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E-Book

Diese schrecklich schönen Jahre

AutorConstanze Kleis, Susanne Fröhlich
VerlagGräfe und Unzer Autorenverlag, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783833840449
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,49 EUR
In ihrem neuen Buch zeigt das Bestseller-Duo Fröhlich und Kleis, dass es in den Fünfzigern um nichts weniger geht als um das, worauf es wirklich im Leben ankommt: um die wesentlichen Dinge und um viel Spaß. Denn wir haben einfach keine Zeit zu verschwenden. Gelebt wird jetzt und zwar in vollen Zügen. Und warum auch nicht? Um die Fünfzig stehen Frauen knapp neben der Mitte des Lebens und sind so souverän wie nie zuvor. Sie haben sich selbst gefunden oder sind dabei sich neu zu entwerfen, haben ihre Beziehung glücklich hinüber gerettet oder sind bereit für neue Lieben, fühlen sich mit jedem Gewicht wohl oder machen sich ganz kreativ ein neues Gesicht. Ihr Liebesleben ist besser denn je. Männer machen in der Regel mehr Spaß als Sorgen, denn Frau weiß jetzt wirklich, was für sie wie und wann geht und besitzt die nötige Gelassenheit. Wie die Leserinnen ihre beste Zeit nutzen können, zeigen die Autorinnen persönlich, unverkrampft und mit viel Humor.

Susanne Fröhlich ist Schriftstellerin und Journalistin. Seit 2005 moderiert sie die MDR-Literatursendung Fröhlich lesen. Ihre Sachbücher und Romane wurden alle zu Bestsellern.

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Leseprobe

1 Heul doch!


Corinna weint. Unaufhörlich laufen ihr die Tränen über die Wangen. Erst hat es niemand bemerkt. Jetzt stehen zehn bestürzte Frauen um sie herum. „Du kannst das Geschenk doch umtauschen!“, sagt Gerlinde. Und Marion: „Ich dachte, Blau gefällt dir?“ „Ist was mit Herbert? Also, wenn der eine Affäre hat, dann muss er sich verdammt warm anziehen“, versucht es Gaby. „Neiiiin“, schluchzt Corinna. „So schlimm ist es doch gar nicht, 48 zu werden“, beschwichtigt Regina, die es wissen muss. Sie hat letzte Woche ihren 63. Geburtstag gefeiert. Marion umarmt Corinna, die Untröstliche. Kann ja nicht schaden. Ersticktes Schluchzen aus der weißen Seidenbluse. „Ich weiß“, nuschelt Corinna. Ausgerechnet jetzt bringt der Kellner die Torte. Tolles Timing. Eigentlich wollte ich mal wieder nichts Süßes. Aber hier das schreit doch förmlich nach Trost durch Süßigkeiten. „Warum weinst du denn dann?“, fragt Rosi. „Ich hah … habe keine Ahnung!“

Ich sage: „Wechseljahre!“ Corinna starrt mich an, als hätte ich mich im Restaurant nackt auf den Tisch gelegt. Dabei sind die Indizien erdrückend: Gerade haben wir eine halbe Stunde über eine Schauspielerin geredet, über die wir praktisch alles wussten „Ja, diese rothaarige Schauspielerin, diese ältere Schwester von Warren Beatty, du weißt schon, die mit Engeln spricht“ –, nur ihren Namen nicht. Zwei, die ohnehin so leicht bekleidet sind, als wäre das hier eine Poolparty und kein Dezemberwochenende, fragen dauernd: „Ist euch auch so heiß?“ Am liebsten würde ich ihnen eine Kaltfront schenken. Und Marie erzählt, dass sie die 10 000 Schritte, die man täglich gehen soll, um steinalt zu werden, vermutlich allein bei ihren nächtlichen Gängen zur Toilette verbraucht. Dann die Sache mit den Komplimenten. Vor ein paar Jahren noch sammelten wir sie bei total hingerissenen Männern, die unsere Augen, unsere Figur, unseren Charme in den Himmel hoben. Heute kommen die letzten guten Nachrichten vom unteren Ende des Gynäkologenstuhls. Jedenfalls hat Carola gerade allen Ernstes damit geprotzt, wie ihr Frauenarzt kürzlich ihr Untenherum gelobt habe: „Wie bei einem jungen Mädchen!“

Das hier war nicht nur eine Geburtstagsfeier, es war auch die Live-Performance eines Menopausen-Lehrbuches. Sie waren alle da, die apokalyptischen Reiter der Frau ab Mitte 40: Hitzewallungen, Schlafstörungen, Herzrasen, Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen, Heul-Attacken, unerklärliche und also total unfaire Gewichtszunahme. Ach ja, und Gedächtnisverlust in so beunruhigenden Erscheinungsformen, dass man sich dauernd fragt: Ist das schon Alzheimer oder sind das bloß die Wechseljahre? Eine Freundin erzählt, wie sie letzten Samstag ganz dringend ihre Brille vom Optiker abholen wollte. „Ich habe mich so beeilt, noch vor Ladenschluss aufzukreuzen. Als ich endlich dort war, begrüßte mich die Verkäuferin schon so seltsam irritiert und irgendwie besorgt. Ich sagte: ‚Ich will meine Brille abholen.‘ Sie schaute mich an, als hätte ich den Verstand verloren. ‚Aber das haben Sie doch vorgestern schon getan.‘ “ „Das ist gar nichts!“, trumpft Regina auf. Sie wollte sich letzte Woche einen neuen Koffer im Internet bestellen. „So eine Größe, die perfekt ist für nur ein paar Tage.“ Beim Handtücher-Verräumen sah sie es praktisch schon vor sich, ihr Objekt der Begierde. Nein, keine Koffer-Fata-Morgana. Regina hatte ihr Wunschmodell ein paar Wochen zuvor im Kaufhaus erworben und ordentlich im oberen Schrankfach verstaut.

Mir geht es nicht besser. Ich verlege Lesebrillen und Geld und denke seit zwei Wochen darüber nach, weshalb ich mir „FB Test“ in meinen Kalender eingetragen habe. Meint FB Finanzbetrieb? Fachbereich? Wollte ich Flugbegleiter ausprobieren? Bin ich Lady Gaga oder mit Gregory Anton verheiratet? In dem Film „Das Haus der Lady Alquist“ bringt er seine Frau Paula langsam, aber sicher um den Verstand. Dauernd versteckt er Dinge und behauptet, sie habe sie verloren oder verlegt.

Sind die Wechseljahre vielleicht auch so ein perfides Verrücktmacher-Programm? Auch noch ein hausgemachtes? Schließlich ist es unser eigener Körper, der uns all diese Ausfallerscheinungen beschert. Ich lese, dass der Hippocampus und der präfrontale Cortex, zuständig für das Erlernen und Anwenden neuer Informationen, echte Östrogen-Junkies sind. Wechseljahre sind für sie wie kalter Entzug. Kein Wunder, wenn sie verstört reagieren. Beruhigend, dass sie sich irgendwann wieder einkriegen und man seine Tätigkeit als Familiensuchmaschine erneut aufnehmen kann: „Weitßduwomeinschwarzerpulloverliegt? Hastdumeineautoschlüsselgesehen?“

Der Grindwal und ich

Studien belegen zwar, dass Frauen die Wechseljahre nicht mehr wie noch vor einigen Jahren als Drama empfinden. Trotzdem ist mir noch keine Frau begegnet mich eingeschlossen –, die meinte: „Ich kann’s kaum erwarten!“ Und hat man sich erst mal in die einschlägige Literatur eingelesen, die es auf bis zu 30 Symptome bringt, möchte man ohnehin am liebsten in einen Männerkörper auswandern. (Nein, nicht für immer höchstens so lange, bis die Prostatabeschwerden und Erektionsstörungen beginnen.) Menopause bedeutet ja, dass die Eierstöcke ihr Verfallsdatum erreicht haben und wir damit raus sind aus der Reproduktion. Bei europäischen Frauen ist das im Schnitt im Alter von 51 der Fall. Bis dahin bekommt man vom großen Hormontheater einiges geboten. Lange bevor das letzte Ei gesprungen ist, hören die Eierstöcke bereits auf, regelmäßig ein Ei reifen zu lassen. Der Hormonspiegel gerät aus dem Tritt. Und wie es mit Umbau-Arbeiten so ist: Irgendwas ist immer. In dieser Zeit kann PMS deshalb nicht mehr nur ein oder zwei Tage, sondern ganze Wochen oder gar Monate in Anspruch nehmen. Am liebsten würde man im Bett bleiben: nur ich, eine Box mit Taschentüchern, all das Wasser in meinen Beinen und mein Selbstmitleid. Sinkt nämlich der Östrogenspiegel, produziert der Körper auch weniger Glückshormone. Und nicht mal ein Clown zum Frühstück kann etwas daran ändern, dass man manchmal ganz schön reizbar, niedergeschlagen und weinerlich ist. Grund genug hat man ja.

Denn ein sinkender Östrogenspiegel ist neben vielem anderen auch noch ein lausiger Innendekorateur. Er lässt die Gebärmutter schrumpfen die Muskulatur des Enddarms, der Blase und all der anderen Organe untenherum sind bald nur noch so elastisch wie ein alter Schlüpfergummi. Der Kollagenanteil im Stützgewebe sinkt, die Bänder werden schwächer, die inneren und äußeren Schamlippen werden faltiger und die Wände der Vagina trockener und dünner. (Ja, das klingt schmerzhaft und ist es auch, weshalb „Keine Lust auf Sex“ auch noch mit auf die Liste der Heimsuchungen dieser Zeit gehört.) Dazu kommen außerdem Wassereinlagerungen, Hitzewallungen, Haarausfall, Herzrasen und die besagte Gedächtnisschwäche um die Highlights aus dem Wechseljahre-Eventprogramm aufzuzählen.

Gut, etwa die Hälfte der Frauen hat keine oder nur leichte Beschwerden. Trotzdem bleibt die Frage: Wozu soll es gut sein, Frauen so zu quälen? Wieso setzt die Natur nur bei uns, bei Killer- und bei Grindwalen einen solch frühen Fruchtbarkeits-Schlusspunkt? Haben wir in einem vergangenen Leben irgendwas Unanständiges zusammen gemacht, dass der Großsäuger und wir nun gemeinsam in einem Menopausen-Boot sitzen?

Biologischer Unsinn

In einem Spiegel-Online-Beitrag lese ich, was ein Forscherteam von der kanadischen McMaster University in Hamilton herausgefunden haben will: dass es die männliche Vorliebe für jüngere Frauen sei, die uns dieses frühe Ausscheiden aus der Fruchtbarkeit beschert. Demnach hat die Evolution den Fortpflanzungsladen der über 50-jährigen Frauen irgendwann einmal einfach wegen mangelnder Nachfrage geschlossen.

Eine andere Theorie besagt, dass die Frauen früher eben einfach nicht alt genug wurden, um als späte Mütter noch die Aufzucht der Brut gewährleisten zu können. Die Idee der ewigen Fruchtbarkeit sei deshalb als „nicht sinnvoll“ zu den Akten gelegt worden. Die Frau jenseits der Gebärfähigkeit sei einfach biologisch nicht vorgesehen gewesen und deshalb ähnlich überflüssig wie eine Tortillapresse.

Andererseits: Jetzt, wo wir steinalt werden sehr viel älter als Männer sogar –, könnte die Evolution doch einmal darüber nachdenken, diese Entscheidung zu revidieren. Wir werden allerdings nichts mehr davon haben, so langsam, wie da gearbeitet wird. Könnte sogar sein, dass die Männer bis dahin ausgestorben sind, weil sie ja niemals zu den Vorsorgeuntersuchungen gehen. Falls sie es doch einmal tun, werden ihnen bestimmt nicht sämtliche geschilderten Symptome von Rückenschmerzen bis Husten, von Zahnfleischbluten bis zum eingewachsenen Nagel als typisch für die Wechseljahre dargelegt. Und sie dürfen einfach so mal ihre Jacke ablegen, ohne dass sich alle im Raum gleich wissend...

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