Himmel herabkam und dem Propheten die Zusage gegeben wurde: „Ich will übrig lassen siebentausend in Israel, alle Knie, die sich nicht gebeugt haben vor Baal, und jeden Mund, der ihn nicht geküsst hat.“ (1Kön 19,18)

Das Werk des Elia wurde dann durch den prophetischen Nachfolger fortgeführt. Als Schüler seines Lehrers wurde er berufen, ehe dieser in feurigem Wagen gen Himmel fuhr. (2Kön 2,11–14) Wie der Prophet Elia wunderbare Erlebnisse gehabt hatte, so erging es auch dem Elisa. Mit dem Mantel des Vorgängers schlug er in ein Wasser. Da zerteilte es sich nach beiden Seiten, so dass Elisa hindurchgehen konnte. (V. 14)

Dem Vorbild des Meisters folgend, vermochte Elisa einer trauernden Mutter ihr totes Kind wieder zum Leben zu erwecken. (2Kön 4,8–37) Als er dann einer Hungersnot in Gilgal begegnete, konnte er schädliche Speise gesund machen und eine große Schar von Menschen mit zwanzig Broten speisen. (2Kön 4,38–44) In diesem Kranz von wunderbaren Geschehnissen finden sich wiederholt Anklänge an die Exodustradition des Volkes Israel: Zerteilung einer Wasserfläche, so dass man trockenen Fußes mitten hindurchgehen konnte – wunderbare Speisung und gnädige Bewahrung des Volkes.

In den prophetischen Überlieferungen des Alten Testaments wird auf der einen Seite von der Botschaft, die der Prophet auszurichten hatte, Bericht gegeben, auf der anderen Seite aber auch erzählt, welches Geschick den Propheten seiner Verkündigung wegen traf. Im Buch des Propheten Jeremia wird zunächst dargestellt, wie der Gottesbote die ihm aufgetragene Botschaft über das ungehorsame Volk ausrichtete. (Jer 6) Später folgt dann ein zweiter Bericht, der von der Klage des Jeremia gegenüber seinem Gott handelt, nachdem er schwere Misshandlung hatte erdulden müssen. (Jer 19,14–20,18) Am Ende aber lässt sich Jeremia trösten durch gnädigen Zuspruch seines Gottes, so dass die Erzählung in eine Aufforderung zu Lob und Preis des Herrn mündet. (V. 13)

1.3 Im nachbiblischen Judentum fügte man eine große Vielzahl an Wundergeschichten der alttestamentlichen Überlieferung hinzu. Hier ist nicht der Ort, in kritische Überlegungen über die Frage einzutreten, wieweit diesen Erzählungen ein historischer Kern innewohnen mag und wo die Legende die ihr eigene Sprache spricht. Die Breite einer großen Vielfalt von Wundergeschichten, von denen im antiken Judentum erzählt wurde, zeigt jedoch in großer Anschaulichkeit, wie frommen Menschen immer wieder staunenerregende Begebenheiten widerfuhren, die sie als von Gott gewirkt verstanden, ohne weiter nachzufragen und zweifelnde Überlegungen anzustellen.7

Einige Beispiele seien zur Veranschaulichung kurz genannt. Dabei fällt auf, dass respektvolle Beachtung von wunderhaften Geschehnissen und Taten göttlicher Widerfahrnisse...

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